Heidelberger
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145
Druck und Berlaa von Friedrich Schulzein Heidelber».
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Miltwoch, 24. Iuni
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1S3K
NlmnL mißrwrlitiWL Rwiramm.
M Friede und kollettive Etcherdett und sür eine BerftSndigung mit Deutschland.
IrMrklchj alte Bii»d»Ispolitid.
Annahme des Vertraucnsantrages mit Z82 gegen
. 198 Stimmen.
Paris, 24. Iuni. Ministerpräsident Vlum und
.^henminister Delbos gaben am gestrigen Dienstag
^ Senat und zugleich in der Kammer die mit
^ßter Spannung erwartete autzenpolitische
/klärung der Volk-srontrcgierung bekannt, in der
^leitend sestgestellt wird, daß sich die Regierung zu einer
^vlitik des Friedens bekennt.
Mr Frieden und kollektive öicherheit.
Wir verlangen, so wird in der Crklärung gesagt,
Frieden sür alle Völker und einen Arieden mit
, Völkern. Anser Friedenswille ist zu aus-
chtig, um nicht ein tätiger Friedenswille zu sein.
^shalb wollen wir mit allem Nachdruck unsere Völ-
bunbstreue betonen. Die Prüsungen, die der
^kerbund durchmacht, entsremden uns dem Völkerbund
^k, sondern stärken unsere Cntschlossenheit, ihn zu einer
. ^ksamen Organisation der kollektiven Sicher-
^t t auszubauen, die zwei Vedingungen erfordert: Die
^üng des Gesetzes und der internationalen Verträge
h
^ die Wiedcrherstcllung eines durch zu viele Crschüt-
^"Ngen, Cnttäuschungen und Besürchtungen wankend ge-
^tdenen VertrauenS.
Jn diesem Geist hat die Regierung das Problem der
^nktionen gegen Jtalien geprüft. Niemand
erwartet von uns, daß wir nach der Niederlage Abes-
siniens die Vesiegten verleugnen und diese Gefühle in W-
rede stellen. Abex beim gegenwärtigen Stand der Dinge
wäre die Aufrcchterhaltung der Sanktionen nur noch eine
symbolische Geste ohne wirkliche Wirksamkeit. Llnter die-
sen Umständen haben wir am Freitag unsere Ansicht be-
kanntgegeben und hoffen damit im Cinvernehmen mit den
besreundeten Völkern zu sein.
M Berstörkung der Sicherheit.
Der Friede kann nur durch dieVerstärkungder
Sicherheit der Nationen gefestigt werden. llm einen
Angriff zu unterdrücken, muß man möglichst bald das
Höchstmaß der Mittel einsehen, über die die internatio-
nale Gemeinschaft verfügen kann.
Aber es wäre sür die Außenpolitik ein Trug-
schluß, auf dicsen vollkommenen Veistand von Völ-
kcrn zu zählen, die nicht unmittelbar von dem Streit be-
trofsen sind. Also muß die kollcktive Sicherheit
zwei Seitenumsassen. Zunächst muß eine Gruppe
von Mächten bereit sein, alle ihre Kräste gegen dcn An-
greifer cinzusetzen. Dasür muß die gesamte Kollektivi-
tät des Völkcrbundes zwangsläufig die wirtschastlichen
und sinanziellen Sühncmaßnahmen anwenden.
Die Art, wie in Genf der Grundsatz der in den
Sahungen enthaltenen Cinstimmigkeit auSge-
legt wird, lähmt das Ziel des Artikels ll. Solange man
Artikel 11 in dieser Weise auslegt, wird der Völker-
bundsrat nicht in der Lage sein, die Vorbereitung eines
Streites zu verhüten und der Angreifer wird vollkommen
Zeit haben, um seine Stunds zu wählen. Die französische
Regierung wird vorschlagen, dieser paradoxen Lage ein
Cnde zu bereiten.
Pakt im Mittelmeer und in Westeuropa.
Die Gründe, die den Abschluß eines Paktes zwi-
schen allen Donaustaaten empfehlen, haben heute
mehr ihren Wert als jemals. Cin solcher Pakt wird
allen Mächten Mitteleuropas offenstehen. Wir selbst sind
daran durch die Vande der Zuneigung interessiert, die
uns mit der Kleinen Cntente vereinen. Cbenso
notwendig ist es, alle M i t t e l m e e r st a a t e n von
Spanien bis zur Valkanentente in einem Wkommen zu-
sammenzufassen, das ihnen die Bürgschaft gibt, daß sich
keine Vorherrschaft einstellen kann in einem
Meer, deflen Ufer durch eine gemeinsame Zivilisation
verbunden sind. Für Westeuropa wünschen wir ein
Abkommen, das der am 7. Pkärz erösfneten Krise ein
Cnde bereitet. Wir stnd überzeugt, daß Italien die-
sen Aufgaben seine notwendigs Mitarbeit leiht. Wir
sind glücklich, daß diese Vemühungen sich in herzlicher
Weise mit den unsrigen und mit denen aller interessierten
Mächte decken.
BestiitMng der atten Freundschaften.
Bei unserer Anstrengung zur Wiederherstellung dsr
kollektiven Sicherheit zweifeln wir nicht an der
vorbehaltlosen llnterstühung dergroßen britischen
Demokratie, die durch so viele gemeinsame Crinne-
rungen und Anstrengungen mit der französischen Demo-
kratie verbunden ist. Wir legen um so größeren Wert
darauf, als die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit
unserer beiden Länder die wesentliche Vürgschaft des
Friedens in Curopa ist. Frankreich rcchnet über Groß-
britannien hinaus auf dis hcrzlichen Gefühle der ame-
rikanischen Demokratie, der natürlichen Freun-
din der freien Völker.
Frankreich ist des machtvollen Veistandes
scines Freundes, der Sowjetunion, gcwiß,
mit der Frankrcich einen Pakt des Veistandcs, der
allcn ossen steht, verbindet.
