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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0554

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Baden.

Pforzhei m, 18.März. Die Nachricht, das Zentrum
ftelle im 9. badischen Reichstagswahlkreise den christ-
lichen Gewerkschastler Wettstei n-Pforzheim als Kandidat
auf, beruht auf Jrrtum. Nach dem „Städt. Tgb." wird
voraussichtlich dem Landtagsabgeordneten Gießler-
Mannheim, der früher schon kandidierte, die Kandidatur
angetragen.

Karlsruhe, 18. März. Zurzeit besteht bei der
Großh. Rcgiernng, ivie Geh. Oberreg.-Rat Braun auf
dcr Krcisversamniluiig in Baden betonte, nicht die Lbsicht,
die H a gclv e rsicheru ng zu verstaatlichcn.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— I u st i z a k t u a r p r ü f u n g. Ju der erste» Halste
des Mouais Mai 1903 wird eine Justizaktuarsprüsung abge-
halten werden. Die Amneldungen hierzu sind bis Ende Upril
beim Justizmiuisterium einzureichen.

Karlsruhe, 18. März. Der Großherzog nahm
heutc Vormittag 10 Uhr den Vortrag des Generaladzu-
tanten von Müller entgegen uud erteilte sodann einer
Anzahl Personen Audienz, darunter dem Geheimerat
Prof. Dr. Czerny von der Univcrsität Heidelbera, welcher
sich als Prorektor vorstellte uno mit dem Kirchenrat
Professor Dr. Bassermann Sciner Königlichen Hoheit Lie
Einladung zur Teilnahme an der im August dieses
Jahres stattfindenden Universitäts-Jubelfeier überbrachte,
dem Senatsbräsidenten Schember beim Oberlandesgericht,
Lem Amtsvorftand Oberamtmann Heß in Adelsheim,
den außerordentlichen Professoren Dr. Jurasz uud
Dr. G. B. Schmidt an der Universität Heidelberg;
feruer einer Abordnung der Arbeiterschaft der Waggon-
fabrik von Schmieder ' und Mayer hier, bestehcnd aus
Lsn Arbeitern Nagel, Haberstroh, Hennich, Kuhn und
Schneider. Nachmittags hörte Seine Königliche Hoheit
die Vorträge des Geheimerats Dr. Freiherrn von Babo
und des Legationsrats Dr. Seyb. Abends 8 Uhr be-
suchen die großherzoglichen und die erbgroßherzoglichen
Herrschaften das Abonnementskonzert des groß-
herzoglicheu Hoftheaterorchesters im großen Saale der
Festhalle.

Die Besserung in dem Befinden Seiner Großherzog-
lichen Hoheit des Prinzen Karl hat weitere Fortschritte
aemacht. Fieber trat seit dem 15. d. M. ntcht mehr auf.
Der Kräftczustand hebt sich langsam. Das Schlafbediirfnis
ist geringer geworden.

gez. Dr. Battlehncr.

Aestbankett zu SHren der WiederwaHk non
Höervürgermeister Dr. Witckens.

Heidelberg, 19. März.

Äür gcstcru Äbcud mu halb 9 Uhr dcu mir lcbcudcm Grüu
un- farbigen Festons geschmücktcn großen Saalbausaal betrat,
fnnd uur mit Mühe noch eiu bescheidenes Plätzchen, denn die
Heidelberger hatteu sich, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit,
rechtzeitig aufgemacht, um zur angesetzten Stuude des Beginnes
dcr Festlichkeit im Lokale anwesend zu seiu. Die Galertc des '
Saales Ivurde vou eincm Krauz von Damen eingeuommcu.
Auf der Schmalseitc über dcr Eiugaugstür hattcn die Gemahliu
uud die Schwiegermutter des Oberbürgcrmeistcrs Platz genoni-
meu,

Unst M Uhr erschieu Oberüürgermeister Dr. W i'l ck ens,
geleiret vom dieustältesten Stadtrat, Herru Ammaun, dem
dienstälrcsten Stadtverordnetcu, Mcdizinalrat Mittcrmaier uud
dcm Vorstand des Stadtverorductenvorstandes,. Rcchtsuuwalt
Leonhard, im Saale. Als er sich iu der TUre zeigtc, brachte
Stadrrat Dttteney eiu Hoch auf rhu aus. Die Musik fiel ein,
üie Versammluug erhob sich, und cin dreifaches Hoch schallte
den Eintretenden als erste Begrützung entgegen. Gleichzcitig
ergotz sich von deu Galerieu cin wahrcr Rcgen vou Blumcn-
boüguettcheu auf ihu, die gesammelt und vor seinru Platz gelegt,
einen kleinen Blumenbcrg bildeten.

