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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Januar bis Juni)

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Heidelberger

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140

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Schristleituna: Hauvtstraße 23 Fernsprecher-S.-A. 7351—53.

Donnerstag, 18. Iuni

Hauptgeschästsstelle Hauptstraße 23, Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Zweigstelle: Haspelgasie 1.

1936

Ai> Zshr FlMemihkmiiieli.

^>" Musterbeispicl zwciseitiger Derständigung.
d«^E>eute, am 18. Iuni, jährt sich dcr Tag, an dem das
-Ibs^.s ch - englischc Flottenabkommen zum
gebracht und damit die Flottenrivali-
ssj-"»"s dcr Vorkriegszeit endgültig bcqraben wurde.
?ih 7 auch Wirtschastsneid und koloniale Vesürchtun-
^iil. ^sl dic deutsche Linie der damaligcn Politik übcr
dst, 'antinopcl nach Vagdad Cnglands Intcrcsie gcsähr-
^ E"ntcn, mit cntscheidend für Cnglands Cintritt in
^T^ltkricg warcn, so bildetc doch verAufbau der
"Iz, ' schcn Flottc dcn cigcntlichcn Kcrn dcr cng-
V» .Miststimmung gcgcn uns und allc Vcrhandlungen
i>t ?>n Flottcnabkommcn schcitcrtcn damals, hauptsäch-
>>ij,°°shalb, wcil Lord Haldane als Antcrhändlcr
die gcsordcrte Ncutralität Cnglands

>«k^sner sestländischcn Äuscinandersehung vcrsprcchen
>«s^^odcr wolltc. Währcnd nach dem Krieg die Fran

^g,..s'ch engstirnig aus Vcrsailles vcrbisicn, gingcn dre
toUndcr cincn praktischcrcn Wcq. Dic Abrüstung als
V?"ät war acschcitcrt. In dcr unscligcn französischcn
siq,, voin 17. Äpril I6Z4 sprach gcgcnübcr dcn Gcrcch-
Glcichbcrcchtigungssördcrungcn dcr dcut-
!h, Äcgicrung dcr französischc Austcnministcr Var>
»kx >"in „Ncin" aus. Dcr Austritt Deutsch-
aus dcm Mlkcrbund, dcr angcblich Glcichbcrcch-
Bsi?- war die Folge. Dic curopäischc Politik schien
.^ÄNgslos fcstgcratcn zu scin. Frankreich hatte
»>»>er ticscr ü, das moskowitischc Abentcucr gcstürzt,
"uMicstlick, zum Abschlust cincs Militärbünd-
mit dcm B o l s ch c w i s m u s führtc.

^>!e» Nland vcrsuchtc zu vcrmittcln. Die Fcstlands-
liichN Sii- Iahn Simons und Cdcns führten auch
dej! ^icrlin und dicutcn dcm Zwcck, dic Vcrhandlungcn

>j,-zdzutrcibcn. Die Konfcrenz von Stresa

sbj^" Cngland, Frankrcich und Italicn sübrte zu cincm
>>§,,, »>en, das tatsächlicki gcgcn Dcutschland ge-
>>>ijj,' war. wcil Dcutschland nnr untcr Ancrkcnnung gc-
^ijj.? ^vrbchaltc, dic dcm dcutschcn Glcicbbcrcchtiaungs-
äh 4> cntgcgcngescht warcn, an dcr Tascl dicscr Mächte
'uh cinacräumt wcrdcn solltc. Das Ausblciben
Ä E"igcr Iugcständniffc an Dcutschland trug dcrart
ÄgnAtwirrung dcr curopäischcn Lage bci, dasi sich die
Ix.Xhe Rcgierung entschloh. wcnigstens auf cinem
!>kj, >"»b i 'c t dic M i h v e r st ä n d n i s s c mit Dcutich-
E>cgrabcn und zu cincm Crfolg zu gclangcn. Dic
?>>>Ku!>^"nacn wurdc» wicdcr aufacnommen und gingen
ke?°chlick, ui -

