Heidelberger
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1936
SS^SSW»
ötnrhembergs SesterreiH.
Wunsch und Wirklichkeit.
19. Ianuar hat, wie schon gemeldet wurde, die
Äa«<^rländische Front in Oesterreich in der
hait^bhauptstadt eine Tagung der Veauftragten abge-
T was sowohl silr den Vundeskanzler Dr.
Ctg lchnigg, als besonders auch für den Fürsten
ljch^Fhemberg die Veranlasinng war, sich grundsäh-
^ ?wer die Politik der Vaterländischcn Front zu
Cs war aber nicht der Vundeskanzler Dr.
^nzuhämmern, daß ein sreies und unab-
stz,, 9 > g « S Oesterreich im Sinn der göttlichcn
bfhi^ordnung liegs. Ob es mit dieser göttlichen Welt-
vereinbar ist, daß Fürst Starhembergs Ziel
gerichtet blcibt, das Oesterreich, das der
chs von St. Germain übriggelasien hat, an Völ-
ketten, die im großen Krieg die Doppclmonarchie
ejn ümmert habcn, das ist kcine göttliche, sondern
kejl machtpolitischeFrage. Obein Oester-
lrei und unabhängig ist, dcffen leitcnde Männer
^"^chselnd nach Rom und Paris, nach London und
sahren, ob ferner diese Unabhängigkcit dadurch ge-
^yrieistet wird, daß dies Oestcrrcich oder doch seine
leitenden Männer glauben, nur im Schattcn von
leben zu können, ist auch eine Frags, die selbst von
dev , ^terländischen Front nicht mit Za beantwortet wer-
l»k»t"ürst Starhemberg hat es für sich weit von sich ge-
einen Anschluß Oesterreichs an Deutsch-
!eit> ^beizuführen oder zu untcrstühen, weil es, nach
Auffasiung, unmöglich sei, daß Oesterreich in einen
ertlich geleiteten deutschen Gesamtstaat ein-
^dert werden könne. Was aber will die Vatcr-
z^-ü<he Front des Fürsten Starhemberg, wenn sie sich
Dr, ^st einmal von der nationalen und geschichtlichen
"lage zu löscn sucht, um dann mit der Sclbsttäu-
Iek l I ^ « i und unabhängig zu sein, qeduldig und
P»/wm zu warten, was in Gcnf, was in Rom und
l'lclleicht auch in Praq über Oesterreich
ttzjächlossen wird? Auch Fürst Starhcmbera müßte
", daß das Gcbiet, das der Vertrag von St. Gcr-
als Oesterreich übriggelasicn hat, nur deshalb noch
ylseht und vorhanden ist, wcil die Devölkerung natio-
F., a»d geistig, geschichtlich sowohl wie aus Grund ihrer
!n als deutsch zu bezeichncn ist. Wäre es nicht
stv.hütte es 1919 noch ein Ocsterrcich gegeben, in dem
^Ztiker tätig waren, die für Oesterreich das Recht in
k^ bnich zu nehmen suchtcn, ein eigener Staat mit eige-
sp» lleberlieferung und eigencr Gesittung zu sein, so
dies Oesterrcich unter die'Nachfolgestaaten dcr
- "ppelmonarchie aufgeteilt worden. Nur, weil das mit
^5 'crndeutschcn Vcvölkerung Oestcrrcichs nicht möglich
weil die Nachfolgestaatcn die nationale und gcistige
sii^berstandskrast der Deutschcn in Ocsterrcich
v.s^chteten, deshalb wurde dieser Numpfstaat
tzlAlfsen, deshalb gibt es heute cin Ocsterreich, das auf
und andere Hauptstädte hörcn muß, um zu wisicn
qjch ru erfahren, was ihm angeblich frommt. Wenn es
ein deutsche Gcsittung in Oesterreich gibt, wenn
bvk, ?^tionales Gesühl, das vom Vlut und
»er Geschichte herstammt, in Oesterreich lebendig
szä lv nur deshalb, weil diese Gcsittung, weil diese Ge-
d^chle unlösbar mit der Geschichte und der Gesittung
Deutschen Reiches vcrbunden ist.
Die ausländische Prcsie, die manchmal auffallend
lehr "ber Oesterreich unterrichtet ist, die manchmal auch
ßekn- weiß, was in der Vatcrländischen Front vor-
diese ausländische Presie war es, die zuerst die
dung auffliegen ließ, daß Fürst Starhemberg
habe, selbst den Thron zu besteigen.
ÜL L Meldung gründlich zu widerlegen, vcrbeugte
iqz.vürst Starhemberg vor der Dynastie Habsburg,
Ej/^fvndere vorOtto vonHabsburg, der, nach
z^tthembergs Aufsaffung, „mir zeitweilig behindert ist",
h!er von Oesterreich zu werden. Wenn es heute oder
kzO-^ü zu einer Volksabstimmung in Oesterreich
öail darüber zu entscheiden HLtte, öbOtto von
tz^H^burg in die Wiener Hofburg als Kaiser und
slhRühcr einziehsn solle oder nicht, so ist sicher, dah die
sti^vckltigende Mehrheit der Oesterreicher mtt Nein
würde. Die Frage der Thronbesteigung Otto
htz, Dgbsburgs wäre überhaupt nicht aufgewörfen wor-
datz' ^übe es nicht in Oesterreich Leute, die sich einbilden,
kejz^üein die Wisderaufrichtung des Kaisertums Oester-
stchM sowie die Wiedercinsehung der Habsburger im-
hjS^ sei, den Anschluß an Deutschland zu ver-
liy, osrm Ob die Habsburger bei ihrer internatio-
zxs^ Dersippung als deutsches Fürstengeschlecht an-
fein» Am flnd, spielt dabei sür gcwisie Leute freilich
daz^-^olle. Was in Oestcrrcich lebt, arbeitct und hofft,
gliezüud nicht nur die sagenhaften zwei Millioncn Mit-
Uamt ^ Vaterländisch'cn Front, das ist vielmchr die
tz n>te Vevölkcrung Oestcrreichs, soweit sie auf die
ivg^sisuie des Vlutes hört, sowcit ste sich ver-
Bvt, t und verbunden fühlt mit dem deutschcn
Und mit der deutschen Geschichte.
