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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Januar bis Juni)

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Aeidelberger

Neuesle Mchricmen

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Samstag, 18 Ianuar

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Zweigstelle: Haspelgafle 1.

193«

SttihMW Reksrdschilht.

.. Es ist wahrscheinlich kein Zusall, daß gerade in
?>esen Tagen der Hauptvollzugsausschutz des Räte-
vundes in Moskau zusammcngetreten ist. Dieser
Msschutz ist die oberste versassungsmätzige Jnstanz
°er Sowjetunion und er hat die Aufgabe und das
^echt, alle Gesetze für die Bürger des Sowjetstaates
rü erlassen. Vor diesem erlauchten Ausschutz hat der
'imrsitzende des Rats der Volkskommissare der Sowjet-
uuion, Molotow, vor einigen Tagen eine Rede
^ber die autzenbolitische Lage gehalten, aus
ber man entnehmen konnte, daß Sowjetrußland so-
»Usagen der „Wächter des Weltfriedens" ist, während
andererseits verschiedene Länder gibt, die, wie Ge-
Uusse Molotow unwjllig mitteilte, kein anderes Ziel
'snnen, als den sanften Frieden des Sowjetparadieses
iu stören. Er wies dabei ergrimmt auf Japan hin,
bergaß auch Polen nicht, und von Deuischland
"'utzte disser hervorragende Kenner der Weltvorgänge
^t sagen, datz dieses Land nur deswegen aus dem
-Völkerbund ausgetreten sei, um fich „die Hände frei zu
Utachen". Selbstvcrständlich ist auch dem obersten der
russischen Volkskommissare, nämlich diesem Herrn
-Nolotow, bckannt, datz Deutschlands Austritt
uus dem Völkerbund aus einem ganz andern
drund erfolgte, nämlich deswegen, weil man uns,
Etotz wiederholter Forderung, das Recht auf
^leichberechtigung verweigerte. Aber Hcrr
Dkolotow zog es vör, um diese unbequeme Wahrheit
eirien weiten Umweg zu machen.

Die rote Armee: 1300 800 Mann.

. Der Grund war einfach genug. Molotow forderte
b>Ne beträchtliche Erhöhung der Ausgaben für die
tote Armee, „um (wie er sagte) jede Möglichkeit
^rszunutzen, den Frieden zu unterstützen ünd die
iüerktätigen aller Länder über unsere be-
wndere prinzipielle Linie in der internationalen Frie-
öenspolitik aufzuklären". Wie diese „Aufklärung
bller Werktätigen" erfolgt, davon haben wir nun be-
beits genügend Beispiele erlebt und wir wissen hin-
Uchend, wie die „besondere prinzipielle Linie" der
Moskauer Friedonspolitik aüssieht. Jnzwischen haüen
">ir aus dem Mund dcs Marschalls der Sowjet-
Union, Tuchatschewski, der das Amt des Volks-
wmmissars für Landesverteidigung bekleidet, ersahren,
was die Rede Molotows im eigentlichen Kern bedeu-
>et. Sie bedeutet die Erhöhung der Sowjet-
brinee um 350 000 auf 1300 000 Mann. Sie be-
beutet weiter eine gcwaltige Vermehrung der Tanks,
ber Geschütze, der Flugwasfe und der Flotte, weil, wie
oer Sowjetmarschall erklärte, Sowjetrußland „im We-
llen und Osten mächtige Armeen mit steigender
Kampfbereitschaft haben mutz". Das kostet
llatürlich ziemlich viel Geld. Und da fragt man sich
benn in einer stillen Stunde: wer bezahlt das?
DaZ bezahlt, so antwortet der schon bekannte Genosse
Dtolotow, der russische Arbeiter, der sich in
oen Dienst der St ach an o w-B ewe g u n g stellt.

Das große Vorbild.

