Herdelberger
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sseidelbecgec Nnzeigec / Neidelbecgec Leitung
Dn ganz Nocdostbaden vecbceitele Lageszei'tung.
Nnzeigen alier Nct kaben guten Lcfolg.
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Stellenanzeigen, Schiffahrtsanzeigen, Derlegeranzeigen. Prei» für
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Nachläss« nach Malstasfel l und II, oder Mengenstaffel L. 3- Ji-
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H-idelb-rg. DeschSftszeit S-l8 Uhk. PoftscheSlkonto Ludwigshafen 7221.
Jäir Rückgabe nicht oerlangter Schriftstücke wird keins SewLhr geleistet.
Nr. 3
Druck unv Berlag von Friedrich Schulze in Heidelberg.
Schriftleitung: Hauptstrabe 23 Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Samstag, 4. Ianuar
Hauptgeschästsstelle
Hauptstraße 23, Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Zweigstelle: Haspelgasie 1.
1936
Roosevelts Bostchaft an -en Kongreß.
.Wlr verfolgen eme zweifache Neutralttätsvolitik.-
Ier SAtten l»»l Msrtiall.
Der Sowjetgesandte Alexander Minkin, der bis-
her in Montcvideo, der Hauptstadt von Uruguay, resi-
dierte, ist vor einigen Tagen mit einem ziemlich krästigen
Fußtritt in einem hohen Bogen aus diesem Land hinaus-
befördert worden. And während dieser Genoffe Minkin
sich noch die schmerzhafte Rückseite rieb, wohin dicser
gutgezielte Fußtritt verabrcicht worden war, vernahm
die Weltöffentlichkeit, was in Montevideo sich begeben
hatte. Man hatte' namlich einwandfrei festgestellt, datz
die sowjetrussische Gesandtschaft in Montcvideo die
Häuptzentrale für alle die Umsturzversuche
war, die in lchter Zeit in den verschicdencn südamcri-
kanischen Staaten angczettelt worden sind. Als vor
einigen Iahren im Heer und in der Flotte von Lhilein
immer neuer Folge sich Meutercien ereigneten,
mußte man mit Aeberraschung erkennen, daß die Finan-
zierung diescr Vewegung von Montevideo aus erfolgt
war. Im Iahr 1931 brachen in Argentinien ver-
schiedcnc Ausstande aus. Als man die Spurcn verfolgte,
zeigten sie wiederum nach Montevideo. Und als 'vor
einigcn Wochcn — Cnde November 1935 — in den b r a-
silianischen Staaten Pernambuco und Rio
Grande del Norte eine kommunistische Revolte zu blu-
tigen Straßcnkämpfen fllhrte, in deren Verlauf etwa
150 Pcrsoncn erschoffen wurdcn, da erwies sich, daß der
Leiter dieses llnternehmens der Sowjetgesandte Min-
kin in Montcvidco war. Die Untersuchung ergab, daß
dieser Diplomat in einer auffälligen Gebelaune verschie-
dene Varschccks über je 300 000 Goldpesos ausgestellt
hatte, deren Cmpfänger zwar nicht eindeutig ermittelt
werden konntcn, deren Verwendung aber garnicht zwei-
felhaft ist. Außerdem wußte man aus dem Sihungs-
bericht über den Kongreß der Kommunistischen Inter-
nationale, der vor einigen Monatcn in Moskau stattsand,
daß der holländische Delegierte Maine dort die V o l-
schewisierung der südamerikanischen Staa-
ten als eines dcr Hauptziele des Kommunismus
proklamiert hatte. Und schließlich ist der Sowjetgesandte
Minkin in Südamerika hinlänglich bekannt. Cr war
srühcr Lciter der sowjetrussischen Handelsgesellschaft in
Vuenos Aires, die im Iahr 1931 unter aufsehenerregen-
den llmständen von der argentinischen Polizei durchsucht
und dann auf behördliche Anordnung aufgelöst wurde.
Die Gründe für dieses Vorqehen kann man ungefähr er-
raten, wenn man weiß, daß damals nicht weniger als
110 Pcrsoncn vcrhaftet wurden und der Leiter dieser
eigenartigen Handelsgesellschast, eben dieser Genoffe
Minkin, aus Argentinien ausgewiesen wurde.
Das gleiche Schicksal hat den Sowjetgesandten Minkin
nunmehr auch in Llruguay ereilt. Die Regierung von
Kruguay hat vor einigen Tagen diesem hervorragenden
Sowjetgesandten die Pässe zugestcllt und ihn zum
sofortigen Verlaffen dcs Landes ausgesordert. Herr
Minkin hat, anstatt kleinlaut zu verschwinden, in einer
Notc dagegen Cinspruch erhobcn und die Sowjet -
regierung in Moskau, die natürlich ganz und gar
unschuldig ist und nicht im Geringsten weiß, was ihr Ver-
trauensmann Minkin in Montevideo tut und treibt, hat
die vorbildliche Frechheit, die Hilfe des Völker-
bundes in Anspruch zu nchmen. Mit andern Worten:
der Völkerbund wird aufgeboten, damit er die Aqenten
der kommunistischen Weltrevolution schützt. Der Cinsall
ist so grotesk, daß man über ihu nicht einmal lachen kann.