läu),Aürst Starhemberg fordcrt übrigens, daß die Vater-
Front allein das Rccht erhalten müffe, den
füch<w Afterreich zu regiercn,um durch dicsen ein-
llbhZä Dorgang eine Mehrheit für das freie und un-
"iz- Oesterrcich von Gnaden Gcnfs, Roms, Pa-
kej^.^vndons und Prags zu gewinncn. Wcnn das er-
nxmn sich wirklich so viel Mitglieder dcr
llitznö ü'ndischcn Front findcn, um alle möglichcn und un-
Uicht ' " Postcn in Oesterreich zu bcsctzcn, so wird das
gehen ohne innere und äußcre Heuchelei.
ülcht Starhcmberg will einen totalen Staat
siir 5swa für das Gesamtvolk Oestcrrcichs, sondcrn nur
Aichtl,!? Vaterländische Front, also für eine
- ester» öu dcr sich, mchr oder wcniger übcrzeugt, die
Mcchtk' -- bokennen, für die die Staätskrippe das Ziel
°ie Hist. So war es schon in dcr Doppelmonarchie,
st>eil ^eamtenstaat war, die das sein mußte,
fillatsr^'ü. d°r Hauptsache die Vcamten waren, die den
Erhirlt/^ilichen Vegriff dcr Doppclmonarchie aufrccht
^vsten ^rwiß aüch das Heer. Aber wir habcn ja im
^Ugar-t^rieg erleben müffcn, wie Teile des österrcichisch-
Veragl/fl'W heeres ohne Rücksicht auf die geschichtliche
^esw-.!i°uhcit zum Feind übcrgingcn. Die Deutschcn
- ° nii- » habcn diescn Verrat mit Vlut bezahlt, so-
rireie Rumpfstaat, dcr nicht lcben kann. Das
ü, unabhängige" Oesterrcich lcbt nur in der
?vr x,l.ü>elt pcs Fllrstan Starhcmberg, der aus Angst
Mt tionalsozialistcn in diese politische Wunsch-
Mrst^chtet. Das Sckiicksal ' ' " ' "
ne„ Das Schicksal Oesterreichs wird nicht vom
Aesez cw„wrhemberg entschieden. llcber die Wünsche
^ deu-s^ünes wird der Wille eines Volkes siegen, das
t'che Wirklichkcit sieht.
de?^^°uisch« Frontkämpscrabordnung hat anqe-
Cngla^O-vdes des Königs von Cnqland ihren Vesuch
w abgebrochen und die Heimreise angetreteu.
Lhrenbeftelgmg KSnig E-nar-s VIII.
Die Moklamationssitzung im Et.«AamesHalast.
Ieittlicher KreM.
Der Treueid.
London, 22. Ianuar. Am Dienstag nachmittag
wurde im St.-Iames-Palast eine seierliche Sitzung des
Kronrates, die sogenannte Proklamationssitzung,
abgehalten, in der sormal die Thronbesteigung
Eduards VIII. beschlosicn wurde. Die Sitzung
dauerte genau eine Stunde.
Ileberlieferungsgemäß gab König Cduard VIII.
vor der Versammlung folgende noch aus der Zeit der
Glaubenskämpfe stammende Crklärung ab: „Im
Angesicht Gottes bekenne, bezeuge und erkläre ich feierlich
und aufrichtig, daß ich ein gläubiger Protestant bin und
daß ich in Aebereinstimmung mit dcm wahren Zweck der
Gesehe, die die protestantische Thronfolge sichern, die be-
sagten Gcsetze nach besten Kräften erhalten und schützen
werde, wie das Gesetz es verlangt."
Im Staatsanzeiger wird die Crklärung veröf-
fentlicht, die der neue König in der Sitzung des Kron-
rates abgegeben hat. Der König sagte u. a.:
„Der unersetzliche Verlust, den der britische Staaten-
verband durch den Tod meines geliebten Vaters erlitten
hat, hat die Herrscherpflichten auf meine Schultern gelegt.
Ich weiß, wie sehr alle meine Antertanen und mit ihnen,
wenn ich es sagen darf, dis ganze Welt meine Trauer
teilen. Als mein Vater hier vor 26 Iahren stand, er-
klärte er, daß eines seiner Lebensziele die Aufrechterhal-
tung der verfasiungsmäßigen Regierung sein werde. In
dieser Hinsicht bin ich entschloffen, in meines Vaters Fuß-
stapfen zu folgen und wie er während meines ganzen Le-
bens für das Glück und dieWohlfahrt aller
Klassen meiner Antertanen zu arbeiten. Ich setze
mein Vertrauen auf die Crgebcnheit und Zuneigung mei-
ner Völker im ganzen Reiche und auf die Weisheit ihrer
Parlamcnte, daß sie mich in dieser schweren Aufgabe un-
terstützen, und ich bete, daß Gott mich bei ihrer Crfüllung
lenken wird."
Der neue König trug bei der feierlichen Sitzung des
Kronrates die Uniform eines Admirals der Flotte.
Nach einer Änsprache des Königs defilierte der
Kronrat vor Cduard VIII. vorbci, lcistcte ihm den
Treueid und vollzog die traditionelle Zeremonie des
Handkusses.
Die Proklamation, mit der die Thronbestei-
gung des neuen Königs formell vollzogen wurde, er-
folgt am heutigen Mittwoch, einer alten Lleberlieferung
entsprechend, auf mehreren öffentlichen Plätzen der
Hauptstadt. llm eine reibungslose Durchführung dieses
Zeremoniells zu sichern, werden fünf Vataillone der
Gardebrigade, eine Chrenkompagnie der Artillerie und
acht Infanteriebataillone aus Aldershot in der fimgebung
der Plähe, wo die Proklamation vor der Oeffentlichkeit
verlesen wird, Spalier bilden.
