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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0678

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der Berichtcrstatrer darauf hin» datz cZ ci» Gebot der LoyalitSt
sei, einen Verbindungsweg von Hasselbach üis zur Stratze her-
zuslcllen, nach dem rnau letztcre aus technischen Grüudeu am
Orte vorbeiführen mutzte, Was die Forderung für die Kor-
rektiou der Stratze Heidelberg-Ziegelhauscn anbetrifft, so har
jetzt die Gemeiude- Ziegelhauscn die Absicht ausgesprochen, die
Ltorrekrion borzuuehmen. Es scieu aber noch viele Verhaud-
lungen nötig. Jm Voranschlag seien 2000 Mark eingesetzt
als Zeichen, daß der Kreis sich grundsätzlich mit dieser Angele-
geuheit befassen wolle. Oh man das Geld schon in diesem Jahre
brauchen -werde, sei fraglich. Herr Runz führt aus, es sei
für die Gemeinde Ziegelhausen cine grotze Aufgabe, an diese
Sache hcrauzutreteu, nachdcm fie cben erst eine Wasserleituug
erstellt habe und in nächster Zeit ein grotzes neues Schulhaus
iverde baueu müssen. Nachdem man sich aber eiumal entschlos-
seu häbe und freundliche Ilntcrstühuug sowohl bei der Staats-
behörde wie beim Kreis fiude, so möchte er den Wunsch aus-
sprechen, datz nun auch energisch an die Erledigung der Ange-
legenheir herangegaugen werde. Herr Neuwirth spricht
für llnterstützung dcr Gcmeinde llntergimpern beim Bau einer
Brücke. Die Gemeinde sei arm und habe eine Umlage von
1,80 Mark. Herr Koehnhorn mutz gegen diese Anregung
sprechen. Durchbreche der Kreis einmal das Prinzip, das er
aufgestellt habe, dann seien die Folgen nicht abzusehen. Dann
tvürde jede Gemeinde mit ähnlichen Anliegeu kommen. Der
Staat, der eiuen besonderen Fond für solche Zwecke habe, solle
dic Gemcinde unterstützeu; der Kreis könne sich uicht darauf
inlassen, sein Straßenbndget ins Nfcrlose zu enoütelu Bür-
germcister Dr. Walz ist auch der Meinung, datz dcr Siaat
zunächst eintrelen solle, aber es liege auch in der Aufgabe des
Ärcises, bei eursprechcnder Gelegeuhcit solches zu ruu; dcs-
halb folle man sich uicht prinzipiell gegeu je^e» derartige For-
derung verschlietzen. Sollte der Staar nichts tun oder nicht
so viel geben, wie die Gemeinde iu ihrer Notlage häben müfse,
so dürfte der Kreis erwägen, ob er eintreten solle. Oberamt-
mann v. Boeckh unterstützt die Anreguug des Herru Neu-
wirth. Die vom Hochwasser abgcrissene Brücke über den
Krebsbach verbiude beide Teilc dcs Ortes. Die Gemeinde habe
kaum Vermögen, das Steuerkavital sei sehr klein, die Umlage
sehr hoch, daneben bestünden Schulden und lägen noch weitere
dringende Aufgaben fiir dic Gemeiude vor. An deu Staat
habe sich dic Gemciude wegen Unterstützung schon gcwen-
det, aber noch keiueu Bescheid erhalten. Jndessen auch uach
einem etivaigeu StaatSbeitrag bleibe die Last für die arme
Gcmeinde so autzerordemlich 'schwcr, daß der Kreis doch we-
nigstens etwas tun sollte. Graf Helmstadt ist dafür, daß
mau zuuächst ablvartet, was der Staat tut. Herr Ncu -
wirth erklärt, daß er zunächst auch nur die Stimmung der
Versammlung erforschen wollte. Er freue sich, zu sehen datz
sie dcr Gemeinde günstig sei, Hr. Koehnhorn erklärt, daß
er uur als Refereut für das Straßenweseu gegeu die Aureguug
gesprocheu habe. Weuu man autzerhalb des Stratzenbudgets
die Gcmeiude Uiitergimpern iu dem Uugliick, das ihr mit der
Briicke passiei-t ist, uurerstützeu wolle, so sci das etwas andcres.
Landeskommissär P f i st e r e r fügt den Worten des Vor-
rcducrs hinzu, die Regicrung pslcge iu solcheu Fälleu
sehr erhebliche Unrerstützuugcii zu gcwähreu, doch würde der
Gemcinde immerhin eiue für sie sehr beträchtliche Last bleiben.
Herr v. Boeckh teilt mit, datz die Gemeinde ein Gesuch so-
wohl an dic Regierung wic an den Kreis ansgefertigt habc;
das letztere sei vom Bczirksamt noch nicht wciter gegeben, wcil
die Akten und Pläne sich bei dem an die Regiernng gerichteten
Gesnch befinden.