Die Feter bcgann mit einem vom städtischeu Orchester vor-
gerrageneu Marsch. An diescn schlotz sich dte Wrcdergabe der
Ouverture zu Mignon. Dnun begauu die Reihc der Anfprachen.
Zunächst ergriff dcr Obmauu des Stadtverorducteuvorstaiidcs,
Rccbtsanwalt Leou h ard , das Wort.

Glücklich, sagte er, ist die Stadt,, die, wie uuser liebes Heidel-
berg, durch eiue üppige Fülle landschaftlicher Reize ausgezeich-
uer isr, eineu weltbekanntcn Ruf hat und einc mächtige An-
ziehungskraft ausübt weit übcr die Grenzen uuseres Vaterlau-
des hinaus. An der Spitze uuseres Gemeiuwesous steht ein
Maun, der ausgczeichnet ist durch uiigewöhnliche Geistesgaben
und Charaktereigenschaften, unablässig bemüht, unser Gc-
meiuwcsen zu Wohlfahrt uud Blüte zu führcu uud thm gegen-
über eiue einsichtige Bürgerschaft, die mit unbegrenztem Ver-
traueu die Bestrebuugen ihres erprobten Führers uuterstützt.
Mit eiuem solcheu Oberbürgermcistcr au dcr Spitzc, mit sciner
intelligenteu Bürgerschaft kami unser herrlich gelegcnes Hei-
delberg also mit Recht eiu glückliche Stadt geuaunt tverdeu.
Die Gelegenheik der Wiederwahl uuseres Herru Obcrbürger-
meisters hat sich die Bürgerschaft nicht uehmeu lasscn, durch
ciuc fcstlichc Vcraustaltuug ihrer Frcude Ausdruck zu gebeu.
Wir siud hier versammelt, um unsere aufrichtige Anerkeummg,
Dankbarkeit uud Verehrung unserem Herrn Oberbürgermeister
zu bezeigen. Die zahlreiche Verfammlung beweist es, wie
tief u. allgemein dieses Gefühl der Verehrung ist. Als er vor
uunmehr 18 Ja'hveu, zum ersten Mal zum Oberbürgermetster
gewählt, M uns kam, ist er uns kein Fremder gswesen, er
war vorher als Beamter des hiesigen Bezirksamts tätig gewe-
sen uud als solcher mit alleu Kretsen der Stadt und der Uui-
versiiär iu rcgc Bcrühruug gckommeu. Durch seiue hohe Be-
gabung, feiue Pflichttreue uud unermüdliche Arbeitskraft hatte
er stch fchon damals allgemeine Sympathien erworbeu und so
wurde er iu Aussicht genommeu fiir deu Poften dcs Obcrbür-
germeifters. Es hatte sich damals in der Bürgerschaft die
ileberzeugung Bahn gebrochen, datz bei dem grotzen Wachstum
dcr Gcmciude uud den wirtschaftkicheu uud sozialeu Aufgaben
hier ei» cinfacher Bürgermcister seiuer Aufgabc uicht mehr ge-
wackisen sei, souderu eiu Berufsbürgcrmeister gesucht werden
müffe. So tft cs gekommen, datz Herr Wilckens, der damalige
Oberamimauu iu Boundorf, wiedcr hier'her kam, uud es hat
sich bald gezeigt, tvelch' glückliche Wahl man getroffen hatte.