Während am Dienstag die Regierungsgebäude Halb-
mast geflaggt haben, werden die Fahnen am heutigen
Mittwoch anläßlich der Proklamation über die Thron-
besteigung König Cduards VIII. auf Vollmast gesetzt
werden. Cine entsprechende Anweisung der Admiralität
gilt für sämtliche Schiffe der britischen Kriegsflotte, die
MMehr mich Pnris.
Politische Vesprechungen.
Paris, 21. Ianuar. Ministerpräsident Laval ist
am Dienstag um 18 Llhr, aus Genf kommend, in Paris
eingetroffen und hat sich sofort ins Außenministcrium be-
geben. Der Kabinettsrat ist für Mittwoch nachmittag
um 15 fihr angeseht. In politischen Kreisen erklärt man,
daß bis dahin mit keinerAenderung der innen-
politischen Lage zu rechnen sei.
Ministerpräsident Laval hat gleich nach seiner An-
kunft in Paris seine politischen Besprechungen
begonnen. Vereits um 18.ZV Uhr empfing er Staats-
minister Louis Marin und den Landwirtschaftsminister
mit denen er eine längere Aussprache hatte. Nach dieser
Desprechung fand eine weitere zwischen Laval und dem
Pensionsministcr und dem Iustizminister statt.
Laval hat nach seiuer Rückkehr aus Gsnf nachein-
ander die meisten Mitglieder seines Kabi-
netts empfangen und sich mit ihnen über die politische
Lage unterhalten. Staatsminister Herriot ist im
Kraftwagen erst spät abends aus Lyon kommend in Pa-
ris eingetroffen.
Innerhalb des Kabinetts scheinen Meinungsver-
schiedenheiten über die von Laval einzuschlagenden Wege
zu herrschen. Ein Teil der Minister soll dem Minister-
präsidenten vorgeschlagen haben, im Hinblick auf die
Cntschließung des Vollzugsausschusies der radikalsozia-
listischeu Partei den Gesamtrücktritt des Ka-
binetts von sich aus zu erklären. Andere wiederum
sollen Laval empfohlen haben, sich erneut der Kammer
zu stellen.
Laval selbst hat seine' Ansicht bisher noch nicht be-
kanntgegeben. Da der nächste Kabinettsrat erst am
Mittwoch um 15 Uhr stattfindet, ist nicht anzunehmen,
daß bis dahin irgendeine endgültige Cntscheidung fallen
wird.
In gut unterrichteten polrtiichen Kreisen weist mau
am Mittwoch nachmittag zu Chren des neuen Königs
Salut feuern werden.
*
Der Treueschwur des britischcn Parlaments.
London, 21. Ianuar. Die beiden Häuser des Par-
lamenks traten am Dienstag um 18 fihr zusammen,
um dem neuen König Treue und Crgeben-
heit zu schwören. Als Crster lsistete der Sprecher
des llnterhauses den Treueid. Ihm folgten der Minister-
präsident, der Schahkanzler und der Innenminister. Die
Cidesformel des Sprechers lautete: „Ich schwöre bei
Gott dem Allmächtigen, daß ich Sr. M. König Cduard,
seinen Crben und Nachfolgern dem Geseh entsprechend
die Treue halten werde, so wahr mir Gott helfe."
In ähnlicher Form vollzog sich der feierliche Akt der
Cidesleistung im Oberhaus, wo die firkunde zunächst
vom Lordkanzler und hierauf vom Lordsiegelbewahrer
und dem Führer des Oberhauses unterzeichnet wurde.
Die Cidesleistung wird wahrscheinlich noch mehrere
Tage in Anspruch nehmcn. Anschlicßend werden sowohl
das finterhaus als auch das Oberhaus vom Kö-
nig persönliche Botschasten entgegennehmen, die vom
Lördkanzler im Oberhaus und vom Sprecher im finter-
haus verlesen wcrdcn. Veide Häuser werdcn alsdann
Veileids- und Glückwunschentschlicßungen annchmen.
*
Votschaften an Heer, Flotte und Luftstreitkräfte.
London, 22. Ianuar. König Cduard hatam
Dienstag Äotschaften an das englische Heer, die
Flotte und die Luftstreitkräfte gerichtet.
In der Dotschaft an das Heer erklärt der König u. a.:
„Ich blicke auf meinen Dienst als junger Offizier im
Weltkrieg als eine der wertvollsten Crfahrungen meines
Lebens zurück. Cr gewährte mir die Gelegenheit und die
Vorrechte der Kameradschaft mit 'dcn Soldaten
aus dem vereinigten Königreich, den Dominien, Indien
und den Kolonien. Ich lernte jene wichtigen Charakter-
eigenschaften, durch die die Soldaten in der schwersten
Krise unserer Geschichte sich einig wurdcn, verstehen und
schähen: die gleiche glühende Crgebenheit qegenüber der
Krone, den gleichen guten Mut und die gleiche Aus-
dauer im Ilnglück, sowie die gleiche Cntschlöffenheit, die
Aeberlieserungen der Ritterlichkeit und des Mutes auf-
rcchtzuerhaltcn."
In der Botschast an die Flotte heißt es, daß der
König die Leistungsfähigkeit und das Wohlergehen der
britischen Flotte äls eine Angelegenheit von höchster
Vedeutung betrachte.
Neun Monate Hoftrauer in London.
London, 22. Ianuar. König Cduard VIII., der
am Dienstag mittag im Flugzeug in London eintras,
hat für die Dauer von neun Monaten Hof-
trauer angeordnet. Für die lehten drei Monats dieses
Zeitraumes besteht Halbtrauer.
