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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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ein Beileid'stelegramm an die Gattin des verstorbenen
Chef-Redaktenrs Köbne r.

Ausland.

Ocsterrricki-Unnarn.

P e st, 8. Upril. Professor Vambery verosfentlicht
eine Mitteilung an die Presse, datz der ehemalige tüv-
kische Generalkonsul in Pest Feridun Bey eine letzt-
willige Stistung von 300 000 Frank's gemacht habe,
deren Zinsen vier mohammedanischen Jünglingen zuge-
wandt werden sollen, die in Pest sich dem Studium der
technischen Wissenschaften, der Mustk, der bildenden
Kiinste und der Landwirtschaft widmen. Ein weiteres
Stipendium ist zur Förderung des Studiums der Urge-
schichte und der Ethnographie des ungarischen und tür-
kischen Volkes bestimmt und wird durch die ungarische
Akademie der Wissenschaft verteilt.

Englaud.

— Ueber die f i >r a n z i e l l e n FoIgen
des Burenkrieges wird den „Dresdener Neue-
sten Nachrichten" Ende März aus London geschrieben:
„Der böse teuere Krieg ist vorüber. Nun wird alles wieder
gut. Jetzt haben wir wieder den Frieden mit seinen
kleinen Budgets und grotzen Steuererlässen und jeder-
inann freute sich auf die Ersparnisse und leichten Gewinn.
Kauft Staatsanleihe, hieß es im Juni, die muß nun in
die Höhe gehen, wie der Teig im Backofen. Deun den Kon-
sols, wie man die Staatsschuld kurzweg nennt, war es
während des Krieges übel ergangen. Jhre Familie war
mit 12 Milliarden Mark an stch nicht klein, und nun war
noch jedes Jahr ein neues Milliardenbrüderchen dazu
gekommen mit kräftigem Zinsappetit. Deshalb fielen sie
von ihrer stolzen Preishöhe von 114 um fast 20 Prozent.
Das gute Geschäftchen lag auf der Hand. Aber ach, der
Frieden hattesteine Enttäuschung, wie der Spaziergang
nach Pretoria. Statt zu steigen, sind die Konsols seit
dem Friedensschlutz um weitere 6 Prozent gefallen und
stehen heute so niedrig, wie in den aufgeregten kritischen
Tagen des Jahres 1870. Der Zinsfuß war damals aller-
dings 3 statt jetzt 2,3 Prozent, aber dieser Unterschied wird
doch mehr als ausgeglichen durch die in fast allen LänLern
verspürte Tatsache, daß eine sichere Kapitalsanlage
heute weniger abwirft als vor 33 Jahren. England
täuscht sich auch nicht über den tieferen Grund diefes
Preisstandes hinweg. Er bedeutet, daß „wir in unserer
Kapitalskraft um eine Generation zurückgeworfen sind
durch den Burenkrieg". Dieses Urteil eines als vorsich-
tig und erfahren bekannten Finanzmannes dürfte wohl
stimmen mit der Wirklichkeit. Es stimmt ganz gewiß
mit den langen Gesichtern seiner Landsleute.

London, 9. April. Die Zeitungen erklären sich
im allgemeinen mit der Rede des Ministerpräsidenten
A r t h u r I. Balfour über die Bagdadbahn
einverstan'denGroßbritannien könne es nicht auf sich
nehmen, den Fehler, den es beim Suezkanal gemacht
habe, zu wiederholen. Sie ersuchten die Regierung drin-
gend, Gewähr dafür zu schaffen, daß die britische Betei-
ligung nicht zu Verlusten in der bevorzugten Stellung
Großbritanniens am Persischen Golf führe.

Aus Stadt und Land.

Mannheim, 9. April. (Auf eine 40-jährige Be-
rufstätigkeit als Lehrer) können am 9. April drei
hiesige Veteranen des Lehrerstandes zurückblicken. Es sind dies
die Herren Oberlehrcr Gustav Büchner, Hauptlehrer Aug.
Göller und Hauptlehrcr Th. Lichtenfels, die alle Zierden ihres
wichtigcn Berufes sind und zu welchen als ihren einstigen
Lehrern eine grotze Anzahl hiesiger Einwohner mit Verehrung
cmporblickcn.