Er har die gehegten Erwarkungeu nicht uur erfüllt, er hat sie
weit übertroffcn, Es würde hier zu lange währen, alle seme
trefflichen Leistuugen während seiner Tätigkeit in diesen 18
Jahren aufzuzählen. Me wissen, welche Ausdehnung unsere
Stadk in dieser Zeit genommen, wie so vieles zur Verschöne-
rung und Verbcffcrung in alleu Stadkteileu getau wurde,
um unserer Stadt den Charakter zu bewähren, den sie auch in
Zukunfr haben mutz. Er hat dre Finanzen unserer Stadt iu
mustergiltiger Weise verwaltet und die Dinkünftc in richtiger
Weisc verwendct. Iluserc Stadt würde cs schwer gebützt ha-
ben, wcnn stc rückständig geblicben wäre. Abcr nicht nnr

müssen wir ihm für seine Tätigkeit als Oberbürgermeister
dant'bar scin, sonidern auch dafür, was er als Mitglied des
Laudtags geleistet hat. Eiucr dcr Abgeorducten dort har ihn
einmal scherzweise, aüer auch mit Recht, dcn „Schöpflöffel" gc-
uauut, der übcrall den Rahm für scine Stadt abschöpft.
tBravol) Jch eriuncrc hicr uur an die Bahuhofsvcrlcgung, an
die Ilnivcbsitüt usw. Eiueu hervorstccheudeu Charakterzug an
unfcrem Herrn Oücrbürgcrmcister ivill ich jcdoch nicht uner-
wähut lasscu, dcr scine grotze Beliebthcit erklärt. Das ist das
frcuudliche Eutgegcnkommeu gcgeu ^edcrmanu, ob hoch, ob nie-
drig, ob arm, ob reich, das hat ihm uugemeine Beliebtheit iu
alleu Kreifcn der Stadt mit Recht vcrschafft. Das zeigt sich
auch so rccht, weuu mau hört, mit wclcher Hochschätzung (Bra-
vo) tu allcu schichteu der Bckvöl'rcrung vou ihm gesprochen,
mir ivelcher Freude er iu dcu Vcrciucu bcgrützt wird. Uud
ciucs ist es, das sicher sciue allgemeiue pcrsöulichc. Bcliebthcit
beweist, das ist der Umstand, daß mau bei allen Wählen nie-
mals vou eiuem persöulichcn Angriff gegcu ihn gchört hat.
Jch biu überzeugt, datz, wcuu uicht die Skadtberordneteu ihn
jetzt gewählt hätten, sondern die Bürgerschaft direkt, das Wähl-
refültat ebenso ausgefallen iväre, wie vorgestern. Cs war
im Jahrc 1891, als der ehrenvolle Ruf nach Mannheim an
ihu ergmg, datz wir ihn beinahe verloreü HÄten. Mer die
Baiide zwischcu ihm und der Stadt waren glücklichcrwcise
schou so cngc und fcste, dah er sich uicht cnkschlictzeu koimtc,
dicse Baude von seiuer S-cite zu löscu. Uud welchc Frcude
herrschtc allcrscits, als die Gefahr sciues Verlustes für uns
beseitigt war, welch tiefe Zunoignug und herzliche Danküarkeit
ivurde ihm allgemein entgegengebrachtl. Dieses Gefühl dank-
barer Zuueiguug ist bis heute so geblieben. Als am Moutag
uiuuittetbar nach dcr Wahl dic Stadtvcrorducicu uud Stadt-
räte uuscru Obcrbürgcrmcister begrütztcu, hat er nicht nur
crklärt, datz ihn sein Scheidcn aus dem Staatsdieuste uud die
erste Auuahme seiner Stclle als Oberbürgermeister uiemals
gereut häbc, soudcru auch hiuzugcfügt, datz cr nicmals vo»
uus gehcn würdc, datz cr mit aller Kraft zur weiteren För-
dcrung dcs Wohles der Stadt tätig seiu Ivollc. So spreche ich
deuu hicr iu aller Namcu deu herzlicheu Wuusch pus, datz ihm
Leben und Gesundheit noch lange erhalten bleiben mögen, zum
Wohlc der Stadt. Wir abcr wollen geloben, seme rastloseu
Bestrebungen für unser Gemeinwesen in tatkräftiger ASeffe M
uuterstützen. Den Ausdruck unseres Daukcs für scine Mühen
uud Arbeit.vereinigen wir in -dem Rufe: „Ilnsec Herr Oberbür-
germeister Dr. Wilckcns, cr lebe hoch l (Mgemcines lebhaftes
Bravo.)

Es lvurde daiiii eiu allgemeiucs Lied uach der Meloüie:
„Strömt herbei ihr Völkerscharen" gesungeii; der Text paßte zn
dem Anlaß der Feier und das Lied endete niit einem Hoch anf
Wilckens.

