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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Januar bis Juni)

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Aeidelberger

Reueste Nacdrichien

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^r. 133

Druck unv Lerlaa von Friebrich Schulzem Heidelbera.
Schristleitunc,: Hauvtltraße 23 ssernsvrecher-S.-A. 7351—53.

Mittwoch, 10. Iuni

Hauvtgelchäftsstelle Hauptstraße 23, Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Zweigstelle: Halvelgasie 1.

1936

'EiliibcrW" m laiiseiiden Band.

Von unserem Berichterstaiter.

(L. 8.) Moskau, den 3. Iuni 1936.

h.^vch keine drei Monate waren seit der lehten „R e i-
IchLung" (russisch: Tschistka) der sowjetrussischen bol-
Dartei verqangcn, die den harmlosen
>.^°n - " -

„Kontrolle (Prowerka) der Partei-Dokumente"

als eine neue Aktion zur Ucberpüfung und
leu^ng der Mitglicder der Partci vom Siapcl gelas-
wurde. Diese tragt dicsmal dcn noch harmlosercn
^i ^n „Umtausch der Parteidokumente".
sch, ^.Prowerka" war Cnde dcs vorigen Iahres abge-
Äc , worden, mit dem Crgebnis, datz sast jedcs zchnte
M-Ä?ed und sast jedes neunte der sogenannicn „Kandi-
» . d. h. der Parteianwärter (WKP) aus den


h>s'?°n der bolschewistischcn Partei ausgeschlosscn
Vezeichnenderweise war der Anteil der Ausge-
tz^sicncn in viclen sogcnannten „Autonomen Nationalen
k,sÄ"en" und Republiken der Union, wie z. V. im Kau-
^und in Sowjetmittelasicn, noch beträchtlich höher.
jetz, ^ehnlich wie die „Prowerka" des Vorjahres verläuft
sog nuch dcr scit Anfang des Iahres im Gang befindliche
hiMannte „Umtausch der Parteidokumente". Die Presse
„tzb wicdcrum von zahlreichen Fällen zu bcrichten, wo

itsm sst4i ^»iis

hh.V°nc", „Kk^ffcnseinde", „Trotzkisten" usw., die sich auf
bz.pnkmähige Weise in den Besih des Partcibuchcs ge-
lhj^t hattcn, „enilarvi" wurden. In ähnlicher Form,
gleichfalls im Vorjahr gcschehen ist, nimmt die
uer Zentrale wiederum die Gelegenhcit wahr, der