Mannheim, 9. April. (Gesangswettstreit in
Feudenheim.) Nachdem nun die Vorarbeiten zum Ge-
sangswettstreit in Feudenheim nahezu abgeschlossen sind, kön-
nen die einzelnen Gesangvereine, die sich in den verschiedenen

jede Aufregung für dich ist Gift, du mußt Ruhe haben und
einige Jahre allein und sorgcnfrei in einem milden Klima
leben."

„Ja, ja, ich fühle das selbst", nickte der Apotheker, an der
Unterlippe nagend, „wenn ich nur einen Entschlutz fassen
könnte."

„Jch hätte ihn längst gefaßt", sagte Hermann sich erhebend;
„was hilft das lange Zaudern nnd Zögcrn? Wcnn du auf der
Nase liegst, ist es zu spät, dann kann dir kein Arzt und keine
Luftveränderung mehr helfen. Na, rege dich nicht zu sehr auf,
die Gesundheit geht über alles, man lebt nur einmal, und das
Leben ist schon ohnedies kurz."

Damit nahm er Abschied, der Apotheker begleitete ihn mit
gedankenvoller Miene bis zur Haustüre, und die beiden be-
merkten erst jetzt, daß ein heftiges Schneegestöber eingetreten
war.

„Nun haben wir den Wintcr", versetzte der Maler, dem
Freunde nochnials die Hand schüttelnd. „Wenn er einmar
da ist, verläßt er uns sobald nicht wicder."

„Und wie es nun einmal mit dem Winter aussieht, kann
niemand wissen", sagte Gummich, der noch immer emsig be-
schäftigt war; „im Frühling vermißt man manchen, der im
Herbst noch da war." ,

Josef Wend trat ans Fenfter und blickte sinnend in daL
Schneegestöber hinaus; er war noch nie so sehr von der Unheil-
barkeit seiner Krankheit überzeugt gewesen, wie in diesem
Augenblick.

„Jhr Herr Vater ist auch im Winter gestorben", fuhr der
Provisor nach einer Pause tort; „Sie werden sich des TageS
noch erinnern, der Schnee lag in den Stratzen fußhoch, und
es gab so viele Kranke, daß wir Tag und Nacht keine Ruhe
hatten."

„Weshalb erinnern sie mich daran?" fragte Wend,-

„Weil ich Jhretwegen besorgt bin. Jch kenne Sie seit
Jhrer Krankheit und bin immer Ihr Freund gewesen, mir
dürfen Sie ein offenes Wort nicht übel nehmen."

„Und wenn ich nach dem Südcn reisen wollte, würden Sie
auch die Apotheke allein verwalten können?"

„Jch hoffe, Sie werden nicht daran zweifeln", sagte Gum-
mich in ziemlich gleichgültigem Tone.

„Die Arbeit könnte Jhnen über den Kopf wachsen."