Ein Pakt, den uns unsere gemeinsame Sorge um den
Frieden vorgeschrieben hat. Die französisch-pol-
nische Freundschast wird eine neue Weihe in einer
herzlichen unmittelbarcn Suche nach befleren Formen der
Zusammenarbeit zwischen zwei solidarischen Dölkern sin-
den.
Mit Velgien, Rumänien, der Tschecho-
slowakei und Iugoslawien fühlt sich Frankreich
sowohl durch Verträge wie durch eine enge Intimität des
Gedankens und des Herzens vereint. Ihre Sicherheit
bildet ein Llement unserer eigenen Sicherheit, wie auch
unsere Sicherheit restlos zum Bestand ihrer Sichsrheit
gehört. Wir rechnen auch für die zu erfüllenden großen
Aufgaben auf die Valkanentente, auf die spa-
nische Demokratie, auf alle Völker, die, von Por-
Großt AuGmKe im ruMcken Mettums.
Der MWmienSmUrag drr ArMeropvrWien mtt W4 gegen t<0 Stimmrn abgeleW.
SchMs der Sa«>itio»e» tMelt.
„Keine Seeschlacht sür Abessinien."
London, 23. Juni. Das U n t e r h a u s sctzte a>n
°"sta
g die Aussprache sort, die am TonnerS-
durch Edens Rede eingeleitet wurde. Die
'dilnung bei Beginn war weseutlich ruhiger.
^ Die Aussprackie wurde damit eröffnet, daß der
^er der Opposition, Attlee, den Antrag ein-
z^te, der Regicrung das Mißtrauen aus-
^^dchen, meil ihr Mangcl an bntschlossenheit in der
^^Npolitik das Anschen dcs Landes gemindcrt, dcn
'drbund geschwächt und den Frieden gefährdet habe.
ln 8ür die Politik der Regierung gebe es keine Er-
Der Angriff der Arbeiterpartei richte sich
!»,x die ganze Regierung. Er halte es nicht sür
tz/' daß der Außenminister allein angegrissen werde.
Iz ^abe seine Pflicht getan und niemand
annehmen, daß er dabei sehr glücklich sei. Eden
großes Ansehen genossen. Das habe er
ich derspielt. (Beifall der Opposition und Rufe
E°nservativen: „Nein!")
^'e Regierung habe von Anfang an einen Man -
«l
En t s chlo s sien h e i t bewiesen, die Sank
^sHu,°nzuwenden,
Sie habe sich ständig von der
?i,'""g leiten lassen, zu einer Verständigung
"ihg >;talien zu kommen. Der Premierminister
kxiNdte, mau habe nur die Wahl gehabt zwischcn der
R, ?9abe der Sanktionen und dem Krieg. Sei denn
?>>in in Krieg gedroht worden? Die Regierung habe
M? nur daran gcdacht, daß sic Bündnisste
^ijälen molle und daß sie Mussolini für diese
«>>s - n i s s e brauche. Die Regicrungspoliiik lauie
'lti^Nndnisse solcher Art hinaus, wie sie 1914 den
?'>i,xj bcrbeigesührt hätten. Die Regierung habe sich
Nbx Mrt, ein Risiko für oen Fricden einzugehcn und
f-ik f°amit das Land in eine gefährliche Lage gcbracht.
lirategische Lage des Landes sei nicht die von
n Sem eigcntliches Herz sei heute auf dem Luft-
?°>n Kontment her zu erreichen. Die Besitzungen
?.Ntp lische,, Reichs im Fernen Osten hingen vom
.Ng n Willen Iapans ab, der Weg nach Jn-
> »>i?°Ni guten Willen Ataliens. Woile
°Rüstungcn so lange vermehren, bis man stark
'>»?" wi, um diescn möglichen Gegnern gewachsen zu
Auf dicscm Wcg werde es nur Rutn und Kricg
'»ins, Baldwin 'ei uicht dcr Mann, dem man Ver-
NskhN schenken könne. (Beisall der Opposition, stür-
lciegenkundgebungen der Regierungspartei.)
e-,
üch dann, um Attlee zu
-lk ^ vunn, UIN zu anlworten. Daß
>>>x'^rbund einen schweren Rückschlag
°i? habe
der
er-
'»a sei bedauerlicherweise richtig. Es sei nicht
yjx territoriale Unversehrtheit
.><>,,, nolitische Unabhängigkeit eiues Völter-
E> ah'N"glieos aufrecht zu erhalten. Die Frage
Fehlschlag die Schuld der britischen
sei.
kein Recht, der Regierung
daß der Völkerbund nicht weiter gegan
Diesen Vorwurf habe Eden bereits völ
^bposition habe
t>
ü>
s°Ig,.^^rlegi. Die Völkerbundsaktion sei promvt
Nichtanwcndunfl der Oelsperrc der britischen Regre-
rung als ein Vcrbrechen anzurechnen.
Man müfsc die Sanktionen einstellcn, nachdem der
italienisch abessinische Krieg zu Ende sei.
Das sei auch die Meinung des amerikanischen Prä
sidenten Roo-sevelt, der das Ausfuhrverbot auf-
gchoben habe.
Die Opposition frage, ob die Regierung einen
Angriff Jtaliens auf England sürchte.
Darum drehe es sich nicht. Der Punkt, um den es
sich drehe, sei, daß die Lage nur durch em« militä -
rische Aktion des Völkerbunds und seiner Mit-
glreder gewandelt werden könne. Man müsse die Lage
so hinnehmen, wie sie sei. Man könne ste nur ändern,
wcnn man die Mitglieder des Völkerbunds zu militä-
rischem Vorgehen bereit finden würde. Tatsache sei,
daß kein einziges Mitglied des Völkerbunds
bereit sei, Gewalt anzuwenden.
Die Opposition habe lächerliche Dinge
gefragt. Man habe gefragt: Habt Jhr Angft?
Fürchtet Jhr, daß die britische Flotte ge-
schlagen wird? Er, Simon, zweifle nicht daran,
daß die britische Flotte zeigen würde, was ste könne.