Hieranf crgrisf der Prorektor der Universität, Geh. Rat Dr.
Czcrny , das Wort: Hochverehrte Versammlungl Als Vertre-
tcr dcr Uuivevsität gestatte ich mir als dcrzeitigcr Prorektor
im Namcn deselbeu Jhncu wie der Stadt herzlichften Glück-
wuusch zu sageu, datz Sie Herru Dr. Wilckcus zum drittcn Male
zum Oberbürgermeister gewählt haben. Seine Amtszeit ist
auch sür uns eine Segenszeit gcwordeu. Die Universität ver-
leiht auch hier ihrer Freude darübcr Ausdruck. Ucberall, wo
die Stadt.fich freut, freut sich auch dic Universität und umge-
kchrt; deuu sie gehörcu zusammcu uud siud eins. Ob Schcffel,
ob Lougfellow, ob Nadlcr odcr Mark Twain vou Hcidelbcrg
sprechen, ob Meyer-Förstcr sciueu seutimontaleu Prinzcn hicr
studicrcu lätzt, Ivo immcr sic die Stadt crwähncn, da ist auch
die Uinversität dabei. Univetsität uud Stadt gehören zusam-
mcn. Die Uuiversttät kaun nur gedcihcn, wcnu die Gemeinde
gedeiht. Deshalb ist cs eiuc hohe und wtchrlge -iLflicht, für die
Uuiversität, ihren Glückwünsch zur Wiederwahl des Herrn Dr.
Wilckeus auszusprechcu; dciin diesc Wiedcrivahl ist eine Ga-
rantic dafür, datz beide weiter gedeiheu werdeu. Wir habcn
uns iu diesem Jähre eine prachtvolle Festhalle errichtet. Ein
klnges Uiitcrnchmcn Ivar es auch, datz der Hcrr Obcrbürgcrmci-
stcr das Muscum für die Städt aquiriertc, da es uun zur
Ausdehmmg der Uuiversität dieueu kaun. Die Altstadt wird
durch dics allcs — ich criuucrc auch an dic neuc Universitäts-
bibliothek — im Stande scin, dcn altcn Glanz trotz der neuen
Städttcilc aufrccht zu crhältcn. Das Budget ist dadurch na-
turgcmätz augcspanut worden; abcr wie die Soune ihre kleinen
Fleckcn hat, so auch vielleicht das Bild uuseres Oberbürger-
mcisters Dr. Wilckens. Aber weun ciumal die Millionäre. von
Maimheim lUcsi Ludwigshafeu hierher zieheu, wsrden die
Flecke bald iveggespült seiu. Das Kapital ist wic Queckfilber;
wcun mau es greifen will, .gchl cs durch die Haud. Man
mutz ihm ciue Grubc baucu, dauu sammclt cs sich an. Weun
gcsagt wird, Herr Oberbürgermcister Dr. Wilckens sei zu sehr
Diplomat, so möchtc ich deu schcn, dcr sich als Oberbürgermei-
ster hier 27 Jahre halten lätzt, ohue Diplomat zu sein. Was
hat cr nicht durch seinc diplomatischen K-Lnste als Mitglied der
Budgetkommifsion alles für die llniversität durchgedrückt, da
ist er wieder der richtige Schöpflöffel für uns geweseul Hof-
fcii wir, datz er u-us uoch lange crhalten bleibt, datz wir uus
uach iieun Jahrcn bci seiner viertcu Wahl alle wieder fiuden
uud schlietzcu Ivir mit seinem Wahlspruch: „Gut deutsch und
liberal alle Wegcl" und mit dem Nufe: „Dcr Hecr Ober-
bürgcrmeister, er lebe hochl" (Bravo!)

Danii kam eine Phantasie aus der „Walküre" zum Vortrag
und darauf erhob sich der Amtsvor' and Geh. Regiernngsrat
Becker zu einer Ansprache.