Nachiich um dcn Abschlusi
dcr V o r b i l d für

eines Flottenver
andcrc Vcrträqc sein

, ^ und solltc

N 7"' 21. Mai 16Z5 hiclt dcr Führer einc Ncde, in
Zyl erklärtc, wir scicn zu Rüstungsbegren-
^he» bcreit, wir sähen weder zu Land, noch zur
>>>e C der Crfüllung unscrcs Wchrprogramms irgcnd-
,>> ^edrohung cincr andcrcn Nation ünd seien bercit,
deutschcn Waffcnrüstung jcnc Vegrcnzungen
> >>«w °U">cn, dic von dcn andcrcn Staatcn cbcnsalls vor-
'e k s u>en würdcn. Dcr dcutsch-cnglischcFlot-
>»ks>/»Erag, dcr am 18. Iuni I9Z5 untcrzcichnet
giih^' >"ar dcr crste Schritt zur Vcrwirklichung dicscs
^ e °»iwdankcns. Cr schtc dic Vcgrcnzung dcr dcut

,-,„ .Marinc auf 35 Vrozcnt der englischcn Sce>
^i,Ä'tc scst und lag mit 15 Vrozcnt nöch untcr dcr
»st, /Kvnnagc dcr sranzösischcn Flottc. Dicscs Abkom-
?«ch7°nnte also an, dasi Cngland als Acbcrsee-
jMx > eine grösicre Flotte als Dcutschland haben
^ei, abör andercrscits die dcutschc Flotte dic dcut-
^ij-7'n f u h r w e g e und die deutsche Küste zu
!»>>>lw >> hättc. Damit war cin M a r k st e i n auf dcm
p>>d , >äen Fricdcnswcg ausgcstcllt wordcn. Cng-
!> Dcutscbland warcn keinc Konkurrcnten mchr,

»>«,,>> hatten sich in sreier Vercinbarung geeinigt und
, R?>>en Streitpunkt aus der Wclt geschasft.

Äin Ä diese Regelung war mehr, sie bedcutet gleich-
ög e Cngländ in der Praris, wcnn es um seine
j/ksiÄ»" Interesien gcht, den Vcrsaillcr Unfriedens-
- ^»"sgibt und ihn durch friedliche Regelungcn «r-
j>» tz^ssiwit war gerade von der cnglischen Politik nach
Ä«k -K'tigung dcr Rcparationsbestimmungen ein Stoß
>?üez°>» wilitärischcn Bcstimmungen dcs Vcrsaillcr Ver-
^ Frankrcich war man natürlich ent-
sich in Beschwörungen und Anklagen, ver-

K'^^führt.

Ats Ä>n>

v,bis

>g

alte Koalition gegen Dcutschland und damit
^>4e» Äailler slnfricdcnsvertrag wicder lcbcndig zu
j'ich' aber Versailles war und blieb eine
Fj°' Die englische Prcsic nahm den Abschluh die-
1,7 rsttcnabkommcns mit cincm Gcsühl dcr Vcsrciung
»«n, Führcr hattc durch die Tat gezeigt, daß er zu
- äriedcnsvroaramm stcbt.

j D ^>>cdcnsprograiiim stcht.

deutsch.cnglischc Flottenabkommen hat nnzwei-
>>i Vcrhältnis zwiichcn Vcrlin und Loudon ge-

h/hj t. Dicscs zwciscitigc Abkommcn abcr ist lcidcr
HjjÄsiänzt wordcn durch audere Abkommcn über
)A><Id >Ä"gsbcschränkungcn, und zwar allcin durch die
^»>>>ex Krankrcichs und scines moskowitischen Genosien.

F'cdcr vcrsuchte Frankrcich, die Vorkriegs-
V >" .° tion hcrzustcllcn und trug damit einc Un-
>»"dn -d>e curopäische Volitik, dic hcute noch übcr

<ö°da',°>° curopäischc Politik, die ,
d,> «in->"gert. Aber dasi Deutschland und Cngland sich
M>t >»t>r schwicrigcn Gcbict gecinigt hätten und
»- b?^- Vorbild sür künftigc Abrüstungsvcrträge
V» dea cinc Tatsache, um dic sich allc weitcrcn Ver-
>>>>b »>>>si bortschritts und dcs wahrcn Fricdcns gruppic-
>s, >?"- Dcr dcutsch-cnglischc Flottcnvcrtrag war
"lte>,>" Lichtblick in dcr Vcrnebclung Curopas durch

^» " Tochter dcs Ncgus am M'krovhon.

s'k.'I ^ ^

^lvrach vor 27 »0»

,. —, ». „„„ Iuhörerlnnen die 16-

,Ktcr des Neaus in einer Kundgebung,
Frauen-Friedensvereinigung Englands

>>i!^t"sen Id <v-uucii--rrieoensoereinmuim nnniuiio-

'Aen Z^war.^ Die Rede batte den.italienisch-abeß

Konflikt

zum Gegenstand. (Presse-Photo, K.)

