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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Januar bis Juni)

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Heidelberger

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147

Drucl unv Äerlag von Frrevrich Schulze in Heidelbera.
Schristleitunc,: Hauvtstraße 23 ssernsvrecher-I.-A, 7351—53.

Freitag, 26. Iuni

Hauvtgeschästsstelle Hauptstraße 23, Fernjprecher-S.-A. 7351—53. <

Zweigstelle: Hasvelgaste 1. L

Ser Weg zm» Riedeil.

Neue Außenpolitik.

In London und Paris hat es gleichzeitig wich-
,8e politische Veschlüssc in den Pärlamenten gege-
eims Verhandlungen vor allem, die, wie es scheint, von
llrb ^ gctragen sind, bei dem sich in Curopa wohl
s, °eiten lätzt. Cine Politik, die ausrichtig die Vefrie-
üUä" ^ ""ä die Sicherheit Curopas will, seht vor-
die Auffasiung der andcren Seite aus den gege-
^ncn Vcrhältniffcn heraus geachtct und gcwertct wird.
dbt"" wir uns daran erinnern, datz es vor zwei Iahren
„ der Regierung Doumergue-Varthou in Frankreich
i-zl.^öglich niar irgendein Verständnis für die
sg^nale und soziale Wiedergeburt Deutsch-
so »ds unter der Führung Adols Hitlers zu finden,
dj'ä der Fortschritt unverkennbar, der darin liegt, dah
^gwrung der Volksfront in Frankreich dcn Frie-
^."swillcn des ncuen Deutschlands ancrkennt.
^ai-k die Politik des neucn Deutschlands verstchen will,
Igzs nicht vom 16. März 19Z5, ebcnsowenig vom 7. März
rcdcn, dcnn dic Crcignisie, dic sich an dicscn ge-
jgAtlichcn Tagcn vollzogcn, warcn und sind nicht Ur-
effck ^ndern Wirkunsi. Was vorausging, was
kiim ^esen und Formcn jener Politik Frankrcichs be-
i^nnrte, dje yje Markc Versailles trägt, war die
H rweigcrung der Glcichberechtigung
s,^u t s ch l a n d s, war die Verwcigerung jeder Äbrü-
!itz suührcnd von Deutschland gesordcrt wurde, es müffe
tz/ Mit dcr Cntwaffnung unter den hochgcrüstetcn
tz"8ern abfinden. Politikcr wie Poincärst und
ex^thou waren ofsenbar unfähig, zu sehen und zu
jej.unen, daß die politische Cntwickluüg der Nachkriegs-
gerade unter Cinwirkung der Versailler Vcrtrüge
hxÄ ö " n dere Fragen und machtpolitische Gegensätze

^Mbeschworen hatte, als dcn vermeintlichen Gegensah
Deutschland und Frankreich. In dem Streitjall
hpU^en Italicn und Abcssinicn hat sich gezeigt, daß nicht
>Nj. dcrs Mittelmeer, datz auch der Nahe Osten
dxl, e g en s ä h en angcfüllt ist, die zur Cntscheidung
jt, 'llin. Das braucht nicht uiibedingt mit Wasscngewalt
"dcr ein grohcs Volk, wie es das deutsche
siffe ^nn die Verantivortung nicht auf sich nchmcn,
I p ^ 'uöglichcn Cntschcidung entwafsnet und w e h r-
!i>y, äuzuschcn. Wcnn das gcschieht, kann cs leicht dahin
dj^"Uen, datz das wafscnlose und werlose Land schlietzlich
dp^^echc bezahlcn mutz, zumal dann, wenn es ringsum
Z^j uuchgcrüstetcn Völkern umgcbcn ist. Cs ist auch kein
Ii, sondcrn inncre und äutzerc Folgerichtigkeit, wcnn
sicr^e „Zeit, in der der sranzösischen Kammcr der Mini-