Geehrte Festvcrsammlnngl Jch habe den Hcrru Obcrbürger-
meifter Dr. Wilckens am Montag aus der Wahlurne gehoben,
also gewisscrmaßen äls Hebamme fungiert. Jch bin imLauf dcr
Jahre schou so oft Zeuge solchcr Wahlakte gewesen, glücklicher
uud unglücklichcr, daß icb ziemlich abgestumpft wordeu bin.
Aber ich mutz sage», datz mich am Montag Freüde und Stolz
erfüllr hat, au diesem Tag, au wclchcm ciu prächtigcr Mann
aus dcr Wahlurue hervorgestiegen ist. Auch aus einem »u-
deru Gruude darf ich voller Freudc in meiner Eigettschaft als
Amtsvorstcmd sein: die Bürgerschaft war einig und einmütig,
sic zcigte sich daukbar für die Vcrdicuste, die sich uufer Herr
Oberbürgermeister um die Stadt erworben hat. Die Dankbar-
keit ist ja bekamitlich eiue jener Tugenden, die man im öffont-
lichcn Leben so oft nicht findet. Es gibt leider so viel Gegen-
sätze wirtschaftlichcr, sozialer und konfessivneller Art im öffent-
licheu Leben und cs kanu uicht Aufgabe der Gemeinde sein,
dic Frage 'dcs kommunalen Lebens mit Politik zu verquicken.
Jede Gemeinde verdient deu Bürgermeister, den -sie hat. Die
Stadtgcmcinde Heidelbcrg die iukelligeutc cinsichksvolle Bür-
gerschaft vcrdicnt deu Oberbürgcrmeister Dr. Wilckens. Noch
aus eiucm audcreu Gruude freue ich mich der W-ahl, sic gibt
uiir dic sichere Bürgschaft uu'd Gcwähr, datz das gute Ver-
hältuis zwischeu Stadtverwaltuug und Bczirksamt uugctrübt
bleibeu wird. Uuser Herr Oberbürgermeister ist einer jener
Mäiiner, die davon überzengt und durchdrungcn sind, datz die
Gemeindcvcrwaltung und die staatliche nichl zwei feindliche
Brüder stnd, die sich Chikanen zufügen, datz fie vrelmehr am
gleichen Strang zu zieheu habcu. Uusere Gemeindeordnuug
stammi aus dcm Jahre 1831. Sie ist also eine etwas alte
Dame. Aücr so verschieden auch die Aufgaben gewesen sind,
die im Laufe der Jahrze'hnte an uns herangetreton sind, unfere
Gemeindcorduung hat sich bcwährt, weil sie auf der Grundlagc
berstäudigcr Selbstvcrwältuug aufgcbaut ist. So konnte, als es
galt, im Jahre 1874 eine Städtcordnung aufzustellcn, die alte
Gcmeindeordnung diescr zu Gruude gelegt werden. Mer es
steht nicht allcs, was im Leben vorkommt, in der Städteordnung

u-nd in den Gesctzeu. Es kommr auf die Pcrfon an. IndcM
Reduer nun die trcffliche Persönlichkeir des Herrn Oberbüf-
germeisters schilderte und seine hervorragenden Leiskungen fiic
die Stadt rühmtc, gedachte er auch der Mitarbeiter desselben'
imd brachte auf die städtischc Verwaltung ein Hoch aus.

Jm Anschluß hieran daukte Landgerichtspräsident CadeNba «
dem Herrn Oberbürgermeister besonders für seine BemühungeN
um die Einsetzung eines Landgerichts in Heidelberg.

Nun crfreuten die vereinigten Sänger folgender Vereine:
Liederkranz, Harmonie G.-A., Männergesangvcrein, Badenia,
Constan ra, Sängerbimd Neuenheiin nnd Frenndschaft Hand-
schuhsheim unter der Leitiing des Herrn Direktor Weidt die An-
wesenden mit zwei Männerchören.

Hierauf ergriff der Held des Abends, Oberbürgermeister Dl-
Wilckens, das Wort zn folgender Dankesrede:

Verehrtc ?lnwesendc, liebc Mitbürger und Niitbürgerimicru
Hch biu überwaltigt vou all' den Eiudrücken, die seither an nüw
heraugetceicu siud, uud wciß läum, ob ich sür meine Gesüh^
dcn richtigeu Ausdruck fiudeu wcrdc. Jch daukc vou gauzeM
.ycrzeu fiir dic vieleu, wohltucudeu uud mich tief bewegeuden
Beiveise vou Zuueigung, Aiihänglichkcit uud Werrschätzung, die
mir aus ?l„laß meiner Wicderwahl als Oberbürgcrmeister s"
teit gewordeu uud dic mir nameutlich auch am heutiqeu Abcnd
vou verschicdcueii Sciteu iu ciuer sür mich so chreuvollen