Währcnd Alexander Minkin stch noch die Rock-
schöße abstaubte, an denen die Spuren des Fußtritts sicht-
bar sind, der ihn so rasch über die uruguayanische Grenze
geschlcudert hat, hat die Regierung in Montevideo etwas
genauer llmschau gchalten. Sie hat festgestellt, daß Min-
kin und seine Hintermänner für Februar oder März in
Kruguan einen kommunistischen Ausstand
vorbcreitct haben und daß der ausgewiesene Sowjetge-
sandte mit einem Kreis ausrührerischer Clemente im Land
in engster Verbindung stand. Dei Haussuchungen, die
unvermutet bei verschiedenen einheimischen Kommunisten
erfolgten, fand man Waffen und andere interessante
Gegenstände, über deren Zlveck kein Zweifel bestehen
kann. Das Anklagematerial, das man bereits in Monte-
video zusammengetragen hat, wird noch ergänzt durch di«
Feststcllungen der brasilianischen Regierunq,
die kürzlich über eine weitverzweigte Sowjetorgani-
sation ausschlußreiche Mitteilüngen machte. Cs stnd
sehr intereffante Cnthüllungen, die den Völkerbund dar-
über ausklären könnten, welch eine fabelhafte Attraktion er
in dem Sowjetdelegierten Litwinow befiht, der die
„Heimat der Weltrevolution" in Genf so wirkungsvoll
vertritt.
Die Sowjetregierung in Moskau wird auch
diesmal erklären, daß sie sich ftir die Propaganda der
Kommunistischcn Internationale in andern LLndern
nicht verantwortlich fühlt, obwohl es kein Geheimnis
ift, aus wclchen Geldquellen die Rubel stammen, die in
allen Ländern der Welt für die B o l s ch e w i s i e r ung
der Völker in Millionenbeträgen vcrschlcudert wer-
den und obwohl es bekannt ist, wer das geistige
Oberhaupt der Kommunistischen Internatwnale ist,
die nicht ohne Grund ihre Zentrale in Moskau hat.
Der Sowjetgcsandte Alexander Minkin ist ja nur einer
unter vielcn, die draußen in dcr Welt mit der offenen
Lunte hcrumlaufen. Und es ist nur ein Derufsunfall die-
ses Vrandstifters, daß man ihn bei seinem traurigen Ge-
werbe ertappt hat und vor aller Welt an den Pranger
stellen konnte.
Vielleicht findet man auch in Genf, daß nunmehr
die Frage aktuclle Vedeutung gewinnt, ob diese Cin-
mischung in die Innenpolitik anderer Länder
durch die Sowjetunion sich mit den Grundsähen verträgt,
zu denen der Völkcrbund sich bekennt. Allmählich könnte
wohl in der Welt die Crkenntnis dämmerN, weshalb im
nationalsozialistischen Deutschland der Brand-
hsrd dcr kommunistischen Agitation in so radikalcr Weise
ausgetreten wurde. Dcn Ländcrn, die mit Sowjet-
rutzland noch immer so sreundschaftliche Veziehungen
unterhalten, stehen allerlei Ueberraschungen bevor.
Vielleicht werden sic sich nicht damit begnügen, sich
gegenseitig in Genf ihr Leid zu klagen, sondern sie wer-
den, wenn sie den Vrandgeruch der Revolution erst ejn-
mal im eigenen Land zu spüren beginnen, die Entdeckung
machen, daß man diese Pest nicht mehr mit Salbe behan-
deln kann, sondern daß man ganz andere Mittel an-
wenden muß, wcnn man dicsc Gcister dcr Untcrwelt be-
schwören will. Der Fall Minkin könnte inzwischen
zu denkcn geben. Cr ist ein Warnungszeichen, das man
gerade in dieser Zeit neucr Weltwirren nicht übersehen
sollte.
Der Führer hat in seiner Neujahrsbot-
schaft erklärt, daß Deutschland auch im neuen
Iahr ein Vollwerk der nationalen europäischcn
Disziplin und Kultur gegen den bolschewi-
ftischen Menschheitsfeind bleiben werde. Cs ist
eine hohe Mission, die das deutsche Volk übernommen hat
gegen eine Macht der Finsternis und der Zerstörung, die
pur mit geistigen Wafsen bezwungen werden kann.
- HermauuVaguich«zt>
Bekeinliilis ziim Friedeii.
Ein neues Kapitel der Volksregierung. *
Washington, 4. Ian. (Cig. Funkmeldung.) Präsi-
dent Roosevelt begab sich am Freitag abend zum
Capitol und verlas vor beiden Kammern, die sich im Re-
präsentantcnhaus versammclt hatten, und vor überfüllten
Tribünen seine jährliche Votschaft an den Vun-
deskongreß. Außerdem wurde die Rede durch etwa
600 Sender Millionen von Hörern übcrmittelt.
Der erste Teil der Rede war der außenpoli-
tischen Lage gewidmet. Roosevelt ergeht sich in teil-
weisen scharfen Verurteilungen fremder „Autokra-
tcn", die ihre Völker versklaven und zum Krieg
drängten. Demgegenüber betonte er Amerikas
Friedensliebe und seine Vemühungen um wahre
Neutralität. Nachdcm er auf die friedlichen und
freundschaftlichen Veziehungen zwischen den 21 Republi-
ken Amerikas, sowie zu Kanada hingewiesen hatte, er-
klärte er, daß es in der übrigen Welt nicht so gut stehe.
Amerikas Politik sei klar und solgerichtig.
„Wir erstreben eine Bcgrenzung der RL-
stungen und eine friedltche Lösung von
Streitigkeiten zwischen allen Völkern. Wir
haben die Periode der Dollardiplomatie beendet
und verfolgen eine zweifache Neutralitätspolitik,
nämlich erstens durch ein Verbot der Ausfuhr von
Waffen und Munition an Kriegsührende, zweitens
durch eine Verhinderung der Venuhung unserer
Erzcugniffe durch Kricgsührende Lber den normalen
Friedensbedars hinaus zur Erleichterung ihrer Krieg-
sührung. Wir hosfen, daß wir nicht an der Schwelle
eines neuen Weltkrieges stehen, aber wenn wir
einem Krieg gegenübergcstellt würden, so wird Amerika
durch cine geordnete Neutralität und durch eine an-
gemeffene Landesverteidigung bemüht sein, sich vor der
Verwicklung in einen neuen Krieg zu bewahren."