Herr Barther regt die Aufnahme einer Wegstrecke in
Mcckesheim in den Kreiswcgverband an. Der Rcfcreni, Ma-
jor a. D. Koehnhorn, kann die Anregung nicht unter-
srützen, so lange der betreffcnde Wcg nichi so hergerichker ist,
lvie die rechnische Behörde es verlangr. Jnsbesonders sei dio
Beseitigung zweier in den Weg hineinragender Treppen uot-
wcudig.

Der Voranschlag wird genehmigt.

14. Tie Prüfung iiuv Vcrbcscheiduug verschicdcucr Rech-
nuiigen wird vorgeuommeii uud crledigt.

15. Die vorläufigc Prüfung der 1902er Rcchmingen. Die

Abhör wird Herrn Revisor Ludwig übertragen.

10. Voranschlng für das Jahr 1903. Dic einzelnen Posi-
tioneii werden aufgerufen. Zu der Position für Landkranken-
pflegerinnen macht Herr Gautier einige Bcmerkungen,
1>urch welche er die Ausbildung solcher Pflegerinnen empfiehlt.
Die anderen Kreise gäben Zuschüsse zur Ausbildung sowohl
als auch zum Gehalr solchcr Pflegerinueu. Bei uus seicu
die ausgeworfeueu Summeu bis jetzt uicht zur Verwcuduug
gekommen; uuu solle uoch eiumal ein Betrag ciugcsetzt wcr-
iden, ob sich nicht doch vielleicht Landkrankeupflegeriuiieii st,
unserm Kreise eiuführcu lasseu.

17. Anträge aus der Bersammluiig. Herr H a m ü r e ch t
regt an, von Kreiswcgeu für arme Ohrcukranke cbeuso zu sor-
geu, wie dies sür arme Augcukrauke geschieht. Ohrcukraukhci-
teu seieu gegenwärtig sehr hüufig. Mau sollc deu Kreisaus-
schutz ermächtigen, sich mit der Ohrenkliuik in Verbiuduug zu
fetzeu. Oberbürgermeister Dr. Wilck e u s erklärt, datz der
Ausschuh die Sache prüfcu werde.

18. Wahlen. Ju die Genosseuschaftsversammluug dcr
badischen laudwirtschafklicheu Berufsgeuosseuschafk ^.nrd' Herr
Viclhauer gewählr; zum Vertretcr iu deu VerwaltUugsrat°dec

Fürsorgekassen sür Gemeiudc- uud Körperschaftsbcamte Herr

mir wohl uicht iibel, weu» ich meiuc Gedaukeu cinmal gauz
vffeu ausspreche?"

Friedrich mutzte uuwillkllrlich lächeln, als cr iu das koiuisch-
ernstc Gesicht des juugeu Manues blickte.

„Nur immer zu," erwideric er, „ich fürchte, es wird wcuig
Gescheires herauskommen."

„Damit wollen Sie doch uicht sagcn, datz Sic mich für
eineu Dummkopf halten?"

Durchaus nicht, im Geschäft find Sie es nicht."

„Danke Herr, auf diese kleine Anerkennung meiner Dicnste
habe ich schon lange gewartet; wenn Sie nun auch noch mein
Salair erhöhen wollten, würde ich es dankbar akzeptieren."

„Sie wissen, datz ich dazu keine Berechtigung habe."

„Na, Sie sind ja hier der Herr nnd werden es auch bleiben.
Oder denken Sie wirklich noch daran, dah unse'r Prinzipal frei-
gcsprochen werden könne?"

„Nein, aber er blcibt darnm doch der Eigentümer dcs Ge-
fchäfts, und nach der Vcrurteilung werden diese Eigentums-
rechte auf seine Tochter übergehen. Also warten Sie so lange,
und wenden Sie sich sodann an Fräulein Rödcrl ich werde dann
Jhren Wünschen nich't entgegen sprechen."

„Vortrcfflich, dann ist ihre Erfüllnng mir schon gesichcrt."

„Vielleicht."

