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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0793

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Erscheint täglich, Sormiags ausgenommen. Preis mit Fannlienbläüern monatlich 60 Pfg. in's Hans gebracht, bei der Cxpedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

die Post bezogen vierteljährlich 1.38 Mk. ausschlietzlich Znstellgebühr.

Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren R«nm. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermätzigt. — Kür die Aufnahme von Anzeigen
an bestimnrtcn Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag dcr Fnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

Bonr Bimd dcr Kanfleute.

Ter Buiii' fri stattfleutL hielt am DienTa-.i, den t i.
Dl., eine Sitzimg des B u n d e s vor st a n d e s ab,
^lchei' auch eine Reihe von Vorsitzenden der ausivärtlzen
bnsgiuippen beiwohnte. Aus dem von Dr. Vosberg-
-flekow ersiaiteicn -G e s- ch 8 f t Z b e r i ch t e ergibt sich, ,
n-ih d:e P e.w e g ung , welche der Bimd eingetsltet hat, !
Mch in neuent r Zeit rasche Fortschritte gemacht hat. Zu
A'n bisher begittindeten nenn Ortogruppen werden bin-
^i, wenigcn Tagep eine Reihe weiterer Ortsgrnpvm
'-OiZutommen. Auch ist !n den bestehenden Ortsgrnppeii

ersreuliches Anwachsen der Mitgliedschaft zu verzeich-
»en. Die Ortsgruppe Königsberg. i. Pr. beispielsweise
^hlt bereits üöer KtOO Mitglieder. -Ausführlich zur
^erhandlung gelaugten die mehrsachen Einwürfe, welche
Gegnern des Brmdes teils in der Presse, teils b-ei
«nderer Geleg-enheit gegen das Programm desselben er-
^ben worden sind. Hierbei kommt insbesondere zur
^Prache, das; setttens mehrerer Blätter die Behauptnng
Arfgestellt worden ist, her Bund huldige antisemitischen
-^endenzen, oder aber ei' lasse antisemitische Einflüsse anf
»ch wirken oder A-ntisemiten seien hervorragend an seiner
^eitung beteikigb. Der Bimdesvorstand ist einstimmig der
sinsicht, daß dergleichen Ausstreuungen in böswilliger Ab-
M von Persönlichen Gegnern des Bundes in die Oeffent-
bchkeit gebracht worden sind-, solche Behauptungen seien
Rs verlcumderische znrückzuweisen. Der Bnnd, seine
^itung und sein Vorstand seien bemüht, lediglich sach-
!schen kaufmännischen Jnteressen zn dienen; si-e würden
I'ch au-ch durch dergleichen Nnwürfe in dem Bestrebsn, die
Tesamte Kaufmannschaft in allen ihren Teilen zu orga-
'bsieren und zn vereinigcn, nicht beirren lassen. Jn den
sterhandlnngen kommt znm Anc'druck, daß man von ver-
lchiedenen Seiten das bisherige Programm des Bundes
^ls imzureichend nnd nicht klar genug bezeichnet habe.
E-er Vorstand gibt demgegenüber einstimmig der Ansicht
stusdruck, daß die Hanptaufgabe des Bundes vorläufig
^i iind- bleiben müsse: für die Gesamtheit der dentschen
^ailfmannschaft eine große nnd mächtige Standesorga-
^isation zu schaffen. Der Vorstand richtete sodann an den
^undesvorstand die Anregung, ob es nicht angezeigt sei,
^ugesichtS der wiederholten Preßangriffe, welche der Bund
^i crfahren habe, zu seiner Berteidigung und zur Ver-
Eketung seiner Grundgedanken ein eigenesBu n d- e s-
" r g a n zu schaffen. Es lagcn für die Ausgestaltung
^ieses Gedankens bereits eine Reihe ziemlich sorgfältig
"Urchgearbeiteter Projekte vor, auch eine Anzahl von An-
Üeboten bekannter und angesehener Verlagsfirmen, welche
Tk-neigt sind-, dem Bund bei Schaffung eines eigenen Or-
^ans zur Seite zu treten. Die eingehcnde Besprechung
^gab im allgemeinen die Geneigtheit, ein solches Organ
schaffen.

Deutsches Neich.

P— Der Kaiser hat angeordn-et, daß für das ganze

^ Hee r eine n e u e Litewka aus grauem Tuch einge-
i führt wird.