Aber angcsichts der gegenwärtigen Lage in Eu
ropa und der schwcren Gefahren, von denen
England umgeben sei, sei er nicht bereit, auch
nur ein einziges Schifs zu opfern,
felbst wenn es sich um eine erfolgreichc
Seeschlacht für die Sache Abessiniens
handle.
Dann werde gefragt,
cht fortsetze?
stdetz. u«d vas sei deni britischcn Außenmmister ;u
, >> gewessn. Die Regierung ver Vereinig-
X ^^aalen habe rechtlich garnicht vie Vollmach-
X Aussuhr von Oel zu verbieten. Eden haöe
Delsperre dianlragt. Es sei daher unfair, di«
warum sie die Sanktionen
. Ob sie Schaden brächten? Er
erinnere hier daran, datz dem Handel EnglandS
7 Millionen Pfund Sterling Verlust entstanden
seien. Solange tristiger Grund bestanden habe, die
Sanktionen sortzusetzen, habe man diese Verluste tra-
gen müflen. Er sei aber nicht der Ansicht, daß mau
die Sanktionen fortsetzen dürfe, weil die Verluste
„nur" 7 Millionen Pfuud Sterling betragen hätten
Es sei mutiger, die Sanktionen aufzuheben als sie
fortzusetzon.
Deshalb verdrehe Englaud seine Ersüllung der
Verpflichiung auf den Völkerbund noch lange nicht ins
Gegcnteil. Man dicne dem Nölkerbund besser, indem
man den W i r k l i ch k e i t e n ins Gesicht sehe und
prüse, wie ver Völkerbund gestärkt werdcu
könne und welche Schläg« und Enttäuschungen in Zu-
kunft zu vermeiden seien. Welchen anderen Kurs wollc
die Arbeiteropposition vorschlagen? (Beisall der Re-
gterungsmehrheit und Zuruse: „ Krieg ! ") Die
Arbeiteropposition habe, so stellte Simon scst, kürzlich
gegen den Ergänzungshaushalt für die Unterhal-
tung der Streitkräste >m Mittelmeer und ebenso ge-
gen die Ausgaben für diese Streitkräfte überhaupt
gestimmt (dNinutenlanger und stürmischer Beifall oer
Regierungsmehrheit.) Er verlange daher, datz der
Mißtrauensantrag abgelehnt werde.
Jm weiteren Verlauf der Aussprache beschuldigte
der OPPositionsrcdner Lansbury die Regierung,
daß sie sich bewußt aus den Krieg vorbe-
reite. Er forderte im übrigen die Einberufung einer
Weltkonserenz zur Begrenzung der Rüstungen
und zur Untersuchrmg der R o h st o s f r a g e. Er
glaube, daß das ganze engltsche Volk einstimmig die
Schasfung besserer Zugangsmöglichkeiten
zu den Rohstoffquellen begrützen würde.
Der stellvertretende Vorsitzende des außenpolitischcn
Unterhausgusschusses Nicolson (Konservativ) er-
klärte sich eindeutig für die Aushebung der
Sanktionen und machte in diesem Zusammen-
hang gehässige Bemerkungen über Deutschla-nd.
Als letzter Oppositionsredner sprach dcr Arbciter-
abgeordnete Dalton, der die Regierung beschuldig-
te, das britische Ansehen im Ausland tiefer
erniedrigt zu haben, als es seit Menschengeden-
ken erniedrigt worden sei. Die Sanktionen soll-
ten nicht aufgehoben werden, bevor die Regen-
zeit in Abessinien vorüber und festgestellt sei, ob der
abessinische Widerstand zu Ende sei oder nicht. Dal-
ton bat Baldwin um eine Mitteilung, ob die Regie-
rung sich bemühen wolle, einen etwaigen abessinischm
Widerstand mit Waffen und Gasmasken zu unterstüt-
zon. Er möchte serner wissen, welche Politik England
nach Aufhebung der Sanktionen einschlagen werdc
und wie sich die Regierung zu der kurzen Erklärung
Neville Chamberlains stelle, daß die Aufgaben de»
Völkerbunds begrenzt und die Gefahrenquellen lokali-
siert werden sollten.
der die Aussprache abschlotz, erklärte zur Lage in
Abessinieln, daß sowohl im Westen als im Süd-
westen des Landes außerordentlich verwirrte Zuständ«
herrschten. England wolle einer Wasfenzufuhr
an irgendeine verfassungsmäßige Beüörde in Abes-
sinien nicht im Weg stehen, aber das Haus müsse ein-
schen, daß die Schwierigkeiten einer Ueber-
mittlung sehr grotz seien. Es sei keine G e -
währ dafür vorhanden, daß Wasfen, die über die
Sudangrenze nach Gore in Westabessinien gesandt
würden, mit Sicherbeit nach anderen Gebietcn in
West- und Südabessinien weiterbefördert werden könn-
ten.
Nachdem Baldwin erwähnt hatte, datz die meisten
britischen Dominien dem Sanktionsbeschlutz EnglanoZ
zugestimmt hätten, kam er auf die Stellungnah-
me Frankreichs zu sprechen. Die Auffassung,
daß die gegenwärtige französische Regierung
dieselben Ansichten wie die englische Ar-
beiteropposition vertrete, sei unzutrcf-
fend. Vielmehr habe die sranzösische Regierung die-
selbe Stellungnahme wie die englische R e g i e r u n g.
Er hoffe, daß England und Frankreich in der Lage sein.
würden, in Gens äutzerst eng zusammenzu-
a r b e i t e n.
Es sci ganz klar, so fuhr Baldwtn fort, daß die
Sanktionen nicht für alle Zeiten hätten fortge-
führt werden können.
Die Antwort auf die Frage des Oppositkons-
führers Attlee, ob die Regierung die Angriffs-
handlung Jtalien verzeihen wolle, laute: „Ncin'"
Er wollc es betonen, datz dic britischc Regie-
rung nicht die Absicht habe, auf dcr bevor
stchenden Bölkcrbundstagung eine Ancrken-
nung der italienischen Anekticrung
Abessiniens vorzuschlagen odcr ihr zuzu -
st i in m e n.