Die Stachano-w-Bewegung ist nämlich eine ganz
lleue und großartige Erfinduug der Sowjetpropa-
öanda. Sie hat ihren Ramen von einem einfachen
^ergarbeiter, namens Alexej Stachanow, der noch
^or etwa neun Jahre-n als Bauernknecht auf dem Land
?rbeitete, dann auf der Grube „Zentralnaia Jrmina"
'llt Kohlenbecken des Donez als Hauer Arbeit fand
Uhd der nun am 30. August 1935 in Gemem,chaft mit
^wer Arbeiterkolonne mit dem Preßlufthammer ii»
xsNer sechsstündigen Schicht 102 Tonnen Kohlen
sorderte. Er hatte damit das Zehnfache der
wlichtleistung, der „technischen Norm", vollbracht.
rAtachanow, das große Vorbild," so schrien es die
^owjetzeitungen in die Sowjetwelt. Der Rundfunk
^rkündete laut seinen Ruhm. Bilder und zahllose
nfsätze trugen den Namen Stachanow und die Bot-
Maft über seine Leistung bis in die letzten Wmkel des
^owjetstaates. Aber er blieb mit seincr Rekordarbeit
^chi ein Einzelfall. Jn einer Schuhfabrik in Lenin-
nkad spannte der Arbeiter Smetanin — tvährend

Beamter mit einer Stoppuhr noben ihm
M'rd! — am 15. November v. I. in einer Schicht 1820
Laar Schuhe auf, zwei Weberinnon in einer rxabrik in
sLytschuga, die sonst 17 Webstühle bedienten, arbeiten
ötzt an 144 Webstühlen. Der Lokomotlvfuhrer
A.riwonos stellte neue Schnelligkeitsrekorde in,
Lssenbahn-Frachwerkehr auf. Und der Bergmann
s-ktjuchow schlug sogar den Rekord stachanows,
fy.öein er in einer Schicht 536 Tonnen Kohle leistete.
^Ne Bäuerin erzielte einen Rekord im Zuckerruben-
und wurde dafür mit dem Lonin-Orden aus-
^leichnet. Jn vielen Betrieben begann erne förm-
^,che Jagd nach Rekorden. Und eines Tages erfuhr
!"un, wie der vielgeseierte Stachanow zu semem Re-
^kd gokommen war. Es geschah, weiß der Himmel,
?tcht aus unwiderstehlicher Liebe zur Sowfetrepublik,
>Udern die Sache ging, wie es im Leben so oft der
Ull jst, ganz prosaisch zu. Stachanow hat die Ge-
jchichte seines Ruhms auf der ersten Bundestagung
.Ek Stachanow-Leute im November ganz naw selbst
s sählt. Er hat berichtet, daß eines Tages der Par-
i^iorganisator der Grubc und der Strecken-
k^iter zu ihm in die Wohnung kamen und ihm vor-
htziugen, mit ihnen in den Schacht hinunterzusahren.
»,Uter den Augen dieser beiden Männer, dw seme
I„Utreiber waren, hat Stachanow mit seiner Ko-
tzllne den berühmtcn Rekord aufgestellt, den die
»wjetpropaganda sofort gierig aufgriff, um die
^Uze Arbeiterschaft zu einer gewaltigen
zzieigerung der Produktion anzutreiben. Der
>, Uw „Stachanow" wurde die Parole für dieses
k,^Ue Antreiber- und Rekordsvstem, oas-—
k,^u wutz sich das einmal richtig vorstellen —Her

>kn angewendet wird. Und man mnß sich daran er-
ld^krn, mit welchem Haß emst die kommunlstische
d-.öaganda jede Akkord- und Rekordarbeit
i,O Werktätigen als S k l a v e n a r b e i t und als ver-
ss,/cheuungswürdig in den Abgrund der Hölle ver-
sj.scht hat. Auch das sowjetrussische Arbeiterparadies
in der Praxis etwa anders aus als im bunten
^rbenlicht der Th-orie.

Der Sohn des ZuckerkSnigs.

tz„, Auf jenem ersten Bundeskongreß der Stachanow-
tz.Tse war übrigens auch der «Feldmarschall des
s«?kMunismus", Stalin, anwesend. Er war ge-
ßRuien, um Stachanow und seine Rekordleute zu
H„drn und er erklärte in einer Rede, daß die Sta-
LUow-Bewegung „den neuesten und höchsten Ab-
y>-»?t des sozialistischen Wettbowerbs einleite". Sie
r»e, so verkündete er, „in der Sowjetindustrie eine
bi«? olution hervorrufen" und — so prophezeite er
dr „gas kapitalistischc Wirtschaftssystem be-
"llen". Dte Loraussage. datz dwses gLsiale Uus-

Mfer Wett «irb ewls bSelben!