Die allgemeine Landestrauer für dcn verstorbrnen
König beginnt am heutigen Mittwoch.
*
Das Veileid des Führers zum Tod Georgs V.
London, 21. Ianuar. Der Herzog von Sachsen-
Coburq und Gotha wurde am Dienstaq nachmittag
von Köniq Cduard VIII. im St. Iames-Palast empfan-
gen, um dem König persönlich und zugleich der Köniqin-
Mutter und der könrglichen Familie das tief empfun-
dene Beileid des Führers und Reichskanzlers zum
Wleben König Georgs V. auszusprechen.
darauf hin, daßderToddes englischenKönigs
sich nich t, wie dies in einigen Pariser Morgenblättern
zum Ausdruck kam, aufdie innerpolitischeLage
Frankreichs auswirken werde. Diese Vlätter hatten
von einer Vcrtagung des Rücktritts des Ministerpräsi-
dcnten Laval gesprochen, da der französische Autzen-
minister den Staatspräsidenten bei den Veisehungs-
seierlichkeiten für den englischen König begleiten müffe.
In politischen Kreisen weist man darauf hin, daß die
Veisetzung König Georgs wahrscheinlich nicht vor acht
bis zehn Tagen stattfinden werde.
Bm L««l z»r Boldsfroiit?
Ilebergangskabinett für dic Wahlcn.
Paris, 21. Ianuar. Die Crörterungen der Pa-
riser Presse über die Regierungskrise wer-
den vom Tod König Georgs überschattet. Da im übrigen
derRücktritt desKabinetts Laval fest-
steht, ergeht man sich in Vetrachtungen übcr den ver-
ursachten politischen Schaden oder über die Lösungsmöa-
lichkeiten. Man schcint überzeugt zu sein, daß Lavai
nicht wieder die Regicrungsbildung vorncbmen wird. Die
Linke häst die nationale Cinignng für qe-
scheitert. Die Rechte glaubr daacqcn »icht, daß
die Volksfront eine lebensfäbige Regie-
rung zustandebringen wird. Es ist nicht ausgeschlöffen,
daß man sich auf ein reines Acbergangskabinett
einigt, dem nur die Durchführung der Wahlen zufallcn
dürste.
Die radikalsozialistische „Republique", das Vlast
Daladiers, glaubt nicht, daß jeht sofort cine Rsgierung
der Volkssrönt ans Ruder kommen werdo. Man müssc
den Ausgang der Wahlen abwarten.
Im „Populaire" zeigt sich der Marxistensühr,r Löon
Vlum übcr dcn Sturz Lavals sehrbejrie-
digt. (!) Hauptaufgabe sei jeht, so sagt cr, seine Rüä-
kehr zu verhindern. Im übrigen erklärt er, dan
die Sozialistische Partei bereit sei, söwohl eine radikal-
sozialistische Regierung zu unterstühen, wie ste eine aus-
reichende Vürgschast sür die Sichcrheit der republika-
nischen Freiheiten biete, daß sie aber auch bereit sei, einc
Regierung der Volksfront zu bilden.
Der „Mätin" hingegen ist der Ansicht, daß sich die
Krisenmacher von der stnmöglichkeit überzeugt hät-
ten, eine Regierung der Volkssront auf die
Veine zu bringen.
Kiinig Eduard VIII.
Die neueste Aufnahme des Thronfolgers und bisheri-
gen Prinzen von Wales. (Pressephoto, K.)
Letzlk Mhcstiille >» Echlost Wmdsor.
Beisctzung von König Georg am Dienstag, 28. Januar.
London, 21. Jan. Die Beisetzung des
Königs Georg findrt — wie numnehr amtlich
mitgctcilt wird — am kommenden Dicnstag in der St.
Georg-Kapcllc in Windsor statt. Am Donncrstag wer-
den die stcrblichcn Uebcrreste von Sandringham nach
London übergcführt, wo sie in der Westminstcr-Hall
bts zum Tag der Bcisctznng aufgebahrt wcrden. Am
Beisetzungstag wird der Sarg in großcr Staatsprozes-
sion von der Wcstminster-Hall zur Eisenbahnstation
Paddington gcbracht wcrden, von wo der König seine
lctztc Fahrt nach Schlotz Windsor antritt.
Zu den Veisetzungsfcierlichkeiten werden auch der
Außenminister Eden und der Oberkommissar sür
Australien, Bruce, die beide zur Zeit iu Genf wei-
len, in London zurückerwartet. Eden wird Genf wahr-
scheinlich am Donnerstag verlasien. Man glaubt, daß
der Völkerbundsrat bis zu diesem Zeitpunkt seine Ta-
gesordnung erledigt hat.
In dem Trauerzug werden die Vertreter der
Regierungen aller Länder gehen, unter ihnen voraussicht-
lich die regierenden Könige von Dänemark, Norwegen
und Äulgarien.
Das Testament des Königs Georg wrrd,
wie auch in früheren Fällen, nicht veröffentlicht werden,
da es außerhalb jeder Gerichtsbarkeit liegt und nur
den Mstgliedern des Königshauses bekannt ist.
ficberführung in die Maria-Magdalcnen-Kapellc
von Sandringham.
London, 22. Ianuar. (Cig. Funkmeldung.) Die
sterbliche Hülle König Georgs wurde Dienstag
aben-d von Schloß Sandringham nach der naheliegenden
Maria-Magdalcnen-Kapelle übcrgeführt.
Trotz eines schweren Hagelsturmes hatte es sich die
Königin nicht versagt, den Sarg gemeinsam mit dem
Herzög und der Herzogin von Kent und der königlichen
Auckl Dcutschlanb traucrt rlin König Georg.
Auf die Nachrichi vom Tod des Königs Geovg hin
wurden auf der Reichskanzlei ebenso wie auf andern
amtlichen Gebäuden die Flagüen auf Halbmast gesetzt.
' (Weltb», K.)