Der Ministerpräsident führte weiter aus, datz die üri-
tische Regierung keine Vollmachten habe, den
Jtalienern Geld zu leihen.
Der Ministerpräsident ging dann noch einmal aus
die Beweggründe für den englischen Beschlutz, dic
Sanktionen aufzuheben, ein. Das Ziel,
für das die Sanktionen ursprünglich angcwandt wor-
den seien, könnte jctzt nur durch ein militärisches
Vorgehen des Völkerbunds erreicht werden.
Einem solchen militärischen Vorgehen würde ohne
Zweifel mit Gewalt Widerstand geleistet
werden. Er wünsche nicht vorzuschlagen, England
mit derartigen militärischen Madnahmen in Verbin-
dung zu bringen. England habe die Sanktionspolitik
ehrlich und eifrig ausprobiert. Jhr schließlicher
Fehlschlag sei auf die Verneinung beinahe
sämtlicher europäischer Nationen zurückzuführen, mili-
tärische Sanktionen anzuwenden.
Ministerpräsident Baldwin legte dann die zu-
künftige Politik der englischen Regierung dar
Die Regierung glaube immer noch, datz der Völkerbund
und alle ihm angchörenden Staatcn einen schweren
Rückschlag erlitten hätten. Er habe jedoch nie ge-
glaubt, daß der Fehlschlag des erstcn Versuchs zur
Anwendung der kollektiven Sicherheit den Tod des
Völkerbunds bedeute. Das sei keineswegs der
Fall.
Man müssc nun versuchen, inwiewcit dic kollek-
tive Sicherheit verwirklicht werden könne. Die
englische Politik stütze sich immer noch auf dcn
Völkerbund, und dicse Angclcgcnheit müsie auf
der Septembertagung aufgegrisfcn werdcn.
Bis dahin würden einzelne Länder diese Frage sehr
ernstlich erwogen haben.
Baldwin knüpfte dann an eine Bemerlung dcs
Führers der Arbcitcropposition Attlee über den
künftigen Jahrestag der Schlacht von Water-
l o o an und sagte dazu, er glanbe, daß Attlee eine
sehr merkwürdige Schlußfolgerung aus dieser Tatsachc
gezogen habe. Waterloo sei eine Schlacht gewesen, die
cine lange Zeit von Kämpsen abgeschlossen und Enro-
pa den Frieden auf ein Menschenalter hinaus gegeben
habe. Er entnehme den Worten Attlees, daß dieser den
Jahrestag von Waterloo dadurch feiern wolle, daß
er einen Krieg in Europa beginne.
Bei Waterloo habe Wellington die Hilfe
der Preußen erwartet, um seinen Erbfeind, die
Franzofen, zu besiegen. Hundert Jahre später
hätten Englands Erbseinde, die Franzosen, Schulter an
Schulter mit rhm gegen diejenigen gekämpst, die Eng-
lands Verbündete bei Watcrloo gewesen scien. Das
lege ihm die Frage nahe, ob denn nicht die Zeit sär
diese drei großen Ländcr gekommen sei, stch
zusammenzuschließen und eine Polittk
der Befriedung Europas herauszusinden.
„Wir sind", so erklärte Baldwin, „äutzerst bemüht,
mit diesen Verhandlungen voranzukommen."
Der Mtnisterpräsidcnt wandtc sich dann nachträg-
lich gegen eine Behauptung des Arbeitcrabgcordneten
Dalton, daß England angeblich die Absicht habe, ganz
Europa sich sclbst zu überlassen, wenn es sich selbst im
Westen sichern köunte. Diese Behauptung sei völlig
unbegründet.
Unsere eigene Sicherung sei von lebenswichtigcr
Bcdcutnng, uiid es mag dahin kommen, daß der Völ -
kerbund letztlich z u s a m m e n b r i ch t. So weir
sind wir aber noch nicht.
Jch habe alle Hofsnung, datz wir, wenn es zu
Verhandlungen zwischcn unseren drei grotzen
Ländern kommt, wir sür die Sichcrhcit der Län-
dcr in Mittcleuropa ebenso Vorsorge tresfen,
wie wir das für uns selbst erhoffen.
Das ist die Politik, die nns in den kommenden Wochen
beschäftigen wird. „Wenn der September kommt,
hoffe ich, datz Eden und seine Kollegen damit begin-
nen, die Grundlagen zu legen, auf denen ein
großer Ueberbau, wie wir hoffen, ruhen wird.
Möge sich das Haus keiner Unterschätznng der Schwie-
rigkeiten der Ausgabe hingeben! Das kann grotze Ver-
pflichtungen Flr dieses Land oder für jedes andere
Land bedeuten, bevor wir den Buchstaben und den
Geist der Völkerbundssatzung verwirklichen können."
Dcr Mitztrauensantrag vom Unterhaus
abgelehnt.
Nach Becndigung der Aussprachc im Unterhaus
wurde der Mitztrauensantrag der Arbeiter-
opposition gegen die Regierung Baldwin mit 384 gegen
170 Stimmen abgelehnt. Damit ist das Schick -
fal der Sanktionen besiegelt.
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monatlich L— Rm. halbmonatlich 1.— Rm. Durch die Post bezogen
Monatlich 2.20 Rm. (ein chl. postbeförderungsgebuhren) und 36 Rpfg.
«estellgeld. Der Bezugspreis ist voraus zahlbar. Einzelnummer
l0 Rpfg. Ist die ^eituny am Lricheinen oerhindert, bestehr kein
Anjpruch auf Entschädigung. Erscheint wochentäglich 11 Uhr.
Abbestellungen müssen bis spätestens 25. des Monats für den
folgenden Mona' direkt beim Verlaq einqereichk roerden.
