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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0938

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Iosef nachgesucht, die ihm aber unter dem Hinweis,
der Kaiser fahre nach Bndapest, nicht bewilligt wurde.

Frankrcich.

— Von den Bischöfen hat etwa ein Dntzend sich den
Anordnungen der Regierung gefügt, die Mönchs-
k a p e I l e n g e s ch l o s s en und den Mönchen das Pre-
digen in den Pfarrkirchen untersagt. Einige taten es
sichtlich ungern, andere offen und ohne Vorbe-
h a I t. Zu den letzteren gehören die Bischöfe von Rodez,
Soissons, Mende, Bourges, Nimes und die Erzbischöfe
von Ronen und Albi. Der Erzbischof Fuzet von Rouen
erklärte seinen Gläubigen, siewürdenkeinenScha-
den leiden, denn es stünden Kirchen genug zu
ihrer Verfügung, und die WeItpriester könnten s o
gutpredigenwie die Mönche. Der Erzbischof Mig -
n o t von Albi ließ, nach einem Berichte des „Journal de
Tarn", durch seinen Generalvikar erklären, das Vorgehen
der Regierung sei durchaus gesetzlich. Dann fügte der
Generalvikar noch folgende bemerkenswerten Aeußerungen
bei: „Man darf sich nicht verhelen, daß das Publikum bei
unseren Streitigkeiten gänzlich gleichgiltig bleibt; die Aus-
treibnng der Mönche hat die Leute kaum erregt, man darf
sich also über den Lärm, der gemacht wird, keiner Täu-
schung hingeben. Bischöfe und Klerus müssen außerhalb
dieser Aktion bleiben, die rein politischer Natur ist; sie
haben diese Aktion nicht zu leiten und sind für sie nicht
verantwortlich. Man darf nicht von ihnen verlangen, daß
sie aus ihrer religiösen- Rolle heraustreten. DieKirche kennt-
keine Parteien, sie kennt nur die Gesetze und die Regierung
Frankreichs, und sie muß ihre Wirksamkeit ausüben inner-
halb der Schranken, die ihr durch die Gesetze und die Ver-
träge angewiesen sind.7

Asicn.

— JnEngland und inIapan regte man sich über
die Frage auf, ob Rußland den chinesischen Hafen Niu -
tschwang wieder besetzt, oder stärker wie früher besetzt
habe. Neuerdings scheint einige Beruhigung eingetreten
zu sein, denn englischerseits wird offiziös erklärt: Es sei
absurd, von einer Wiederbesetzung Niutschwangs zu reden,
da es noch nicht geräumt gewesen sei; es hätte geräumt
werden sollen, doch habe die Räumung eben tatsächlich
nicht stattgefunden. Daß den Rüstungen Rußlands kriege-
rischeAbsichten zugrunde liegen, sei aber sehr unwahrschein-
lich. Alle Auzeichen weisen daranf hin, daß die russischen
Operationen zum Schutze gegen russenfeindlichs Bewe-
gungen in der Mantschurei unternommen werdm.

Zur Walilbewegmifl.

Dnrlach, 11. Mai. Die Deutsche Volks-
Partei stellte im 9. Wahlkreis den Redakteur Ehret als
Kandidaten auf.

L. 0. Bretten, 11. Mai. Jm 13. Wahlkreis
(Bretten-Epping?n-Sinsheim-Wiesloch) kandidtert dem
„Mannh. Gen.-Anz." zufolge nationalliberalerseits Land-
tagsabgeordneter MülIer, nachdem der vorerst noini-
nierte Kandidat Fabrikant Greiff aus Privaten Grnnden
von seiner Kandidatur zurückgetreten ist.

Weinheim, 10. Mai. Gestern fand aus Vcran-
lassung der Reichstagswahl im 11. Wahlkreis eine sehr
stark besuchte Wahlversammlung der natio-
nalliberalen Partei statt, in- welcher unser Kandidat
Herr Generalkonsul Reiß aus Mannheim, nachdem Herr
Fabrikant Feder in Großsachsen die Versammlung mit
einer beisälligen Ansprache eröffnet hatte, sein Programm
in sehr klarer und überzeugender Weise darlegte, wofür
ihm rauschender Beifall am Schlusse seiner Rede entgegen-
gebracht wurde, und woraus man die Ueberzeugung ge-
wann, daß unsere Partei mit der Aufstellung dieses Kan-
didaten vollständig einverstanden ist und für den Sieg in
der Wahl die ganze Kraft einsetzen wird. Es sprachen
ferner noch Reichstagsabgeordneter Bassermann, die Her-
ren Kuhn aus Mannheim und Landtagsabgeordneter
Müller, alle zur energischen Beteiligung an der Wahl auf-
münternd, worauf der Vorstand Herr Fuder die imposante
Versammlung schloß.

sammler gut daran tun, von dieser Mitteilung Notiz zu
nehmen.