Im zweiten Teil seinsr Botschaft beschästigte sich
Roosevelt mit der in ne rpo li t is ch en Lage. Er
sprach dabei von der kleinen Schicht gewinngieri-
ger Ausbeuter, di« sich jeht wieder vorwagten,
nachdem er und der Kongreß mit ihm eine wohlgeordnete
Grundlage für ein neues Kapitel in der Geschichte
der nordamerikanischen Volksregierung errichtet
hätten. Diese Cgoisten, so führte Roosevelt aus, wollen
das Land um die gleiche alte Ccke in die gleiche traurige
alte Straße zurückführen. (Diesen Vergleich gebrauchte
der Präsident, weil Hoover, der ihn lehthin so scharf an-
gegriffen hatte, im Iahr 1931 erklärt hatte, gute Zeiten
ständen unmittelbar „hinter der Ccke" und würden bald
wieder zum Vorschein kommen.) Roosevelt fuhr fort:
Diefe Autokraten, die wieder die Regierung an
fich reitzen wollen, streben nach Autokratie gegen-
über den Arbeitnehmern, Aktionären «nd Ver-
braucher«.
Mögen fie doch offen ihre Ziele darlegen, statt sich hinter
allgemeinen Redensarten z« verbergen. Ihre Waffe ist
die Crzeugung künstlicher unberechtigter Furcht. Das
find dieselben Leute, die 1933 darum winselten, daß
man ihnen aus der Not helfe. Roosevelt zählte sodann
seine inenpolitischen Leistungen auf finanziellem,
wirtschaftlichem und sozialem Gebiet auf und fragte, ob
man auf alle diese Crfolge verzichten wollte. Die Volks-
wirtschaft habe sich unter seiner Regierung erheblich g e-
bessert und der Staatshaushalt werde demnächst aus-
geglichen werden können, da die großen Ausgaben für die
Anterstühung der Arbeitslosen immer mehr abnähmen.
Aus dem gleichen Grund verlange er auch keine neuen
Steuern. Amerika schreite vorwärts, und er bitte den
Kongreß, es nicht wieder zurückgleiten zu laffen.
Sas NeiilralilötMsez.
Die Eröfsnüng des Vundeskongreffes.
Washington, 3. Ian. Die diesjährige Tagung des
amerikanischen Vundeskongresses ist am Freitag
mittag unter allgemciner Spannung eröffnet worden. So-
fort nach der Cröffnung brachte Mac Reynolds, der
Vorsihende des Außcnausschuffes und des Repräsontan-
tenhauses eine Vorlage ein, durch die das am 29. Fe-
bruar ablaufende Neutralitätsgeseh durch eine
unbefristete Neutralitätsgesehgebung erseht werden
soll.
Die neue Vorlage behält das gegenwärtige Aus-
fuhrverbot sür tatsächliches Kriegsmate-
rial, wie Wasfen und Munition, nach kriegführenden
Ländern bei.
Die Vorlage ermächtigt den Präfidenten, nach eige-
nem Crmeffen die Ausfuhr von sonstigem Material,
das für Kriegszwecke geeignet sein könnte, zu verbie-
t e n. Die neue Vorlage fieht auch ein Verbot von Fi-
nanztransaktionen mit kriegführenden Ländern, wie An-
kauf von Obligationen und ähnliches, vor. Mac Reynold
beabsichtigt, die Ausschußverhandlungen über diese Dor-
lage bereits am Dienstag zu beginnen.
Der Gesehentwurs stellt Amerikas Neutra-
litätspolitik aus eine neuc und sür dau-
ernd geplante Grundlage.
Nach langen Verhandlungen mit den Kongreßmit-
gliedern ist ein Kompromitz entstanden, der Roosevelts
Wünschen weit entgegenkommt. Der Präsident muß künf-
tig Aussuhrverbote unparteiischer Weise zegen
beide Kriegführende aussprechen und er mutz fortan die
Verbote auf weitere Staateu ausdehnen, wenn
diese in den Krieg einbezogen werden, während dies bis-
her in dem Crmeffen des Präsidenten gestanden hat.
Außerordentlich wichtig ist die Bestimmung, die es in
das Crmeffen des Präsidenten stellt, ob und wclche M a-
terialien autzer den reinen Kriegswerkzeugen in
außergewöhnlichen Mengen ausgeführt werden dürfen.
Der Präsident erhält also fortan das Recht, außer
für Wassen und Munition auch für Vaumwolle,
Oel, Kupser, Eisen- «nd Stahlschrott und Lhnliche
Materialien Ausfuhrverbote zu erlaffen,
salls die Ausfuhr den normalen Friedenshandel über-
steigt. Ausgeschloffen von einem Verbot sind Lebens-
mittel und medizinische Vedarfsartikel. Ferner erhält
der Präfident das Recht, jegliche Kredite oder andere
finanzielle Transaktionen mit kriegführenden
Staaten zu verbieten. Der Präfident kann weiterhin
amerikanischen Staatsbürgern die Benuhung von Schif-
s e n kriegsührender Staaten sowie diesen Schiffen die Be-
nuhung amerikanischer Häfen verbieten. Für ilnter-
seeboote kriegführender Länder kann das Anlaufen
amerikanischer Häfen verboten werden. Kriegshilfs-
schiffe, die in Amerika Treibstoff oder andere Waren ein-
nehmcn wollen, können interniert werden. Don Vedeu-
tung ist noch die Vestimmung, daß die Vorschrift einer
gleichcn Anwendung der genannten Verbote auf alls
Kriegführenden vom Präsidenten mit Zustimmung des
Dundeskongrefles geändert werden kann. Diese Linfü-
ung gibt Roosevelt die Möglichkeit, eine Aenderung zu
oantragen und die Vcschränkung der Verbotsliste aus
einen der Kriegführenden vorzuschlagen.
Die heutige Ausgabe unseres VlatteS umfatzt mt»
ven beiden Untcrhaltungsbeilagen „Die Heimat" u»>
„Die Feierstunde" insgesamt 18 Seiten.
Eiglmd zm Vdtschlist Rooseoestr.