NereWMchung -er Polizei.

ReWführer SS Simmler Ehef der beutfkhen Polizei. - Daluege Generul der Polirei.

ErhöhW d» SchlaMst.

Ein Erlasi des Führcrs.

Verlin, 18. Iuni. Der Führer und Reichs-
kanzler hat auf Vorschlag des Rcichs- und prcuhischcn
Ministers des Innern, Dr. Frick, durch Erlah vom
heutigen Tag zur einheitlichen Zusammen-
sassung dcr polizeilichen Aufgaben im Reich
den stcllvertrctenden Chcs dcr Gcheimen Staatspolizei
Preuhens zum Ches der dcgtschen Polizei im
RcichSministcrium des Innern ernannt.

Dcr Crlah lautet:

1. Zur einheitlichen Zusammenfasiung der polizeili-
chen Ausgaben im Reich wtrd ein Chef der deut-
schen Polizei im Reichsministerium des Iynern
eingeseht, dem zugleich die Leitung und Vearbeitung al-
ler Polizeiangelegenheiten im Gcschäftsbereich des
Reichs- und preußischen Ministeriums des Innern über-
tragen wird.

2. Zum Chcf der deutschen Polizei im Reichsmini-
sterium wird der stellvcrtretende Chef der Geheimcn
Staatspolizei Preuhcns, Reichssührer SS. Heinrich
himmler, crnannt. Cr ist dcm Rcichs- und preuhi-
schen Minister des Innern persönlich und unmittelbar
unterstellt. Cr vertritt für seinen Geschäftsbereich den
Reichs- und preußischen Minister des Innern in desien
Abwcsenheit. Cr führt die Dienstbczcichnung: Dcr
Reichsführer SS, und Ches der deutschen Polizei im
Rcichsministerium des Inncrn.

3. Der Chcf dcr deutschcn Pvlizei im Reichsmini-
sterium des Inncrn nimmt an den Sitzungen des
Reichskabinetts teil, soweit sein Geschäftsbereich
berührt wird.

4. Mit dcr Durchführung dieses Crlasies beauftrage
ich den Reichs- und preuhischen Minister des Innern.

*

In Ausführung dieses Fiihrererlasies hat Reichs-
minister Dr. Frick den Chef der dcutschen Polizei im
Reichsministcrium des Inncrn, Himmler, mit. dcr
Leitun.g der Polizeiabteilung des Reichs-
und preuhischen Ministeriums des Innern betraut und
für den Fall seiner Abwesenheit dem Ministerialdirektor

General der Polizei Daluege die Vertretung des
Chefs der deutschcn Polizci im Reichsministcrium des
Innern übertragen.

*

Der Führer und Reichskanzler hat aus diesem An-
laß folgendes Schreiben an den Ministerialdirektor Ge-
neral dcr Polizei Daluege gerichtet:

„Lieber Parteigenosie General Daluege! Seit der
llebernahme der Macht durch den Nationalsozialismus,
an deren Crringung Sie in Verlin sührsnd beteiligt wa-
ren, haben Sie thre ganze Krast dafür eingesetzt, die
deutsche Polizei zu einem schlagkräftigen
Instrument des nationalsozialistischen Staates zu
machen. Dies insbcsondere sür die bisherige Landes-
polizei, die dank Ihrer Tätigkeit ein wertvolles Glied
der deutschen Wehrmacht wcrden konnte. Ihnen für Ihre
Verdienste um die deutsche Polizei Dank undAn-
erkennung auszusprechen, ist mir ein besonderes Ve-
dürfnis. Ich ernenne Sie zum General der Po-
lizei. Adolf Hitler."