Nr. Goebbels spricht vor 2«««« in ber DeutschlandbM.


DciitschlMd als Znsel Lcs Iricdciis.

Kraft durch Opfergeist.

Verlin, 18. Ian. Die Gautagung dcs Gaues
Groß-Verlin der NSDAP am Freitag abend in der
Deutschlandhalle, in deren Mittelpunkt eine bedeutsame
Rede des Gauleiters, Reichsministers Dr. Goebbels
stand, gcstaltete sich für die mehr als 20 000 Teilnehmern
aus allen Gliederungen der Partei zu einem starken, ein-
drucksvollen Crlebnis.

Schon lanae vor Cröffnung der Tagung begann sich,
während die Kapelle Fuhsel spielte, das riesige, festlich
ausgeschmückte Oval der Deutfchlandhalle zu füllen, um
bald bis in die höchsten Ränge hinauf dicht besetzt zu sein.
Punkt 20.25 Ahr kündeten Fanfarenklänge das Cintref-

fen des Gauleiters, der mit stürmischcn Heilrufcn emp-
fanqcn wurde. In seiner Beqleitung sah man u.a. als
Gast der Tagung Gauleiter Simon vom Gau Koblcnz-
Tricr.

Nach dem feierlichen Cinmarsch der Fahnenabord-
nungcn sämtlicher Parteigliederungen mit über 300 Feld-
zeichcn, Fahnen und Standarten eröffncte der stellvertre-
tende Gauleiter Görlitzer mit einer kurzen Ansprache
vie Tagung.

Gauleiter Reichsmimster Dr. Goebbels

nahm dann das Wort zu seiner großen Rede. Dr. Goeb-
bels sprach einleitend über die grundsählichen Anterschiede
zwischen Reaktionären und Revolutionären. Der Reak-
tionär sche nur das Schöne und Große in der Ver-

E»Mn!gS§ Ncsilib t» Bmg.

Die heutige Ausgabe unseres Vlattes umfaßt
ven beiden Unterhaltungsbeilagen „Die Heimat"
„Die Feierstunde" insgcsamt 20 Seiten.

Bcsoche bei Benesch mid Hadzii.

Politische Vesprechungen.

Prag, 17. Ian. Der österreichische Bundeskanzler
Dr. Schuschnigg stattete am Freitag dem Ministcr-
präsident Hodza einen einstündigen Besuch ab. Cin
Vesuch bei Kardinalerzbischof Kaspari schloß sich an.
Hierauf folgte der österreichische Bundeskanzler einer
Cinladung dcs Staatspräsidenten Dr. Venesch zu
einem Cssen auf dcr Vurg. Nachmittags erwiderte Mi-
nisterpräsident Hodza den Besuch des Kanzlers auf der
österreichischen Gesandtschast.

Vundeskanzler Dr. Schuschnigg erklärte einem
Mitarbeiter der Wiener „Reichspost" riäch seine Ankunft
in Prag, daß Oesterreich im Donauraum eine Zu-
sammenarbeit mit anderen Ländern suche. Cr erklärte
weiter: „Nichts licgt dem Bundesstaat Oesterreich ferner
als eine Politrk der Cxperiments o-der der
Sensationen. Nur Crgebniffe, die sich aus natür-
licher Cntwicklung ergeben, find von Dauer und Vorteil."

Ier SrcmilischUsMt OgcschWii.

Angebliche Uebereinstimmung in allen Fragen.