Ii, 8^' sundcrn inncre und äutzerc Folgcrichtigkeit, wcnn
si^°ee Zeit, in der der sranzösischen Kammer der Mini-
die u,usidcnt Vlum und dcr Autzcnminister Delbos
dptz f r i ch r ig k e i t der Friedenspolitik dcs Führers
Lchskanzlcrs ancrkennen, der cnglischc Mmisterprä-
i>ir. u l d w i n die Notwcndigkcit 'untcrstich, daß, wcr
dljjsä^icdcn und Sichcrheit eintrcte, auch darauf bestehen
i>i w-' ^ die Sicherung dieses Fricdcns gcrüstet
r>- Sowcit es hcute Gefahrenherde in Cu-
u u gibt, licgen sie nicht zwischcn Dcutschland und
Zw'urcich, sandcrn übcrall da, wo cs dcr Kommunistischen
Hrj^uutionalc und Moskau möglich ist, nicht nur den
allcr gegcn allc, sondcrn äuch die bolschewistische
pslugung Curopas untcriridisch vorzubcreitcn.

>d^ D,cr Staatsmann, der heute die Verant-
- ng für das Schichal eines großen Volkcs trägt,
3ie, ,u>cht immer und sofort allc Äeweggründe für däs
lick, cäjncr Politik mitteilen. In Cngland ist die össent-
t e x Ärinung zurzeit darauf eingestcllt, daß das System
dh >2 t r a f m a tz n a h m c n gcgcn ein bcstimmtcs Land,
im Namcn dcs Völkcrbundcs zum Frieden zu
dzh-lcn, völlig vcrsagt hat._Cs ist ohnc wcitcres klar,

l>e^">cht nur die ösfentlichc Mcinung in Cngland, son-
ieist uuch die verantwortlichen Staatsmänner nach Mit-
key qchnd Wegen suchen, um in Zukunst Ricdcrlagen die-
verhindern. Cine grotze englische Zeitüng seht
^er x?under, daß der Z u s a m m c n b r u ch dcr Politik
Ähl?irafmaßnahmen in der .Hauptsache auf den deutsch-
: cn Gegensatz zurückzusührcn sei. Das ist ein
dichj sragwürdiger Vchcls, dcnn es kommt ja schliehlich
N"l den Gcgensah selbst an, sondern darauf, warum
>!>,>> vdeshalb ein solcher Gegensah vorhanden ist, warum
"'Eshalb es nicht möglich ist, um ihn völlig auszuräu-
^cse englische Ministcrprüsident Valdwin sieht
>ve(,.,Möglichkeit gegeben, denn sein Hinweis auf die Not-
il>w°Äreit, eine Verständigung zwischen Deutsch-
^isl' 8 und Frankreich herbeizuführen, ist auch das

°ies. ^?r Politik des neuen Deutschland. Mer gerade
°ie n-- ^^sindigung war und ist sehr schwer durch
^vpas Moskaus in den Wiederaufbau

Kw^vskau hat diese gcfährliche Cinstellung der Politik

die gegen Deutschländ richtete,

und mißbraucht, um zunächst in den Völkcr-
Lu gclangen, um dann von dieser Grundlage aus
>>>„«, ^vlitik vorwürtszutreiben, die zum Krieg führen
Kbtzj's- Iu Sachen des Streitsalles zwischen Italien und
i»ejUUucn war Moskau der Scharfmachsr, war der Ver-
>>ichj der Räteregierung der Politiker, der gegen Italien
ichj, Uur papierne Veschlüffe, sondern Schisfsge-

^icr, io- ^insehen wollte. Allerdings nicht dic Gcschühc
s uichcr Krieasschiffc, sondcrn die Gcschühc englischer
^S g'ruuzösischer Kriegsschiffe, um so den Krieg allcr
Teh" u a l l e im Mittelmeer und Curopa zu erzwingen.
^hen ^uhrschcinlich dicncn auch die kommunistischcn Än-
^>>d Belgien und Frankreich, in Spanien
^"'dasrika.-

"tl

Mx,'- " - vci, e , ra dazu, um die eine oder andcre Re-
Ä i, il zu veranlaffcn, sich auhenpolitisch mit Gcwalt eine
dv, jastung zu verschafsen. Nur einc neue A u ß c n-
ürdr-I^- dw bewutzt und über