„Nein, ganz gewitz, vorausgesetzt, datz Sie Wort halten,"
fagte Konrad, während er nun die verstreuten Brotkrummen
von seineni Pult fortstrich.

„Wie mcinen Sie das?"

„Nichts einfacher, Sie heiraten Fräulein Röder und sind
daun selbst Geschäfisinhaber."

„Jch glaube, in Jhrem Kopfe ist eine Schrauüe losgegau-
geu," erwiderte Friedrich uuwillig. „Jch wutzre ja, datz durch-
aus nichts Gescheites dabei herauskommt."

„Sie selbst haben also au diese Möglichkeit noch nicht ge-
dacht?" erwiderte Konrad erstaunt. „Das ist stark, Sie werdeu
mir aber doch uicht zumuten, datz ich es glauben soll."

„Wie könnte ich daran denken, ich üin kein Glücksritter."

Neuwirth, als Ersatzmäuuer die Hcrrcu Ziegler und Nat-
schreiber Schiek (Sinshcim)'; zu Vertretern der versicherteu
Gebäudebesitzer iu deu erweiterten Verivaltuugsrat der
FeuervcrsichcrungSanstalt die Herren Ammami und Hofmann,
als Ersatzmänuer die Herren Krall und Bruun (Eschelbroun).

Der Kreishauptmauu schlietzt die Kreisversammlung um
12.15 Uhr mit der Hoffnung. datz ihre Beschlüsse zur Förde-
rung des Gememwohles beitragen werdeu und mit dem
Wunsche besten Wohlergehens für die Kreisabgeordneten.

Deutsches Reich.

Zufolge ist das Zentrum be-
inuht, an den höheren Schulen im Rheinland kle -
rikale I u g e n d d e r e i n e zn gvünden, die nnter
dem harmlosen Namen „religiqsex Kougregationen"
auftreten. Junge, eifrige Kapläne übernehmen die Lei-
tung dieser Verbindungen, während Primaner als
„P r ä f e k t e n" figurieren. Die Bewegung geht von
Köln aus. Das Blatt empfiehlt dem Minister, hier ein-
mal nach dem Nechten zu sehen.

Badcn.

— Jn einer Betrachtung über die kommenden Reichs-
tagswahlen schreibt der „Beob.": Der Hanptfeind, den
wir in Baden anch bei diesen Wahlen wieder haben wer-
den, das ist der Nationalliberalismus. Das ist die Tat-
sache, über die wir nns nicht täuschen diirsten, Nicht ge-
nug können die Jungliberalen ihre Gegnerschaft gegen
das Zentrnm betonen — selbst in KarisrnhE während
man gegen die Sozialdemokratie eigentlich wenig zu erin-
nern hat. Als gar noch die Aufhebung des Paragraphen
2 des Jesuitengesetzes in Aussicht gestellt wurde, da gin-
gen die Jungliberalen unter Führung Böhtlingks in
blinder Wnt über die Iesuiten und das Zentrnin her.
klnd jetzt kommt das, was so bezeichnend ist für die Stel-
lnng der badischen Nationalliberalen zum Zentrum. Die
Jungliberalcn machten ein solches Geschrei und agitierten
unter Böhtlingk in solcher Weise, dasz — die Altlibera-
len, soweit sie sich öffentlich äntzerten, Angst bekamen nnd
schließlich dachten, der Gescheiteste gibt nach. Auf ein-
mal sehen wir nämlich Lente, die vorher fiir ein Znsam-
mengehen der bürgerlichen Parteien eintraten, zu den
Jungliberalen hinüberschwenken nnd nnter Hnrrarnfcn,
den Sturm gegen Jesuiten und -Zentrum mitmachen.
Das in die Augen springendste Beispiel hierfür ist der
„Schwäb. Aterk.", der jetzt ohne alles Besinnen die Partei
Böhtlingks ergreist und „Nieder mit dem Zentrum" ruft,
na-chdem er vorher so salbungsvoll über die Einignng
der bürgerlichen Parteien hatte sprechen können. Er
ineint, die maßlosen Nnsprüche des ZcntrnmS hätten diese
Drehnng gerechtsertigt, bedenkt däbei aber nicht, daß die
Politik des Zentrunis sich nich't geändert hat.

