Herdelberger
Illeueste Machrichten
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1936
6viel im Ferne« Ssten.
Ganz China gcgen Iapan?
^iktator von Nanking, Marschall Tschiang-
üd
hat bisher gegen Iapan eine abwar-
?.i>i/.Haltung eingenommcn, obgleich die Iapaner
^üsj ochz „ g ^lcht nur ihre militärische Oberherr-
'do^Ä^r Niesenreich zu treibcn. Die lchte Ctappe
L d-r R,e,enrci ^ .
stampf um dic Scezölle. Dic Seezölle
z?kt d^Obdct worden als Garanticrung für den Zinsen-
chincsischcn Auslandsanlcihen. In dcr lchten
»?' c>e,r, ^^or in Nordchina ein ricsenhaster S ch m u g-
d,» ktch , cn, sodas; die Cinnahmcn aus diesen Zöllcn
W ?"Ecn. Nanking machte dafür Iapan vcrant-
ljstlep ' °as angeblich China in Finanzschwicrigkeitcn
id, um im Trüben zu fischcn, und alich dic eng-
«Ü>, x,/"»rrikanische Regicrung erhobcn in Tokio Cin-
K^"v»»„ tw^ der sapanischen Reqierunq i
Ä""»»'»" von dcr japanischcn Regierung mit der Ve-
k, ,d „„^urückgewicsen wurdc, Iapan trage nicht die
z.'!>tt^" dicsem Zustand, sondcrn China sehbst, dcsscn
d»>, Z Rcrhältniffe und kommunlstischc Bcdrohung
>h, ^s», "Uohr zwängcn, sür Ordnung zu sorgen.
> eir. -an»»«!.-^.- p^hig, obglcich die japanische
N-
«?S-T°"ffkaischek blieb .
> .»n ,n verstärktem Maß vorwarf, nach einer Zeit
)». sich mit Iapan zu verständigen, immer mehr
^ - Mneigt zu habcn, die einen Krieq mit
^"°>!ei ,üv>Erebcn. Dic Lage Tschiangkaischeks ist ohnc
h?dchf^^wicrig, dcm, das japanische Äordringen in
^schcn 7-° ^ordcrung Tokios, China müffe sich dcr
Führung u n t e r st c l l c n, ^cde japanfeind-
hg^rbictcn und die chincsischcn Kommunisten be-
^djtz'c^ot bei den Lhinesen böses Blut gesetzt. Noch
üe von Schanghai nicht vergcffcn, da die
ELhincscn angrissen und nur durch die heldcn-
dh üch g,,ü"üscrung dcr l9. Chincsischcn Armee, die haupt-
Et Südchlncscn bcstand, abgchaltcn wurdcn, sich
Lt'drlz uwncnstadt und dcs gröfften Cinfuhrhafens
mk>ü"'üchtigcn. Seit dieser Zcit ist cin gewiffcr
^Üt, d„1'oben, In Kanton hat dic Rcgicrung immcr
Vl.Vkall^^^'uu^ dic Kuomintang in Nanking untcr
^ die « üchck ihrc Truppcn zurllckgchaltcn hättcn und
^dcy, Etkonescn nublos gcopscrt wordcn wärcn. Zwi-
,, ^oupt dcr Nankingregisrung, Tschiang-
Ra vy„ ?em Gcncral Litschongtschcn, den Komman-
H?>>d so o, Kwangsi, also dcr K a n t o n r e g i c r u n g,
e r'V'" Gcg'cnsatz, dcr in dcr lchtcn Zcit zu einem
v,.I ^ kr i e g der bekannten Art zu führen drohte.
Kantönese forderte ein
aktives Vor-
">iHn I apan mit der Nankingregierung, weil
ü>> cd,.' Zrischer Widcrstand Cbina vor der iava-
, ) scher Widerstand China vor der japa-
",?ie?,chdringung rctten könne.
rerien ivnnc.
kry wtischcn Südchinesen wolltcn also eine Cin-
>-, " t, Allcrdings gab cs in Kanton sclbst zwci
' ?>» um die Obcrhcrrschaft strittcn. Die Mi-
Eehf gegcn die Zivilbehörde, die unter Kaut-
ü"d^ria' obcr 60 führcndc Militärs der Kantonregie-
,Vw>ü»oll "" »ine schncllc Cntschcidung, ihrc Kantung-
>E>ei?Aiek„w'--lrmce war krieqsbcreit und die Nan-
IVeiidWurd» ---
h„? wurde aufgesordcrt, sich zu cntschcidcn. An-
ÜL»->>>in sluch die Zivilrcgicrung in Kanton cine Auf-
Dd'bicscr
Art an Tschiängkaischek nach Nanking ge-
den neuesten Meldungen hat Marschall
V' d>ic'»ot cnergisch die japanischcn Mcldungcn be-
"" sprccho» Vürgerkrieg zwischen Nanking und
^eiÜ! ^ot er nicht gcsagt. Cr hat bekanntgegcben,
d? > > - " N »^tu Lue-Tschin in Kürze die Cnt-
l wslcn werde, und zwar solle die Autzen-
Z>, v das » " " qs unter Mitwirkung des Süd-
Vlv'"Ngkaischek dem Zentralrat
t« , Ulmmuna nnd
d»">?!,^t« r'"wniung, und es ist wohl anzunehmen, daß
^°ll.^"dcnSiwr-gi-rung ' ..
., an dieser Cntscheidung teil-
Daneben gibt es Mcldungen aus japa-
^">eä" r k r, icher Quelle, die allerdinqs behaupten, ein
'k» 1dl-P r 1 e g r.i __
zwischen Nanking und Kanton sei un-
"Nh
..... —.
"cr H uo Tschiangkaischek habe ffch geweigert, Ver-
Z>>e,üi>veis.,?tonregierung zu empfangen.