Eroßc Ausmerksamkeit gilt dcm Oelausfuhrverbot
nach Italien.
London, 4. Ianuar. (Cigene Funkmeldung.) Die in
Cngland mit Spannung erwartete Votschaft
Roosevelts an den Kongreß wird von den Morgen-
blättern in langen Auszügen und unter großen Schlag-
zeilen, jedoch vorläufig ohne Kommentar wiedergegeben.
Das englische Intereffe bczieht sich besonders auf das
neue Neütralitätsgesetz und deffen Rückwirkun-
gen auf die S ü hnepolitik.
Der Washingtoner Verichterstatter des „Daily Tele-
graph" hält für bcsondcrs wichtig die Feststellunq, daß
ein amerikanisches Ausfuhrverbot von Kriegs-
materialien nicht nur gegen dcn „Angrcifcrstaat",'sondcrn
gegen alle krleaführendcn Staaten gerichtet sein würde.
Im Fall eines Konflikts zwischen Cngland und
Italien würde das amerikanische Ausfuhrverbot also
auch auf Großbritannien ausgedehnt wcrden. Nur durch
eine Sondergesetzgcbung könne die amerikanische Regie-
rung in die Lage verseht werden, das Ausfuhrverbot für
den einen oder anderen der kriegführenden Staaten auf-
zuheben.
Reuter meldet aus Gcnf, in Völkcrbundskreisen sei
man der Auffaffung, daß die Vorschläge Roose-
velts ein Oelausfuhrverbot durch den Völker-
bund erleichtern. Auch das Oppositionsblatt „Daily
Herald" mcint, der Völkerbund könne nicht mehr zögern,
wenn die Vereinigten Staaten das Oelausfuhrverbot zur
Tatsache werden laffen.
Der diplomatische Mitarbciter der sanktionsfeind-
lichen „Daily Mail" hingegen betont, der Zwiespalt
der Meinungen in der Frage der Oclsühnemaßnahmen
habe sich derart verschärft, daß es zweifelhaft sei, ob
dem Völkerbundsrat am 20. Ianuar überhaupt irgend-
ein Vorschlag für ein Ausfuhrverbot vorgelegt werde.
Sollte abcr ein Plan vorgebracht werden, so halte man
es für unwahrschcinlich, daß er von irgend einer der wich-
tigeren Mächte unterstützt werden würde.
Nwer IriedeWlll» LWals?
Vorher Zustimmung Muflolinis.
Paris, 4. Ian. (Cig. Funkmeldung.) Der Pari-
ser Verichterstatter des „News Chronicle" will von gut
unterrichteter Seite erfahren haben, daß Laval neue
Friedensvorschläge ausarbeite. Dies tue er,
meint „Nevs Chronicle", „auf die eigene Faust" und
lediglich „zur Rettung der Faflade". Laval sei verzwei-
felt bemüht, die Anwendung von Oelsühnematznah-
men gegen Italien zu verhindern. Den neuen Frie-
densplan wcrde er der Völkerbundsratssitzung am
20. Ianuar vorlegen. Zuvor wcrde er sich aber der
llebereinstimmung Muffolinis versichern und auch mit
London Rücksprache nehmen. Nach der Rückkehr Lavals
von seinem Crholungsurlaub in der Auvergne sei «it
der Llufnahme einer grotzendiplomatischen Tä-
tigkeit zwischen Paris, Rom und Londo» -u
rechnen. Laval werde vorausfichtlich auch mit dem neueu
englischen Autzenminister Cden in Verbindung treten.
EllMchk EMslWschilssk.
Italieu legt neue Dokumente in Genf vor.
Genf, 3. Ian. In Fortsetzung der Polemik wegen
der Verwendung von Dum-Dum- und Cxplosiv-
patronen hat die italienische Regierung dem Völker-
bundssekretariat eine Anzahl Photographien übermittelt,
aus denen hervorgehen soll, daß die abessinischen Trup-
pen Cxplosivgeschosse englischer Herkunft
verwenden.
Die erste Photographie gibt das Ctikett der Packung
wieder, in der die erwähnten Patronen gesunden worden
sein sollen. Danach sind die Patronen von der Firma
Cley Vroth, Ltd., London geliesert worden. Ferner sind
abgebildet eine Cxplosivpatrone und das Firmenzeichen
eines Vickers-Armstrong-Maschinengewehrs, das gleich-
falls in der abessinischen Garnison Tasari Schetema ge-
sunden wurde und in dcffen Patronenstrcifcn sich neben
gewöhnlichen auch Cxplosivkugeln befundcn habcn sollen.
4-
Muffolini empsängt den italienischen Votschafter
in Verlin.
Rom, 3. Ian. Der italienische Votschafter in Ver-
lin Attolico, der seit einigen Tagen in Rom weilt,
ist von Mussolini empsangen worden.
Reiit BerWmgell i» Eii>>e»-M«ll»edll.
So geht man gegen Deutschc vor.
LLttich, 3. Ian. Ein Gendarmerieausge-
bot erschien Donnerstag srüh in der Gemeinde Vütgen-
bach im Kreis Malmedy und verhaftete sieben
heimattreue Männer unter der Anschuldigung
der Zusammenrottung und Auflehnung gegen dic Staats-
gewalt. Die Vcrhafteten wurden ins Gerichtsgesängnis
nach Derviers übergesührt.
Der Vorgang ist die Folge einer Silvester-
feier, die der Turnverein von Bütgenbach in einem
der Ortsgasthöfe veranstaltete.
Die Feier war um 24 Ahr polizeilich geschloffen wor-
den. Die Polizei war gegcn die Tcilnehmcr an der
Feier, als sie um 24 llhr den Saal in Ruhe verließen,
nnt Gummiknüppeln vorgegangen, wobei große
llnruhe entstand. Man will die fiebeu Verhasteten dafür
verantwortüch macheu.
England wachl in Aegypten.