Der „Beob." zitiert hiernach noch eine Aeußerung der
„Straßb. Post", die sich ebenfalls gegen das Zentrum
richtel iind er sagt daun: Es ist also ganz einfach die Tat-
sache zu verzeichnen, daß der badische Nationalliberalis-
mus sich mit aller Energie gegen das Zentrum wendet.
Die einen rufen: „Nieder mit-dem Zmtrum" oder wie in
Konstanz: „Das Zentrnm ist der Feind!" die andern
schweigen; aber sie schreien, indem sie schweigen und wir
versteheu ihr 'Stillschweigen. Das amtliche Organ in
Karlsruhe, die „Karlsrnher Zeitung", isimmt eine zwei-
deutige Stellung ein und unterstützt für Bayern die Po-
role ,„gegen das Zentrum", während es für Baden in
Einigungspolitik macht: „Die Stimine des Rnfenden in
der Wüste!"-

Für uns vom Zentrum ist daher dic Lage sehr klar.
Unser Sauptfeind bei den kommenden Wahlen ist der Na-
tionalliberalismus wie seit vielen Jähren. Der Abg,
Wacker hat in seiner bekaunten Stuttgarter Rede, das
freie Ziisammengehen des Zentrums mit andern Parteien
gegen die Sozialdemokratie befürwortet, vorausgesetzt,
„daß wir uns nicht wegwerfen und unserer Parteiehre
nichts vergehen." Wir glauben, die Nationalliberalen
haben es uns in Baden leicht gemacht, zu entscheiden, ob
die Voranssetznng eines Zusainmengehens gegeben ist
oder nicht.

Nach diesen Ausführungen dars man wohl das Ver-

„Wenn Sic mit anderen Leuten darWer reden, so iver- §
de» diese Jhncn vielleicht abraten, Ivcil der Schwiegervater i
im Gefängnis sitzt," fuhr Konrad unbeirrt fort, „aber 'lassen ^
Sie sich dadurch nicht abschreckcn, im Laufc dcr Zcit wird das
vsrgessen, wenn cs auch anfangs unangenehm sein mag."

„Und was veranlatzt Sie, mir diesen Rat zu geben?" sragte
Friedrich.

„Der Wunsch, Sie und das Fräulein glücklich zu sehen."

„Können Sie glauben, datz Fräulein Röder jetzi an solche
Dinge denkt? Würdc man es nicht als eine Unvcrschämthcit
meinerseits 'betrachten, wenn ich jetzt um die Hand der jungen
Dame werben würde?"

„Das kanii ich nicht ciiischcii —"

„Weil Sie eben nicht weiter sehen, wie Jhr Blick reicht. Ge-
genwärtig ruhen noch alle. Geschäftslasten auf meinen Schnl-
tern, Fräulein Röder fühlt ftch mir zuin Dank verpflichtet, ich
müßte dtes Haus verlassen, wenn ich einen Korb erhielte, und
das Geschäst würde auch darunter leiden, vielleicht ganz zu
Grnnde gehen. Das weitz Fräulein Röder so gut wie rch, sie
würde denken, ich würde die Sachlage benützen, um die An-
nahme mcincr Werbung zu erzwingen."

„Sie wird Jhnen auch ohnedies schon keinen Korb geben."

„Wie können Sie das wissen?"

„Wemi Sie noch nicht bemerkt haben, wie gern Sie gesehen
wcrden, dann müssen Sie blind sein," scherzte Konrad. „Sie
dürften sehr dreist die Werbung wagen, ich garantiere für den
tzrfolg."

Ueberrascht hiclt nnn Friedrich den Blick eine" Zeit lang
auf den jungen Kollegen gerichtet, dann schüttelte er m't zwei-
felnder Miene das Haupt.

„Fetzt nicht," sagte er mit einem leisen Seufzer, „es wäre
nicht ehrenhaft, wenn ich den Druck der Verhältnisse mir zn
Nutze machen wollte."

„Na, dann warten Sre, bis Jhnen ein anderer zuvor-
kommt."

„Das ist ivohl nicht zu befürchten."

bältnis zwischen Zentrnm nnb Notionalliberalen als ge-
klärt betrachten.

Aus Stadt und Land.

tzmH- Zum Feriisprcchverkehr mit Heidelberg sind zugclassen:
B a in b e r g , R ü r n b e r g nebst Fürth (Bahern) und
Zirndorf; München ncbst Pasing, Planegg, Jsmaning,
Berg a. Lainc und Oberföhring. Die Gesprächsgebühr be-
trägt durchgehends 1 Mk.