. ^..^rlcgt dic Vcrsaillcr Taseln

sr weniqstens die Tafcln, auf denen dic Versail-
j>>is"^uotL geschriebcn sind, kann das Dcrnichtungswcrk
^r' ucucn Kricgcs u»d dcs Volichcwismus verhin-
Eiis. uiar die rütcrussische Formel von dcr Un-
^ad eit dcs Friedcns, also eine Formel, die
Moskau srühcr immer bekämvst hatte, dic
uicst» "Us dazu beitrug, die politiichen Gcgensähe in
j»s,,^uropa zu verschärfen. Diese Formcl war iq

um jede Verständiguna zwilchen Deutsch-

_ _____ ____.... __

I x, Und Frqnkreich^ ,zu verhindcrn. Die ilntcilbar-
Friedcns ist in ihrem Wesen nichts onderes als
NkD^vUieiijxriin^ der Gleichberechtigung
k^cn ^chland, eiüe Aussaffuna, dic heute von dcr ösicnt-
N ^"-iuima in Cngland allgemcin gctcilt wird. Das
Fvij-i Unmittclbarc Crsolg dcr zähcn und unb^irrbarcn
.-rijg. ' des Fübrcrs und Rcichskanilers, die sich durch
sj. z,agc und Oucrzüoe nicht bceinsluffcn lükit, sondcrn
jhrij^aau Fricden und die Sichcrheit Curopas
^öcr, aufrichtia will, mit der ihr eiaenen Krast der
>augung schlictzlich das Ziel errcicht.

Klcine Meldunacn

polnische Scnat hat am Mittwoch nach schr
S-k .vahntc - ' '

H'-vutcr Aussprachc das ncue Vollmachts
v für den Staatspräsidcnten angcnommcn.

Der sranzösische Rüstunqsindustriclle Eugene
kg„^'.^veuzot wurde an dcr tcchnischen Hochschule
3 lLierlich zum Lhrendoktor promoviert.

Ätalien wekrt M gegen Elnkrelsnng.

Nm die Volitik des Gleichgewichts im Mittelmeer.

„Behmliche MtteMUermz."

Römische Anklagcn gcgen England.

Rom, 26. Iuni. Daß die durch den Abessinien-
konflikt hervorgerufcnen Gegensähe zwischen
Cngland undItalien troh des englischen Nach-
gebens in der Sanktionsfrage noch immcr nicht gänzlich
beigclegt sind, bcwcist cine im Ton überraschend scharfc
Polemik des halbamtlichen „Giornale d'Italia" ge-
gen die Londoncr „Timcs".

In einem Aussah gegen die „Times", die von den
„V e l ä st i g u n g e n einer ehrgeizigen Nation
im Mittelmeer" gesprochen hatte, erklärt das halbamt-
liche „Giornale d'Italia" nochmals mit Nachdruck, datz
von einer italienischen Drohung im Mittel-
meer nicht gesprochen werden könne.

Wohl aber könne man davon sprechen, datz Ita-
lien und die übrigcn Mittelmeerstaaten bereits
in einem Dauerzustand der Vedrohung
lebten, seitdem England sich aus Malta, Ly-
pern, in Aegypten, im Sudan und später in Palä-
stina sestgeseht und seitdem Frankreich scir
Kolonialreich bis tics hinein ins Innere Asrikas
erwcitcrt habe.

Gegenüber diescn Tatsachen wäre noch zu beweisen,
wo und warum von einer besondcren Belästigunq
des Mittelmeergebietes durch Italien gesprochen werden
könne. Auch sei durchaus nicht gesagt, datz Italiens
Wehrkraft im Mittelmeer gegen Cngland oder ge-
gcn irgend einen anderen Mittelmeerstaat eingeseht
werde. Das Blatt crinnert in diesem Zusammenhang
an die Crklärungen M » ssolinis an dcn „Daily
Telegraph" und an seine Vereinbarunqen mit Grie-
chenland und der Türkei, durch die ein jahrhun-
dertalter Konfliktherd, der von Cngland immer
ossen gehalten worden sei, ausgeräumt werde. Wei-
tere Klarstellungen scien sür die »ächstcn Tage zu crwar-
ten. Im Gcgcnsah zu den Crklärungcn Hoares, wo-
nach die cnglisch« Flottcnkonzsntration im Mittelmeer
die Ausdchnung dcs italienisch-abeffinischcn Konflikts
verhindert habe, sei in Wirklichkeit dieser Kolonialkrieg
durch Italien lokalisicrt worden, das wcdcr einen
europäischen Konslikt noch eine radikale Aenderung im
Mittelmcer wollte.