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Nnzeigen allec Rct baben guten Lcsolg. *
Anz-igenpreis: 8 Rpfg. für die 22 mm breite Millimeterzeile t
5 Rpfg. sür »Kleine Anzeigen', bi« nicht der Wirtschastswerbung
dienen, sür Stellenanzeigen, Schiffahrtsanzeigen, Berlegeranzeigen.
Preis für T-xtanzeigen: so Rpfg. für di« 7g mm breite
Millimeterzeil«. Nachlässe nach Malstaffel l und II oder
Mengenstaffel l!. g. gt. ist Anzeigen. Preisliste s gültig. ikrfül-
lungsort und Berichtsstand ist Hsidelbsrg. GeschLftszeit 8—18 Uhr.
PostscheLüonto Ludwigshafen 722l. Für Rückgabe nicht verlangter
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145
Druck und Berlaa von Friedrich Schulzein Heidelber».
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1S3K
NlmnL mißrwrlitiWL Rwiramm.
M Friede und kollettive Etcherdett und sür eine BerftSndigung mit Deutschland.
IrMrklchj alte Bii»d»Ispolitid.
Annahme des Vertraucnsantrages mit Z82 gegen
. 198 Stimmen.
Paris, 24. Iuni. Ministerpräsident Vlum und
.^henminister Delbos gaben am gestrigen Dienstag
^ Senat und zugleich in der Kammer die mit
^ßter Spannung erwartete autzenpolitische
/klärung der Volk-srontrcgierung bekannt, in der
^leitend sestgestellt wird, daß sich die Regierung zu einer
^vlitik des Friedens bekennt.
Mr Frieden und kollektive öicherheit.
Wir verlangen, so wird in der Crklärung gesagt,
Frieden sür alle Völker und einen Arieden mit
, Völkern. Anser Friedenswille ist zu aus-
chtig, um nicht ein tätiger Friedenswille zu sein.
^shalb wollen wir mit allem Nachdruck unsere Völ-
bunbstreue betonen. Die Prüsungen, die der
^kerbund durchmacht, entsremden uns dem Völkerbund
^k, sondern stärken unsere Cntschlossenheit, ihn zu einer
. ^ksamen Organisation der kollektiven Sicher-
^t t auszubauen, die zwei Vedingungen erfordert: Die
^üng des Gesetzes und der internationalen Verträge
h
^ die Wiedcrherstcllung eines durch zu viele Crschüt-
^"Ngen, Cnttäuschungen und Besürchtungen wankend ge-
^tdenen VertrauenS.
Jn diesem Geist hat die Regierung das Problem der
^nktionen gegen Jtalien geprüft. Niemand
erwartet von uns, daß wir nach der Niederlage Abes-
siniens die Vesiegten verleugnen und diese Gefühle in W-
rede stellen. Abex beim gegenwärtigen Stand der Dinge
wäre die Aufrcchterhaltung der Sanktionen nur noch eine
symbolische Geste ohne wirkliche Wirksamkeit. Llnter die-
sen Umständen haben wir am Freitag unsere Ansicht be-
kanntgegeben und hoffen damit im Cinvernehmen mit den
besreundeten Völkern zu sein.
M Berstörkung der Sicherheit.
Der Friede kann nur durch dieVerstärkungder
Sicherheit der Nationen gefestigt werden. llm einen
Angriff zu unterdrücken, muß man möglichst bald das
Höchstmaß der Mittel einsehen, über die die internatio-
nale Gemeinschaft verfügen kann.
Aber es wäre sür die Außenpolitik ein Trug-
schluß, auf dicsen vollkommenen Veistand von Völ-
kcrn zu zählen, die nicht unmittelbar von dem Streit be-
trofsen sind. Also muß die kollcktive Sicherheit
zwei Seitenumsassen. Zunächst muß eine Gruppe
von Mächten bereit sein, alle ihre Kräste gegen dcn An-
greifer cinzusetzen. Dasür muß die gesamte Kollektivi-
tät des Völkcrbundes zwangsläufig die wirtschastlichen
und sinanziellen Sühncmaßnahmen anwenden.
Die Art, wie in Genf der Grundsatz der in den
Sahungen enthaltenen Cinstimmigkeit auSge-
legt wird, lähmt das Ziel des Artikels ll. Solange man
Artikel 11 in dieser Weise auslegt, wird der Völker-
bundsrat nicht in der Lage sein, die Vorbereitung eines
Streites zu verhüten und der Angreifer wird vollkommen
Zeit haben, um seine Stunds zu wählen. Die französische
Regierung wird vorschlagen, dieser paradoxen Lage ein
Cnde zu bereiten.
Pakt im Mittelmeer und in Westeuropa.
Die Gründe, die den Abschluß eines Paktes zwi-
schen allen Donaustaaten empfehlen, haben heute
mehr ihren Wert als jemals. Cin solcher Pakt wird
allen Mächten Mitteleuropas offenstehen. Wir selbst sind
daran durch die Vande der Zuneigung interessiert, die
uns mit der Kleinen Cntente vereinen. Cbenso
notwendig ist es, alle M i t t e l m e e r st a a t e n von
Spanien bis zur Valkanentente in einem Wkommen zu-
sammenzufassen, das ihnen die Bürgschaft gibt, daß sich
keine Vorherrschaft einstellen kann in einem
Meer, deflen Ufer durch eine gemeinsame Zivilisation
verbunden sind. Für Westeuropa wünschen wir ein
Abkommen, das der am 7. Pkärz erösfneten Krise ein
Cnde bereitet. Wir stnd überzeugt, daß Italien die-
sen Aufgaben seine notwendigs Mitarbeit leiht. Wir
sind glücklich, daß diese Vemühungen sich in herzlicher
Weise mit den unsrigen und mit denen aller interessierten
Mächte decken.
BestiitMng der atten Freundschaften.