>1, d°!.°"svn,l?..t >Ü der Südcn Chinas über ozavans
yv.Itlk in eine Stimmuna aer.
übcr Iapans
in eine Stimmung geratcn, die liebcr
gegen die Iapaner vorqehen will, als
jäpanische Ausbreitung hinzuneh-
>>H° d^atriy^j'^chtung in China die Oberhand gewinnt,
U^sscn ,
e Süden
die Nankingregierung mitreifft
im Fernen Ostsn ausslammt, müffen
,">>> s"hren. Iapan hat dcn stärksten Druck aus-
^hq^üdic "hindern, dah sich die Nankingregie-
> "' w!cid„„ "tonregierung einig gcgen es wcnden.
hngen übcr den angeblichcn Vormarsch der
§!i>?p"'du
sjV^">l> "^lbreitet, um die Nankingregicrunq in
die beeinfluffen und die Bürgerkriegs-
ge»,„/. 3apan das Crwünschteste wäre — an
C h ^ "it. Cs recbnet weiter mit der chine-
Ä>-, ^t un g, um N o r d ch in a der j
tschgs„ ,w>n sie verstcht, völlig zu un
p"»cht "stllch, bat es Nanking bcreits in
umNordchina der japanischen
t e r w e r-
Nanking bereits in Verlegen-
dcr'Vwiische Kricgsschifsc und Truppen stehen
„ Formosa, die zu Iapan gchört, be-
"nll den Druck aus Nankinn durck eine
der /^en Druck auf Nankinci durch
chinesischen Provinz Fukien,
i!>d>'°» th Cbi^^ogt, zu verstärkcn
>17 l e ^ " am Cndc scincr (
V' »>-ü,g
cme
die
o-. » ».» Cndc scincr Gcduld? Wcnn eine
Volksbewe
gung in China ausbricht,
^ >du l i ^yO'sch^l.kaum ihr widcrstehcn könncn, Dann
täru^, du»n wird Iapan die chinesische Ab-
s, >>chon Angriffsaktioncn beantworten, und
was wirb, wen dcr Krieg bcginnt.
, , -> E't Schmeiz stW ib.
^oziehnngcn zu Sowjetruhland.
^v»..- 2»ni. Dcr Schweizcrische Nationalrc
V°"»c
i» ied ^ tnittag mit 96 gegen 72 Stimmen g >
mit " o u s n a h m e dcr diplomatischen B
,-» l>ie t"ietrutzland entschieden.
I>ik"» A»k «^ » 3 > ano enl,cyieoen.
L", "c Z>»d ^ ">oh'»e stinimtcn die Sozialdcme
ä' t t »>, "! Ü> >' " ' Ü c " , fcrncr dic unabhängic
iViii-Itrct^ >, tlcr, die Sozialpolitikcr sowic cii
er Iungbauern, der Freiwilligen --
'i?ki^r. und Vau^;üpart7i'
^.sowi,
'arö.'owie Dle kathollsch-konserv.
"te,cy ä»öfftc Tcil der übriqcn bürqe
> ^ehr ' dagcgen.
!>> 7,,/ I> vom Ständerat angenommen.
Dcr schwcizcrische Stcinderat
«>'» '»1,4 wq »»».«ltD ->>-,v>:>»crl,lve coranoerar i
läü >> chr» Z-z 5,'nrttag d,e neue Wehrvorla
ÜVV.^aniit also einstimmig, gutg
'ei, ^aini, F. ! aiio emitlmmig, gutgc
>»d°risch" Nt d,e Vvrlage über diä Vcrstärkur
'L."»^"lsch n 'd' b? Vorlage üb
dcr ?^L^esvertcidigung
t »»>„>. i-tvessende Bii»v»«rl>»>
°er b»t^tt^^°eÄetrlguna nun in Krast g
WerdeÜ' Dundesbeschluß kann sosö
Mchsmiulfttt Dr. Gvebbels als Zeuge
Zm Vrvzetz um das Berlmer BaugrubenÄnglM.
Dr. Goebbels alS Zcugc im Baunnglücks-Prozcss.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ist im Prozeff wegen des Einsturzunglücks in der Hermann-Göcing-
Straffe in Berlin Neichsminister Dr. Goebbels als Zeuge geladen worden, den unser Bild bei der
Aussage zeigt. Auf dem Tisch vor dem Mnister das Modell der Baugrube. (Atlantic, K.)
FihrliisWeit M der Biiiiftellc.
„Es wurde verantwortungslos gchandclt!"
Berlin, 11. Iuni. Die Donnerstagverhandlung im
Daugrubenunglücksprozeh stand im Zeichcn
der Vernehmung von Rcichsministcr Dr. Goebbels.
Nach Dr. Gobbels sollen noch Ministerialrat Hanke,
Standartensührer v. Wedel und Major Rettelsky, die sich
seinerzeit in Vegleitung des Ministers befanden, als Zeu-
gen gehört werden.
Die Frage, inwieweit der Stratzenbahn- und
Autobusverkehr durch Crderschütterungen an der
Herbeisührung der Katastrophe mitgewirkt haben könnte,
ist im Verlauf der Zeugenvernehmungen während der letz-
ten Zeit öfter erörtert worden. Mehrere Zeugen hatten
bekundet, datz infolge der starken Crschütterungen
durch den Strahenbahnverkehr ihre Arbeit an der Vau-
stclle sehr erschwert wordcn sei.
Zu Veginn der Vormittagsverhandlung werden einige
Zimmerlcüte als Zeugen vernommcn, dic än der Unglücks-
stelle gearbeitet habeii.
llm 11 llhr traf Minister Dr. Goebbels mit sei-
nen Veglcitern an der Gerichtsstelle ein.