Wenn man also von einer neucn Vedrohung im

Diese Gruppe sei bestrebt, die wirtschaftliche De-
lagerung der Sanktionen in dcr Form einer be-
harrlichen Flottenbclagerung mit
Hilse einer Einkreisungskoalition zu ver-
längern.

Ciner derart feindseligen Politik antworte
Italien mit sciner unausgcsehten militärischen
Vorbereitung zu Waffer, zu Lande und in der
Luft, aber auch mit seinem entschicdencn Willen, kei-
nen Konslikt zu provozieren, ja sogar eine klarere
Mittelmeerverständigung herbeizuführen. Cine
solche Verständigung sollte jedem die gebührenden Ga-

MkeMlitischc Aiisszrache im öei«t.

Dertrauenserklärung sür die Ncgierung.

Paris, 25. Iuni. Im Senat begann am Donners-
tag nachmittag die a u tz e n p o l i t i s ch e Aussprache.

Zuerst befatzte sich der unabhängige rechtsstehende
Senator Graf Vlois mit dcr Frage dcr Sühne-
maßnahmcn. Cr erklärtc, die Rcgicrung hätte cinc
schncllcre Cntscheidung trcfscn müsicn, änstatt die Haltung
Cnglands abzuwarten. Die sranzösisch-italienischc Zusam-
menarbeit im Kricgssall sei unumgänglich.

Der Vorsihendc des Auswärtigcn Senatsausschuffcs
Henri Bsrcnger begrüßte es, däß die Regierung der
Armee ihre bcsondere Äufmcrksamkcit schcnkcn wollc. Dic
Aufhebung der Sühnematznahmen gegen Italien köniie nut
cine erste Ctappe darstellen.

Andererseits rechne die Regicrung mit der Mög-
lichkeit einer dcutsch.französischen Verständigung.
Er persönlich warte schon seit langem daraus, da
dies für den europäischcn Fricden unerlätzlich sei.

Nach einer kurzen Pause erschien auch Ministcrpräsi-
dent Leon Vlum. Cr hatte Gelcgenhcit, auf einige
Acußcrungcn cines Dcbattcrcdners zu äntwortcn, dcr vön
dcutschen Oberhoheitsbcstrebungen sprach und sorderte,
datz keine Verhandlungcn mit Vcrlin gesührt wcrden.

Leon.Vlum erklärte, datz er nicht gewillt sei, die
Regierung m einen Meinungsstreit hincinzuziehen oder
eine GegenüberstclluNg vergangener und gegcnwärtiger

rantien gewährleisten, inbegriffen dieFreiheit der
Schiffahrt durch alle Meerengen. Sie müffe aber
von Voraussehungen ausgehen und Ziele verfolgen, die
grundverschieden von den in der Sanktionszeit
entstandenen Flottenabmachungen seien."

Solange eine ehrliche Verständigung nicht er-
reicht sei, werde im Mittelmeer ein Zustand des
fehlenden Gleichgewichts und der Feind-
seligkeit bestehen bleiben, der jede Abwehr Ita-
liens rechtsertige und allen anderen Mittelmeer-
staaten, ausgenommen Spanien, zur Last gelegt werden
mützte.

Ausfaffungen zuzulaffen. Cr weigere sich auch„ Grab-
rcdcn zu halten, wie z. B. die von der totcn kollcktiven
Sichcrheit.

Frankrcich wolle nicht aus die gegenseitige Änter-

stützung verzichten.