„Um so besser, ich nehme daun einen Gehilfen. Wenn wie-

f Klassen am Wettstreite beteiligen, und die vorgesehenen Prejse
bekannt gegebcn werden. Nämlich: Stadtklasse 1 (über
60 Sänger). t. Gesangverein Frohsinn Mannheim 54 Sän-
ger. 2. Sängerhalle Neckarau 80 Sänger. 1. Preis in dieser
-Alasse: 250 Mark bar und goldene Medaille, 3. Preis 50
Mark bar ^ und silberne Medaille. Stadtklasse 2
(85 bis 50 Sänger). 1. Liederkranz Ludwigshafen-Munden-
heim 47 S. 2. Frohsinn Mannheim-Käferthal 48 S. 3. Ger-
mania Mutterstadt 49 S. 4. Württembergia Mannheim 44
S. 1. Preis 200 Mk. bar und goldene Medaille, 2. Preis 100
Niark bar und goldene Medaille, 3. Preis Kunstgegenstand
und^ silberne Medaille. 8. Stadtklasse (unter
35 Sänger). 1. Tentonia Mannheim 29 S. 2. Freundschaft
Handschuhsheim 30 S. 1. Preis 100 Mk. baar und goldene
Medaille, 2. Preis Kunstgegenstand und silberne Medaille.
1. Landklasse (über 35 Sänger). 1. Eintracht Hand-
schuhsheim 35 S. 2. Frohsinn Hagsfeld 65 S. 3. Männer-
gesangverein Kirchheim 54 S. 4. Liedertafel Ziegelhausen
52 S. 5. Harmonie Viernheim 36 S- 6. Sängerbund Se-
ckenheim 37 S. 7. Sängerlust Waldhof 48 Sänger. 1. Preis
200 Mk. bar und goldcne Mcdaille, 2. Preis 100 Mk. bar und
goldene Medaille, 3. Preis 50 Mk. bar u. goldene Medaille,

4. Preis Kunstgegenstand und silberne Medaille. 2. Land -
klass^ (unter 85 Sänger). 1. Sängerlust Sandhofen 25
Sänger. 2. Männergesangverein Hohensachsen 32 S. 3. Män-
nergesangverein Leimen 85 S. 4. Einheit Viernheim 30 S.

5. Sängerkranz Wellersweiler 34 S. 6. Germania Feuden-
heim 24 S. Aurelia Jlvesheim 84 S. Frohsinn Feudenheim
35 S. 1. Preis 100 Mk. bar, goldene Medaille, 2. Preis-75
Mark, goldene Medaille, 8. Preis 50 Mk. bar, goldene Me-
daille. 4. Preis 30 Mk. bar, silberne Medaille. 5. Preis
Kunstgegenstand und silberne Medaille. Jn allen Klassen wird
gleich gewertet und erhält derjenige Verein, der die höchste
Punktzahl erreicht, als Ehrenpreis einen Pokal im Werte von
100 Mk.

Karlsruhe, 8. April. (Die Abteilung Karlsruhe
des Vereins Frauenbildung - Frauenstu-
d i u m) hat um Berufung von Frauen in den Aufsichtsrat
der höheren Mädchenschule und in die Schulkommission nach-
gesucht. Dcr Stadtrat beschloß, zwei Damen zu Mitgliedern
des Aufsichtsrats der. höheren Mädchenschule mit Gymnasialab-
teilung 'zu ernennen. Eine Berufung von Frauen in die
Schulkommission ist nach Ansicht des Stadtrats gesetzlich un-
zulässig.

Perfonalnachrichten.

Aus dem Verwaltungsbereich der Großh. Oberdirektion des
Wasser- und Straßenbaues.

Versetzt: der Kulturmeister Gustav Stengler in Donau-
eschingen zur Kultur-Jnspektion Freiburg, der technische Ge-
hilfe August Engelhardt hei der Kultur-Inspektion Freiburg
zur Wasser- uud Straßenbau-Jnspektion daselbst;

Beamteneigenschaft verliehen: dem Bureaugehilfen August
Schmalz bei der Wasser- und Straßenbau-Jnspektion Wert-
heim, dem Landstratzenwärter Eduard Meixner in Buchen;

Vertragsmäßig angenommen: die Landstraßenwärter Kark
Koch in Grünenwörth, Franz Lipp in Wieblingen und Joseph
Matt in Kuppenheim;

Entlassen: der technische Gehilfe Martin Mack in Heidelberg
(auf Ansuchen).

Bei der Katastervermessung ist eingetreten: der Gehilfen-
zögling Franz Mülherr.

Aus dem Bereiche der Großh. Bad. Staatseisenbahnen.

Ernannt zum Expeditionsassistenten mit der
Amtsbezeichnung „Betriebsassistent": Eisenbahnassistent Wil-
helm Horn in Basel; zum Stationsvorsteher: Sta-
tionsaufseher Jakoh Seiler in Helmstadt; zum Schaffner:
Wagenwärter Karl Hauser in Basel.