Als erster wurde dann Dr. Goebbels als Zeuge
ausgerufen. Cr erklärte u. a.: „Ich habe an dem frag-
lichen Morgen in meiner Privatwohnung gearbeitct. Vei
mir befanden sich mein persönlicher Referent und mein
Adjutant Standartensührer von Wcdel. Ich hatte schon,
solange diese Vaustelle überhaupt bestand, Gelegenheit ge-
habt, sie im einzelnen zu beobachten.
Ich konnte mich vielsach des Eindrucks nicht erweh-
ren, daß an dicscr Vaustelle mit einer gewiffcn Der-
antwortungslosigkeit gearbcitet wurde.
Ich habe auch bei den verschiedensten Gelegenheiten An-
latz genommcn, dic in Frage kommenden Stellen auf die
nach meiner Ansicht bestehenden Fehler ausmerksam zu
machen. Ich mutzte es absr natürlicherweiss vermeiden,
mich in die Vautätigkeit selbst hincinzumischen, weil ich
damit für diese Vauvorhaben gewiffermaßen eine Ver-
antwortung übernehmcn würde, die ich selbstverständ-
lich nicht tragen konnte. Dcun ich stehe diesen Dingen
nur als Laie gegenübcr und ich wutzte, dah, wcnn ich mich
in dicse Angelegenheiten hincingemischt hätte, und es wäre
dann in der Tat ein Unglück passiert, ich für dieses Un-
glllck mehr oder weniger verantwortlich gemacht würde.
Die die Verantwörtung traqenden Herren hätten sich dann
sehr leicht auf meine Cingrifse beruscn könncn, Ich habe
es deshalb vermieden, unmittelbar in die Fortfüh-
rung dcr Arbciten hineinzurcden, habe aber für mich per-
sönlich und auch meincn Mitarbcitcrn geqenüber immcr
wieder die stärksten Vedenken in Dezug auf die
sachgemäße Durchsührung dieses Vauvorhabens gehabt.
Ich kann mich nicht genau erinnern, ob ich qerade speziell
in dem Fall der StraHenbahn an die vorgesehte Vehörde
telcphonisch herangetrcten bin, weil ich in Bezug auf die-
ses Vauvorhaben einc slnmenge von Telcphongesprächen
mit den Vehörden geführt habe.
Ich brauche nur zu erwähnen, datz in den Zimmern
nieiner Privatwohnung tiesc Cinriffe in dcn Wän-
den festzustellen waren. Als ich mich deshalb wie-
derum an die Vaubehörde wandte, wurde mir ge-
antwortct, das liege in dcr Natur des Vauvor-
habens.
Ich habe sehr oft tagsübcr und abends vom Fenster
aus den Fortgang dieses Vauvorhabens beobachtet, und
ich hatte dabei aüch sehr oft Gelegenheit zu bcobachten,
wie an der gegenüberliegenden Seite die Straßenbahn
nach meinem laienhaften llrteil in einer geradezü ge-
sahrdrohenden Wcise sich sortbewegte. Ich habe
sehr oft beobachtet, datz der gegenüberliegende Voden in
schwerste Crschütterungen geriet, und ich hatte den Cin-
druck, daß die Straßenbahn sich manchmal fast in eincm
Schwcbezustand befand.
Am Abend vor dem Unglückstag bin ich spät abends
mit dem Flugzcug aus München in Bcrlin eingetrossen
und war bis 4 Uhr nachts auf dem Gclünde der Funk-
ausstellung bei dcm Vrand. Am andern Morgen habe
ich meine Arbeit in der Privatwohnung erledigt.
Das Unglück selbst vollzog sich so, datz man im Haus
ein Geräusch vernahm, als ob zwei odcr drei Flug-
zeuge niedrig über dcm Haus hinslogen.
Ich ging ans Fenster und sah, wie an der gegenüber-
liegenden Seite der Voden herunterrutschte
und dcr Kran und ein in det Nähe dcs Krans stehender
Vaum allmählich sich zu senkcn begannen. Ich war mir
im Augenblick nicht über die Größe des Unglücks im kla-
ren und konnte vor allcm nicht annehmen, daß bei diesem
Anglück wahrscheinlich Todesopfer zu beklagen seien, da
ich annahm, datz insolge dcr Mittagspause sich kaum Ar-
beiter in der Grube befanden. Ich schicktc mcinen Adju-
tanten von Wedel hinuntcr in der Annahme, datz es
Rote Strelkumzljge aut Parlser Boulevar-s.
»Pliris ftlft »as Skfüftl kinkS Rcvkliftlvnsbksmns."
Weitm Ansdehnnng d« Slreids
In Paris, in der Provinz und in Uebersee.
Paris, ll. Iuni. Der Streik hat sich <un Don-
nerstag nachmittag in Paris weiterausgebreitet,
und zwar auf die Pelzgeschäfte und Pelzzubereitungssir-
men. Autzerdem ist überraschcnd in den Automobil-
sabriken von Peugeot und in den drei Fabriken von
Hotchkitz, wo die Arbeit im Anschlutz an die Vereinbarun-
gen zwischen Arbeitnehmern und Arbcitgebern vorübcr-
gehend wicdcr ausgenommen war, dcr Streik wieder
aufgeslackert.
In der Provinz hat sich der Streik ebenfalls
weiter ausgedehnt. So stnd beispielsweise die Arbei-
ter der Flugzeugwerke Liorö und Olivier in
Rochesort am Donnerstag morgen in den Streik ge-
treten. Das gleiche gilt auch von der Schwesterfirma der
Peugeot-Werke in Belfort, wo etwa 12 000 Arbetter
die Arbeit niedergelegt und die Vetriebe besetzt haben. In
Dünkirchen ist der Streik ebensalls allgemein.
In den Nachmittagsstunden des Donnerstag wurde auch
die Belieferung mit Strom eingestellt. In Vordeaux
sind die Angestellten der Schiffahrtsgesellschaft Compagnie
des Chargeurs Röuis in den Streik getreten.