Auch Autzenministcr Delbos wics daraus hin, daß
die Regicrung nach kollektivcr Sicherheit strebe.
Aus D'e u t s ch l a n d übergehend erklärte er, zwischen
Frankreich und dem Rhein gebe es seit dem 7. März eine
ernste Meinungsverschiedenheit, die sich noch durch die
„intensive Ausrüstung Deutschlands, die aber niemanden
bedrohe", verschlimmert habe. Der von Deutschland be-
gangcnc Fchlcr (?), dcr viese Meinungsverschicdnhcitcn
hcräufbeschworen habe, sei um so schlimmer, als es zwi-
schen den Auffaffungen der beiden Länder nichts unver-
einbares gebe. Reichskanzler Hitler habe bctont, datz
cr keineterrit^rialen Forderungen mchr zu
stcllen habs, und keincs der bcidcn Länder würde sich zum
Richter des Regimes des Andern auswerfen. Frankreich
könne aber nicht den Grundl'atz annehmcn, wonach der
gegenseitige Beistand nur für gewiffe Gcbiete geltcn solle.
Man müsse zur Feststcllung kommen, datz eine Kcbcrcin-
stimmung der Aufsasiungcn insbesondere auch hinsichtlich
der Achtung vor der Unäbhängigkeit derStaa-
ten möglich sei.

Der Senat nahm anschließend mit 185 gegcn 58 Stim-
mcn eine radikalsozialiftische Vertrauenserklä-
rung sür die Regierung an.

Das PwblkM StiiMlM-Miikttiai.

N»r Btiiun »er SeM Zamns.

Mittelmeer sprechen wolle, so müffe man sie in den
neuen Tatsachen suchen, die aus die Initiative
Englands in unmittelbarer Zusammenarbeit mit
Frankreich entstanden seien,

d. h. in den neuen Flottenabmachungen Eng-
lands mit Frankrcich, Iugoslawien, Gricchenland und dcr
Türkci, die einen ausschließlichen und klar seindseli-
gen Eharakter gegen Italien trügen, der sich
nach dem Zusammenbruch der Sanktionen nur noch deut-
licher zeigcn werde.

Diese Abmachungen widersprächen überdies
dem Vuchstabcn und dem Geist der von Italien mit Grie-
chenland und der Türkei und dann auch mit Frankreich
getroffenen Vereinbarungen, die unter Wahrung der
gegenseitigen Stellung dem Gleichge-
wicht und dem Frieden im Mittelmeer dienen
sollten.

Diese neuen Tatsachen, wie auch die neue engli-
sche Flottenpolitik, die ihre Kräfte im Mit-
telmeer verstärke und in rascher Folge neue Flot-
tenstühpunkte im Mittelmeer bauen wolle,
bilden, wie das halbamtliche Blatt zum Schlutz feststellt,
eine einschneidende Aenderung des Systems der Mit-
telmeerkräfte und zwar ausschlietzlich zum Schaden
Italiens. Man müffe also die Formel der „Times"
umkehren und von einem lcbcnswichtigcn Mittclmeer-
Intereffe Italiens sprcchen. Denn Italien fordcre
einRecht auf Freizügigkeit, das heute von
einer gegnerischen Gruppe ehrgeiziger Mächte verge-
waltigt wcrde.

Adreise des Negiis mch 8e»s.

Cr sordert Gerechtigkeit sür Abessinien.

London, 25. Iuni. Der Negus verlietz am Don-
nerstag nachmittag mit der Bahn London, um sich nach
Genf zu begeben.

Zur Abreise des Negus hatte sich eine grotze Men-
schenmenge eingefunden. Haile Selassie erklärte, er
wolle sich in Gens ernstlich bsmühen, vor den dort ver-
sammelten Nationen die Gerechtigkeit zu sordern,
die das abessinische Volk als sein Recht beanspruche.

Die Londoner abessinische Gesandtschast verössentlichte
eine Verlautbarung über die llnterredung zwischcn dem
Negus und Autzenminister Cden am vergangenen
Dienstag. Darin heißt es u. a.: „Das Crgebnis der
Aussprache war die Versicherung, datz Grohbritannien die
Völkerbundssahungen beachten und die A n-
nektierung Abessiniens durch Italicn nicht
anerkennen wird. Csanerkennt vielmchr auch
weiterhin das alte Abessinien. Der Kaiser
brachte seinc Cnttäuschung übcr den Bcschlutz der bri-
tischcn Regierung, die Sühncmaßnahmen aufzuhcben, zum
Ausdruck, und kündigte Cden seine Absicht an, vor dem
Völkerbund kräftig gegen die Aushcbung der
Sanktioncn zu p r o t e st i c r c n. Dcr Kaiscr wird

die Anwendung aller Maßnahmen sordcrn, oie in den
Sahungen vorgesehen sind, und die er als die einzige
Sicherheitsgarantie sür große und kleine Staaten, sowie
sür den Weltfrieden betrachtet."