— DerKaiser bciDonna Laura Minghetti. Man

schreibt den „Miinchn. Neuesten Nachr." aus Rom: Der
Kaiser hatte bei seinem römischen Aufenthalt, während-
dessen er trefslich verstand, jeden Moment auszunutzen,
auch noch Zeit gefunden, der Schwiegermutter seines
Reichskanzlers einen Besuch zu machen. Von den üblichen
Corazzieri begleitet, die durch ihre hohen schlanken Ge°
stalten nnd prunkvollen-, funkelnden llniformen überall
hervorleuchteten, fuhr der Monarch nach Piazza Paga-
nica zu dem Palast, in dem Donna Laura wohnt. Jn sehr
eleganter schwarzer Toilette erwartete sie den hohen Be-
such an der Treppe, die der Kaiser leichten Fußes hinauf-
eilte. Nachdem er Donna Laura herzlich die Hand ge-
schüttelt, wird er von ihr nach dem Empfangssalon ge-
leitet, der ganz mit Blumen angefüllt ist, und dessen Haupt-
wand ein vorzügliches Porträt des Kaisers schmückt. Ein-
vertrauliches Gespräch entspinnt sich, und leuchtenden
Auges fragt er, wie Donna Laura seine Söhne gefallen
haben. Dann spricht er von dem großen Bedauern der
Kaiserin, die leider abwesend sein müsse, da der Arm noch
ges-chient sei und sie infolgedessen nicht in großer Toilette
erscheinen könne. Mit Vergnügen hört der Monarch die
bewundernden Worte über die schönen Prinzen und fragt
Donna Laura, ob Bernard (Graf Bülow) bei ihr speifen
werde; dann lade er stch auch ein. Donna Laura Lankt
für die hohe Ehre, macht aber den Kaiser aufmerksam,
daß am selben Abend Galadiner bei Hofe und Festvorstel-

Ar;s SLadt und Land,

Heidelberg, 12. Mai.

X Tie Tagesordnung des Bezirksrats vom Samstag, 9.
Mai, fand wie folgt ihre Erledigung: Jn der Sache des Orts-
armenverbandes Heidelberg gegen den Landarmenverband
Heidelberg, Forderung betr., wurde Beweisbeschluß erlassen.
Dem Antrag des Stadtrats dahier auf Aufhebung der
Baufluchten im Spehererbaubezirk hier wurde nicht stattge-
geben. Zurückgezogen wurde das Wirtschaftsgesuch des Mich.
Frauenfeld hier und abgewiesen das Gesuch des Jakob Schwei-
kart um Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft in
einem noch zu erbauenden Neubau am Diesterweg dahier. Ge-
nehmigt wurde das Gesuch des Karl Anton Schroth in Heidel-
berg um Erlaubnis zum Betrieb eines Stellenvermittlungs-
geschäfts und das Baugesuch der Heidelberger Rudergesellschaft
an der Schlierbacher Landstraße. Bei den in Handschuhsheim
und Heddesbach vorgekommenen Milzbrandfällen wurden die
Entschädigung und bezw. die Gebühren der Schüher festge-
setzt.

V Aus dem Stadtrat. Jn heutiger Stadtratssitzung
teilte der Vorsitzende mit, daß, wie schon gemeldet,
ein Herr, welcher nicht genannt sein wolle, der
Stadt Heidelberg als seiner Vaterstadt zur Er-
stellung eines Gebäudes für die städtische Kunst- und Alter-
tümer-Sammlung den Betrag von 100 000 Mark geschenkt
habe. Der Stadtrat beschloß die Annahme dieser Schenkung,
zu welcher die Staatsgenehmigung sofort nachgesucht werden
soll, und spricht dem edlen Geber für seine hochherzige Zu-
wendung den wärmsten Dank der Stadtgemeinde aus.