*

Zur Crnennung dcs Reichssührcrs dcr SS Himm -
ler zum Chef der dcutschcn Polizei erfahren wir von
unterrichteter Seite noch solgendes:

Reichsfllhrer der SS Himn, ler war schon bisher
Kommandcur dcr Politischen Polizei aller deutschen Län-
dcr und stellvcrtretcnder Chcf dcs Gchcimen Staatspoli-
zeiamtcs in Preusien, desien Lhes dcr preuhischc Mini-
stcrpräsident ist. Durch dic Unterstellung dcr gcsamten
deutschen Polizei unter den Reichsführer der SS Himm-
ler ist eine lange Cntwicklung abgcschlossen, die nunmehr
zur Schaffung eincr einheitlichcn deutschcn
Polizei geführt hat. In Zukunft sind sowohl Schutz-
polizei, Vcrwaltungspolizci, Gendarmeric als auch Kri-
minalpolizei und Gcheime Staatspolizci in eincr
Hand vereinigt. Ihre Schlagkraft ist dadurch
abexmals erhöht worden.

In dem SS-Obergruppenführcr Kurt Daluege,
der als Ministerialdirektor im Rcichs- »md prcußischen
Ministerium des Innern u»d als Gcncralleutnant der
Polizei schon bisher der deutschen Polizei mit Ausnahmc
der Geheimcn Staatspolizei vorstcht, und dcm SS-Obcr-
gruppenführer hcydrich, dcm Vcrtreter des Reichs-
sührcrs dcr SS für das Gehcinic Staatspolizeiamt, hat
der Reichssührer der SS für die neue grosie Aufgabe
zwsi bewährte Mitarbeiter, die von den Anfängen der

Lhef der deutschen Polizei, Himmler.

nationalsozialistischen Vewegung an bis heute im Kampf
in vorderster Front standen und zu feinm ältesten Mit-
kämpfern gchören.

England und dle GanmoMase.

Hmte Mrsvkliche im llmelhxiis.

Das englischc Kabinctt billigt Cdens Crklärungen.

London, 17. Iuni. Das britisch« Kabinett
trat am Mittwoch vormittag zu der entscheidenden Sit-
zung zusammen, in der der Veschluß über eine etwaige
Einstellung der Sühnemahnahmen gefaßt
werden soll. Wie verlautet, hat das Kabinett die Erklä-
rungen gebilligt, die Außenminister Eden am
Donnerstag nachmittag im Unterhaus abgeben wird. Es
wird allgemein angenommen, dah die britisch« Regierung
bereit sei, die Sanktionen auszugeben, falls dies in Gens
beschlosien werde.

*

In einem Leitaufsatz bemüht sich „Daily Telcgraph",
den Veschluß des englischen Kabinetts zu rechtsertigen
und die Stellunq des Auhenministers Cden zuver-
teidigcn. Älenn dic Regicrung die Aushebung der
Sanktiönen in Gens »nterstühe, dann bcdcute diese „An-
nahme des Unvcrmeidlichen" keinen Tadel sür ir-
gend einen einzelncn Minister, am wenigstcn sür Cden,
der durchweg der Vorkämpfer in einem wichtigen Ver-
such, den Rechtszustand in der internationalen Po-
litik herzustellen gewesen sei. Heute sei derselbe Mut
erfordcrlich, zuzugeben, daß dis Aufrechterhal-
tunq der Sanktionen keinen großen Zweck
mchr habe, nachdem man Abesiinicn nicht hgbe rctten
könne. Wenn das britische Volk und die Regierung
nunmehr die Beendigung der Sühnemaßnahmen als
unvermeidlich annehme, so geschühe das deshalb,
weil es völlig klar geworden sei, dah ihre Fortsehung
keine kollektiveUnterstühung im Völkcr-
bund sinden würde.

Die konservative „Morningpost" verlangt besondere

Unterstühunqsmaßnahmen der Regierung, um den eng-
lisch-italienischen Handel »ach der Aushebung der
Sanktionen wieder in Gang zu bringen.

Die Freunde der Sanktionspolitik.