Bei unserer Anstrengung zur Wiederherstellung dsr
kollektiven Sicherheit zweifeln wir nicht an der
vorbehaltlosen llnterstühung dergroßen britischen
Demokratie, die durch so viele gemeinsame Crinne-
rungen und Anstrengungen mit der französischen Demo-
kratie verbunden ist. Wir legen um so größeren Wert
darauf, als die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit
unserer beiden Länder die wesentliche Vürgschaft des
Friedens in Curopa ist. Frankreich rcchnet über Groß-
britannien hinaus auf dis hcrzlichen Gefühle der ame-
rikanischen Demokratie, der natürlichen Freun-
din der freien Völker.
Frankreich ist des machtvollen Veistandes
scines Freundes, der Sowjetunion, gcwiß,
mit der Frankrcich einen Pakt des Veistandcs, der
allcn ossen steht, verbindet.
Ein Pakt, den uns unsere gemeinsame Sorge um den
Frieden vorgeschrieben hat. Die französisch-pol-
nische Freundschast wird eine neue Weihe in einer
herzlichen unmittelbarcn Suche nach befleren Formen der
Zusammenarbeit zwischen zwei solidarischen Dölkern sin-
den.
Mit Velgien, Rumänien, der Tschecho-
slowakei und Iugoslawien fühlt sich Frankreich
sowohl durch Verträge wie durch eine enge Intimität des
Gedankens und des Herzens vereint. Ihre Sicherheit
bildet ein Llement unserer eigenen Sicherheit, wie auch
unsere Sicherheit restlos zum Bestand ihrer Sichsrheit
gehört. Wir rechnen auch für die zu erfüllenden großen
Aufgaben auf die Valkanentente, auf die spa-
nische Demokratie, auf alle Völker, die, von Por-
Großt AuGmKe im ruMcken Mettums.
Der MWmienSmUrag drr ArMeropvrWien mtt W4 gegen t<0 Stimmrn abgeleW.
SchMs der Sa«>itio»e» tMelt.
„Keine Seeschlacht sür Abessinien."
London, 23. Juni. Das U n t e r h a u s sctzte a>n
°"sta
g die Aussprache sort, die am TonnerS-
durch Edens Rede eingeleitet wurde. Die
'dilnung bei Beginn war weseutlich ruhiger.
^ Die Aussprackie wurde damit eröffnet, daß der
^er der Opposition, Attlee, den Antrag ein-
z^te, der Regicrung das Mißtrauen aus-
^^dchen, meil ihr Mangcl an bntschlossenheit in der
^^Npolitik das Anschen dcs Landes gemindcrt, dcn
'drbund geschwächt und den Frieden gefährdet habe.
ln 8ür die Politik der Regierung gebe es keine Er-
Der Angriff der Arbeiterpartei richte sich
!»,x die ganze Regierung. Er halte es nicht sür
tz/' daß der Außenminister allein angegrissen werde.
Iz ^abe seine Pflicht getan und niemand
annehmen, daß er dabei sehr glücklich sei. Eden
großes Ansehen genossen. Das habe er
ich derspielt. (Beifall der Opposition und Rufe
E°nservativen: „Nein!")
^'e Regierung habe von Anfang an einen Man -
«l
En t s chlo s sien h e i t bewiesen, die Sank
^sHu,°nzuwenden,
Sie habe sich ständig von der
?i,'""g leiten lassen, zu einer Verständigung
"ihg >;talien zu kommen. Der Premierminister
kxiNdte, mau habe nur die Wahl gehabt zwischcn der
R, ?9abe der Sanktionen und dem Krieg. Sei denn
?>>in in Krieg gedroht worden? Die Regierung habe
M? nur daran gcdacht, daß sic Bündnisste
^ijälen molle und daß sie Mussolini für diese
«>>s - n i s s e brauche. Die Regicrungspoliiik lauie
'lti^Nndnisse solcher Art hinaus, wie sie 1914 den
?'>i,xj bcrbeigesührt hätten. Die Regierung habe sich
Nbx Mrt, ein Risiko für oen Fricden einzugehcn und
f-ik f°amit das Land in eine gefährliche Lage gcbracht.
lirategische Lage des Landes sei nicht die von
n Sem eigcntliches Herz sei heute auf dem Luft-
?°>n Kontment her zu erreichen. Die Besitzungen
?.Ntp lische,, Reichs im Fernen Osten hingen vom
.Ng n Willen Iapans ab, der Weg nach Jn-
> »>i?°Ni guten Willen Ataliens. Woile
°Rüstungcn so lange vermehren, bis man stark
'>»?" wi, um diescn möglichen Gegnern gewachsen zu
Auf dicscm Wcg werde es nur Rutn und Kricg
'»ins, Baldwin 'ei uicht dcr Mann, dem man Ver-
NskhN schenken könne. (Beisall der Opposition, stür-
lciegenkundgebungen der Regierungspartei.)
e-,
üch dann, um Attlee zu
-lk ^ vunn, UIN zu anlworten. Daß
>>>x'^rbund einen schweren Rückschlag
°i? habe
der
er-
'»a sei bedauerlicherweise richtig. Es sei nicht
yjx territoriale Unversehrtheit
.><>,,, nolitische Unabhängigkeit eiues Völter-
E> ah'N"glieos aufrecht zu erhalten. Die Frage
Fehlschlag die Schuld der britischen
sei.
kein Recht, der Regierung
daß der Völkerbund nicht weiter gegan
Diesen Vorwurf habe Eden bereits völ
^bposition habe
t>
ü>
s°Ig,.^^rlegi. Die Völkerbundsaktion sei promvt
Nichtanwcndunfl der Oelsperrc der britischen Regre-
rung als ein Vcrbrechen anzurechnen.
Man müfsc die Sanktionen einstellcn, nachdem der
italienisch abessinische Krieg zu Ende sei.
Das sei auch die Meinung des amerikanischen Prä
sidenten Roo-sevelt, der das Ausfuhrverbot auf-
gchoben habe.
Die Opposition frage, ob die Regierung einen
Angriff Jtaliens auf England sürchte.