Htz Weinheim, 8. April. (B i s m a r ck f e i e r. — Ge-
m e i n d e w a h l e n. — Wetter.) Gestern Abend fand ini
Eintrachtssaale dahier eine sehr gut bcsuchte Bismarckseier zu
Ehren dcs einstigcn Rcichskanzlcrs statt, in der Prof. Rohr-
schneider, Vorstcmd des „Alldcutschcn Vcrbandes", zur Ein-
leitung eine ccht patriotische Ansprache hielt, an welche sich ein
längerer Vortrag des Hofrezitators Neander aus Hannovcr
übcr das Wirkcn und Leben Bismarcks, unterstützt und erläu-
tert durch hundert hübsche Lichtbilder, anschlotz, die mit grotzem
Beifall aufgenommen wurde. — Jn den letzten Tagen wurde
die Ergänzungswahl der Ausschußmitglieder vorgenommen,
bei welcher der Vorschlag der nationallibcralen Parlei durch-
ging, in der I. und 2. Klasse durchweg, iu der 3. Klasse mit
Ansnahme von drei der sozialdemolratischcn Partei ange-
hörendcn Mitgliedern. — Die jetzige natzkalte Witterung
tommt der herrlichcn Blütcnpracht allcr Obstbäunie nicht gut.
Es wäre sehr schade, wenn das ungünstige Wetter noch länger
anhielte.

Maiinhcim, 3. April. (Ein früher zum Tode Ver -
nrteilter wegen Hehlerei bcstraft.) Ein hiesi-
ges Blatt teilt Folgendes mit: llnter dcr Diebesbande, welche
sich vorgcstcrn vor dcr hiesigen Strafkammer zu verantworten
hatte, besand sich auch ein wegcn Hehlcrei verurteilter Mann,
übcr dcn schon cinmal wcgen Raubmords dic Todesstrafe aus-
gcsprochen, der aber s. Zt. zu lebenslänglichem Zuchthaus be-
gnadigt worden war. Es ist dics der 68 Jahre alte Händler
Lambcrt Kempsf, wclcher 32 Jahre im Bruchsaler Zucht-
hause zugcbracht und vor mehrcren Jahrcn wcgen guter Füh-
rung auf freien Futz gescht wurde. Der nach so langer Zeit
entlassene Zuchthäusler war geradczu antzer Fassung geraten,
als er damals in Bruchsal cines Radfahrers ansichtig wurdc.
Jener hatte nämlich hinter den Zuchthausmauern keine
Ahnung davon, wie sich die Verkehrsmittel währenddem ver-
vollkommnetcn. Von Bruchsal aus Icnkte Kempss seine Schritte
hicrher nach Mannheim. Von scinem „Gutmachgeld" im Zucht-
hause schaffte er sich Schreibmaterialien an, mit welchen er in
hicsigcn Wirtschasten hausicrtc. Dcr Mann wutzte die Auf-
mcrksamkeit dadurch auf sich zu lenkcn, datz er gerne von sei-
nem Zuchthausleben crzählte, aber immer beteuerte, daß er
als „Unschuldiger" hintcr den Kerkermaucrn gesessen. Ge-
wissermaßen aus Mikkeid wegen seines Schicksals fand er stets
Käufcr. Das Gcschäft scheint sich nach und nach für ihn so
einträglich gestaltet zu haben, daß er den Hausierhandel schlietz-
lich aufgab und sich als Althcindlcr hicr niederlietz. Nun ist er
wicder auf Abwege geraten, denn er wurde cin williges Werk-
zeug einer Diebsbande, indem er die gestohlenen Sachen in
Vcrwahrung gcnommcn und sich hicrdnrch dcr Hehlerei schul-
dig niachtc. Er mutz diese strasbare Handlung nunmehr mit
ciner dreimonatlichen Gefängnisstrafe bützen.

/X Von der Murg, 1. April. (Aprilscher z.) Jn dem
in Gernsbach crscheinendcn „Murgtäler" crlaubte sich jeniand
cinen Aprilscherz und richtig gingen manche aus dcn Leim.
Danach sollte in der Nahe dcs Schlosses Eberstein, bei der sog.
Erzgrube ein Sarg gefunden worden sein, der eine noch gut
erhaltene Leiche eines jungen Mädchens barg, das allem nach
zu schlietzen von hoher Abkunft sein müsse. Der Fund sei bis
abcnds 6 Uhr im Schlotzhofe zu sehen, zu welcher Zeit derselbe
dann per Bahn nach Karlsruhe und in das dortige Museüm
für Altertümcr überführt werdc. Viele strömten aus den um-
liegcndcn Ortcn herzu und selbst aus Badcn sollen Telegramme
gekommen sein, die die Anfrage, wie es mit der Sache sich ver-
halte, enthielten. Von manchen Besuchern hört man auch, datz
dieser Scherz doch das Matz des Erlaubten übersteige, und
wollen detzhalb Klage führen. — Ob es so weit kommt?