B erli n, 2t. Aprit. Die. „Norü-d. Allg. Ztg."
schreibt: Der Londoner „Daily Telegraph" hatte die Nach-
richt gebracht, der Kr o n P r i n z werde im Laufc des
Sommers einen Besnch in Karlsruhe machen, nm
der Prinzcssin Alexandra von C n m berl a n d zn be-
gegnen. Die Meldiing ist g e g e n st a n dslos so-
wohl den tatsächlichen Umständen nach, wie auch nament-
lich mit Beziehimg anf d!e Tendenz, sür eine angeblich
geplante Verbindung zwischen d-em Kronprinzon und- der
Prinzessin. oon Cumberland -Stimmung zu machen.
Ebenso f a l s ch ist eine ans Gmnnden datierte Angabe
des „Hannov. Anzeigers" daß der Kaiser zum Herbst
dieses Zahres einen Besnch am Hose des Herzogs von
Eumberland beabsichtige nnd als Iagdgast des Herzogs
mehrere Tage in G m unde n verweilcn werd-e.

Die Essener Bkuttat findet auch im Offizier-
korps scharfe Verurteilung. Es wird nun, wie die „Köln.
Ztg." mitteilt, in miltärischen Kreisen die Ansicht aus-
gesprochen, der Fühnrich sei nicht genügend über seine
Rechte nnd Pflichten belehrt gewesen, nnd man stützt sich
dabei aus Aeußerungen, die er in einem Vriefe an die Fa-
milie d-es Getöteten getan hat. Jm Zusammenh-ang da-
mit wird bedauert, daß die Kriegsartikel, deren Para-
graph 18 d-en Mißbrauch der.Waffe mit schwerer Strafe
bedroht, nicht mehr wie früher bei vielen Vergehen und
Verbrechen den Strafrahmen vntlsalten, der durch die
häufige Verlesnng bisher jedem Beteiligt-en völlig bekannt
wurd-e. Paragraph 149 des Militär-Strafgesetzbuchs be-
legt rechtswidrigen Wnffengebrauch mit Gefängnis bis zu
e.ttnu Fahre. Paragraphcn 122 nnd 123 bcstrafen mit
Gefängnis bis zu drei Jahren den Vorgesetzten, der einen
Untergebenen schlägt, stößt oder sonst körperlich mitzhan-
dett. Zst infolge der 'Mißhandliliig dcr Tod eingetreten,
so tritt Zuchthans nicht unter drei Jahren oder in minder
schweren Fällen Gefängnis oder Festungshaft nicht nnter
einem Jahre ein. Das Gesetz vom 20. März 1837 über
den Waffengebrauch des Militärs spricht davon, daß die
Flucht eines Verhafteten mit dec Waffe vereitelt iverden
darf, es setzt aber hinzu „nur insoweit als znr Erreichung
der vorstehend angegebenen Zwecke erforderlich ist", und
hebt anderseits hervor, daß die vorläufige Festnahme er-
folgen darf, wenn die Persönlichkeit nicht sofort sestgestellt
werden kann. Erzählt wird, daß die jungen Kadetten
Kch vor 'd-er Abreise in Urlaub gegenseitig das Wort
gegeben hätten, jeden Soldaten zu stellen, welcher sie
nicht grüße od-er dessen Kl-eidmig nicht vorschriftsmäßig
sei. Die Folgen dieser Absprache haben sich an mehreren
Orten bemcrkbar gemacht, n. a. auch in Schalke, wo See-
kadetten gemciue Soldaten anf der Straßc „stellten",
aber dnrch die drohende Haltung der Arbeiterbevölkerung
gezwungen wurden, sich raschest zurückzuziehen. Nach der
„Post" hat Hüss-euer auf dienstlichem Wege Beschwerde ge-
gen seine Verhaftung cingelegt, weil er glaube, vollständig
der Fnstruktiott gemäß gehandelt zu haben. Scin Auf-
tr-eten sei sehr sicher un'd- felbstbewußt.

Kleine Zeitung.