Etatsmäßig angestellt: der Werkführer Christian Müller in
Karlsruhe; die Bahnmeister: Max Rößler in Neckar-
gerach, Wilhelm Armhruster in Pforzheim, Nikolaus Liebler
in Ncckarelz, Martin Dietrich in St. Georgen i. Schw., Franz
Jakoby in Hüfingcn, Heinrich Benzinger in Villingen; der Te-
legraphenmeister Otto Appelt in Mannheim; die Weichen-
wärter: Josef Heiser, Georg Weh; der Bahnwärter Simon
Kaltenbach.

Bcrtragsmäßig aufgenommen als Weichenwärter:
Heinrich Röckel von Karlsruhe.

Zur Ruhe gesetzt: Lokoinotivführer Karl Baden in Mann-
heim, Lokomotivführer Stecher in Lauda, Bahnwärter Simon
Herrmann, auf Ansuchen, unter Anerkennung seiner lang-
jährigen treuen Dienste, Bahnwärter Karl Eisenhauer, unter
Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste, Bahnwärter
Andrcas Knnzclmann, auf Ansnchen, nnter Anerkcnnung sei-
ner langjährigen treuen Dienste, Weichenwärter Friedrich
Dieffenbacher, bis zur Wiederherstellung seiner Gesundheit.

der eine stillere Zeit kommt, kann der Gchilfe ja entlassen wer-
den."

Der Apotheker wollte eben eine Antwort geben als die Tür
geöffnet wurde und Friedrich Salinger eintrat.

Die beiden gingen ins Kabinett, Gummich sandte ihnen
einen boshaften triumphierenden Blick nach.

„Jch wollte Dich bitten, heute Nachmittag zu uns zu kom-
men", sagte Friedrich, nachdem er Platz genommen hatte.
„Erna wünscht mit Dir zu reden."

Die Braucn des Apothekers zogen sich wieder zusammen.
Er klemmte das Lorgnon auf die Nafe und betrachtete einige
Sekunden lang fchweigend seine Fingernägel, das Zucken
seiner Lippen bekundete seine Erregung, die er vergeblich zu
hezwingen versuchte.

„Jch kann bei diesem rauhen Wetter nicht ausgehen", er-
widerte er, „meine kranke Lunge muß ich hüten —"

„So wollen wir zu Dir kommen."

„Um hier eine Szcne zu machen?" fragte Wend, aufbli-
ckend. Soll das alte Lied von Kälte und Vernachlässigung
wieder gesungen werden?"

„Das nicht", antwortete Friedrich mit ruhigem Ernst.
„Aber Erna will wissen, woran sie ist. An Deine Krankheit
glauben wir nicht, Joseph, sie wird wohl nur ein Vorwand
sein, der unsere Vorwürfe ungerecht erscheinen lassen soll."

„So glaubt, was Jhr wollt!" sagte der Apotheker aufbrau-
-send. „Jch könnte Euch durch glaubwürdigc Zeugen den Be-
weis liefern, daß meine Krankheit mit jedem Tage Fortschritte
macht, aber wozu? Jch hintergehe Euch nicht, ich drehe den
Spieß um und klage Erna an!"

Friedrich warf nun trotzig das Haupt zurück, sein Blick ruhte
durchdringend auf dem Freunde.

„Sprich weiter, ich werde dir die Antwort nicht schuldig
bleiben", erwiderte er.

„Jst es Dir bekannt, daß Erna Jhre Handarbeiten ver-
kauft?"

„Jawohl."

„Weshalb wurde mir das verheimlicht?"

„Weshalb sollte ich es dir sagen? Es gereicht Niemandem
zur Unehre, wenn er auf redlichem Wege etwas zu verdienen
sucht."

„Jch würde auch nichts dagegen haben, wenn Erna nicht
meine Braut wäre", erwiderte Wend mit scharfer Betonung,

Moderner Konkurrenzkampf.