Prag, 17. Ian. Die politischen Verhandlungen, die
zwischen dem tschechoslowakischen Ministerpräsidenten und

Außenminister Dr. Hodza und dem österreichischen Vun-
deskanzler Schuschnigg geführt wurden, sind am Freitag
abend abgeschlossen worden. Die Uebereinstim-
mung in allen Fragen, insbesondere in bezug aus die
Politikim Donauraum, wurde sestgestellt
und bekräftigt. Die Erneuerung und Erweiterung
des sogenannten Schiedsgerichtsvertrages von Vrünn,
der im Mai 1936 nach zehnjähriger Dauer abläust, wurde
beschloflen, sowie seine Ergänzung zu einem Freund-
schaftspakt vereinbart.

In wirtschaftlichen Fragen wurden Ver-
einbarungsn nicht getroffen, sondcrn die Durchsührung
der aus der grundsählichen Acdereinstimmung sich erge-
benden Maßnahmen den beiderseitigen Fachmännern
überlassen.

Cin Gegenbesuch tschechoslowakischer Staats-
männer in Wien wird stattfinden, doch wurde eine Frist
dafllr noch nicht festgesetzt.

Schuschnigg nach Wien zurückgekehrt.

Prag, 18. Ian. Der österreichische BundcSkanzler
Dr. Schaschnigg ist am Freitag um 22.50 ilhr nach
Wien zurückgereist. Zu seiner Verabschiedung hatte sich
u. a. Ministerpräsident und Minister für Auswärtige
Angelegenheiten Dr. Hodza eingefunden.

Deutsche Froutkämpfer in Rom.

Eine Mordnung deutscher Frontkämpfer weilt zur Zeit in Rom, wo sie am
kannten Soldaten einen Kranz niederlegte.

Grcch des Unbe-
(Pressephoto, K.j

beutersystem eine Revolution in der Sowjet-
industrie hervorrufen werde, hat sich insofern bereits
erfüllt, als inzwischen zahllose „Stachanow-Männer",
die als Fronvögte in die verschiedenen Betriebe ent-
sandt wurden, von den Arbeitern erschlagen oder nach
allen Regeln eines zünftigen Faustrechts verprügelt
worden sind. Die Fälle haben sich so gehäuft, daß die
Sowjetzeitungen seit einiger Zeit, aus sehr nahelie-
genden Gründen, darüber nichts mehr zu melden wa-
gen. Dagegen haben sie einen Kampf begonnen ge-
gen die „heimlichen Saboteure der Stachanow-Bewe-
gung", nämlich gegen die Jngenieure, die aus Ver-
antwortungsgesühl einen solchen Raubbau an Mensch
und Werk für gefährlich halten, gegen eine „gewisie
Gruppe von Sachverständigen" und nicht zuletzr gegen
alle Arbeiter, die sich wcigern, sich ^Stalins Anordnung
zu unterwerfen, nämlich „ohne Rücksicht auf ihre Ge-
sundheit (!) das Höchstmaß aus der Technik heraus-
zupressen". Was diesen widersetzlichen Arbeitern
bevorsteht, hat Genosse Pjatakow, der stellvertre-
tende Volkskommissar für die Schwerindustrie ver-
raten. Dieser Genosse Pjatakow, dessen Vater einst im
Zarenrcich der russische „Zuckerkönig" und ein viel-
facher Millionär war, hat in einer Rede angekündigt:
„Entweder kriegen wir diese Leute klein oder man
muß sie wegschaffen. Da gibt es keine Wahl!"
Und es scheint, datz Stalin mit dieser Methode voll-
kommen einverstanden ist.

Die Sowjetregierung verlangt diese Rekord-
leistungen allerdings nicht ganz umsonst. Sie hat
den Stachanow-Leuten höhere Löhne versprochen ui^d
auch bereits bezahlt. Aber da kommt der Bergarbeiter
Isotow aus dem Donezbecken und erklärt ganz
naiv und freimütig: Was nutzen uns die höheren
Löhne, wenn wir doch nichtsdasür kaufenkön-
n e n." Es gibt keine Kleider, keinc WSsche, keine
Schuhe, keine Fahrräder, die einfachsten Dinge des
tägUchen Bedarjs sind mcht zu haben otzer unerichwing-,