Sle letzten Stun-en -es Kablnetts Laval.
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19. Ianuar hat, wie schon gemeldet wurde, die
Äa«<^rländische Front in Oesterreich in der
hait^bhauptstadt eine Tagung der Veauftragten abge-
T was sowohl silr den Vundeskanzler Dr.
Ctg lchnigg, als besonders auch für den Fürsten
ljch^Fhemberg die Veranlasinng war, sich grundsäh-
^ ?wer die Politik der Vaterländischcn Front zu
Cs war aber nicht der Vundeskanzler Dr.
^nzuhämmern, daß ein sreies und unab-
stz,, 9 > g « S Oesterreich im Sinn der göttlichcn
bfhi^ordnung liegs. Ob es mit dieser göttlichen Welt-
vereinbar ist, daß Fürst Starhembergs Ziel
gerichtet blcibt, das Oesterreich, das der
chs von St. Germain übriggelasien hat, an Völ-
ketten, die im großen Krieg die Doppclmonarchie
ejn ümmert habcn, das ist kcine göttliche, sondern
kejl machtpolitischeFrage. Obein Oester-
lrei und unabhängig ist, dcffen leitcnde Männer
^"^chselnd nach Rom und Paris, nach London und
sahren, ob ferner diese Unabhängigkcit dadurch ge-
^yrieistet wird, daß dies Oestcrrcich oder doch seine
leitenden Männer glauben, nur im Schattcn von
leben zu können, ist auch eine Frags, die selbst von
dev , ^terländischen Front nicht mit Za beantwortet wer-
l»k»t"ürst Starhemberg hat es für sich weit von sich ge-
einen Anschluß Oesterreichs an Deutsch-
!eit> ^beizuführen oder zu untcrstühen, weil es, nach
Auffasiung, unmöglich sei, daß Oesterreich in einen
ertlich geleiteten deutschen Gesamtstaat ein-
^dert werden könne. Was aber will die Vatcr-
z^-ü<he Front des Fürsten Starhemberg, wenn sie sich
Dr, ^st einmal von der nationalen und geschichtlichen
"lage zu löscn sucht, um dann mit der Sclbsttäu-
Iek l I ^ « i und unabhängig zu sein, qeduldig und
P»/wm zu warten, was in Gcnf, was in Rom und
l'lclleicht auch in Praq über Oesterreich
ttzjächlossen wird? Auch Fürst Starhcmbera müßte
", daß das Gcbiet, das der Vertrag von St. Gcr-
als Oesterreich übriggelasicn hat, nur deshalb noch
ylseht und vorhanden ist, wcil die Devölkerung natio-
F., a»d geistig, geschichtlich sowohl wie aus Grund ihrer
!n als deutsch zu bezeichncn ist. Wäre es nicht
stv.hütte es 1919 noch ein Ocsterrcich gegeben, in dem
^Ztiker tätig waren, die für Oesterreich das Recht in
k^ bnich zu nehmen suchtcn, ein eigener Staat mit eige-
sp» lleberlieferung und eigencr Gesittung zu sein, so
dies Oesterrcich unter die'Nachfolgestaaten dcr
- "ppelmonarchie aufgeteilt worden. Nur, weil das mit
^5 'crndeutschcn Vcvölkerung Oestcrrcichs nicht möglich
weil die Nachfolgestaatcn die nationale und gcistige
sii^berstandskrast der Deutschcn in Ocsterrcich
v.s^chteten, deshalb wurde dieser Numpfstaat
tzlAlfsen, deshalb gibt es heute cin Ocsterreich, das auf
und andere Hauptstädte hörcn muß, um zu wisicn
qjch ru erfahren, was ihm angeblich frommt. Wenn es
ein deutsche Gcsittung in Oesterreich gibt, wenn
bvk, ?^tionales Gesühl, das vom Vlut und
»er Geschichte herstammt, in Oesterreich lebendig
szä lv nur deshalb, weil diese Gcsittung, weil diese Ge-
d^chle unlösbar mit der Geschichte und der Gesittung
Deutschen Reiches vcrbunden ist.
Die ausländische Prcsie, die manchmal auffallend
lehr "ber Oesterreich unterrichtet ist, die manchmal auch
ßekn- weiß, was in der Vatcrländischen Front vor-
diese ausländische Presie war es, die zuerst die
dung auffliegen ließ, daß Fürst Starhemberg
habe, selbst den Thron zu besteigen.
ÜL L Meldung gründlich zu widerlegen, vcrbeugte
iqz.vürst Starhemberg vor der Dynastie Habsburg,
Ej/^fvndere vorOtto vonHabsburg, der, nach
z^tthembergs Aufsaffung, „mir zeitweilig behindert ist",
h!er von Oesterreich zu werden. Wenn es heute oder
kzO-^ü zu einer Volksabstimmung in Oesterreich
öail darüber zu entscheiden HLtte, öbOtto von
tz^H^burg in die Wiener Hofburg als Kaiser und
slhRühcr einziehsn solle oder nicht, so ist sicher, dah die
sti^vckltigende Mehrheit der Oesterreicher mtt Nein
würde. Die Frage der Thronbesteigung Otto
htz, Dgbsburgs wäre überhaupt nicht aufgewörfen wor-
datz' ^übe es nicht in Oesterreich Leute, die sich einbilden,
kejz^üein die Wisderaufrichtung des Kaisertums Oester-
stchM sowie die Wiedercinsehung der Habsburger im-
hjS^ sei, den Anschluß an Deutschland zu ver-
liy, osrm Ob die Habsburger bei ihrer internatio-
zxs^ Dersippung als deutsches Fürstengeschlecht an-
fein» Am flnd, spielt dabei sür gcwisie Leute freilich
daz^-^olle. Was in Oestcrrcich lebt, arbeitct und hofft,
gliezüud nicht nur die sagenhaften zwei Millioncn Mit-
Uamt ^ Vaterländisch'cn Front, das ist vielmchr die
tz n>te Vevölkcrung Oestcrreichs, soweit sie auf die
ivg^sisuie des Vlutes hört, sowcit ste sich ver-
Bvt, t und verbunden fühlt mit dem deutschcn
Und mit der deutschen Geschichte.