Hochschnlnnchrichtcn. Die italienische Regierung
»ll, wie die „Allg. Ztg." meldet, anf Antrag Ües Unter-
^chismiuislers Dr. lltassi beschlossen, an der r ö i» i s ch e n
^ n i v e r s i t ä t zwei neue Lehraufträge für
! knt s ch e und fra n Zösi s che Spra ch e nnd L i -
ch'ratnr zu erteilen, nnd zwar im Einvernehmen mit
^Ai dentschen und- französischen wissenschaftlichen Jnstitut
Rom Angehörige der betreffcnden beiden Nationen zn
Austtti. Ter Lehrstuhl für deutsche Sprache nnd Litera-
'-r ist dem seit 1897 als Privatgclehrter und Politischer
zUbtizist in Rom lebendcn Historiker nnd Literaturhisto-
^rr Dr Maximilian CIaar übertragen worden. Prof.
j-D Claar (geb. 1873 in Prag, 1894 an der Münchener
chllversität summa cum laude promoviert) wird seine aka-
kNrische Lehrtätigke.it — natürlich in italienischer Sprache
nach Ostern eröffnen. — Der außerordcntliche Pro-
^isor bei der juristischen Fat'uttät der Universität Gießen,
Fohann Baptist Braun, ist in den Ruhestand versetzt
^orden.

— Franksurt a. M., 20. April. Für bas Franksnrter
^ttsingen irm den Kaiser-Wanderpreis gelangt nunmehr
Prößere Preischor, der sogenannte Sechswochenchor,
Ausgabe an die Vereine. Der Kommission waren 18
,.F»lpositionen sür diesen Chor zugegangen. Nach der
.ch'ufung ergab sich als der am besten begutachtete der
: „Siegesgesang nach der Varus -

s ch l a ch t" (Text von F-elir Dahn), komponiert vo» Georg
Meßner. Der Komponist ist aktiver Artillerieoffizier in
Breslau, vom Jahre 1898 bis 1902 wac er znr Reserve
übergetreten, um gründlich Musik zu studiere»: sein
Lehrer in der Kompositionslehre war H. van Eykeu.

— Mliinz, 21. April. Ein hier verhaftetes Dienst-
mädchen hat das Geständnis abgelegt, daß es während der
Fahrt von Frankfurt nach Mainz von 'der Eisenbahnbrücke
aus ihr einige Wochen altes KindindenR h ein ge -
worfen habe.

— Potsdam, im April. Vor -einigen Tagen unterzog
sich hierselbst ein Friscnr ans Rathenow mit noch eincm
Kollegen ans Luckenwalde nnt Erfolg der Moisterprüfiing.
D-a es für die verschiedenen Prüfungsarbeiten an „Ob-
jekten" fehlte, wurden Hand-werksburschen von der Her-
berge geholt nnd deren HLuPter nach allen Regeln der
Knnst bcarbeitet. Es machte einen ungemcin belustigen-
den Eindrnck, ats d!e Brüder Straubingcr mit glatten
Gesichtetn, gedrehten Schnurrbärten und fein frisierten
und gebl-annt-en Haaren nachher ihrem Bettlermetier
nachgingeli.

- Eiii anstäiidigcs Honornr. Ter Wicner Proscssor
Lorenz kehrte am 16. April nach Ehicago zurück, um gegen
ein nochmaliges Honorar von 120 000 Mark den im letz-
ten Qktober angelegten Glpsperband von dem Bein des
Töchterchens des bekannten Millionärs nnd Schweine-
händters Arnwur abzunehmen.

— London, 20. Aprik. Die heiratsfä'higen, aber
nicht recht heiratswilligen jungen Leute in E-ngland sind

Deutscher Neichstaq.

Berli n, 21. April.

Präsident Graf B a l l e st r e m ist nach 33stündiger
Reisc ans Schlesien hier eingetrofsen. Er eröffnet die
Sitzung iim 2 Uhr 20 Minuten und widmet den ver-
storbenen Abgeordneten Munckel nnd Knörcke einen ehren-
den Nachrnf.

Hieranf wird der Gesetzentwurf betr. die Ansdehnnng
des § 61 'des Reichsbeamtengesetzes auf die Post- und Te-
legraphenbeamten in erster und Zweiter Lesung genehmigt.

Es folgt die Beratnng des Entwurfs betr. die A b -
ä n d e r u n g d e s W a h l r e g l e m e n t s.

Abg. Gröber (Ztri) zur Geschäftsordnung: Der Ent-
Ivurf hat nicht die formellrechtliche Bedeutung eines Gesetzes,
sondern nur einer Bundesratsverordnung. Er kann somit in
einmaliger Beratung erledigt werden. Jch stelle hiermit den
Antrag, die Vorlage in einmaliger Beratung zu erledigen.

Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky: Der Bun-
desrat teilt die Auffassung des Vorredners.