X Bon der Universität. Bei der Jmmatrikulation am
letzten Samstag wurden inscribiert: in der theologischen Fa-
kultät 11, in der suristischcn Fakultät 107, in der medizinischen
Fakultät 58, in der philosophischen Fakultät 41, in der natur-
wissenschaftlich-mathematischen Fakultät 16, zusammen 228
Studierende. Vorgemerkt sind 50. Die Gesamtzahl der Jm-
matrikulierten und Vorgemcrkten beträgt bis jetzt 691. Jm
letzten Sommersemester waren es nach der zweiten Jmma-
trikulation 661, im vorletzten 544.

Amtstracht der Universitätsprofessoren. Bekanntlich hat
der Großherzog den ordentlichen Profefforen der Universitäten
das Recht verliehen, eine Amtstracht anzulegen. Bei Ge-
legenheit des Jubiläums wird diese Amtstracht zur.i eriten
Male angelegt. Sie bestcht aus Talar und Barctt. Die
Grundfarbe des Talars ist schwarz in allen Fakultäten. Dazu
kommen Kragen und Aermelaufschläge, sowie Barett in den
Fakultätsfarben. Dieselben sind für die theologische Fakultät
violett, für die juristische rot, die medizinische grün,
die philosophische blau und die nKturwissenschaftlich-mathe-
matische gelb. Eine Verpflichtung znm Anlegen der Tracht
bcsteht bei offiziellen Gelegenbeiten bloß für die Dekane.

V Serienpostkarte. Eine interessante Serie Postkarten zur
Hundertjahrfeier desBad. Leib - Grenadier-
Regiments Nr. 109 ist erschienen. Die Serie umfaßt
10 Postkarten u. stellt die Grenadiere in den verschiedenen Uni-
formen seit der Gründung des Regiments vom Jahre 1803
bis zum heutigen Tage dar. Die einzelne Postkarte kostet 15
Pfg., die Serie 1.20 Mark. Die Karten sind im Postkarten-
verlag von H. Pfeiffer, Hauptstraße 137, zu haben.

st- Oekonomische Musterung. Generalmajor von Hoff-
meister und Oüerst von Specht werden morgen (Mittwoch)
Vormittag die ökonomische Musterung des hiesigen Bataillons
vornehmen, und zwar, wie üblich, bei günstiger Witterung auf
dem Ludwigsplatz.

Droschkenbesichtigung. Heute Vormittag wurde auf dem
Jubiläumsplatz bei der Festhalle die alljährliche polizeiliche Be-
sichtigung der hiesigen Droschken vorgenommen. Nachher wur-
den auf dem Marstallhofe die hier als Neuheit eingeführten
Taxameterdrofchken besichtigt und in Dienst gestellt.
Von Herrn Gottmann wurde die Szene auf der photographi-
schen Platte festgehalten. Die Kutscher der Taxameterdrosch-
ken in ihren weißen Lackhüten fallen sehr auf.

— Das Berliner Apollotheater, das gegenwärtig ein Gast-
spiel in Frankfurt absolviert, wird in einiger Zeit hier im
Stadttheater zwei Ausstattungsoperetten — Luna und Lesi-
strata — zur Aufführung bringen.

(!) Die Generalmusterung wird dieses Jahr in der Zeit
vom 15. bis einschließilch 22. Juni stattfinden.

^ Elektrische Strahenbahn. Der Betrieb der elektrischen
Straßenbahn wurde heure Vormittag auf der Hauptstratze durch
Bruch eines Schutzdrahtes für eine halbe Stunde unterbrochen.

— Polizeibericht. Berhaftet wurde ein Schloffer wegen
Bettelns. Zur Anzeige kam ein Dienstmädchen wegen Tier-
quälerei und 5 Personen wegen Ruhestörung.

7. Badisches Sängerbundesfest Pfingsten 1903, Mannheim.

Jn den verschiedenen Ausschüssen herrscht fieberhafte Tätig-
keit, um das Fest würdig vorzubereiten und die Teilnehmer
nach jeder Richtung hin zu befriedigen. Nunmehr ist die Fest-
ordnung endgiltig festgestellt. Dieselbe lautet: Samstag, 30.
Mai, nachmittags: Empfang der eintreffenden Festgäste am
Hauptbahnhof. — Von nachmittags 5 Uhr ab: Prüfung der
wettsingenden Vereine im Versammlungssaale des Rosengar-
ten. — Abends 8 Uhr: Zwanglose gesellige Zusammenkunft der
bereits eingetroffenen Festgäste mit den Mannheimer Sän-
gern im großen Saale des Saalbaues; Gesangs- und Musik-
vorträge. Sonntag, 31. Mai, von morgens 7 Uhr ab:
Empfang der Gäste. — Von morgens halb acht Uhr ab: Fort-
setzung des Probesingens der wettsingenden Vereine im Ver-
sammlungssaale des „Rosengarten". — Vormittags 11 Uhr:

lung in Teatro Argentina sei. Der Kaiser bedauert, so !
wenig Zeit im schönen Rom zu haben, bewundert die Blu- !
menpracht im Salon und empsängt dankend einen Busch
von herrlichen ausgesuchten Nelken. Der hohe Gast wird ^
bis zum Portal geleitet, wo er sich von Donna Laura mit
herzlichem Händedruck verabschiedet, und unter dem Bei-
fallsjubel der versammelten Menge ist er bald den Blicken
entschwunden. _

Theater- und Kunstnachrichten.

Mannheim, 11. Mai. (Spielplan des Großh.
Hof- und Nationaltheaters.) Mittwoch, den
13. Mai, abends 7 Uhr, Abonnement A.: „Troubadour";
Donnerstag, 14. Mai, abends 7 Uhr, Abonn. B.: „Ein unbe-
schriebenes Blatt"; Freitag, 15. Mai, abends 7 Uhr, Abonn.
A.: „Cavalleria rusticana" und „Pierrot" (Pantomine).
Jm neuen Theater: Dienstag, 12. Mai, abends halb 8
Uhr und Sonntag, 17. Mai, abends halb Uhr: „Die Fliege".

Karlsruhe, 11. Mai. (Svielplan des Großh. Hof-
theaters in Karls ruh e.) Dienstaq, 12. Mai, abcnds 7Uhr:
„Waldemar". Donnerstaq, 14. Mai, abends 7 Uhr: „Marie, die
Tochter des Regiments". Frcitaq. 15. Mai, abends7Uhr: „König
Heinrich IV." (Ecster Teil). Samstaq, 16. Mai, abends 7 Uhr:
„Aida". Sonntag, 17. Mai, abends 6 Uhr: „Die Junqfra» von
Orleans". — Jm Tbeater in Badcn- Bad en. Mittwoch,
13. Mai, abcnds '^7 Uhr: „Die Brant von Messina".

Ssr. Karlsruhe, 11. Mai. Sarah Bernhardt fand
heute im Hoftheater als „Cameliendame" enthufiastische
Aufnahme. Der Großherzog, die Großherzogin, die Erb-
großherzoglichen Herrfchaften, Prinz Max und Gemahlin, die
Fürstin zur Lippe beteiligten sich lebhaft an dem rauschenden
Beifall des dicht besetzten Haufes. Die Künstlerin wurde nach
jedem Akt, besonders aber am Schlutz, unzähligemal gerufen.
Darmstadt, 11. Mai. (Spielplan des Grotzh.

, Vcrsammlung aller Sänger im Nibelungssaale des „Rosengar-"
ten"; Bcgrüßuugs-Wahlspruch der Mannheimer Vundesver-
eine; Begrüßung durch den Herrn Obcrbürgermeister der'
Stadt; Ansprache des Herrn Bundcspräsideutcn; Sängerspruch
des Bad. Sängerbundes; Erstes Wettgesang-Konzert. — Rach-
mittags 3 Uhr: Zwcites Wettgcsang-Konzert. — Abends halb

6 Uhr: Erste Hauptprobe für das Festkonzcrt im Musensaaft
des „Rosengartcn". — Abends 9 Uhr: Festbankett im Nft
bclungcnsaale des „Rosengartcn". Lll 0 n t a g, 1. Junl,
morgcns halb 8 Uhr: Zweite Hauptprobe für das Festkonzert
im Nibelungensaale dcs „Rosengarten". — Vormittags 1l
Uhr: Festkonzert im Nibclungensaale. — Nachmittags 3 Uhr:
Festzug, anschließend daran Versammlung im Nibelungensaale
und Verkündiguug des Urteils des Preisgerichts. — Abends

7 Uhr: Festvorstcllung im Großh. Hof- und Nationaltheater.
— Abends 8 Uhr: Zusammenkunft im Stadtpark; Konzert da-
selbst. Dieustag, 2. Juni, morgens: Besichtigung dcc
Sehenswürdigkeiten dcr Stadt. — Vormittags 10 Uhr: Festt
fahrt auf dem Rhcin zur Besichtigung der Hafenanlagen.
Nachmittags und abcnds: Zusammenkunft im Stadtpark; Kon>
zert daselbst.