läu),Aürst Starhemberg fordcrt übrigens, daß die Vater-
Front allein das Rccht erhalten müffe, den
füch<w Afterreich zu regiercn,um durch dicsen ein-
llbhZä Dorgang eine Mehrheit für das freie und un-
"iz- Oesterrcich von Gnaden Gcnfs, Roms, Pa-
kej^.^vndons und Prags zu gewinncn. Wcnn das er-
nxmn sich wirklich so viel Mitglieder dcr
llitznö ü'ndischcn Front findcn, um alle möglichcn und un-
Uicht ' " Postcn in Oesterreich zu bcsctzcn, so wird das
gehen ohne innere und äußcre Heuchelei.
ülcht Starhcmberg will einen totalen Staat
siir 5swa für das Gesamtvolk Oestcrrcichs, sondcrn nur
Aichtl,!? Vaterländische Front, also für eine
- ester» öu dcr sich, mchr oder wcniger übcrzeugt, die
Mcchtk' -- bokennen, für die die Staätskrippe das Ziel
°ie Hist. So war es schon in dcr Doppelmonarchie,
st>eil ^eamtenstaat war, die das sein mußte,
fillatsr^'ü. d°r Hauptsache die Vcamten waren, die den
Erhirlt/^ilichen Vegriff dcr Doppclmonarchie aufrccht
^vsten ^rwiß aüch das Heer. Aber wir habcn ja im
^Ugar-t^rieg erleben müffcn, wie Teile des österrcichisch-
Veragl/fl'W heeres ohne Rücksicht auf die geschichtliche
^esw-.!i°uhcit zum Feind übcrgingcn. Die Deutschcn
- ° nii- » habcn diescn Verrat mit Vlut bezahlt, so-
rireie Rumpfstaat, dcr nicht lcben kann. Das
ü, unabhängige" Oesterrcich lcbt nur in der
?vr x,l.ü>elt pcs Fllrstan Starhcmberg, der aus Angst
Mt tionalsozialistcn in diese politische Wunsch-
Mrst^chtet. Das Sckiicksal ' ' " ' "
ne„ Das Schicksal Oesterreichs wird nicht vom
Aesez cw„wrhemberg entschieden. llcber die Wünsche
^ deu-s^ünes wird der Wille eines Volkes siegen, das
t'che Wirklichkcit sieht.
de?^^°uisch« Frontkämpscrabordnung hat anqe-
Cngla^O-vdes des Königs von Cnqland ihren Vesuch
w abgebrochen und die Heimreise angetreteu.
Lhrenbeftelgmg KSnig E-nar-s VIII.
Die Moklamationssitzung im Et.«AamesHalast.
Ieittlicher KreM.
Der Treueid.
London, 22. Ianuar. Am Dienstag nachmittag
wurde im St.-Iames-Palast eine seierliche Sitzung des
Kronrates, die sogenannte Proklamationssitzung,
abgehalten, in der sormal die Thronbesteigung
Eduards VIII. beschlosicn wurde. Die Sitzung
dauerte genau eine Stunde.
Ileberlieferungsgemäß gab König Cduard VIII.
vor der Versammlung folgende noch aus der Zeit der
Glaubenskämpfe stammende Crklärung ab: „Im
Angesicht Gottes bekenne, bezeuge und erkläre ich feierlich
und aufrichtig, daß ich ein gläubiger Protestant bin und
daß ich in Aebereinstimmung mit dcm wahren Zweck der
Gesehe, die die protestantische Thronfolge sichern, die be-
sagten Gcsetze nach besten Kräften erhalten und schützen
werde, wie das Gesetz es verlangt."
Im Staatsanzeiger wird die Crklärung veröf-
fentlicht, die der neue König in der Sitzung des Kron-
rates abgegeben hat. Der König sagte u. a.:
„Der unersetzliche Verlust, den der britische Staaten-
verband durch den Tod meines geliebten Vaters erlitten
hat, hat die Herrscherpflichten auf meine Schultern gelegt.
Ich weiß, wie sehr alle meine Antertanen und mit ihnen,
wenn ich es sagen darf, dis ganze Welt meine Trauer
teilen. Als mein Vater hier vor 26 Iahren stand, er-
klärte er, daß eines seiner Lebensziele die Aufrechterhal-
tung der verfasiungsmäßigen Regierung sein werde. In
dieser Hinsicht bin ich entschloffen, in meines Vaters Fuß-
stapfen zu folgen und wie er während meines ganzen Le-
bens für das Glück und dieWohlfahrt aller
Klassen meiner Antertanen zu arbeiten. Ich setze
mein Vertrauen auf die Crgebcnheit und Zuneigung mei-
ner Völker im ganzen Reiche und auf die Weisheit ihrer
Parlamcnte, daß sie mich in dieser schweren Aufgabe un-
terstützen, und ich bete, daß Gott mich bei ihrer Crfüllung
lenken wird."
Der neue König trug bei der feierlichen Sitzung des
Kronrates die Uniform eines Admirals der Flotte.
Nach einer Änsprache des Königs defilierte der
Kronrat vor Cduard VIII. vorbci, lcistcte ihm den
Treueid und vollzog die traditionelle Zeremonie des
Handkusses.
Die Proklamation, mit der die Thronbestei-
gung des neuen Königs formell vollzogen wurde, er-
folgt am heutigen Mittwoch, einer alten Lleberlieferung
entsprechend, auf mehreren öffentlichen Plätzen der
Hauptstadt. llm eine reibungslose Durchführung dieses
Zeremoniells zu sichern, werden fünf Vataillone der
Gardebrigade, eine Chrenkompagnie der Artillerie und
acht Infanteriebataillone aus Aldershot in der fimgebung
der Plähe, wo die Proklamation vor der Oeffentlichkeit
verlesen wird, Spalier bilden.