Aus Plauen im Vogtland wird geschrieben:

Von den Seltsamkeiten des moderncn Konkurrenz-

kampfes kann die in nnserem Nachbarorte Oelsnitz befindliche
große Teppichfabrik Koch u. te Kock ein Liedchen sin-
gen. Diese Firma lieferte dem Warenhause Ielmoli A.-G.
in Zürich Teppiche. Jhre übrigen Kunden in Zürich machte-I
nun dcm genannten Warenhaus Len Vorwurf der Verfchleu-
derung und verlangtcn vom Fabrikanten die Einstellung des
Geschäftsverkehrs mit dem Konkurrentcn. Jelmoli wies aber
die Vorwürfe der Konkurrenz entschieden zurück, trotzdem aber
brachen Koch u. te Kock den Verkehr ab, indem ihr Reisender s
dem Warenhause mitteilte, daß er von einer „weitercn Be-
rührung der Firma" absehen müsse. Nun lieh das Waren-
haus durch seinen Anwalt dem Fabrikanten mitteilen, datz
es die Anschuldigungen der Konkurrenz nochmals als unge
rechtfertigt zurückweise und die Art des Geschäftsabbruchs als
ungehörig und beleidigend nicht annehme. Es drohte, falls
eine gütige Einigung nicht erfolge, mi't ostentativem Verkauf
der Koch u. te Kockschen Produkte zu Preisen, die alle Konkur-
renz ausschlietzen würden, auf die Gefahr hin, dabei einen!
Verlust zu erleiden. Koch u. te Kock ließen das Schreiben un-
becmtwortet. Darauf nun begann das Warenhaus während
zweier Monate in allen großen Schweizer Blättern Koch u.
te Kock'sche Teppiche unter Beifügung der Fabrikmarke und der
vollen Firma des Fabrikanten zu Preisen zu offerieren, die tat-
sächlich jede Konkurrenz unmöglich machten. Koch u. te Kock
wurdcn nun mit Briefen bestürmt, die Händler verlangten
Preisherabsetzung auf gelieferte und noch zu liefernde Waren.

Die Teppichfirma aber erhob Klage wegen unlauteren Wett-
bewerbs und verlangte 25 000 Fr. Schadenersatz. Das Zü- Z
richer Handelsgericht hat indetz die Klage kostenfällig abge
wiesen mit der Begründung, daß in dem Gebrauch des Wortes
und des Namens der Kläger in den Annoncen eine widerrecht-
liche Handlung nicht zu erblicken sei, da dies nur den rich-
tigen Ausdruck der Offerte bilde. Jn der Preisunterbietung
wird eine Rechtsverletzung nicht erblickt. Auf dem Grundsatz,
daß dcr Kanfmcmn seine Waren verkaufen kann, wie er will.
vorbehaltlich abweichender Verpflichtungen, bcruhte die moderne
Volkswirtschaft. Diese Maxime müsse ' unantastbar bleiben,
wenn daraus auch Answüchse entständen und kaufmännische
Existcnzen bcdröht würden. Die Tatsache, daß im vorliegen-
den Fall das Warenhaus aus Aerger oder Rache gehandelt
habe, als die Oelsnitzer Firma ihre Beziehungen zu ihm wie-
derherstellen wollte, vermöge seine Handlungsweise nicht zur
rechtswidrigen zu stempeln. Den Standpunkt der Kläger, die
in dem Vorgehen des Warenhauses eine Nötigung oder einen
Erpressungsversuch sehen wollten, lehnte das Gericht deshalb
ab, weil eben die Drohung nicht widerrcchtlich sei; sie quali-
fiziere sich einfach als Akt des modernen Konkurrenzkampfesk

Kleine Zeitung.

^ Bonii, 8. Apisil. Als ein Sekundaner des'
siädtischen Gymnasinms durch das ihm heute erteilts
Zeugnis erfuhr, daß er nicht versetzt werde, erschoß
e r sich vor seinen Lchrern und dNitschülern im Klassen-
zimmer.