Eine eindrucksvolle Aufnahme von den täglichen Uebungsflügen englischer Kampfflug--
zeuge über den Pyramiden bei Kairo.
England verfotgt bekanntlich die Vorgänge im schwarzen Erdteil mit größtem Interesse, und im
Zug der ständigen Aufrüstungen in Aegypten wurden jetzt auch zwei Geschwader englifcher Militär-
stugzeuge mr Heliopolis, bei Kairo, stationiert. (Associated Pretz, L)
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Zweigstelle: Haspelgasie 1.
1936
Roosevelts Bostchaft an -en Kongreß.
.Wlr verfolgen eme zweifache Neutralttätsvolitik.-
Ier SAtten l»»l Msrtiall.
Der Sowjetgesandte Alexander Minkin, der bis-
her in Montcvideo, der Hauptstadt von Uruguay, resi-
dierte, ist vor einigen Tagen mit einem ziemlich krästigen
Fußtritt in einem hohen Bogen aus diesem Land hinaus-
befördert worden. And während dieser Genoffe Minkin
sich noch die schmerzhafte Rückseite rieb, wohin dicser
gutgezielte Fußtritt verabrcicht worden war, vernahm
die Weltöffentlichkeit, was in Montevideo sich begeben
hatte. Man hatte' namlich einwandfrei festgestellt, datz
die sowjetrussische Gesandtschaft in Montcvideo die
Häuptzentrale für alle die Umsturzversuche
war, die in lchter Zeit in den verschicdencn südamcri-
kanischen Staaten angczettelt worden sind. Als vor
einigen Iahren im Heer und in der Flotte von Lhilein
immer neuer Folge sich Meutercien ereigneten,
mußte man mit Aeberraschung erkennen, daß die Finan-
zierung diescr Vewegung von Montevideo aus erfolgt
war. Im Iahr 1931 brachen in Argentinien ver-
schiedcnc Ausstande aus. Als man die Spurcn verfolgte,
zeigten sie wiederum nach Montevideo. Und als 'vor
einigcn Wochcn — Cnde November 1935 — in den b r a-
silianischen Staaten Pernambuco und Rio
Grande del Norte eine kommunistische Revolte zu blu-
tigen Straßcnkämpfen fllhrte, in deren Verlauf etwa
150 Pcrsoncn erschoffen wurdcn, da erwies sich, daß der
Leiter dieses llnternehmens der Sowjetgesandte Min-
kin in Montcvidco war. Die Untersuchung ergab, daß
dieser Diplomat in einer auffälligen Gebelaune verschie-
dene Varschccks über je 300 000 Goldpesos ausgestellt
hatte, deren Cmpfänger zwar nicht eindeutig ermittelt
werden konntcn, deren Verwendung aber garnicht zwei-
felhaft ist. Außerdem wußte man aus dem Sihungs-
bericht über den Kongreß der Kommunistischen Inter-
nationale, der vor einigen Monatcn in Moskau stattsand,
daß der holländische Delegierte Maine dort die V o l-
schewisierung der südamerikanischen Staa-
ten als eines dcr Hauptziele des Kommunismus
proklamiert hatte. Und schließlich ist der Sowjetgesandte
Minkin in Südamerika hinlänglich bekannt. Cr war
srühcr Lciter der sowjetrussischen Handelsgesellschaft in
Vuenos Aires, die im Iahr 1931 unter aufsehenerregen-
den llmständen von der argentinischen Polizei durchsucht
und dann auf behördliche Anordnung aufgelöst wurde.
Die Gründe für dieses Vorqehen kann man ungefähr er-
raten, wenn man weiß, daß damals nicht weniger als
110 Pcrsoncn vcrhaftet wurden und der Leiter dieser
eigenartigen Handelsgesellschast, eben dieser Genoffe
Minkin, aus Argentinien ausgewiesen wurde.
Das gleiche Schicksal hat den Sowjetgesandten Minkin
nunmehr auch in Llruguay ereilt. Die Regierung von
Kruguay hat vor einigen Tagen diesem hervorragenden
Sowjetgesandten die Pässe zugestcllt und ihn zum
sofortigen Verlaffen dcs Landes ausgesordert. Herr
Minkin hat, anstatt kleinlaut zu verschwinden, in einer
Notc dagegen Cinspruch erhobcn und die Sowjet -
regierung in Moskau, die natürlich ganz und gar
unschuldig ist und nicht im Geringsten weiß, was ihr Ver-
trauensmann Minkin in Montevideo tut und treibt, hat
die vorbildliche Frechheit, die Hilfe des Völker-
bundes in Anspruch zu nchmen. Mit andern Worten:
der Völkerbund wird aufgeboten, damit er die Aqenten
der kommunistischen Weltrevolution schützt. Der Cinsall
ist so grotesk, daß man über ihu nicht einmal lachen kann.
Währcnd Alexander Minkin stch noch die Rock-
schöße abstaubte, an denen die Spuren des Fußtritts sicht-
bar sind, der ihn so rasch über die uruguayanische Grenze
geschlcudert hat, hat die Regierung in Montevideo etwas
genauer llmschau gchalten. Sie hat festgestellt, daß Min-
kin und seine Hintermänner für Februar oder März in
Kruguan einen kommunistischen Ausstand
vorbcreitct haben und daß der ausgewiesene Sowjetge-
sandte mit einem Kreis ausrührerischer Clemente im Land
in engster Verbindung stand. Dei Haussuchungen, die
unvermutet bei verschiedenen einheimischen Kommunisten
erfolgten, fand man Waffen und andere interessante
Gegenstände, über deren Zlveck kein Zweifel bestehen
kann. Das Anklagematerial, das man bereits in Monte-
video zusammengetragen hat, wird noch ergänzt durch di«
Feststcllungen der brasilianischen Regierunq,
die kürzlich über eine weitverzweigte Sowjetorgani-
sation ausschlußreiche Mitteilüngen machte. Cs stnd
sehr intereffante Cnthüllungen, die den Völkerbund dar-
über ausklären könnten, welch eine fabelhafte Attraktion er
in dem Sowjetdelegierten Litwinow befiht, der die
„Heimat der Weltrevolution" in Genf so wirkungsvoll
vertritt.