lich: im Sowjetparadies. Sie werden nicht oder in
ganz unzulänglichen Mengen angefertigt. Dagegen wer-
den in Massen angefertigt: Tanks, Flugzeuge,
Kriegsschiffe und alles, was das Heer als Äusrüstung
fordert. Und weil das alles ganz enorm Geld kostet,
deswegen mußte Stachanow am 30. August 1935 in«
die Grube fahren und hat — als Beispiel — eine
Rekordleistung aufgestellt, die nun sür alle Ar-
beiier der Sowjetunion als Vorbild dient, damit
durch die Ausfuhr der gesteigerten Produktion die
Gelder beschafft werden können, die für die Aus-
rüstung der Riesenarmee notwendig sind. So e i n-
sach ist das Rechenexempel, das die Schutzmarke
"Stachanow" trägt.

Das Endziel.

Es ist nicht schwer, zu erraten, welche Aufgaben
der roten Armee zugedacht sind. Genosie Molo-
tow hat in seiner Rede über die außenpolitische Lage
ganz offenherzig darauf hingewiesen, „datz die Hofs -
nung der impcrialistischen Länder auf dic Langmut
der Volksmassen im unerwarteten Augenblick z u-
sammenbrechen könnte. Uns Bolschewisten (so
fügte er bedeutungsvoll hinzu) ist es nicht schwer,
ein derartiges Streben der Volksmassen zu ver-
stehen." Aus dem bolschewistischen Latein in klares
Deutsch Lbersetzt heißt das: Wir warten darauf, daß
ein Krieg in einem andern Land zu irgcndwelchen
Revolten führt, um mit Hilfe unserer bolschewisti-
schen Propaganda das Fcuer der Weltrcvo-
lution zu entzünden. Dasür wird die rote Armee
aufgerüstet und dafür steht sie schon heute bereit.

So offen hat Moskau seine Pläne noch nie ent-
hüllt. Stachanow ist nichi nur ein Name, er ist ein
Programm. Dahinter erhebt sich der düstere
Schatten Stalins: das Arbeiterzuchthaus des
Sowjetstaats und die rote Armee, die angriffs-
bereit a>n tzen Grenzen steht.

HKrmLL» Kck,gu.ich«,

gangenheit. Der Revolutionär blicke aus die gro-
ßen Leistungen der Gegenwart und Zukunft. „Cs
ist nichts an dem," erklärte Dr. Goebbels, „als sei der
große Kmwälzungsprozeß zu Cnde, fondern
er geht fort und wird noch einige Iahnzehnte weitergehen
müffen. Wir werden uns von den Sorgen des Alltags
nicht gefangen nehmen lasien und nicht den Blick für die
Zukunft verlieren. Ans selbst werden einmal die Schwie-
rigkeiten von heute klein erscheinen. Vor zwei bis drei
Monaten hat alles nach Butter geschrien. Manchs
prophezeiten, daß an der Vutternot die Nation scheiteru
müsie. (Heiterkeit.) Die Vutter ist gekommeul (Star-
ker Beifall.)

Me Schwierigkeiten kommcn und vergehcn. Das
sind Sorgen, die nur den kleinmütigen
Menschen bedrücken. Der Nationalsozialist
geht mit einer stolzen Derachtung darüber hiu-
wegl

(Starker, anhaltender Veifall.) Dr. Goedbels sehte sich
dann mit jenen Spietzern auseirander, die alle Crfolge
als Selbswerständlichkeit hinnehmen, aber über die klei-
nen dadurch entstehenden Schwierigkcitcn und Knbequcm-
lichkeiten meckern. „Der Spießcr gerät vor Freude fast
in Raserei, wenn eine Kompagnie Soldaten vorbeimar-
schiert. Aber er will nicht dafür einmal gelegentlich auf
Butter verzichten. Vor einem Iahr haben wir den
Sieg an der Saar errungen. Dafür haben wir ge-
schustet. Man hat uns keinen Dank gesagt, und heute
reden unsere Gegner nicht einmal mehr davon. Wenn es
schief gegangen wäre, hätten sie zehn Iahre lang dar-
über geredet. Am 16. März wird es ein Iahr her sein,
daß wir die Wehrfreiheit proklamierten. Die ganze
Welt stand in atemloser Spannung, was nun geschehen
werde. Man hätte erwarten müssen, daß, nachdem die
Krise vorbei war, unsere Gegner erklarten: Das habt
Zhr gut gemacht, Ihr habt Mut gehakch und dem
Mutigen gehört die Welt. Wir haben mit England
einen Flottenvertrag abgeschlosien, den jeder Po-
litiker ein Iahr vorher sür eine bloße Utopie erklärt
hätte. Der Spießer sieht mit Begeisterung in der Wo-
chenschau die vorbeifahrenden Kriegsschiffe, aber er ver-
liert kein Wort über unsere Leistung." „Demgegenüber
müffen wir," so rief Dr. Goebbels unter dem begeisterten
Veisall der Versammlung aus, „uns zurWehr setzen.
Denn, wenn wir das nicht täten, so würden wir all-
mählich mit unserer Anständigkeit an die Wand ge-
quetscht."