Gegcn 18 Uhr zogen unter Sprcchchören etwa 4VVV
Streikende aus dem Gastwirts- und Kasseehaus-
gcwcrbe über die zu dieser Stunde besonders verkehrs-
bclebten Pariser Voulevards. In einem voranfahrcnden
Lastkrastwagen hielten junge Kellner rote Schristbänder,
in dencn die Forderungcn der Angcstellten des Gastwirts-
und Kasfechausgewerbes verzcichnet waren. „Wir wollen
seste Gehälter, Schluß mit den Triiikgcldern!" Diese
Fordcrungcn wurden von den Umzüglern unaufhörlich im
Sprcchchor geschrien. Mit erhobencn Fäusten grüßten die
Streikenden, die die großcn Kaffces und Restaurants be-
seht hielten, dic llmzügler, die mit der Internationale und
ebensalls mit dem kommunistischen Grutz antworteten.
Im Laus des Donnerstag nachmittag veranstalteten
die Streikenden weitcre Amzüge durch die Innen-
stadt, wobei sie rote Fahnen mitsührten und die
Fäuste drohend erhoben. An Stratzenecken hielten unbe-
kannte Redner ausreizende Ansprachen. Ver-
schiedene Rechtsblättcr erklären, datz die Geduld, die
die Regierung bisher gezeigt habe, nicht gleichbedeutend
damit sein dürfe, dah diese Unordnung ein dauernder
3 ustand werde.
Das nationalistische „Ccho de Paris" schreibt, es wolle
laut sagen, was man sich leise zuflüstere, datz nämlich alles
so vor sich gehe, als ob die Sowjetregierung
Frankreichs nahe bevorstände oder mindestens
als ob man es veesuchen wolle. Gewitz sei Frankreich
sür eine derartige Rcgierungssorm nicht reis. Das wiffen
auch die Leiter der Volkssront, aber ein gefährlicher
anarchistischer Zug gehe durch die Arbcitcrklasie.
In dieser Anarchie wollten die Kommunistcn nicht über-
troffen werden, mehr noch, sie seien die einzigen, die
wützten, was sie wollten. Paris habe das Gesühl,
so sagt das Vlatt an anderer Stelle, datz eine Rcvolu -
tion begonnen habe.
Cs macht sich bereits eine Verknappung gewiffer
Lebensmittel bemerkbar. So gibt es z. B. seit iiiehreren
Tagen keinen Würfelzucker, da die Rassinerien streiken.
Alle andercn Lcbcnsmittcl sind trotz strcngstcr polizcilicher
Ueberwachung merklich im Preis gestiegen.
In der chemischen Industrie hat die Streik-
beweaung ebensalls weitere Ausmatze angenommen.
Zn Rouen kann man von einer Art General-
streik sprechcn. Das Leben im Hafcn ist vollkommen
ausgestorben. Die Stratzenbahncn konnte» am Donners-
tag nicht ausfahren, da die Höfc der Vahncn bcscht sind.
Die grotzcn Warenhäuscr habcn ihrcn Angcstellten
bezahlte Ferien gewährt, um zu verhindern, datz die Ge-
schäfte beseht wcrden.
Die Streikwelle hat auch auf die französischen
Aeberseegebiete übergegriffen. Dte Arbeiter der
grotzsn Zuckcrraffinerie von Marokko in Casablanca
sind am Donnerstag in den Streik getreten und haben
die Vetriebe beseht.
Der französische Innemninister Salengro hat sich
in Anbetracht der allgemeinen Lebensmittelverteuerung
veranlatzt gesehen, die Präfekten der französischen Dcpar-
tements aufzufordern, die P r e i s g e st a l t u n g in ihren
Vezirken genauestens zu überwachen und gegebenen-
salls energiscb durchzugreisen.
R»te Ighaeil ia Mich.
Zuspihung der Streiklage in Velgien.
Vrüssel, 12. Iuni. Wie die „Libre Velgique"
meldet, hat der Generalstreik im Lütticher Kohlen-
becken einen eindeutig revolutionären Charak-
ter angenommen. Die Arbeiter hätten aus einer Grube,
die von ihnen beseht worden sei, rote Fahnen gehißt.
Der sozialiftische Vürgermeister von Herstal habe sich
geweigert, Gendarmerie änzusordern, um die Grube zu
räumen. Man befürchte, datz sich die Arbeiter der Me-
tallindustrie der Streikbewcgung anschlicßen werden.
Im Hafen von Antwerpen ruht die Arbeit im-
mer noch vollstündig. In der Diamantindustrie befinden
sich 2000 Arbeitcr im Streik.
Das Vlatt Vandcrvcldcs, „Le Pcuplc", kündigt an,
datz die Aktio n der belgischen Gewerkschaften zugunsten
der lOstündigcn Arbeitswoche, die dürch die Crsolge der
französischen Streikbewegung einen besondcren Austrieb
erfahren hätte, in der nüchstcn Zeit verstärkt wllrde.
Auch in dcr tranzösischen Binnenschiffahrt StreiL
Trotz der Beilegung des Streiks in einzelnen Betriebe«
und Wirtschaftszwelgen geht die Lohnbcwegung in der
französischen Arbeiterschast ungehindert weiter. Täglich
kommen neue Gewerbezweige zu den bestreikten hinzu.
Jetzt sind auch die Binncnschiffer in den Ausstand getreten,
sa datz dcr Schiffsverkohr mit Paris gespcrrt ist. Eine
Tafcl auf dem mit unserem Bilde wiedergegebenen Schiff
zeigt an, daß auch hier gestreikt wird. (Pressephoto, K.)