Wcye cntgegcugcbracht wordeu siud. Jch schätzc mich glücklich'

iag ich mich, unchdem ich 18 Jahrc die GemciudevenvaltUNg

emer der ,chonste>i Städle uuscres deutschen Vatcrlaudcs gelei-
rer habe, nocl) bes Vertrauens der HeidesberAer Bürgerschnst
srcue mid die Hoffuuug hegcn darf. auch in der Folgc die Uistcc-
stutzuug dcr Mauucr zu fiudeu, mit dcueu jch scirber zusammew
geaibeitet habe. Fcki laim imr sage», datz es auch tiinstigist^
meiu ehrlichcs und redlichcs Bcstrebcu seiu wird, dieses Bcr-
iraucu zu rechtfertigen uud mcine gauze Krafr dafür einzusttzeN-
Osii ))ic Entwickluug nuscres städtisthcu Gcmeimvescus sich iü
glucklicheu Bahueu wciter bcwegt. Datz diese Eutwickluug stisi
her im grotzcu und ganzeii eiuc crsreuliche gcwescu ist, darf
ja wvhl mit Befriediguug aucrtäuut werdcu. Dic Stadt hat sich
ni de» letztcn Jahrzchiitcn nach allen Richtuugcn hin vcrgrößert
und erwciterr. Sie har iusbcsouderc auch ihrc GcmarkunK
hohcit^auf dcm rechtcu Ncckaiufer ausgcdehut und cs hat siw
ihrc sccleuzähl, weuu man die Eiugemciudung vou Reuen---
heun uud Handschuhsheim in Betracht zieht, tu'den letzteu 29
^ahrcii uahczu berdoppelt. Wir hatteu vou auswärts
emcu Mteu Zuzug und auch dic alteiugesesscncn Bewohucr un-
icrer «tadt siud borwärts gckommen. llntcr dem Segou fricd"
licher Zeiten, uuter dem starkeu Schutz und Schirm eiiws
machtvoll geciuteu grotzen Vaterlandes, uuter dem wciseu ""d
gcrcchte-u Rcgimcnte eiucs Laudesfiirsteu, auf den wir Bade-

dic a» dic Berwaliuug Hcidclbcrgs hcrautraten, tmwec
umfangreichcr uud viclgcstaltiger gewordcn. Als ich vor
zzahrcu in dcu Dicnst dcr Stadrgemeiudc cintrat, hatten
noch ein Fahrcsbudget, das mit Eiuuahmeu vou rund ciue^
halbeu Million und mit Ilusgabon vou rund 1 Million ab--
fchlotz. Jetzt wcist uuscr Voranschlag Einnahmen von unyec
fähr anderthalb Millioucn und Zlusgaben von nahezu 2,4 Mitz-
auf. Diese Zahleu alleiu schon zeigen, wie sich inzwischen dw
Verhältuisse geäiidert uud lvie fich namcmlich auch die Unftr^
deruugeiii an uuser komnumalcs Gemeiuivcscu gestcigert habe".
Jm übrigcu tritt ja vicles von dem, was von der Städt Zü
leisten war vder uoeh zu leisten ist, ohne Weiteres in die äutze^
Erscheiuung. llusece ueucu Slratzen- uud Stadeuaulagen-
uusere Hochbauten, uusere elettrische Bahn, die von uus im
tcressc dcr Hebuug der Gesundheit Anne-Hmlichkeit und Be--
quemlichkett des Wohueus iu Heidclberg, sowrc der Verschöne-'
rung der Stadt und ihrer Umgebung getroffenon Eiurichtungen
siud gcciguct, Tag fiir Tag jedcm Bürgcr die Tätigkeit der Gc^
meiu-de, auf den iu Bctracht lommeudeu Gebietcu zum Bewutzi^
seiu zu üriugcu. Manch audcrc Seiteu dcs kommunalcn Wi^
kcus zeigcu sich dagegcu uicht sofort a» dcr Obersläche. Jch
iuuere bcispielsweise nur au dic grotzen Llufgabcn dcr Ge-
meiude auf dem Gebiete d-es Schulwesens, auf dem die Ä'w
fordcruugeu iu starkem Wachscn begriffeu sind, an ihre reichc
Tätigkeii behufs Fürforge fiir die Armcn uud wirtfchaftstch
chwachcu, au all die Bestrebungeu dcr Stadt, wclche die