Während am Dienstag die Regierungsgebäude Halb-
mast geflaggt haben, werden die Fahnen am heutigen
Mittwoch anläßlich der Proklamation über die Thron-
besteigung König Cduards VIII. auf Vollmast gesetzt
werden. Cine entsprechende Anweisung der Admiralität
gilt für sämtliche Schiffe der britischen Kriegsflotte, die
MMehr mich Pnris.
Politische Vesprechungen.
Paris, 21. Ianuar. Ministerpräsident Laval ist
am Dienstag um 18 Llhr, aus Genf kommend, in Paris
eingetroffen und hat sich sofort ins Außenministcrium be-
geben. Der Kabinettsrat ist für Mittwoch nachmittag
um 15 fihr angeseht. In politischen Kreisen erklärt man,
daß bis dahin mit keinerAenderung der innen-
politischen Lage zu rechnen sei.
Ministerpräsident Laval hat gleich nach seiner An-
kunft in Paris seine politischen Besprechungen
begonnen. Vereits um 18.ZV Uhr empfing er Staats-
minister Louis Marin und den Landwirtschaftsminister
mit denen er eine längere Aussprache hatte. Nach dieser
Desprechung fand eine weitere zwischen Laval und dem
Pensionsministcr und dem Iustizminister statt.
Laval hat nach seiuer Rückkehr aus Gsnf nachein-
ander die meisten Mitglieder seines Kabi-
netts empfangen und sich mit ihnen über die politische
Lage unterhalten. Staatsminister Herriot ist im
Kraftwagen erst spät abends aus Lyon kommend in Pa-
ris eingetroffen.
Innerhalb des Kabinetts scheinen Meinungsver-
schiedenheiten über die von Laval einzuschlagenden Wege
zu herrschen. Ein Teil der Minister soll dem Minister-
präsidenten vorgeschlagen haben, im Hinblick auf die
Cntschließung des Vollzugsausschusies der radikalsozia-
listischeu Partei den Gesamtrücktritt des Ka-
binetts von sich aus zu erklären. Andere wiederum
sollen Laval empfohlen haben, sich erneut der Kammer
zu stellen.
Laval selbst hat seine' Ansicht bisher noch nicht be-
kanntgegeben. Da der nächste Kabinettsrat erst am
Mittwoch um 15 Uhr stattfindet, ist nicht anzunehmen,
daß bis dahin irgendeine endgültige Cntscheidung fallen
wird.
In gut unterrichteten polrtiichen Kreisen weist mau
am Mittwoch nachmittag zu Chren des neuen Königs
Salut feuern werden.
*
Der Treueschwur des britischcn Parlaments.
London, 21. Ianuar. Die beiden Häuser des Par-
lamenks traten am Dienstag um 18 fihr zusammen,
um dem neuen König Treue und Crgeben-
heit zu schwören. Als Crster lsistete der Sprecher
des llnterhauses den Treueid. Ihm folgten der Minister-
präsident, der Schahkanzler und der Innenminister. Die
Cidesformel des Sprechers lautete: „Ich schwöre bei
Gott dem Allmächtigen, daß ich Sr. M. König Cduard,
seinen Crben und Nachfolgern dem Geseh entsprechend
die Treue halten werde, so wahr mir Gott helfe."
In ähnlicher Form vollzog sich der feierliche Akt der
Cidesleistung im Oberhaus, wo die firkunde zunächst
vom Lordkanzler und hierauf vom Lordsiegelbewahrer
und dem Führer des Oberhauses unterzeichnet wurde.
Die Cidesleistung wird wahrscheinlich noch mehrere
Tage in Anspruch nehmcn. Anschlicßend werden sowohl
das finterhaus als auch das Oberhaus vom Kö-
nig persönliche Botschasten entgegennehmen, die vom
Lördkanzler im Oberhaus und vom Sprecher im finter-
haus verlesen wcrdcn. Veide Häuser werdcn alsdann
Veileids- und Glückwunschentschlicßungen annchmen.
*
Votschaften an Heer, Flotte und Luftstreitkräfte.
London, 22. Ianuar. König Cduard hatam
Dienstag Äotschaften an das englische Heer, die
Flotte und die Luftstreitkräfte gerichtet.
In der Dotschaft an das Heer erklärt der König u. a.:
„Ich blicke auf meinen Dienst als junger Offizier im
Weltkrieg als eine der wertvollsten Crfahrungen meines
Lebens zurück. Cr gewährte mir die Gelegenheit und die
Vorrechte der Kameradschaft mit 'dcn Soldaten
aus dem vereinigten Königreich, den Dominien, Indien
und den Kolonien. Ich lernte jene wichtigen Charakter-
eigenschaften, durch die die Soldaten in der schwersten
Krise unserer Geschichte sich einig wurdcn, verstehen und
schähen: die gleiche glühende Crgebenheit qegenüber der
Krone, den gleichen guten Mut und die gleiche Aus-
dauer im Ilnglück, sowie die gleiche Cntschlöffenheit, die
Aeberlieserungen der Ritterlichkeit und des Mutes auf-
rcchtzuerhaltcn."
In der Botschast an die Flotte heißt es, daß der
König die Leistungsfähigkeit und das Wohlergehen der
britischen Flotte äls eine Angelegenheit von höchster
Vedeutung betrachte.
Neun Monate Hoftrauer in London.
London, 22. Ianuar. König Cduard VIII., der
am Dienstag mittag im Flugzeug in London eintras,
hat für die Dauer von neun Monaten Hof-
trauer angeordnet. Für die lehten drei Monats dieses
Zeitraumes besteht Halbtrauer.
Die allgemeine Landestrauer für dcn verstorbrnen
König beginnt am heutigen Mittwoch.