Oj Aus dem MÜrgtal, 2. April. (Baumblüte.) llnser
Talprangt in schönem Blütenschmucke. Psirsiche, Kirschen,
Frühzwetschgen und Frühbirnen blühen herrlich, das prächtige,
verschiedene Rot mit dem Weiß stimmt sehr zur Poesie und
lätzt die Prosa des Lebens vergcssen. Die letzten Tage, welche
raühe, feuchte Witterung brachten, flötzten unseren Talbewoh-
nern gerechte Besorgnis ein. Vielmal schon wurden uns
die srühen Blütcn durch Nachtfröste verdorbcn. Dieses Jahr
ist alles besonders frühe daran und da ist leicht möglich, datz
wir uns dieses Jahr wohl wieder an der Blütenpracht, aber
nicht an der Menge der Früchte crfrcuen dürfen. Die Apfel-
bäume werden so wie so wenig Ertrag bringen. Die Fröste
und Hagelkörner des Vorjahres ließen diese Bäume nicht zur
richtigeü Entwicklung kommen. Doch unsere Hoffnung geben
wir noch nicht auf. Der Himmel wird auch dieses Jahr seine.
Gnade übcr uns walten lassen.

Aus, Badcn. Jn Ueberlingen zog sich vor längerer
Zcit der Sohn des Herrn Musikdirektors Luppy eine solche
Verbrühung zu, datz eine Heilung durch Ucbertragung vün ge-
sunder Menschenhaut auf dic verbrühten Stellen herbeigeführt
werdcn mutz. Drci Krankenschwestern erklärten sich bereit, sich
der schmerzhaften Opcration zur Gewinnung der notigen
Hautstücke zu unterziehen. __

„Bah, ein junges, reiches und schönes Mädchen findet i»:-
mer eiiien Anbeter, und es gibt vornrtcllsfrcie Männer geimg,
die des Geldes wegen über den verbrecherischen Schwiegerea-.er
hinwegsehen. Der Herr Gemahl kommt hier in etn gemachies
Nest, er ivird am Tage der Hochzeit ein selbständiger, vermü-
gender Mann. Und nach der VerurteUung ihres Vaters steht
Fräulein Röder allein, sie wird die Hand annehmen, die sich
ihr als Stlltze bietet."

„Und oorhec sagten Sie, sie licbte mich."

„Das ist meine Ueberzeugung, aber wenn Sie kalt an ihr
vorübergehen, wird diese Liebe auch wieder verlöschen."

„Reden Sie nicht weiter davon," sagte Friedrich nach kur-
Lem Nachdenken mit einer ablehnenden Handbewegung, ich
donke Jhiien isicht dafür, datz Sic niich auf alles ausmerksam
gnr.acht haben. Warten ivir die Berurteilung Röders ab, es
ist immerhin möglich, datz die Geschworencn ihn freisprechen.
Jn diesem Falle werden alle unsere Voraussetzungen Wer den
Haufen geworfen, ich bleibe, was ich bin, der arme Komnsis,
der zu der Tochtcr seines Prinzipals dcn Blick nicht ^heben
darf."

„Na, wenn Sie keinen Mut haben —"

„Lassen wir das, hier sind einige Briefe zu beantworten."

Konrad holte die Feder hinter dcm Ohr hervor und begann
die Arbeit, die er indeh bald wieder erledigt hatte.

„Wann wird Jhre Schwester heiraten?" fragte Friedrich.
nachdem cr die Brics gelesen und unterzeichnet hatte.

„Jch weitz nicht, wann," erwiderte Konrad ärgerlich.

„Jch war gestern in der Wirtschaft Jhres zukünftigen
Schwagers, ich sage Jhnen offen, datz der Mann mir nicht ge-
fällt. Er ist ein Prahler; den Luxus, mit dem er das Lokal
ausgestattet hat, finde ich unsinnig."

„Er hat mir nie gcfallen," antwortete Konrad, „ich glaube
nicht, datz er meine Söhwester glücklich machen wird."

(Fortsetzung folgt.)
 
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