Illeueste Machrichten
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5 Rpfg. fiir „Kleine Anzeigen", die nicht der Wirtschaftswerbuug
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Millimeterzeile. Nachlässe nach Malstaffel l und II oder
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1936
6viel im Ferne« Ssten.
Ganz China gcgen Iapan?
^iktator von Nanking, Marschall Tschiang-
üd
hat bisher gegen Iapan eine abwar-
?.i>i/.Haltung eingenommcn, obgleich die Iapaner
^üsj ochz „ g ^lcht nur ihre militärische Oberherr-
'do^Ä^r Niesenreich zu treibcn. Die lchte Ctappe
L d-r R,e,enrci ^ .
stampf um dic Scezölle. Dic Seezölle
z?kt d^Obdct worden als Garanticrung für den Zinsen-
chincsischcn Auslandsanlcihen. In dcr lchten
»?' c>e,r, ^^or in Nordchina ein ricsenhaster S ch m u g-
d,» ktch , cn, sodas; die Cinnahmcn aus diesen Zöllcn
W ?"Ecn. Nanking machte dafür Iapan vcrant-
ljstlep ' °as angeblich China in Finanzschwicrigkeitcn
id, um im Trüben zu fischcn, und alich dic eng-
«Ü>, x,/"»rrikanische Regicrung erhobcn in Tokio Cin-
K^"v»»„ tw^ der sapanischen Reqierunq i
Ä""»»'»" von dcr japanischcn Regierung mit der Ve-
k, ,d „„^urückgewicsen wurdc, Iapan trage nicht die
z.'!>tt^" dicsem Zustand, sondcrn China sehbst, dcsscn
d»>, Z Rcrhältniffe und kommunlstischc Bcdrohung
>h, ^s», "Uohr zwängcn, sür Ordnung zu sorgen.
> eir. -an»»«!.-^.- p^hig, obglcich die japanische
N-
«?S-T°"ffkaischek blieb .
> .»n ,n verstärktem Maß vorwarf, nach einer Zeit
)». sich mit Iapan zu verständigen, immer mehr
^ - Mneigt zu habcn, die einen Krieq mit
^"°>!ei ,üv>Erebcn. Dic Lage Tschiangkaischeks ist ohnc
h?dchf^^wicrig, dcm, das japanische Äordringen in
^schcn 7-° ^ordcrung Tokios, China müffe sich dcr
Führung u n t e r st c l l c n, ^cde japanfeind-
hg^rbictcn und die chincsischcn Kommunisten be-
^djtz'c^ot bei den Lhinesen böses Blut gesetzt. Noch
üe von Schanghai nicht vergcffcn, da die
ELhincscn angrissen und nur durch die heldcn-
dh üch g,,ü"üscrung dcr l9. Chincsischcn Armee, die haupt-
Et Südchlncscn bcstand, abgchaltcn wurdcn, sich
Lt'drlz uwncnstadt und dcs gröfften Cinfuhrhafens
mk>ü"'üchtigcn. Seit dieser Zcit ist cin gewiffcr
^Üt, d„1'oben, In Kanton hat dic Rcgicrung immcr
Vl.Vkall^^^'uu^ dic Kuomintang in Nanking untcr
^ die « üchck ihrc Truppcn zurllckgchaltcn hättcn und
^dcy, Etkonescn nublos gcopscrt wordcn wärcn. Zwi-
,, ^oupt dcr Nankingregisrung, Tschiang-
Ra vy„ ?em Gcncral Litschongtschcn, den Komman-
H?>>d so o, Kwangsi, also dcr K a n t o n r e g i c r u n g,
e r'V'" Gcg'cnsatz, dcr in dcr lchtcn Zcit zu einem
v,.I ^ kr i e g der bekannten Art zu führen drohte.
Kantönese forderte ein
aktives Vor-
">iHn I apan mit der Nankingregierung, weil
ü>> cd,.' Zrischer Widcrstand Cbina vor der iava-
, ) scher Widerstand China vor der japa-
",?ie?,chdringung rctten könne.
rerien ivnnc.
kry wtischcn Südchinesen wolltcn also eine Cin-
>-, " t, Allcrdings gab cs in Kanton sclbst zwci
' ?>» um die Obcrhcrrschaft strittcn. Die Mi-
Eehf gegcn die Zivilbehörde, die unter Kaut-
ü"d^ria' obcr 60 führcndc Militärs der Kantonregie-
,Vw>ü»oll "" »ine schncllc Cntschcidung, ihrc Kantung-
>E>ei?Aiek„w'--lrmce war krieqsbcreit und die Nan-
IVeiidWurd» ---
h„? wurde aufgesordcrt, sich zu cntschcidcn. An-
ÜL»->>>in sluch die Zivilrcgicrung in Kanton cine Auf-
Dd'bicscr
Art an Tschiängkaischek nach Nanking ge-
den neuesten Meldungen hat Marschall
V' d>ic'»ot cnergisch die japanischcn Mcldungcn be-
"" sprccho» Vürgerkrieg zwischen Nanking und
^eiÜ! ^ot er nicht gcsagt. Cr hat bekanntgegcben,
d? > > - " N »^tu Lue-Tschin in Kürze die Cnt-
l wslcn werde, und zwar solle die Autzen-
Z>, v das » " " qs unter Mitwirkung des Süd-
Vlv'"Ngkaischek dem Zentralrat
t« , Ulmmuna nnd
d»">?!,^t« r'"wniung, und es ist wohl anzunehmen, daß
^°ll.^"dcnSiwr-gi-rung ' ..
., an dieser Cntscheidung teil-
Daneben gibt es Mcldungen aus japa-
^">eä" r k r, icher Quelle, die allerdinqs behaupten, ein
'k» 1dl-P r 1 e g r.i __
zwischen Nanking und Kanton sei un-
"Nh
..... —.