Mit großer Offenheit sprach Dr. Goebbcls über die
Probleme der Gegenwart, insbesondere über die bekannts
Zunahme derArbeits losigkeitim Dezember, ver-
ursacht durch die Saisonvcrhältniffe, schlcchte Witterung,
Rohstoff- und Devisenschwierigkeiten. Die Tauschverträge
mit dem Ausland hätten sich noch nicht voll auswirken
können. Man könne jedoch erwarten, daß diese Schwie-
rigkeiten Cnde Februar oder Anfang März überwunden
sern werden. Da wir gezwungen waren, Devisen für
nationalpolitische Zwecke zu benuhen, waren wir genö-
tigt, für andere Zwecke Devisen einzusparen.

Das deutsche Volk habe keine Kolonien m»d
keine Rohstosse und müsie versuchen, fich recht

ReichsWimleihc M gezcichiiel.

Die 4-2-prozentigen Reichsbahnschatzanweisungen
von 1936.

Verlin, 17. Ian. Die Zeichnung aus die 4^-pro-
zentigen Reichsbahnschatzanweisungen von
1936 ist abgeschlosien. Dcr gesamte vom Konsortium
übcrnommcne Vetrag ist untergebracht worden. Die Zu-
teilung an die Zeichner ersolgt in voller Höhe.

Ner König nnn Eniland erdrnnkt.

Anfälle von Herzschwäche.

London, 18. Ian. Eine am späten Abend des
Freitag ausgegebene Mitteilung besagt, daß der König
von England an Vronchialkatarrh und Anfällen von
Herzschwäche lcidet. Sein Zustand gcbe zu einer
gewiffen Besorgnis Anlaß.

Die königliche Familie in Sandringham versammelt. —
Sauerstosfbehandlung des Königs.

London, 18. Ian. (Cig. Funkmeldung.) „Daily
Telegraph" meldet aus Sandringham, daß sich die Er-
krankung des Königs in den spätcn Abendstunden
des Fneitag verschlimmert habe. Die Leibärzte des
Königs hättcn sich sür Sauerstofsbehandlung entschieden.
Lord Dawson und der Lcibarzt Sir Stanley He»
wett seien während der Nacht im Schloß Sandringham
gcblieben.

In einer späteren Meldung aus Sandringham heißt
es, daß der König heute nacht sriedlich in scincm Zim-
mcr schlafe. Von dcn Mitgliedern der königlichcn Fa-
milie sind die Königin, der Prinz von Wales,
der Herzog von Iork und die Prinzcsstnnen Elisa-
beth und Margareth-Rose im Schloß anwesend.

Die Verlautbarung der Aerzte, in der „einige Be-
unruhigung" über den Zustand des Monarchen ausge-
drückt wurde, ist kurz vor Mitternacht im englischen
Rundfunk verlesen worden.

Die Morgenblätter, die in großer Aufmachung über
dse Crkrank.ing Kömg Georgs berichten, erinnern daran,
daß der König bereits im Iuni lehten Iahres an einem
Vronchialkotarrh litt, der jedoch keine ernsten Folgen
hatte^

König Georg hat im Iuui 1935 jeinLN 70. Geburts-
tag begange«.
 
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