*
Das Veileid des Führers zum Tod Georgs V.
London, 21. Ianuar. Der Herzog von Sachsen-
Coburq und Gotha wurde am Dienstaq nachmittag
von Köniq Cduard VIII. im St. Iames-Palast empfan-
gen, um dem König persönlich und zugleich der Köniqin-
Mutter und der könrglichen Familie das tief empfun-
dene Beileid des Führers und Reichskanzlers zum
Wleben König Georgs V. auszusprechen.
darauf hin, daßderToddes englischenKönigs
sich nich t, wie dies in einigen Pariser Morgenblättern
zum Ausdruck kam, aufdie innerpolitischeLage
Frankreichs auswirken werde. Diese Vlätter hatten
von einer Vcrtagung des Rücktritts des Ministerpräsi-
dcnten Laval gesprochen, da der französische Autzen-
minister den Staatspräsidenten bei den Veisehungs-
seierlichkeiten für den englischen König begleiten müffe.
In politischen Kreisen weist man darauf hin, daß die
Veisetzung König Georgs wahrscheinlich nicht vor acht
bis zehn Tagen stattfinden werde.
Bm L««l z»r Boldsfroiit?
Ilebergangskabinett für dic Wahlcn.
Paris, 21. Ianuar. Die Crörterungen der Pa-
riser Presse über die Regierungskrise wer-
den vom Tod König Georgs überschattet. Da im übrigen
derRücktritt desKabinetts Laval fest-
steht, ergeht man sich in Vetrachtungen übcr den ver-
ursachten politischen Schaden oder über die Lösungsmöa-
lichkeiten. Man schcint überzeugt zu sein, daß Lavai
nicht wieder die Regicrungsbildung vorncbmen wird. Die
Linke häst die nationale Cinignng für qe-
scheitert. Die Rechte glaubr daacqcn »icht, daß
die Volksfront eine lebensfäbige Regie-
rung zustandebringen wird. Es ist nicht ausgeschlöffen,
daß man sich auf ein reines Acbergangskabinett
einigt, dem nur die Durchführung der Wahlen zufallcn
dürste.
Die radikalsozialistische „Republique", das Vlast
Daladiers, glaubt nicht, daß jeht sofort cine Rsgierung
der Volkssrönt ans Ruder kommen werdo. Man müssc
den Ausgang der Wahlen abwarten.
Im „Populaire" zeigt sich der Marxistensühr,r Löon
Vlum übcr dcn Sturz Lavals sehrbejrie-
digt. (!) Hauptaufgabe sei jeht, so sagt cr, seine Rüä-
kehr zu verhindern. Im übrigen erklärt er, dan
die Sozialistische Partei bereit sei, söwohl eine radikal-
sozialistische Regierung zu unterstühen, wie ste eine aus-
reichende Vürgschast sür die Sichcrheit der republika-
nischen Freiheiten biete, daß sie aber auch bereit sei, einc
Regierung der Volksfront zu bilden.
Der „Mätin" hingegen ist der Ansicht, daß sich die
Krisenmacher von der stnmöglichkeit überzeugt hät-
ten, eine Regierung der Volkssront auf die
Veine zu bringen.
Kiinig Eduard VIII.
Die neueste Aufnahme des Thronfolgers und bisheri-
gen Prinzen von Wales. (Pressephoto, K.)
Letzlk Mhcstiille >» Echlost Wmdsor.
Beisctzung von König Georg am Dienstag, 28. Januar.
London, 21. Jan. Die Beisetzung des
Königs Georg findrt — wie numnehr amtlich
mitgctcilt wird — am kommenden Dicnstag in der St.
Georg-Kapcllc in Windsor statt. Am Donncrstag wer-
den die stcrblichcn Uebcrreste von Sandringham nach
London übergcführt, wo sie in der Westminstcr-Hall
bts zum Tag der Bcisctznng aufgebahrt wcrden. Am
Beisetzungstag wird der Sarg in großcr Staatsprozes-
sion von der Wcstminster-Hall zur Eisenbahnstation
Paddington gcbracht wcrden, von wo der König seine
lctztc Fahrt nach Schlotz Windsor antritt.
Zu den Veisetzungsfcierlichkeiten werden auch der
Außenminister Eden und der Oberkommissar sür
Australien, Bruce, die beide zur Zeit iu Genf wei-
len, in London zurückerwartet. Eden wird Genf wahr-
scheinlich am Donnerstag verlasien. Man glaubt, daß
der Völkerbundsrat bis zu diesem Zeitpunkt seine Ta-
gesordnung erledigt hat.
In dem Trauerzug werden die Vertreter der
Regierungen aller Länder gehen, unter ihnen voraussicht-
lich die regierenden Könige von Dänemark, Norwegen
und Äulgarien.
Das Testament des Königs Georg wrrd,
wie auch in früheren Fällen, nicht veröffentlicht werden,
da es außerhalb jeder Gerichtsbarkeit liegt und nur
den Mstgliedern des Königshauses bekannt ist.
ficberführung in die Maria-Magdalcnen-Kapellc
von Sandringham.
London, 22. Ianuar. (Cig. Funkmeldung.) Die
sterbliche Hülle König Georgs wurde Dienstag
aben-d von Schloß Sandringham nach der naheliegenden
Maria-Magdalcnen-Kapelle übcrgeführt.
Trotz eines schweren Hagelsturmes hatte es sich die
Königin nicht versagt, den Sarg gemeinsam mit dem
Herzög und der Herzogin von Kent und der königlichen
Auckl Dcutschlanb traucrt rlin König Georg.
Auf die Nachrichi vom Tod des Königs Geovg hin
wurden auf der Reichskanzlei ebenso wie auf andern
amtlichen Gebäuden die Flagüen auf Halbmast gesetzt.
' (Weltb», K.)
Sle letzten Stun-en -es Kablnetts Laval.