"cr H uo Tschiangkaischek habe ffch geweigert, Ver-
Z>>e,üi>veis.,?tonregierung zu empfangen.
>1, d°!.°"svn,l?..t >Ü der Südcn Chinas über ozavans
yv.Itlk in eine Stimmuna aer.
übcr Iapans
in eine Stimmung geratcn, die liebcr
gegen die Iapaner vorqehen will, als
jäpanische Ausbreitung hinzuneh-
>>H° d^atriy^j'^chtung in China die Oberhand gewinnt,
U^sscn ,
e Süden
die Nankingregierung mitreifft
im Fernen Ostsn ausslammt, müffen
,">>> s"hren. Iapan hat dcn stärksten Druck aus-
^hq^üdic "hindern, dah sich die Nankingregie-
> "' w!cid„„ "tonregierung einig gcgen es wcnden.
hngen übcr den angeblichcn Vormarsch der
§!i>?p"'du
sjV^">l> "^lbreitet, um die Nankingregicrunq in
die beeinfluffen und die Bürgerkriegs-
ge»,„/. 3apan das Crwünschteste wäre — an
C h ^ "it. Cs recbnet weiter mit der chine-
Ä>-, ^t un g, um N o r d ch in a der j
tschgs„ ,w>n sie verstcht, völlig zu un
p"»cht "stllch, bat es Nanking bcreits in
umNordchina der japanischen
t e r w e r-
Nanking bereits in Verlegen-
dcr'Vwiische Kricgsschifsc und Truppen stehen
„ Formosa, die zu Iapan gchört, be-
"nll den Druck aus Nankinn durck eine
der /^en Druck auf Nankinci durch
chinesischen Provinz Fukien,
i!>d>'°» th Cbi^^ogt, zu verstärkcn
>17 l e ^ " am Cndc scincr (
V' »>-ü,g
cme
die
o-. » ».» Cndc scincr Gcduld? Wcnn eine
Volksbewe
gung in China ausbricht,
^ >du l i ^yO'sch^l.kaum ihr widcrstehcn könncn, Dann
täru^, du»n wird Iapan die chinesische Ab-
s, >>chon Angriffsaktioncn beantworten, und
was wirb, wen dcr Krieg bcginnt.
, , -> E't Schmeiz stW ib.
^oziehnngcn zu Sowjetruhland.
^v»..- 2»ni. Dcr Schweizcrische Nationalrc
V°"»c
i» ied ^ tnittag mit 96 gegen 72 Stimmen g >
mit " o u s n a h m e dcr diplomatischen B
,-» l>ie t"ietrutzland entschieden.
I>ik"» A»k «^ » 3 > ano enl,cyieoen.
L", "c Z>»d ^ ">oh'»e stinimtcn die Sozialdcme
ä' t t »>, "! Ü> >' " ' Ü c " , fcrncr dic unabhängic
iViii-Itrct^ >, tlcr, die Sozialpolitikcr sowic cii
er Iungbauern, der Freiwilligen --
'i?ki^r. und Vau^;üpart7i'
^.sowi,
'arö.'owie Dle kathollsch-konserv.
"te,cy ä»öfftc Tcil der übriqcn bürqe
> ^ehr ' dagcgen.
!>> 7,,/ I> vom Ständerat angenommen.
Dcr schwcizcrische Stcinderat
«>'» '»1,4 wq »»».«ltD ->>-,v>:>»crl,lve coranoerar i
läü >> chr» Z-z 5,'nrttag d,e neue Wehrvorla
ÜVV.^aniit also einstimmig, gutg
'ei, ^aini, F. ! aiio emitlmmig, gutgc
>»d°risch" Nt d,e Vvrlage über diä Vcrstärkur
'L."»^"lsch n 'd' b? Vorlage üb
dcr ?^L^esvertcidigung
t »»>„>. i-tvessende Bii»v»«rl>»>
°er b»t^tt^^°eÄetrlguna nun in Krast g
WerdeÜ' Dundesbeschluß kann sosö
Mchsmiulfttt Dr. Gvebbels als Zeuge
Zm Vrvzetz um das Berlmer BaugrubenÄnglM.
Dr. Goebbels alS Zcugc im Baunnglücks-Prozcss.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ist im Prozeff wegen des Einsturzunglücks in der Hermann-Göcing-
Straffe in Berlin Neichsminister Dr. Goebbels als Zeuge geladen worden, den unser Bild bei der
Aussage zeigt. Auf dem Tisch vor dem Mnister das Modell der Baugrube. (Atlantic, K.)
FihrliisWeit M der Biiiiftellc.
„Es wurde verantwortungslos gchandclt!"
Berlin, 11. Iuni. Die Donnerstagverhandlung im
Daugrubenunglücksprozeh stand im Zeichcn
der Vernehmung von Rcichsministcr Dr. Goebbels.
Nach Dr. Gobbels sollen noch Ministerialrat Hanke,
Standartensührer v. Wedel und Major Rettelsky, die sich
seinerzeit in Vegleitung des Ministers befanden, als Zeu-
gen gehört werden.
Die Frage, inwieweit der Stratzenbahn- und
Autobusverkehr durch Crderschütterungen an der
Herbeisührung der Katastrophe mitgewirkt haben könnte,
ist im Verlauf der Zeugenvernehmungen während der letz-
ten Zeit öfter erörtert worden. Mehrere Zeugen hatten
bekundet, datz infolge der starken Crschütterungen
durch den Strahenbahnverkehr ihre Arbeit an der Vau-
stclle sehr erschwert wordcn sei.
Zu Veginn der Vormittagsverhandlung werden einige
Zimmerlcüte als Zeugen vernommcn, dic än der Unglücks-
stelle gearbeitet habeii.
llm 11 llhr traf Minister Dr. Goebbels mit sei-
nen Veglcitern an der Gerichtsstelle ein.