i. .7.-. ._^_

h>Ä/°ibürokratie dcr Provinz, wo sie sich übcreisrig und
,tzch zu milde zeigt, ihre Allmacht fühlen zu lassen.
°crs klar zeigen sich dicse Tendenzen in einer Vcr-
„iib^ung des Zentralkomitees der WKP vom 24. Mai
dcn Verlaus des Umtausches der Partcidokumcnte".
wird z. B. der Aebcreifer des Gebieiskomitees von
E°lisck ^°tzhcr Nischni Nowgorod) cserügt, das den Um-
üh^" der Partcibücher in einer cigenmächtigen Verfü-
mr die verantwortlichen Funktionäre einigcr Wirt-
«h^Pswcige yon der „Crsüllung des Plancs" abhängig
tzh^ ' Diese Praxis, so wird im Veschluß des Zen-
üeh.°uutces festgcstellt, „cntstclle den Sinn des Vor-
Hhh u^ für den lkmtausch der Parteidokumcnte". Auf der
»hx.°°u Seite aber wcrden auch andcre Provinzfunktio-
teß>vldes Nordkaukasischen und des Mrttelwolga-Gcbie-
»ii^ wegcn „formal-bürokratischen" Vcrhaltcns 'zurechlge-
>v^u, dg si<, die „passiven Genoffen", die ausgcschlosscn
ihch. °u sollten, nur nach dcn Listcn, ohnc nähere Untcr-
°cr Ug, scstgestcllt hättcn. Solche Methoden brandmarkt
»hx^klatz hcs Zentralkomitees als „unbolschcwistisch,
»tls.Ust and verantwortungslos". Sämtlichen Partei-
Ä-utionen wird zur Pflicht gemacht, den „Amtausch
rtcidokumente" auf das gewiffenhastcste durchzu-
und über die Crgebnisse an ihre vorgesehte
ähtzelle gcnauestens zu berichten.
x»Ud?^ Frage: wozu diese „Tschistka" am laufenden
' licgt 'nahe. Die Angst der Parteizcntrale vor
Äsi^Cuidringcn fremdcr Clemente" in die Reihcn dcr
Seshi tzl gewih ein starkcs Motiv sür diesc fortgesehten
vcioÄ^ugsaktioncn, wen auch nicht das einzige. Wie
Äcr Uuugsaktioncn, wenn auch nicht das einzige. Wie
tzg. wlchen „Tschistka" verbundene Kontrolle der
?»gc-.P ibürokraiie der Provinz selbst ist, zeigt die
c'hktc Verordnung wiedcrum übcraus dcutlich. Cs
?Pp„tz°9entzber der häusigen Willkür des lokalcn Partei-
°Sk ?tcs, hgg Vewutztsein nicht vcrsiegen, daß in Gestalt
»cht^Utrale sozusagcn eine „höhcre Gerechiigkeit" be-
jederzeit strafcnd oder schonend eingreisen kann.
i diesjährige Reimgungsaktion dürfie außerdem
oikksiw einem besondcren Zusammenhang stehcn. Die
!»sstz> angekündigte „Resorm der Sowjetver-
!tz»z ,U g" jst bckanntlich in dicsem Iahr oder späte-
°°hh^U Anfang des nächsten fällig. Die absoluteste und
7°r Unumschränkte Diktatur einer Handvoll Män-
bÄ'Äm- ^us Riescnreich der Sowjetunion mit seincr
^stc^'uionen-Vevölkerung bereitet sich darauf vor, ihren
^vhsii^Väischen Vundesgenoffen und jedem, der daran
bjdu will, das Schattenspiel einer „Demokratisierung"
3tz es für den wirklichen Sinn dieser zu er

i?^cyÄ^u Farce nicht höchst bezeichnend, datz diese
'ttez ^watisierung" mit einer neuerlichen Säuberung
d« die »5^wpparates eingeleitet wird? Vekanntlich sind
i°» ^ ^arteiorganisationcn, die die „Kandidaturen" zu
-°sssi.r, Ubcrdies völlig belanglosen — Sowjetvertretungen
z »ch ' Damit nicht etwa „staatsfeindliche Clemente
^»tkg.unzuverlässige Apparatleute in die örtlichen und
A» kjiA.Sowjetsworgeschobcn werdcn können, damit bei
Ä'ttgen „freien" Wahlcn und Abstimmungen auch
ka u-ebr .Ueringstcn Acberaschungcn eintrcten, bcdarf es
abermaligen Ucbcrprüfung des Parteiappa-
Dieg ist der Sinn der gcgenwärtigen „Tschistka".

„ ^ Kleine Meldungen.

»?- sUx ungarische Ministerpräsidcnt Gömbös. der
tgtzhrilt Pholung in eincm Sanatorium am Plattensee
citzÄtz gesundhcitlich wicder hergcstellt. Am Dicns-
b^Nk g tzlwg er den Vesuch des Kulturmiuisters Dr.
"chtcjc' ^er ihm eingehend über seine Vcrliner Reise

^»Ihg.^'.u englischcn Anterhaus wurdc am Dienstag die
ScqcÄ'^r dieCrhöhung derTeezölle mit
. ^ u 120 Stimmen angenommen.

U>o ^tz Errichtung einer spanischen Votschast in
. °dcg ist vom spanischen Ministerrat bcschloffen

AmN-uug -es italienischen Kabinetts

Graf Llano als Außeammlster. - Suvich rurulkgetreten.