Darum drehe es sich nicht. Der Punkt, um den es
sich drehe, sei, daß die Lage nur durch em« militä -
rische Aktion des Völkerbunds und seiner Mit-
glreder gewandelt werden könne. Man müsse die Lage
so hinnehmen, wie sie sei. Man könne ste nur ändern,
wcnn man die Mitglieder des Völkerbunds zu militä-
rischem Vorgehen bereit finden würde. Tatsache sei,
daß kein einziges Mitglied des Völkerbunds
bereit sei, Gewalt anzuwenden.
Die Opposition habe lächerliche Dinge
gefragt. Man habe gefragt: Habt Jhr Angft?
Fürchtet Jhr, daß die britische Flotte ge-
schlagen wird? Er, Simon, zweifle nicht daran,
daß die britische Flotte zeigen würde, was ste könne.
Aber angcsichts der gegenwärtigen Lage in Eu
ropa und der schwcren Gefahren, von denen
England umgeben sei, sei er nicht bereit, auch
nur ein einziges Schifs zu opfern,
felbst wenn es sich um eine erfolgreichc
Seeschlacht für die Sache Abessiniens
handle.
Dann werde gefragt,
cht fortsetze?
stdetz. u«d vas sei deni britischcn Außenmmister ;u
, >> gewessn. Die Regierung ver Vereinig-
X ^^aalen habe rechtlich garnicht vie Vollmach-
X Aussuhr von Oel zu verbieten. Eden haöe
Delsperre dianlragt. Es sei daher unfair, di«
warum sie die Sanktionen
. Ob sie Schaden brächten? Er
erinnere hier daran, datz dem Handel EnglandS
7 Millionen Pfund Sterling Verlust entstanden
seien. Solange tristiger Grund bestanden habe, die
Sanktionen sortzusetzen, habe man diese Verluste tra-
gen müflen. Er sei aber nicht der Ansicht, daß mau
die Sanktionen fortsetzen dürfe, weil die Verluste
„nur" 7 Millionen Pfuud Sterling betragen hätten
Es sei mutiger, die Sanktionen aufzuheben als sie
fortzusetzon.
Deshalb verdrehe Englaud seine Ersüllung der
Verpflichiung auf den Völkerbund noch lange nicht ins
Gegcnteil. Man dicne dem Nölkerbund besser, indem
man den W i r k l i ch k e i t e n ins Gesicht sehe und
prüse, wie ver Völkerbund gestärkt werdcu
könne und welche Schläg« und Enttäuschungen in Zu-
kunft zu vermeiden seien. Welchen anderen Kurs wollc
die Arbeiteropposition vorschlagen? (Beisall der Re-
gterungsmehrheit und Zuruse: „ Krieg ! ") Die
Arbeiteropposition habe, so stellte Simon scst, kürzlich
gegen den Ergänzungshaushalt für die Unterhal-
tung der Streitkräste >m Mittelmeer und ebenso ge-
gen die Ausgaben für diese Streitkräfte überhaupt
gestimmt (dNinutenlanger und stürmischer Beifall oer
Regierungsmehrheit.) Er verlange daher, datz der
Mißtrauensantrag abgelehnt werde.
Jm weiteren Verlauf der Aussprache beschuldigte
der OPPositionsrcdner Lansbury die Regierung,
daß sie sich bewußt aus den Krieg vorbe-
reite. Er forderte im übrigen die Einberufung einer
Weltkonserenz zur Begrenzung der Rüstungen
und zur Untersuchrmg der R o h st o s f r a g e. Er
glaube, daß das ganze engltsche Volk einstimmig die
Schasfung besserer Zugangsmöglichkeiten
zu den Rohstoffquellen begrützen würde.
Der stellvertretende Vorsitzende des außenpolitischcn
Unterhausgusschusses Nicolson (Konservativ) er-
klärte sich eindeutig für die Aushebung der
Sanktionen und machte in diesem Zusammen-
hang gehässige Bemerkungen über Deutschla-nd.
Als letzter Oppositionsredner sprach dcr Arbciter-
abgeordnete Dalton, der die Regierung beschuldig-
te, das britische Ansehen im Ausland tiefer
erniedrigt zu haben, als es seit Menschengeden-
ken erniedrigt worden sei. Die Sanktionen soll-
ten nicht aufgehoben werden, bevor die Regen-
zeit in Abessinien vorüber und festgestellt sei, ob der
abessinische Widerstand zu Ende sei oder nicht. Dal-
ton bat Baldwin um eine Mitteilung, ob die Regie-
rung sich bemühen wolle, einen etwaigen abessinischm
Widerstand mit Waffen und Gasmasken zu unterstüt-
zon. Er möchte serner wissen, welche Politik England
nach Aufhebung der Sanktionen einschlagen werdc
und wie sich die Regierung zu der kurzen Erklärung
Neville Chamberlains stelle, daß die Aufgaben de»
Völkerbunds begrenzt und die Gefahrenquellen lokali-
siert werden sollten.
der die Aussprache abschlotz, erklärte zur Lage in
Abessinieln, daß sowohl im Westen als im Süd-
westen des Landes außerordentlich verwirrte Zuständ«
herrschten. England wolle einer Wasfenzufuhr
an irgendeine verfassungsmäßige Beüörde in Abes-
sinien nicht im Weg stehen, aber das Haus müsse ein-
schen, daß die Schwierigkeiten einer Ueber-
mittlung sehr grotz seien. Es sei keine G e -
währ dafür vorhanden, daß Wasfen, die über die
Sudangrenze nach Gore in Westabessinien gesandt
würden, mit Sicherbeit nach anderen Gebietcn in
West- und Südabessinien weiterbefördert werden könn-
ten.
Nachdem Baldwin erwähnt hatte, datz die meisten
britischen Dominien dem Sanktionsbeschlutz EnglanoZ
zugestimmt hätten, kam er auf die Stellungnah-
me Frankreichs zu sprechen. Die Auffassung,
daß die gegenwärtige französische Regierung
dieselben Ansichten wie die englische Ar-
beiteropposition vertrete, sei unzutrcf-
fend. Vielmehr habe die sranzösische Regierung die-
selbe Stellungnahme wie die englische R e g i e r u n g.