— Swincmüiidc (Ostsee), 8. April. Hier erschoß
sich, dem „Berl. Tgbl." zufolge, der Gcncralmajor a. D.
v. BeI o w.

— Vom Kniscr. Von der Kopenhagcner Kaiserreise
ist noch eine niedliche Geschichte nachzntragen: 'Einer dec
dänischen Hofbediensteten wnrde etwa um 8 Uhr mor-
gens gefragt, was denn der Kaiser mache, und er ant-
wortete in vollem Ernste: Seine Majestät sitzt nnd re-
giert Deutschtand!" So Putzig die Antwort klang, dec
Mann hatte nicht unrecht, der Kaiser erledigte in dec
Tat Regierungsgeschäfte. Er schrieb, telephonierte, dik-
tierte bis gcgen 9 tthr, wo er dann einige Deputationerr
empfing. „Damit war das große dentsche Reich sür deir
Rest des Tages besorgt." schreibt dazu eine Kopen-
hagener Zeitung.

„von meiner Braut darf ich wohl erwarten, daß sie ihren auteit
Ruf wahren würde."

Jn den Augen Friedrichs blitzte es zornig anf, seine Wan-
gen färbten sich dunkler.

„Was hat ihr guter Ruf damit zu tun?" fragte er.

„Ein junges Mädchen, das bei den Leuten um Arbeit bet-
telt, und sich infolge dessen alles von ihnen gesallen lassen muß'
kann seinen guten Ruf unmöglich behaupten", sagte der Apo-
theker, und es lag ein zischender Ton in seiner Stimme. „Di?
Leute halten sich bercchtigt, auf ein solches Mädchen mit Ge-
ringschätzung herunter zu blicken und seine Ehre in Zweifel zU
ziehen. Wenn Erna das nicht wutzte, hättest du es ihr sagen
müssen! Konnte Erna aus eigcnen Mitteln die Kosten ihree <
Garderobe nicht bestreiten, so mußte sie sich an mich wendeu,
ich würde ihr gerne aus der Verlegenheit geholfen haben. Aber i
hinter meinem Rücken ihren guten Namen preiszugeben, dcis ^
Einzige, was sie noch besaß, das —" !

„Nun ist es gcnug", schnitt Friedrich ihm die Rede ab- ?

„Du suchst nach Gründen, um die Verlobnng wieder zn lösen- ?

die Mühe kannst du dir ersparen, wir kommen in dieser Be^ >

ziehung dcinen Wünschen gerne entgegen. Die Ehre meiner
Schwester lasse ich von niemandem antasten, anch von dir nicht- ».

solltest du das dennoch wagen, so würden die Folgen sehr uu^ A

angenehm werden. Wie gesagt, ich finde nichts Unehrenhaftes t

darin, daß Erna dann und wann eine Stickerei verkauft hat- ^

mag der Küufer nun dieser oder jener gewesen sein; daß ft^ ^

selbst um Arbeit gebettelt haben soll, glaubst du wohl selbst 5

nicht."

„Und daß sie im Geschäft, für das fie arbeitet, mit jung^
Hcrren und Offizieren zusammengekommcn ist, das mutz
bestimmt glauben, denn ich weiß es", erwiderte der Apotheker- l
der wieder mit großen Schritten das Zimmer durchmaß, „ErUö (
würde lügen, wenn sie es bestreiten wollte." i

„Und ich sage dir, cs ist eine Lüge, wenigstens in derU
Sinne, wie du es meinst!" rief Friedrich mit wachsender Ent^ <
rüstung. „Jch wiederhole es, es ist unnötig, nach Gründen
suchen, nach dieser Beschimpfung muß Erna selbft den BrUck- „
fordern, wenn du sie nicht um Derzeihung bittest." e

Der Apothcker war steben geblieben, ein höhnischer 3^" ^

zuckte um seine Mundwinkel. »>

(Fortsetzung folgt.)
 
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