Drei nm Mmiftcr.

Ein Handschreiben Muffolinis an Suvich.

Rom, 9. Iuni. Die teilweisc Umbildung der
italienischen Regierung, von der bereits seit
einigen Wochen gesprochen wurde, ist am Dicnstag nach-
mittag durch königliche Dekrete vollzogen worden. Danach
werden das Autzenministerium, das Korporationsmini-
sterium und das Kolonialministerium, die seit 1935 neben
den Wehrmachtsministerien und dem Innenministerium in
händen des italienischen Regierungschess lagen, von
Muffolini abgctrcten. Der bisherige Propagandamini-
ster, Graf Galeazzo Ciano, wird Außcnminister. Der
bisherige Staatssekretär im Korporationsministerium
Lantini wird Korporationsminister und der Staats-
sekretär des Kolonialministeriums Lessona wird zum
Kolonialminister befördert. Der bisherige Staatssekre-
tär im Propagandaministerium Alsieri wird Propa-
gandaminister.

Gleichzeitig ist das Rücktrittsgesuch des bis-
herigen Staatssekretärs im Autzenminisierium Suvich
vom König genehmigt worden. An seine Stelle tritt der
derzeitige italienische Votschafter in Warschau Vastia-
n i n i.

Muffolini hat an Suvich für seine vierjährige
Mitarbeit ein handschreiben gerichtet und ihm einen
hohen Vertrauensauftrag vorbehalten.

*

In Rom wird die Crnennunq des Grafen Ciano
zum Außenminister als ernster Versuch gedeutet, die
Spannung mit Cngland so bald wie möglich zu mil-
dern. Graf Ciano gilt als ein Vesürworter eines Aus-
gleichs mit Cngland/und man hofft, datz diescr Wechscl
im Außenministerium eine entsprechendc Würdigung in
London ersährt.

*

Graf Ciano, deffen Gattin (eine Tochter Muffo-
linis) sich gegenwärtig in Verlin aushält, dllrste einer dcr
jüngsten Äutzcnminister scin. Cr wurde 1903 gcboren und
trat 1925 in dcn diplomatischcn Dienst ein. Cr beklei-

dete cincn diplomatischcn Posten in Südamerika und war
zuleht Generalkonsul in Schanghai. Seit seiner Lrnen-
nung zum Propagandaminister im Iahr 1934 trat dsr
junge Schwiegersohn Mussolinis immer stärker im
öffentlichen Leben hervor. Man sagt ihm noch eine große
Zukunft voraus.

Muffolinis langjähriger autzenpolitischer Mitarbei-
ter Suvich — er war Unterstaatssekretär, nachdem
Grandi das Autzcnministerium verlietz, als Votschaster
nach London ginq und Muffolini selbst das Ministerium
übcrnahm — soll auch in Zukunst in hohen Stcllungen
verwcndet werden. Die neu ernannten Minister Leffona
und Lantini haben sich als Anicrstaaissekretäre in ihren
Fachbcreichen bereits seit geraumer Zeit eingearbeitet.
Der neue Propagandaminister Alsieri wurde im vorigen
Iahr als Üntcrstaatssekreiär in das Propagandaministe-
rium berufen, als Graf Ciano als Fliegerhauptmann auf
den ostasrikanischen Kriegsschauplah abreiste. Alsieri ist
aus der nationallistischen Partei Cnrico Corradinis her-
vorgegangen und ist als politischer Schriststcllcr ein aus-
gezcichneter Kcnner allcr Propagandafragen. Cr gilt als
aufrichtiger Freund Deutschlands.

Dir Strciwkwtgung tn zronvet».

MMiiiifige VeveWg.

Die wirtschaftlichen Folgen der Lohnerhöhungen.