uuscre Stadtgemciudeu heutigen Tags zu bebauen habcn uftb
mau muh, wcuu man auf dcmselbeu mit Erfolg wirken wih-
vor alleni über cine gewisse Slrbeitskraft vccfügeu. Jch biü
auftichtig daukbnr daftir, datz mir gottlob und Dank incine
Ilrbeitskraft bis jetzt ungeschwächt erhalteu geblieben ist. EsN*
wciierc uuerläßliche Voraussetzuug für eiue gedeihliche Tätig"
kcit des Leiters eiuer Gemeiudc nber üestehr dariu, datz cr iü
seiucm Wirkcu iu deu Äreiscu der Bürgcrschaft die nötigc
Iluterstützuug fiudet. Jch kau» es nur aufs dankbarste anct'>-
keuueu, datz mir diese Uiiterstützung ivährcud metnes bisherigcck
Hierscius in rcichstcm Matzc und iu verstäuduisvollstcr Weiit'
zu tcil gewordcu ist. Es wareu mciue Beziehungen zur Bilt'^
gerschaft im allgemeiuen wie zu den Gemeindekollegien im bs"
soirdereu stcts die augeuchmsten uud die besteu. Wir haben i"
deu 18 Jahrcu, iu doucn ich hier wirke, im Stadtrat wie i^
Bürgcrausschutz oft Meiuuiigsvcrschiedeuheiteu gchabt und c-
ist uicht iiumcr alles glatt gcgangcu. Aber es kamcu dic be-°
züglichen Differeuzcn stets auf objektiver Art zum Austrag-
Es war deu Betciligteu jeweils nicht um dic Person, sondettt
um die Säche zu tu», uud das mutzte uaturgemäß dazu führcn-
datz dic Arbeit schlietzlich dem Gcmeinwesen zu Nutz uud Vv^
tcil gcreichte. Bcsoudcren Dauk schülde ich meinen lieben Kvü
lcgen Walz mid Wiclaudi. Der ersterc wirkt nuumchr ft^
17 Jahrcu mit mir zusammen und er darf eiuen namhastcN
Teil von dem, -was die Gemeiudcverwaltung
dieser Feit zum Gedeiheu und Aufblühen bet

Stadt Heidelbcrg betzutragcn in der Lagc waft

auf sci'u Kouto setzen. Die grotzeu Fortschritte, die tvü
auf dcm Gebiete dcr Stadterweiteruug, dcr Ortsbaupläne, det
offenen Bauwcife uud der Regluug der Bautätigkeit übcrhaupt
im Laufe dcr Jahre gemacht häbeu, sind meist seiuec Jnitiatwe
entspruugon, rmd er hat sich auch nie davon gescheut, das
Odtum, welches mit der cincn oder anderon Matzuahme f'.
dieseu Diiigeu verbuudcu war, zu übcruchmcu uud mit seinct
Person für dasjcuige ciuzutreteu, was wir im Jutcresse dc-
Gemciuwohls als richtig uud der Durchführuug bedürftig cf"
kauut hatteu. Er hat insbcsondere auch in den Zeiteu,
deueu ich die Jutercsscii Heidelbergs im Landtag zu vcrtrcrc>
bcmüht war, dic für ihu bermeHrte Geschäftslast mit frcü'f
diger Bcrcitwilligkeit getrageu. Aber auch Herr Bügemeistct
Wielaudt hat in den anderthalü Jahren, in deuen er bei un^

tätig ist, au der Lösung dcr Aufgabeu der Gemeindeverwaltn>>S

erfrigeii uud crfolgrcicheu Anteil genommen. Er hat sich rchw
in den Gcmeiudedieust eingearbcitet und stch in verhältnisrna"
tzig kurzer Zeit die Sympathien weirer Kreisc der BevölkerunS
ecworben. Desgleichen kann rch nicht unterlassen, der unerinuo^
lichon und tatkräftigen Mithilfe unserer gcsammien Gemeindc-
beamtung in auerkennenden Worten zu gedenken. Wir ßw>c
das Glück, datz unsee technische wie rmsere nrchttechnische bcr-.
len mit tüchtigen, vou Pflicht- rmd Verantwortlichkeitsgefnb.
durchdrungenen Männern besetzt sind, und dah vom Chef ch-
zum einfachston dlngestelltcn rmd Arberter jeder Mann serü
Schuldigkeit in vollem Mahe zu tun bestrebt ist. Die Ilufga^
 
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