Als erster wurde dann Dr. Goebbels als Zeuge
ausgerufen. Cr erklärte u. a.: „Ich habe an dem frag-
lichen Morgen in meiner Privatwohnung gearbeitct. Vei
mir befanden sich mein persönlicher Referent und mein
Adjutant Standartensührer von Wcdel. Ich hatte schon,
solange diese Vaustelle überhaupt bestand, Gelegenheit ge-
habt, sie im einzelnen zu beobachten.
Ich konnte mich vielsach des Eindrucks nicht erweh-
ren, daß an dicscr Vaustelle mit einer gewiffcn Der-
antwortungslosigkeit gearbcitet wurde.
Ich habe auch bei den verschiedensten Gelegenheiten An-
latz genommcn, dic in Frage kommenden Stellen auf die
nach meiner Ansicht bestehenden Fehler ausmerksam zu
machen. Ich mutzte es absr natürlicherweiss vermeiden,
mich in die Vautätigkeit selbst hincinzumischen, weil ich
damit für diese Vauvorhaben gewiffermaßen eine Ver-
antwortung übernehmcn würde, die ich selbstverständ-
lich nicht tragen konnte. Dcun ich stehe diesen Dingen
nur als Laie gegenübcr und ich wutzte, dah, wcnn ich mich
in dicse Angelegenheiten hincingemischt hätte, und es wäre
dann in der Tat ein Unglück passiert, ich für dieses Un-
glllck mehr oder weniger verantwortlich gemacht würde.
Die die Verantwörtung traqenden Herren hätten sich dann
sehr leicht auf meine Cingrifse beruscn könncn, Ich habe
es deshalb vermieden, unmittelbar in die Fortfüh-
rung dcr Arbciten hineinzurcden, habe aber für mich per-
sönlich und auch meincn Mitarbcitcrn geqenüber immcr
wieder die stärksten Vedenken in Dezug auf die
sachgemäße Durchsührung dieses Vauvorhabens gehabt.
Ich kann mich nicht genau erinnern, ob ich qerade speziell
in dem Fall der StraHenbahn an die vorgesehte Vehörde
telcphonisch herangetrcten bin, weil ich in Bezug auf die-
ses Vauvorhaben einc slnmenge von Telcphongesprächen
mit den Vehörden geführt habe.
Ich brauche nur zu erwähnen, datz in den Zimmern
nieiner Privatwohnung tiesc Cinriffe in dcn Wän-
den festzustellen waren. Als ich mich deshalb wie-
derum an die Vaubehörde wandte, wurde mir ge-
antwortct, das liege in dcr Natur des Vauvor-
habens.
Ich habe sehr oft tagsübcr und abends vom Fenster
aus den Fortgang dieses Vauvorhabens beobachtet, und
ich hatte dabei aüch sehr oft Gelegenheit zu bcobachten,
wie an der gegenüberliegenden Seite die Straßenbahn
nach meinem laienhaften llrteil in einer geradezü ge-
sahrdrohenden Wcise sich sortbewegte. Ich habe
sehr oft beobachtet, datz der gegenüberliegende Voden in
schwerste Crschütterungen geriet, und ich hatte den Cin-
druck, daß die Straßenbahn sich manchmal fast in eincm
Schwcbezustand befand.
Am Abend vor dem Unglückstag bin ich spät abends
mit dem Flugzcug aus München in Bcrlin eingetrossen
und war bis 4 Uhr nachts auf dem Gclünde der Funk-
ausstellung bei dcm Vrand. Am andern Morgen habe
ich meine Arbeit in der Privatwohnung erledigt.
Das Unglück selbst vollzog sich so, datz man im Haus
ein Geräusch vernahm, als ob zwei odcr drei Flug-
zeuge niedrig über dcm Haus hinslogen.
Ich ging ans Fenster und sah, wie an der gegenüber-
liegenden Seite der Voden herunterrutschte
und dcr Kran und ein in det Nähe dcs Krans stehender
Vaum allmählich sich zu senkcn begannen. Ich war mir
im Augenblick nicht über die Größe des Unglücks im kla-
ren und konnte vor allcm nicht annehmen, daß bei diesem
Anglück wahrscheinlich Todesopfer zu beklagen seien, da
ich annahm, datz insolge dcr Mittagspause sich kaum Ar-
beiter in der Grube befanden. Ich schicktc mcinen Adju-
tanten von Wedel hinuntcr in der Annahme, datz es
Rote Strelkumzljge aut Parlser Boulevar-s.
»Pliris ftlft »as Skfüftl kinkS Rcvkliftlvnsbksmns."
Weitm Ansdehnnng d« Slreids
In Paris, in der Provinz und in Uebersee.
Paris, ll. Iuni. Der Streik hat sich <un Don-
nerstag nachmittag in Paris weiterausgebreitet,
und zwar auf die Pelzgeschäfte und Pelzzubereitungssir-
men. Autzerdem ist überraschcnd in den Automobil-
sabriken von Peugeot und in den drei Fabriken von
Hotchkitz, wo die Arbeit im Anschlutz an die Vereinbarun-
gen zwischen Arbeitnehmern und Arbcitgebern vorübcr-
gehend wicdcr ausgenommen war, dcr Streik wieder
aufgeslackert.
In der Provinz hat sich der Streik ebenfalls
weiter ausgedehnt. So stnd beispielsweise die Arbei-
ter der Flugzeugwerke Liorö und Olivier in
Rochesort am Donnerstag morgen in den Streik ge-
treten. Das gleiche gilt auch von der Schwesterfirma der
Peugeot-Werke in Belfort, wo etwa 12 000 Arbetter
die Arbeit niedergelegt und die Vetriebe besetzt haben. In
Dünkirchen ist der Streik ebensalls allgemein.