Die Sowjetregierung in Moskau wird auch
diesmal erklären, daß sie sich ftir die Propaganda der
Kommunistischcn Internationale in andern LLndern
nicht verantwortlich fühlt, obwohl es kein Geheimnis
ift, aus wclchen Geldquellen die Rubel stammen, die in
allen Ländern der Welt für die B o l s ch e w i s i e r ung
der Völker in Millionenbeträgen vcrschlcudert wer-
den und obwohl es bekannt ist, wer das geistige
Oberhaupt der Kommunistischen Internatwnale ist,
die nicht ohne Grund ihre Zentrale in Moskau hat.
Der Sowjetgcsandte Alexander Minkin ist ja nur einer
unter vielcn, die draußen in dcr Welt mit der offenen
Lunte hcrumlaufen. Und es ist nur ein Derufsunfall die-
ses Vrandstifters, daß man ihn bei seinem traurigen Ge-
werbe ertappt hat und vor aller Welt an den Pranger
stellen konnte.
Vielleicht findet man auch in Genf, daß nunmehr
die Frage aktuclle Vedeutung gewinnt, ob diese Cin-
mischung in die Innenpolitik anderer Länder
durch die Sowjetunion sich mit den Grundsähen verträgt,
zu denen der Völkcrbund sich bekennt. Allmählich könnte
wohl in der Welt die Crkenntnis dämmerN, weshalb im
nationalsozialistischen Deutschland der Brand-
hsrd dcr kommunistischen Agitation in so radikalcr Weise
ausgetreten wurde. Dcn Ländcrn, die mit Sowjet-
rutzland noch immer so sreundschaftliche Veziehungen
unterhalten, stehen allerlei Ueberraschungen bevor.
Vielleicht werden sic sich nicht damit begnügen, sich
gegenseitig in Genf ihr Leid zu klagen, sondern sie wer-
den, wenn sie den Vrandgeruch der Revolution erst ejn-
mal im eigenen Land zu spüren beginnen, die Entdeckung
machen, daß man diese Pest nicht mehr mit Salbe behan-
deln kann, sondern daß man ganz andere Mittel an-
wenden muß, wcnn man dicsc Gcister dcr Untcrwelt be-
schwören will. Der Fall Minkin könnte inzwischen
zu denkcn geben. Cr ist ein Warnungszeichen, das man
gerade in dieser Zeit neucr Weltwirren nicht übersehen
sollte.
Der Führer hat in seiner Neujahrsbot-
schaft erklärt, daß Deutschland auch im neuen
Iahr ein Vollwerk der nationalen europäischcn
Disziplin und Kultur gegen den bolschewi-
ftischen Menschheitsfeind bleiben werde. Cs ist
eine hohe Mission, die das deutsche Volk übernommen hat
gegen eine Macht der Finsternis und der Zerstörung, die
pur mit geistigen Wafsen bezwungen werden kann.
- HermauuVaguich«zt>
Bekeinliilis ziim Friedeii.
Ein neues Kapitel der Volksregierung. *
Washington, 4. Ian. (Cig. Funkmeldung.) Präsi-
dent Roosevelt begab sich am Freitag abend zum
Capitol und verlas vor beiden Kammern, die sich im Re-
präsentantcnhaus versammclt hatten, und vor überfüllten
Tribünen seine jährliche Votschaft an den Vun-
deskongreß. Außerdem wurde die Rede durch etwa
600 Sender Millionen von Hörern übcrmittelt.
Der erste Teil der Rede war der außenpoli-
tischen Lage gewidmet. Roosevelt ergeht sich in teil-
weisen scharfen Verurteilungen fremder „Autokra-
tcn", die ihre Völker versklaven und zum Krieg
drängten. Demgegenüber betonte er Amerikas
Friedensliebe und seine Vemühungen um wahre
Neutralität. Nachdcm er auf die friedlichen und
freundschaftlichen Veziehungen zwischen den 21 Republi-
ken Amerikas, sowie zu Kanada hingewiesen hatte, er-
klärte er, daß es in der übrigen Welt nicht so gut stehe.
Amerikas Politik sei klar und solgerichtig.
„Wir erstreben eine Bcgrenzung der RL-
stungen und eine friedltche Lösung von
Streitigkeiten zwischen allen Völkern. Wir
haben die Periode der Dollardiplomatie beendet
und verfolgen eine zweifache Neutralitätspolitik,
nämlich erstens durch ein Verbot der Ausfuhr von
Waffen und Munition an Kriegsührende, zweitens
durch eine Verhinderung der Venuhung unserer
Erzcugniffe durch Kricgsührende Lber den normalen
Friedensbedars hinaus zur Erleichterung ihrer Krieg-
sührung. Wir hosfen, daß wir nicht an der Schwelle
eines neuen Weltkrieges stehen, aber wenn wir
einem Krieg gegenübergcstellt würden, so wird Amerika
durch cine geordnete Neutralität und durch eine an-
gemeffene Landesverteidigung bemüht sein, sich vor der
Verwicklung in einen neuen Krieg zu bewahren."
Im zweiten Teil seinsr Botschaft beschästigte sich
Roosevelt mit der in ne rpo li t is ch en Lage. Er
sprach dabei von der kleinen Schicht gewinngieri-
ger Ausbeuter, di« sich jeht wieder vorwagten,
nachdem er und der Kongreß mit ihm eine wohlgeordnete
Grundlage für ein neues Kapitel in der Geschichte
der nordamerikanischen Volksregierung errichtet
hätten. Diese Cgoisten, so führte Roosevelt aus, wollen
das Land um die gleiche alte Ccke in die gleiche traurige
alte Straße zurückführen. (Diesen Vergleich gebrauchte
der Präsident, weil Hoover, der ihn lehthin so scharf an-
gegriffen hatte, im Iahr 1931 erklärt hatte, gute Zeiten
ständen unmittelbar „hinter der Ccke" und würden bald
wieder zum Vorschein kommen.) Roosevelt fuhr fort:
Diefe Autokraten, die wieder die Regierung an
fich reitzen wollen, streben nach Autokratie gegen-
über den Arbeitnehmern, Aktionären «nd Ver-
braucher«.