»

Eden in Paris.

Paris, 25. Iuni. Der englische Autzenminister
Cden reiste am Donnerstag nachmittag von London
mit dem Flugzeug nach Paris ab. Dort angckommen,
begab er sich gleich in die englische Votschast, 'wo er an
cinem vom englischen Votschaftcr veranstaltctcn Cffcn zu-
sammen mit dem französischen Ministerpäsidenten Vlum
und dem Außenminister Delbos teilnahm.

Eden, Delbos und der Negus im gleichen Zug.

Paris, 26. Iuni. (Cig. Funkmeldunq.) Der franzö-
sische Außcnminister Delbos hat am Donnerstag kurz
nach 23 Uhr mit seinen engsten Mitarbeitern mi't dem
sahrplanmätzigen Schnellzug dieReisenach G cns an-
getrcten.

Im aleichcn Zug fuhr auch dcr englischc Außcniiiini-
ster Cden und der Negus, dcm mit seincm Gcsolge
cin Sondcrwagcn zur Vcrfügung gcstcllt wordcn war.

*

Auch die Neutralen sür Aufhebung der Sanktionen.

Gcns, 25. Iuni. Dic Vcrtrctcr der sogcnanntcn ncu-
tralen Staatcn, Dr. Munch (Dänemark), Westman
(Schwcden), Mascng (Norwegn), Hackzcll (Finnland),
de Graess (Holland), Madariagä (Spanien) und Vundes-
rat Motta (Schwciz), hieltcn am Donnerstag abend unter
dcm Vorsih des dänischcn Autzcnministers eine vcrtrauliche
Z u s a m m e n k u n ft ab, um am Vorabend des Zusam-
mentritts des Völkcrbundsrates und der Völkcrbunds-
vcrsammlung cincn Gcdankcnaustausch über dcn gegen-
wärtigen Stand des italienisch-abessinischcn Konfiktes
zu pflegcn.

Wic man am Schlutz dieser Bcsprechung ersuhr,
warcn alle Konscrcnztcilnehmcr der Auffaffung, daß die
Sanktionen gegenüber Italien ausgehoben wer-
den mützten.

Mia aiiil Eatscheidaagea aasiaeichea.

Verschiebung aller wichtigcn Fragen aus die September-
tagung.

Paris, 26. Iuni. (Cig. Funkmcldung.) Während
noch vor einigen Tagen die bevorstehende Genfer
Sihung von der Pariser Prcffs mit einem gewissen
Optimismus erwartct wurde, schcint die Stimmung am
hcutigen Freitag nach Fühlungnahme des Ministerpräsi-
dcntcn Vlum und dcs Äutzcnministers Delbos mit
dem englischen Autzenminister Cden ein wcnig abge-
flaut zu sein.

Dic Autzenpolitikcrin dcs „Ocuvre" meint, datz die
Besprechungen hinter den Kuliffcn den Cindruck erweckt
hättcn, als wcnn Cngland augenblicklich nicht ge-
willt sei, in den wichtigen politischcn Fragcn cine Cm t-
scheidung zu tresscn. Dcr Genfer Rat wcrde seine
Täticjkeit am Freitag damit beginncn, die gesamte abes-
sinische A n g e l e g e n h c i t aus die Vollsihung zu
vertagen. Durch das Äusbleiben dcr deutschen Ant-
wort auf den englischcn Fragebogen, könne auch die Lo -
carno-Frage nicht in der Weise erörtert wcrden, wie
man das erwartet habe. Die Frage der Aufhebung
der Sanktionsn gegen Italien könne weder vom

Abschied von Ltaatssekrctär Vülow.

In der Kaiser-Wilhclm-Gcdächtniskirchc zu Dcrlin jand die Traucrscicr für dcn vcrstorbcncn Staatssckrctär im
Autzenministerium v. Bülow statt. Der Führer und Reichsautzenminister v. Neurath erwiesen ihrem Mit-
arbeiter die lehte Chre. (Preffe-Photo, K.)
 
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