London, 18. Iuni. (Cigene Funkmeldung.) Die
Morgenblätter stehen im Zeichen der heutigen Unter-
hausaussprache, in der die Regierung ihren Beschlusi, die
Sanktionen aufzuheben, verteidigen wird.
Nachdem die Regierung und die ihr nahestehende Presie
die öfsentliche Meinung auf dieVeendigung der
Sühnemaßnahmen vorbereitet hat, besteht kein
Zweifel mehr, dah das Parlament ihre Stellung-
nahme billigen wird. Andererseits hat die Oppo-
sition ihr schwerstes Geschüh aufgefahren, um die Re-
gierung wegen ihres Cntschluffes in schärfster Weise an-
zugreifen. Bereits am Mittwoch abend wurden die
Wandelgänge des Untcrhauses von Mitgliedern der li-
beralen Partei buchstüblich gestürmt. Sie legtcn dcn
Oppositionsabgeordneten dringend nahe, sich für die
Aufrechterhaltung und notsalls Verstärkung
der Sanktionen einzusehen. Weitere Kundge-
bung von der Galerie des Unterhauses werden fllr die
Aussprache am Donnerstag nachmittag angekündigt.

Vierundzwanzig Mitglicder dcr sogenannten Völ-
kerbundsgruppe fasiten am Mittwoch abend im Unter-
haus eine Cntschliehung, in dcr die fortgesetzten Ver-
stärkungen der Sanktionen gefordert wird, bis Italien
einer sür dcn Völkerbund annehmbaren Rege-
lu ng des Abeffinienstreitfalles zustimmen würde. Die
Cntschliehung wurde u. a. von Lord Sheffield und
Sir Walther Layton angenommen.

Schmere Zi»ische»Me i» Mich.

Die Streikbcwegung wird zur Revolte.

Brüsicl, 17. Iuni. In Lüttich habcn sich am
Mittwoch vormittag schwcreZwischensälle er-
eignet, die den Anschcin erwecken, daß die Streikbewe-
gung in Lüttich den Lharakter einer Revolte habe.
Eine Gruppc von Strcikhchern hat cinen handstreich
auf eine Wassenmeisterci, wo handseuerwasscn
ausprobiest wurden, unternommen. Der Versuch ist
aber an dem schnellen Zugriss der Gendarmerie geschei -
tert. Es si"d fünszehn Vcrhastungen vorgenommen
wordcn.

Um die Mittagsstunde raste eine Abteilung beritte-
ner Gendarmerie in rasendem Galopp durch die Straßen
aus eine Cisenbahnbrücke der Strecke Lüttich—
Vrüffel z», wo Streikende die Signalanlagen
durch Steinwürfe zu zertrümmern versuchten. Im
ganzen sind fünszig Verhaftungen vorgenom-
men worden.

Fcrner haben zahlreiche Trupps Streikendcr am
Mittwoch die Stadt Lüttich durchstreift und versucht,
den Lastkraftwagen- und Automobilverkehr zum Still-
stand zu bringen, nachdem bereits <un Dienstag durch

Strahcnterror dcr gesamte Strahenbahnver-
kehr eingestellt wsrden muhte.

Die Stretkbewegunq in Velgien hat sich auch aus die
Provinz Brabant ausgedehnt.

Me Streilibmell»«» >» Frandreich.

Rückkehr zur Arbeit. — Ncue Streiks.

Paris, 18. Iuni. In Nordsrankreich sind
etwa 80Fabriken im Lauf des Mittwoch von den
streikenden Belegschaften geräumt worden. Rund
10 000 Arbeiter habcn die Ärbeit wieder aufgenommen.

In Paris haben verschiedene bcstreikte Ilnternch-
men ebensalls die Arbeit wieder ausgenommcn, doch haben
stch andererseits einige klcincrc Fäbriken und Ilnterneh-
men der Streikbewegung angeschlosien.

Auch in einigen Provinzstädten kam es zu
zahlreichen neuen Streiks. Von besonderer Dedeu-
tung dürfte der Streik der Markthallenarbciter in Lyon
sein, durch den bei längcrer Dauer die Lebensmittclver-
sorgung der Stadt in Mitleidenschaft gezogcn würde.

In Anneoy haben die Arbeiter eincr Kugellager-
sabrik den Streik erklärt und die Fabrik selbst beseht.