Mögen fie doch offen ihre Ziele darlegen, statt sich hinter
allgemeinen Redensarten z« verbergen. Ihre Waffe ist
die Crzeugung künstlicher unberechtigter Furcht. Das
find dieselben Leute, die 1933 darum winselten, daß
man ihnen aus der Not helfe. Roosevelt zählte sodann
seine inenpolitischen Leistungen auf finanziellem,
wirtschaftlichem und sozialem Gebiet auf und fragte, ob
man auf alle diese Crfolge verzichten wollte. Die Volks-
wirtschaft habe sich unter seiner Regierung erheblich g e-
bessert und der Staatshaushalt werde demnächst aus-
geglichen werden können, da die großen Ausgaben für die
Anterstühung der Arbeitslosen immer mehr abnähmen.
Aus dem gleichen Grund verlange er auch keine neuen
Steuern. Amerika schreite vorwärts, und er bitte den
Kongreß, es nicht wieder zurückgleiten zu laffen.
Sas NeiilralilötMsez.
Die Eröfsnüng des Vundeskongreffes.
Washington, 3. Ian. Die diesjährige Tagung des
amerikanischen Vundeskongresses ist am Freitag
mittag unter allgemciner Spannung eröffnet worden. So-
fort nach der Cröffnung brachte Mac Reynolds, der
Vorsihende des Außcnausschuffes und des Repräsontan-
tenhauses eine Vorlage ein, durch die das am 29. Fe-
bruar ablaufende Neutralitätsgeseh durch eine
unbefristete Neutralitätsgesehgebung erseht werden
soll.
Die neue Vorlage behält das gegenwärtige Aus-
fuhrverbot sür tatsächliches Kriegsmate-
rial, wie Wasfen und Munition, nach kriegführenden
Ländern bei.
Die Vorlage ermächtigt den Präfidenten, nach eige-
nem Crmeffen die Ausfuhr von sonstigem Material,
das für Kriegszwecke geeignet sein könnte, zu verbie-
t e n. Die neue Vorlage fieht auch ein Verbot von Fi-
nanztransaktionen mit kriegführenden Ländern, wie An-
kauf von Obligationen und ähnliches, vor. Mac Reynold
beabsichtigt, die Ausschußverhandlungen über diese Dor-
lage bereits am Dienstag zu beginnen.
Der Gesehentwurs stellt Amerikas Neutra-
litätspolitik aus eine neuc und sür dau-
ernd geplante Grundlage.
Nach langen Verhandlungen mit den Kongreßmit-
gliedern ist ein Kompromitz entstanden, der Roosevelts
Wünschen weit entgegenkommt. Der Präsident muß künf-
tig Aussuhrverbote unparteiischer Weise zegen
beide Kriegführende aussprechen und er mutz fortan die
Verbote auf weitere Staateu ausdehnen, wenn
diese in den Krieg einbezogen werden, während dies bis-
her in dem Crmeffen des Präsidenten gestanden hat.
Außerordentlich wichtig ist die Bestimmung, die es in
das Crmeffen des Präsidenten stellt, ob und wclche M a-
terialien autzer den reinen Kriegswerkzeugen in
außergewöhnlichen Mengen ausgeführt werden dürfen.
Der Präsident erhält also fortan das Recht, außer
für Wassen und Munition auch für Vaumwolle,
Oel, Kupser, Eisen- «nd Stahlschrott und Lhnliche
Materialien Ausfuhrverbote zu erlaffen,
salls die Ausfuhr den normalen Friedenshandel über-
steigt. Ausgeschloffen von einem Verbot sind Lebens-
mittel und medizinische Vedarfsartikel. Ferner erhält
der Präfident das Recht, jegliche Kredite oder andere
finanzielle Transaktionen mit kriegführenden
Staaten zu verbieten. Der Präfident kann weiterhin
amerikanischen Staatsbürgern die Benuhung von Schif-
s e n kriegsührender Staaten sowie diesen Schiffen die Be-
nuhung amerikanischer Häfen verbieten. Für ilnter-
seeboote kriegführender Länder kann das Anlaufen
amerikanischer Häfen verboten werden. Kriegshilfs-
schiffe, die in Amerika Treibstoff oder andere Waren ein-
nehmcn wollen, können interniert werden. Don Vedeu-
tung ist noch die Vestimmung, daß die Vorschrift einer
gleichcn Anwendung der genannten Verbote auf alls
Kriegführenden vom Präsidenten mit Zustimmung des
Dundeskongrefles geändert werden kann. Diese Linfü-
ung gibt Roosevelt die Möglichkeit, eine Aenderung zu
oantragen und die Vcschränkung der Verbotsliste aus
einen der Kriegführenden vorzuschlagen.
Die heutige Ausgabe unseres VlatteS umfatzt mt»
ven beiden Untcrhaltungsbeilagen „Die Heimat" u»>
„Die Feierstunde" insgesamt 18 Seiten.
Eiglmd zm Vdtschlist Rooseoestr.
Eroßc Ausmerksamkeit gilt dcm Oelausfuhrverbot
nach Italien.
London, 4. Ianuar. (Cigene Funkmeldung.) Die in
Cngland mit Spannung erwartete Votschaft
Roosevelts an den Kongreß wird von den Morgen-
blättern in langen Auszügen und unter großen Schlag-
zeilen, jedoch vorläufig ohne Kommentar wiedergegeben.