Paris, 10. Iuni. (Cig. Funkmeldung.) Die rück-
läufigeBewegung im Streikin Frank-
reich scheint sich allmählich stärker durchzusehen. In
der Nacht zum Mittwoch kam ein Abkommen zu-
stande, durch das der Streik der Bergarbeiter
in Nordsrankrcich beigelegt werden konnte. Dieses
Abkommen sieht eine allgcmeine Lohnerhöhung von
12 Prozent vor. Am Donnerstag soll in sämtlichen Berg-
werken die Arbeit wieder «mfgenommen werden. In
Paris erfolgte eine Cinigung im Kleinhandel und
im Versicherungsgewerbe, die dcm Strcik in
diesen Wirtschaftszweigen ein Cnde setzt. Hingegen sind
in Toulouse jeht auch die Arbeiter des Vaugewerbes
und verwandter Gewerbe in den Streik getreten.

Während die der Regierung nahestehenden Vlätter
mit Vcsriedigung die bishcr erreichtcn „Siege der Arbei-
terschaft" hervorheben, versuchen die Vlätter der Rechten
nachzuweiscn, datz die Tatsachcn dem ausgegebenen Stich-
wort einer Cntspannung nicht entsprechen. Mit einer
gcwiffen Beunruhigung heben die Rechtsblätter hervor,
daß am Dicnstag zum erstenmal streikende Arbei-
ter über die Voulevards gezogen seien und die Pas-
santen mit erhobener Faust begrützt hättcn.

Allmählich beginnt man sich ernsthaster mit den wirt-
schastlichen Auswirkungen der neuen Abkommen zu befas-
sen. Auf der Rechten wird einmütig die Auffaflung ver-
treten, datz eine allgemsine Preiserhöhung
und Lebensverteuerung unvermeidlich sei, wäh-
rend die Linke sich dagegen verwahrt, datz durch unberech-
tigte Preissteigerungen die Arbeiter um die Früchte des
Kämpfes gebrächt werden sollen. Die Arbeitgeber
scheinen jedoch nicht gewillt zu sein, die Kosten der
unmittelbaren oder mittelbaren Lohnerhöhungen selbst
zu tragen. Die Textinindustrie ist bereits mit
der Forderung an den Staat herangetreten, einen Aus-
gleich zu erhalten, um ausfuhrfähig zu bleiben.

Me Kebrseitkder Medeille.

Die Vierzig.Stunden-Woche. — Vier Milliarden

Mehrbelastung. — „Cin gefährliches Abenteuer."

Paris, 10. Iuni. (Cigene Funkmeldung.) Wie zu
erwarten war, werden nicht nur bei der Opposition, son-
dern auch auf dem rechten Flügel der Volkssront, bei den
Radikalsozialisten, Vcdenken gegen die Auswir-
kungen laut, die die einseitiqe Cinführung der Vierzig-
Stunden-Woche in Frankreich nach sich ziehen würden.
Mit einer Osfenheit und Deutlichkeit, als ob ein Vlatt
der Opposition schriebe, erklärt die Herriot nahestehende
„Cre Nouvcllc", die Durchführung der Vierzig-Stunden-
woche werde sür die Ausgaben der Armee eine Mehr-
belastung von 850 Millionen Franken bedeutcn, bei
der Kriegsmarine noch mchr. Im Ganzen würde sie un-
ter Cinrechnung der sonstigen öfsentlichen Vetriebe wie
öffentliche Arbeiten und Postverwaltung eine Mehr-
belastung von zweieinhalb Milliarden Franken erge-
ben. Bei den Cisenbahnen würde die Durchführunq der
Merzig-Stunden-Woche eine Personalvermehrung erfor-