8 Wieblingen, 12. Mai. (B ü r g e r a u s s ch u ß w a h l.)i
Bei der gestrigen Bürgcrausschußwahl in der drittcn Wählcr-
klasse wurde der vom nationalliberalen Verein vorgeschlagene
Zettel mit 61 Stimmcn gewählt. Der sozialdemokratische Zett
tel erhielt 28 Stimmen.

V Kirchheim, 11. Mai. (Festlicher Empfang.) Als
vom ersten Gesangswettstreite in Feudcnheim der hiesige
Männergesangverein, der unter der tüchtigen Lett
tung des Herrn Oberlehrers Grieser stcht, preisgekrönt zurück-
kehrte, wurde die wackere Sängerschar am Bahnhofe hier voN
ciner zahlreichcn Volksmenge und der Feuerwehrkapclle em-
pfangcn, jubelnd begrüßt und in das Vereinslokal gcleitct zw
frohcr Feier des grotzen Erfolgcs, auf welchen alle Mitglicdcr
voll Stolz zurückblicken können.

f Weinheim, 11. Mai. (Leichenbegängnis.) Anr
heutigen Tag wurde Kirchenrat Guth, der, wie schon gemel-
det, unerwartt und plötzlich rasch aus diesem Leben schied, zur
Erde bestattet. Es hatte sich zu dieser Leichenfeier eine über-
aus starke Traucrversammlung eingefunden, so groß, daß das
sehr geräumige Gotteshaus, in welchem der Trauergottesdicnst
abgehalten wurde, die Leidtragenden kaum fassen konnte. Als
Vcrtretcr der Obcrkirchenbehörde war Oberkirchenrat Zäringer,
früher Stadtpfarrer hier, erschienen. Die Trauerrede hielt
Stadtpfarrer Scherr; ferner sprachen Hr. Zäringer, DekaN
Nüßle. Vikar Horr teilte die Personalien des EntschlafcneN
mit, woraus mitgeteilt sei, daß derselbe im Jahre 1829 gebo-
ren, 1853 als Pfarrkandidat ausgenommen wurde und seit 32
Jahren als Seclsorger hier mit Treue und in rechtem Segen
wirkte. Er erreichte ein Alter von 74 Jahren. Ehre seinern
Andenken!

Mannheim, 11. Mai. (Die projektierte zweite
Neckarbrücke) unterhalb der jetzigen ist schon lange ein
Schmerzenskind unserer Stadt. Schon jahrelang finden an deN
Entwürfen Abänderungen statt; endlich scheint man der Lösung.
der Frage näher zu kommen, nachdeni Beschwerden, Wünsche
und Gutachtcn der Direktionen des Wasser- und Straßenbau--
amtes und der preußisch-hessischen Eisenbahnen usw. gehört
sind. Nun kommt die Geldfrage. Wie die Stadtväter sich-
diese neue Einnahmequelle verschaffen wollten, wurde erst durch
den neuen Stadtratsbericht bekannt, wonach die geplante L 0 t-
terie zur Erbauung einer zweiten Neckarbrücke vom Mimste-
rium die Genehmigung nicht gefunden hat.

II Ettliiigcn, 11. Mai. (Wütende Jmmen.) Vor-
gestern war dcr Landwirt Hitscherich in Malsck; mit Umpflügeck
seines Ackers beschäftigt. Plötzlich überfielen die auf dem ne-
benanliegendcn Repsaäer sammelnden Bienen dcn Ackcrs-
mann und sein Gefährt. Der Mann und deffen Tochter konn-
ten sich durch die Flucht noch rechtzeitig retten, jedoch nicht, ohne
auch erhebliche Stiche zu erhalten. Das Pferd blieb auf dem
Platze liegen. Nachts 1 Uhr wurde dasselbe in den Stall ver-
bracht, wo es um 4 Uhr verendete. Es war über und über mit
Stichen bcdeckt.