In den Nachmittagsstunden des Donnerstag wurde auch
die Belieferung mit Strom eingestellt. In Vordeaux
sind die Angestellten der Schiffahrtsgesellschaft Compagnie
des Chargeurs Röuis in den Streik getreten.
Gegcn 18 Uhr zogen unter Sprcchchören etwa 4VVV
Streikende aus dem Gastwirts- und Kasseehaus-
gcwcrbe über die zu dieser Stunde besonders verkehrs-
bclebten Pariser Voulevards. In einem voranfahrcnden
Lastkrastwagen hielten junge Kellner rote Schristbänder,
in dencn die Forderungcn der Angcstellten des Gastwirts-
und Kasfechausgewerbes verzcichnet waren. „Wir wollen
seste Gehälter, Schluß mit den Triiikgcldern!" Diese
Fordcrungcn wurden von den Umzüglern unaufhörlich im
Sprcchchor geschrien. Mit erhobencn Fäusten grüßten die
Streikenden, die die großcn Kaffces und Restaurants be-
seht hielten, dic llmzügler, die mit der Internationale und
ebensalls mit dem kommunistischen Grutz antworteten.
Im Laus des Donnerstag nachmittag veranstalteten
die Streikenden weitcre Amzüge durch die Innen-
stadt, wobei sie rote Fahnen mitsührten und die
Fäuste drohend erhoben. An Stratzenecken hielten unbe-
kannte Redner ausreizende Ansprachen. Ver-
schiedene Rechtsblättcr erklären, datz die Geduld, die
die Regierung bisher gezeigt habe, nicht gleichbedeutend
damit sein dürfe, dah diese Unordnung ein dauernder
3 ustand werde.
Das nationalistische „Ccho de Paris" schreibt, es wolle
laut sagen, was man sich leise zuflüstere, datz nämlich alles
so vor sich gehe, als ob die Sowjetregierung
Frankreichs nahe bevorstände oder mindestens
als ob man es veesuchen wolle. Gewitz sei Frankreich
sür eine derartige Rcgierungssorm nicht reis. Das wiffen
auch die Leiter der Volkssront, aber ein gefährlicher
anarchistischer Zug gehe durch die Arbcitcrklasie.
In dieser Anarchie wollten die Kommunistcn nicht über-
troffen werden, mehr noch, sie seien die einzigen, die
wützten, was sie wollten. Paris habe das Gesühl,
so sagt das Vlatt an anderer Stelle, datz eine Rcvolu -
tion begonnen habe.
Cs macht sich bereits eine Verknappung gewiffer
Lebensmittel bemerkbar. So gibt es z. B. seit iiiehreren
Tagen keinen Würfelzucker, da die Rassinerien streiken.
Alle andercn Lcbcnsmittcl sind trotz strcngstcr polizcilicher
Ueberwachung merklich im Preis gestiegen.
In der chemischen Industrie hat die Streik-
beweaung ebensalls weitere Ausmatze angenommen.
Zn Rouen kann man von einer Art General-
streik sprechcn. Das Leben im Hafcn ist vollkommen
ausgestorben. Die Stratzenbahncn konnte» am Donners-
tag nicht ausfahren, da die Höfc der Vahncn bcscht sind.
Die grotzcn Warenhäuscr habcn ihrcn Angcstellten
bezahlte Ferien gewährt, um zu verhindern, datz die Ge-
schäfte beseht wcrden.
Die Streikwelle hat auch auf die französischen
Aeberseegebiete übergegriffen. Dte Arbeiter der
grotzsn Zuckcrraffinerie von Marokko in Casablanca
sind am Donnerstag in den Streik getreten und haben
die Vetriebe beseht.
Der französische Innemninister Salengro hat sich
in Anbetracht der allgemeinen Lebensmittelverteuerung
veranlatzt gesehen, die Präfekten der französischen Dcpar-
tements aufzufordern, die P r e i s g e st a l t u n g in ihren
Vezirken genauestens zu überwachen und gegebenen-
salls energiscb durchzugreisen.
R»te Ighaeil ia Mich.
Zuspihung der Streiklage in Velgien.
Vrüssel, 12. Iuni. Wie die „Libre Velgique"
meldet, hat der Generalstreik im Lütticher Kohlen-
becken einen eindeutig revolutionären Charak-
ter angenommen. Die Arbeiter hätten aus einer Grube,
die von ihnen beseht worden sei, rote Fahnen gehißt.
Der sozialiftische Vürgermeister von Herstal habe sich
geweigert, Gendarmerie änzusordern, um die Grube zu
räumen. Man befürchte, datz sich die Arbeiter der Me-
tallindustrie der Streikbewcgung anschlicßen werden.
Im Hafen von Antwerpen ruht die Arbeit im-
mer noch vollstündig. In der Diamantindustrie befinden
sich 2000 Arbeitcr im Streik.
Das Vlatt Vandcrvcldcs, „Le Pcuplc", kündigt an,
datz die Aktio n der belgischen Gewerkschaften zugunsten
der lOstündigcn Arbeitswoche, die dürch die Crsolge der
französischen Streikbewegung einen besondcren Austrieb
erfahren hätte, in der nüchstcn Zeit verstärkt wllrde.
Auch in dcr tranzösischen Binnenschiffahrt StreiL
Trotz der Beilegung des Streiks in einzelnen Betriebe«
und Wirtschaftszwelgen geht die Lohnbcwegung in der
französischen Arbeiterschast ungehindert weiter. Täglich
kommen neue Gewerbezweige zu den bestreikten hinzu.
Jetzt sind auch die Binncnschiffer in den Ausstand getreten,
sa datz dcr Schiffsverkohr mit Paris gespcrrt ist. Eine
Tafcl auf dem mit unserem Bilde wiedergegebenen Schiff
zeigt an, daß auch hier gestreikt wird. (Pressephoto, K.)