Das englische Intereffe bczieht sich besonders auf das
neue Neütralitätsgesetz und deffen Rückwirkun-
gen auf die S ü hnepolitik.
Der Washingtoner Verichterstatter des „Daily Tele-
graph" hält für bcsondcrs wichtig die Feststellunq, daß
ein amerikanisches Ausfuhrverbot von Kriegs-
materialien nicht nur gegen dcn „Angrcifcrstaat",'sondcrn
gegen alle krleaführendcn Staaten gerichtet sein würde.
Im Fall eines Konflikts zwischen Cngland und
Italien würde das amerikanische Ausfuhrverbot also
auch auf Großbritannien ausgedehnt wcrden. Nur durch
eine Sondergesetzgcbung könne die amerikanische Regie-
rung in die Lage verseht werden, das Ausfuhrverbot für
den einen oder anderen der kriegführenden Staaten auf-
zuheben.
Reuter meldet aus Gcnf, in Völkcrbundskreisen sei
man der Auffaffung, daß die Vorschläge Roose-
velts ein Oelausfuhrverbot durch den Völker-
bund erleichtern. Auch das Oppositionsblatt „Daily
Herald" mcint, der Völkerbund könne nicht mehr zögern,
wenn die Vereinigten Staaten das Oelausfuhrverbot zur
Tatsache werden laffen.
Der diplomatische Mitarbciter der sanktionsfeind-
lichen „Daily Mail" hingegen betont, der Zwiespalt
der Meinungen in der Frage der Oclsühnemaßnahmen
habe sich derart verschärft, daß es zweifelhaft sei, ob
dem Völkerbundsrat am 20. Ianuar überhaupt irgend-
ein Vorschlag für ein Ausfuhrverbot vorgelegt werde.
Sollte abcr ein Plan vorgebracht werden, so halte man
es für unwahrschcinlich, daß er von irgend einer der wich-
tigeren Mächte unterstützt werden würde.
Nwer IriedeWlll» LWals?
Vorher Zustimmung Muflolinis.
Paris, 4. Ian. (Cig. Funkmeldung.) Der Pari-
ser Verichterstatter des „News Chronicle" will von gut
unterrichteter Seite erfahren haben, daß Laval neue
Friedensvorschläge ausarbeite. Dies tue er,
meint „Nevs Chronicle", „auf die eigene Faust" und
lediglich „zur Rettung der Faflade". Laval sei verzwei-
felt bemüht, die Anwendung von Oelsühnematznah-
men gegen Italien zu verhindern. Den neuen Frie-
densplan wcrde er der Völkerbundsratssitzung am
20. Ianuar vorlegen. Zuvor wcrde er sich aber der
llebereinstimmung Muffolinis versichern und auch mit
London Rücksprache nehmen. Nach der Rückkehr Lavals
von seinem Crholungsurlaub in der Auvergne sei «it
der Llufnahme einer grotzendiplomatischen Tä-
tigkeit zwischen Paris, Rom und Londo» -u
rechnen. Laval werde vorausfichtlich auch mit dem neueu
englischen Autzenminister Cden in Verbindung treten.
EllMchk EMslWschilssk.
Italieu legt neue Dokumente in Genf vor.
Genf, 3. Ian. In Fortsetzung der Polemik wegen
der Verwendung von Dum-Dum- und Cxplosiv-
patronen hat die italienische Regierung dem Völker-
bundssekretariat eine Anzahl Photographien übermittelt,
aus denen hervorgehen soll, daß die abessinischen Trup-
pen Cxplosivgeschosse englischer Herkunft
verwenden.
Die erste Photographie gibt das Ctikett der Packung
wieder, in der die erwähnten Patronen gesunden worden
sein sollen. Danach sind die Patronen von der Firma
Cley Vroth, Ltd., London geliesert worden. Ferner sind
abgebildet eine Cxplosivpatrone und das Firmenzeichen
eines Vickers-Armstrong-Maschinengewehrs, das gleich-
falls in der abessinischen Garnison Tasari Schetema ge-
sunden wurde und in dcffen Patronenstrcifcn sich neben
gewöhnlichen auch Cxplosivkugeln befundcn habcn sollen.
4-
Muffolini empsängt den italienischen Votschafter
in Verlin.
Rom, 3. Ian. Der italienische Votschafter in Ver-
lin Attolico, der seit einigen Tagen in Rom weilt,
ist von Mussolini empsangen worden.
Reiit BerWmgell i» Eii>>e»-M«ll»edll.
So geht man gegen Deutschc vor.
LLttich, 3. Ian. Ein Gendarmerieausge-
bot erschien Donnerstag srüh in der Gemeinde Vütgen-
bach im Kreis Malmedy und verhaftete sieben
heimattreue Männer unter der Anschuldigung
der Zusammenrottung und Auflehnung gegen dic Staats-
gewalt. Die Vcrhafteten wurden ins Gerichtsgesängnis
nach Derviers übergesührt.
Der Vorgang ist die Folge einer Silvester-
feier, die der Turnverein von Bütgenbach in einem
der Ortsgasthöfe veranstaltete.
Die Feier war um 24 Ahr polizeilich geschloffen wor-
den. Die Polizei war gegcn die Tcilnehmcr an der
Feier, als sie um 24 llhr den Saal in Ruhe verließen,
nnt Gummiknüppeln vorgegangen, wobei große
llnruhe entstand. Man will die fiebeu Verhasteten dafür
verantwortüch macheu.
England wachl in Aegypten.
Eine eindrucksvolle Aufnahme von den täglichen Uebungsflügen englischer Kampfflug--
zeuge über den Pyramiden bei Kairo.
England verfotgt bekanntlich die Vorgänge im schwarzen Erdteil mit größtem Interesse, und im
Zug der ständigen Aufrüstungen in Aegypten wurden jetzt auch zwei Geschwader englifcher Militär-
stugzeuge mr Heliopolis, bei Kairo, stationiert. (Associated Pretz, L)