-s- Lahr, 11. Mai. (Gewitter und Blitz-
schlag.) Gestern zog über unsere Gegcnd cin schweres Ge-
witter, das lcider Schaden anrichtetc. Auf dem Hursterhof
schlug der Blitz in die Öekonomiegebäude ein und zündete. Das
südliche Stallgebäude wurde eingeäschert, wobei drei Pferde^
2 Kühe und mehrere Schweine, sowie einigcs Geflügel in den
Flammen umkamcn.

v Frcibnrg, 11. Mai. (Von den Freiburger Mör-
dern.) Jn Bezug auf die Freiburger Mordprozcsse, die vor-
aussichtlich in den nächsten Monaten ihre Sühne finden wer-
den, dürfte es interessant sein, daran zu erinnern, daß, wenit
es zu einer Hinrichtung mit dcm Fallbeil kommen sollte, dies
die erstmalige Anwendung desselben in unserer Stadt wäre.
Die letzten Hiurichtungen wurden mit dem Schwerte vollzogeN
und zwar die eine (1855) noch öffentlich, die andere (1856)!
im Hofe des Amtsgefängnisses am Holzmarktplatz. — Jn eincm
Abschiedsbriefe dcs Raubmörders Weißer an seine Eltern und
Geschwister gedenkt er seines Kindes und bittet seine Ge-
l schwister, den tiefbetrübten Eltern zur Seite zu stehen. Seineir
Brief beendet er mit folgenden Wortcn: „Jch schließe mein
Schreiben, indcm ich von dieser Wclt Abschicd nehme. Auch
bekunde ich meine herzliche dcmütige und aufrichtige Reue über
mein Verbrechen. Euer Sohn Richard."

V Ans Baden. Dcr Mann, der sich am 6. ds. Mts. in
Lahr im Schcerbachfelde erschoffen hat, ist, wie die „L. Ztg."
aus sicherer Quelle erfährt, der 44 Jahre alte Kanzleigehilse
Adolf Hartung aus Roden, Regierungsbczirk Saarlouis. —

^ Hoftheaters.) Dienstag, 12. Mai, abends 7 Uhr: „DoN
Juan"; Mittwoch, 13. Mai, abends 7 Uhr: „Monna Vanna."

Frankfurt, 11. Mai. (Spielplandes Frankfurter
. Schauspielhauses.) Dienstag, den 12. Mai, abends-
; 7 Uhr: „Man soll nichts verschwören", hierauf „Unter Brü-
dern". Mittwoch, den 13. Mai, abends 7 Uhr: Erstes Gastspiel
der Frau Sarah Bernhardt mit ihrer Pariser Gesellschaft „Ln
Dame aux Camelias" (Cameliendame). Donnerstag, den 14-
Mai, abends 7 Uhr: Zweites und letztes Gastspiel der FraU
Sarah Beruhardt mit ihrer Pariser Gesellschaft „Fron-Fron">
Freitag, den 15. Mai, abends 7 Uhr: „Monna Vauna". Sams-
tag, den 16. Mai, abends 7 Uhr: Chklus klassischer Dramen:
„Antigone". Sonntag, den 17. Mai, nachmittags halb 4 Uhrt
„Der blinde Passagier", abends 7 Uhr: „Jm bunten Rock"-
Montag, den 18. Mai, abends 7 Uhr: „Die Liebesschaukel".

Frankfurt, 11. Mai. (Spielplan des FrankfurteH
Opernhauses.) Dienstag, den 12. Mai, abends 7 Uhr:
„Der fliegende Holländer". Mittwoch, den 13. Mai, abcnd?
7 Uhr: „Die schöne Helena". Donnerstag, den 14. Mai,
abends 7 Uhr: „Orestes", im Ab. Freitag, den 15. Mast
abends 7 Uhr: „Die Großherzogin von Gerolstein". Samstag,
den 16. Mai, abends 7 Uhr: „Don Pasquale", hierauf „Ca-'
valleria rusticana". Sonntag, den 17. Mai, abends halb 7 Uhr!
„Lohengrin". Montag, den 18. Mai, abends 7 Uhr: „F<V
tinitza".

Literarisches

—* Das Antiquariat der Firma Friedrich Meyers Buch"
handlung in Leipzig versendet soeben seinen 47. Antiquariats-
Katalog, welcher die Bibliothek des verstorbenen Herrn Geh-
Hofrat Prof. Dr. Grasberger in Würzburg (Klaffischb
Philologie, Altertumskunde und Pädagogik enthält. Jnteres-
senten sei dieser sorgfältig zusammengestellte Katalog, welche^
fehr viele seltene und vergriffene Bücher zu mäßigen Preise^
aufweist, bestens empfohlen. Er wird auf Verlangen unbe--
rechnet und franko übersandt.
 
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