Jn der Diskussion fpricht sich keine Stimme direkt gegen die
Borlage aus. Der Konservative, Graf Limburg, meinte,
es würde durch sie nichts crreicht. Der Vertreter der Reichs-
partei, Abg. Gamp, erklärte, seine Partei käme bielleicht zur
Verständigung über die Vorlage, wenn eingehende Beratungen
möglich feien.

Alle übrigen Redner sprachen sich für die Vorlage aus.

Die Vorlage wird schließlich gegen die Stimmen der-
Reichspartei und eines Teiles der Konservativen angeno m-
m e n.

Morgen 1 Uhr: Kleine Vorlagen.

Bndcn.

Karlsrnbe, 21. April. - -Man telegraphiert der
„Straßb. Post" von hier: 01 n t e m V e r n e h m e n nach
hat die badis ch eRegic r u n g ihrsn Gesandten beini
B n u d e s r a t angewiesen, gege n die A n s h e b u n g
des 8 2 des Iesuitenge s e tz e s zn stimmen.

KarIsr u h e, 21. April. Der Zugang zum Stu-
dium der P r o t e st a n t i s ch e n T h e o l o g i e ist in
bedrohIicher Abnahme begriffen. Falls er sich
steigern sollte, ist nach Ansicht des Oiberkirchenrats eine
Notlage für die Landeskirche zn gewärtigen. Fünf
Pfarreien konnten zur Stunde keine Geistlichen erhalten
und mehr als doppelt so viele Dienst- und Privatvikal'iate
sind nicht besetzt.

Baycrii.

Tegernse e, 21. April. Prinzessin I r m g a r d,
Tochter des Prinzen Rupprecht, ist in der verga-ngenen
Nacht g e st o r ü e n. Prinz nnd Prinzessin Rupprecht be-
finden sich zur Zeit in Ostasien.

Die Verstorbene, geb. 21. September 1902, ist das
zweite Kind des Prinzen Rupprecht, ältesten Sohnes des
Thronfolgers Prinzen Ludwig und der Herzogin Marie
Gabriele in Bayern. Das älteste Kind ist ein Knabe,
PrinZ Luitpold-, geb. 8. Mai 1901.

P i r m a s e n s, 21. April. Gestern trafen Mini-
sterialrat von Ranke und Gewerbe-Oberinspektor Regie-
rnngsrat Pöllath aus München hier ein, nm in Sachen
des Streikes zu vermitteln. Die Verhandlungen ver-
liefen e r f o l g l o s, da die Arbeiter-Organisation die

znr Zeit schr beunriihigt über die Höhe des Schadener-
satzes, den die Gerichte in Klagen wegen Bruchs des Ehe-
versprechens den hintergangenen Schönen zusprechen.
Vor kurzer Zeit erst wurde ein Bursche, d-er 16 Schil-
linge Pro Woche verdient, verurteilt, seiner ehemaligcn
Geliebten zur Heilung ihres gebrochenen Herzens die
cmsehnliche^ Summe von 1000 Pfund Sterling zu zahlen.
Es ist selbstverständlich, daß er nicht in 8. !- Lage ist, dem
Urteil Genüge zu leisten, aber der -Sprach hängt wie ein
Damoklesschwert iibcr ihm, denil wenu :>- wirktich später
einmal zu Gelde kommen sollte, so kmm die junge Dams
sofort mit. ihren Ansprüchen hervorrretou und ihn der
Früchte' seiner Arbeit berauben. . Vör noch nicht langer
ZeiL ging auch ein Bericht durch die Pvesse, demzufolge
die Tochter eines verarmten Offiziers in verhättnismäßig
knrzer Zeit zwei Propsse gewonnen nnd sich dadnrch in
den Vesitz eines nicht unbeträchtlichen Vermögens gesetzt
hatte. Es jchcint demnach, daß sich die Töchter Albions
Zn Zeiten ganz gerne betrügen nnd- verlassen lassen, —
wenn die Geschichte sich lohnt. Die jungen Damen be-
wahren sich alle' Briefe sorgfältig auf, nicht als Anden-
ken, sondern, um sie später in dem Prozesse wegen Bruchs
des Eheversprechens als Zeugnis gegen den „wahrschein-
lich Untreuen" zu benutzen. Ein kluger und geschäfts-
mäßig vernnlagter Jüngling im Ostende Loildons ist jetzt
auf den Gedanken gekommen, dnrch Vertrag mit seinew
Geliebten vor der Verlobung einen solchen Prozeß ein-
fach auszuschließen, und sein gutes Beispiel dürfte bald
viele Nachahmer finden, so daß eine „Versicherung gegen
 
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