Er hoffe, daß England und Frankreich in der Lage sein.
würden, in Gens äutzerst eng zusammenzu-
a r b e i t e n.
Es sci ganz klar, so fuhr Baldwtn fort, daß die
Sanktionen nicht für alle Zeiten hätten fortge-
führt werden können.
Die Antwort auf die Frage des Oppositkons-
führers Attlee, ob die Regierung die Angriffs-
handlung Jtalien verzeihen wolle, laute: „Ncin'"
Er wollc es betonen, datz dic britischc Regie-
rung nicht die Absicht habe, auf dcr bevor
stchenden Bölkcrbundstagung eine Ancrken-
nung der italienischen Anekticrung
Abessiniens vorzuschlagen odcr ihr zuzu -
st i in m e n.
Der Ministerpräsident führte weiter aus, datz die üri-
tische Regierung keine Vollmachten habe, den
Jtalienern Geld zu leihen.
Der Ministerpräsident ging dann noch einmal aus
die Beweggründe für den englischen Beschlutz, dic
Sanktionen aufzuheben, ein. Das Ziel,
für das die Sanktionen ursprünglich angcwandt wor-
den seien, könnte jctzt nur durch ein militärisches
Vorgehen des Völkerbunds erreicht werden.
Einem solchen militärischen Vorgehen würde ohne
Zweifel mit Gewalt Widerstand geleistet
werden. Er wünsche nicht vorzuschlagen, England
mit derartigen militärischen Madnahmen in Verbin-
dung zu bringen. England habe die Sanktionspolitik
ehrlich und eifrig ausprobiert. Jhr schließlicher
Fehlschlag sei auf die Verneinung beinahe
sämtlicher europäischer Nationen zurückzuführen, mili-
tärische Sanktionen anzuwenden.
Ministerpräsident Baldwin legte dann die zu-
künftige Politik der englischen Regierung dar
Die Regierung glaube immer noch, datz der Völkerbund
und alle ihm angchörenden Staatcn einen schweren
Rückschlag erlitten hätten. Er habe jedoch nie ge-
glaubt, daß der Fehlschlag des erstcn Versuchs zur
Anwendung der kollektiven Sicherheit den Tod des
Völkerbunds bedeute. Das sei keineswegs der
Fall.
Man müssc nun versuchen, inwiewcit dic kollek-
tive Sicherheit verwirklicht werden könne. Die
englische Politik stütze sich immer noch auf dcn
Völkerbund, und dicse Angclcgcnheit müsie auf
der Septembertagung aufgegrisfcn werdcn.
Bis dahin würden einzelne Länder diese Frage sehr
ernstlich erwogen haben.
Baldwin knüpfte dann an eine Bemerlung dcs
Führers der Arbcitcropposition Attlee über den
künftigen Jahrestag der Schlacht von Water-
l o o an und sagte dazu, er glanbe, daß Attlee eine
sehr merkwürdige Schlußfolgerung aus dieser Tatsachc
gezogen habe. Waterloo sei eine Schlacht gewesen, die
cine lange Zeit von Kämpsen abgeschlossen und Enro-
pa den Frieden auf ein Menschenalter hinaus gegeben
habe. Er entnehme den Worten Attlees, daß dieser den
Jahrestag von Waterloo dadurch feiern wolle, daß
er einen Krieg in Europa beginne.
Bei Waterloo habe Wellington die Hilfe
der Preußen erwartet, um seinen Erbfeind, die
Franzofen, zu besiegen. Hundert Jahre später
hätten Englands Erbseinde, die Franzosen, Schulter an
Schulter mit rhm gegen diejenigen gekämpst, die Eng-
lands Verbündete bei Watcrloo gewesen scien. Das
lege ihm die Frage nahe, ob denn nicht die Zeit sär
diese drei großen Ländcr gekommen sei, stch
zusammenzuschließen und eine Polittk
der Befriedung Europas herauszusinden.
„Wir sind", so erklärte Baldwin, „äutzerst bemüht,
mit diesen Verhandlungen voranzukommen."
Der Mtnisterpräsidcnt wandtc sich dann nachträg-
lich gegen eine Behauptung des Arbeitcrabgcordneten
Dalton, daß England angeblich die Absicht habe, ganz
Europa sich sclbst zu überlassen, wenn es sich selbst im
Westen sichern köunte. Diese Behauptung sei völlig
unbegründet.
Unsere eigene Sicherung sei von lebenswichtigcr
Bcdcutnng, uiid es mag dahin kommen, daß der Völ -
kerbund letztlich z u s a m m e n b r i ch t. So weir
sind wir aber noch nicht.
Jch habe alle Hofsnung, datz wir, wenn es zu
Verhandlungen zwischcn unseren drei grotzen
Ländern kommt, wir sür die Sichcrhcit der Län-
dcr in Mittcleuropa ebenso Vorsorge tresfen,
wie wir das für uns selbst erhoffen.
Das ist die Politik, die nns in den kommenden Wochen
beschäftigen wird. „Wenn der September kommt,
hoffe ich, datz Eden und seine Kollegen damit begin-
nen, die Grundlagen zu legen, auf denen ein
großer Ueberbau, wie wir hoffen, ruhen wird.
Möge sich das Haus keiner Unterschätznng der Schwie-
rigkeiten der Ausgabe hingeben! Das kann grotze Ver-
pflichtungen Flr dieses Land oder für jedes andere
Land bedeuten, bevor wir den Buchstaben und den
Geist der Völkerbundssatzung verwirklichen können."
Dcr Mitztrauensantrag vom Unterhaus
abgelehnt.
Nach Becndigung der Aussprachc im Unterhaus
wurde der Mitztrauensantrag der Arbeiter-
opposition gegen die Regierung Baldwin mit 384 gegen
170 Stimmen abgelehnt. Damit ist das Schick -
fal der Sanktionen besiegelt.