In Lille haben die Angestellten zweier Grohverstche-
rungsgesellschaften sich der Streikbewegung angeschlosien,
Streikposten vor die Gebäude der Gesellschaften gestellt
und dis Vüroräume besetzt. Die Cinigungsverhandlun-
gen stnd sosort eingeleitet worde».

Schweiz leh»t 4«-St«»de»-Mche «d.

„Einc Roßkur."

Vasel, 17. Iuni. Dcr Schweizer Rational-
rat hat die Ratifikation des internationalen Aebercin-
kommens über dic 4 ü - S t u n d c n w o ch c mit 72 gegcn
41 Stimmen abgelehnt.

Bundesrat Obrecht, der Leiter des Volkswirt»
schaftsdepartements, riet im Namen des Vundesrats vom
Beitritt zu dieser Konvention ab. Die Schweiz mit
ihren hohen Gestehungskostcn müsie sich hüten, ihre Kon-
kurrenzfähigkeit durch eine Steigerung der Löhne um ein
Fünftel noch weiter einzuschrünken. Frankreich wage
heute einen Schritt. „Wir wollen," so bemerkte er wört-
lich. „diese Roßkur nicht zwei Patienten auf «inmal
zumuten. Warten wir neidlos den Ausgang dieses
Cxperimentes ab. Vcwährt es sich, so können wir
immer noch scinem Veispicl folgcn".

*

Redevcrbot sür die sranzösischcn Gcwerkschastler
in der Schweiz.

Vascl, 17. Iuni. Das Cidgenöffische Polizeideparte-
ment hat dem sranzösischen Gcwerkschaftlcr Iouhaux
und anderen französischcn G e w e r s ch a f t l e r n, die am
17. Iuni in Gcns auf einer Kundgebung über die
Streikbewegung in Frankreich sprechen wollten, das
Reden lintersagt. Der Vundesrat betonte, daß
die Betätigung von Ausländcrn als politische Redner in
der Schweiz unerwünscht ist.

Ir. Schachls Da!»»»sahrt.

Abschied von Sosia.

Sofia, 17. Iuni. Rcichsbaiikpräsident Dr. Schacht
setzte am Mittwoch vormittag nach zweitägigcm Aufent-
halt in Sofia seine Reise nach Vudapest im Sonderslug-
zeug sort.

Dor dem Abfluq erklärte Dr. Schacht, daß ihm die
herzliche Aufnahme in Sofia stcts eine liebe Crinnerung
bleiben werde. Cr sei davon überzeugt, dah sich die
deutsch-bulgarischen Vezichungen, vör allem der
Warenaustausch zwischcn beiden Ländern, bei dem
beiderseitigen ausrichtigen Willcn zu verständnisvoller
Zusammenarbeit auch iveiter günstig entwickeln
werden.

Herzlicher Cmpsang in Vudapcst.

Budapest, 17. Iuni. Reichsbankpräsident Dr.
Schacht traf am Mittwoch nachmittag in cincm drei-
motorigcn Iunkersslugzeug aus Sosia aus dem Vuda-
pcstcr Flugplah Matthiassöld cin. Zu dem Cmpfang
hatten sich aus dcm Flugplatz dcr Präsident dcr Ungari-
schen Rationalbank, Imredy, in Vcrtrctung des er-
krankten Ministerpräsidenten Gömbös Ministerialrat
Tragcr, ferncr dcr dcutsche Gcsandtc von Macken -
s e n mit den Mitglicdern der deutschen Gcsandtschaft und
der Leiter der Budapestcr Ortsgruppc dcr NSDAP ein-
gefunden, die Dr. Schacht herziich begrühten. Während
seines Aufenthaltes in Budapcst, dcr bis Frcitag nach-
mittag dauern wird, ist Dr. Schacht persönlicher Gast des
ungarischcn Nationalbankpräsidcnten.

— Der Krcuzer „.Kön'gsbcrg", der seit 12. Iuni kn
Hclsingfors wcilte, hat am Mittwoch um 20 UHr Hel-
singfors wieder verlasicn.

— Fünf spanische Polizeiossizicre sind in das Mili-
tärgefSngnis von Guadalajara eingcliesert wordcn, um
wegen ihrer Veteiligunq an der „Nicdcrwerfunq der Ok-
toberrevolution 1934" abgeurteilt zu werden.
 
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