dern, deren Kostcn anderthalb Milliarden sährlich betra-
gen würden, das wärcn für den Anfang also schon vier
Milliarden Franken. Könne die Arbeitslosigkeit,
die im übrigcn der Gesamthcit nur eine Milliarde koste,
durch diese Matznahme beseitigt werden oder wcrde sie
nicht vielleicht noch ansteigen? Die sranzösische Aus-
fuhrindustrie werdc nämlich durch cine Crhöhung
der Gestehungspreise gegcnübcr ihrcn Wettbcwerbcrn aus
dem Wcltmärkt in eine schr ungünstige Lage gcra-
ten. Die dadurch entstchcnde Arbeitslosigkeit werde die
Arbeitsvcrmehrung in anderen Industricn wieder ausqlei-
chcn. So würde also die Cinführung dcr Vierzig-Stun-
den-Woche, ohne die Arbeitslostgkcit zu bcseitigen, schwer
auf dest öffentlichen Finanzcn tasten und eine Verteue-
run-i der Lebenshaltung herbeiführen. Welchen Gc-
winn aber habe die Arbeiterklasse davon? Die
Vierzig-Stunden-Woche bedeute daher ein gefähr-
liches Abenteuer, solange sie nicht von allcn grohcn
Crzeugerländern durchgeführt werve. Das Blatt erklärt
abschkietzend, es sei nicht gegen den Grundsah der Äierzig-
Stunden-Woche, absr sie dürfe nur international durch-
geführt werden, wenn sie nicht verheerende Wirkungen
äusüben solle.

MMiMchW i« SftdchiN.

Tschiangkaischek mahnt zur Vesonncnheit.

Schanghai, 9. Iuni. (Ostasiendienst des DNB.)
In den südchinesischen Provinzen Kwangtung und
Kwangsi ist die allgemeine Mobilmachung
aller Land-, See- und Luststreitkräste bcsohlen worden.
Die bisherigen Truppcnstärken von 150 VOV bzw. l 00 000
sollen aus insgesamt 500 000 gebracht werden. Amtlich
wird derEinfall vou vier Divisionender
Kwangfi-Armee nach Hunan bestätigt. Die Vorhut soll
nach einer Meldung aus Tschangscha über Iungtschou be-
reits 15 Kilometer tief in die Provinz Hunan eingedrun-
gen und die Stadt Höngtschou angeblich schon erreicht
haben.

Marschall T s ch i a n g k ai s ch e k hat zur Vermei-
dung blutiger Zusammenstöße die Aurückziehung
der Regierängstruppen aus Südosthunan besohlen, um
so lange als möglich einen Weg zu friedlicher Re-
gelung freizulaffen. In einem umfangreichen Tele-
gramm hat Tschiangkaischek dringend ausgefordert, alle
militärischen Vorbereitungen sofort e i n z u st e l l e n.

Der Präsident des Gesehgebenden Reichsamtes,
Sun Fo, hat ebenfalls an den Südwestführern telegra-
phiert und ihn aufgefordert, der bevorstehenden Plenar-
sitzung des über die auswärtige Politik entscheidenden
Zentralvollzugsausschuffe- nicht durch staatsgefährliche
Cinzelaktionen vorzugreisen.

— Auf dem Parteitag dcr Republikaner in Washing-
ton erklärte der 7ljährige Senator Borah, datz er
seine Prästdentschaftskandidatur zurückziehe. Die
Chancen des demokratischen Kandidaten Landon häben
sich damit wesentlich verbeffert. Landon tritt für eine
„Rückkehr zur guten alten Demokratie" ein, die im Gegen-
sah zu der diktatorischsn Cinstellung Roosevelts steht.
Autzenpolitisch will Landon strikte Neutralität.

Wahle« i« LitMii.

Nach einem merkwürdigen Wahlsystem..

Kowno, 9. Iuni. Am Dienstag begannen in Li-
tauen und im Memelgebiet die auf zwei Tage an-
beraumten Wahlen der 49 Abgeordneten für das nach
zehnjähriger Pause neu einberusene litauische Par-
l a m e n t.

Knter den zur Wahl zugelaffcnen 144 Kandidaten be-
findcn sich sechs Memelländer und zwei Iuden;
drei weitcre memeländische Kandidaten sind bekanntlich
kurz vor der Wahl von den Litaucrn auf der Liste ye-
ftrichen worden, einer der sechs vcrblicbenen Kandida-
ten befindet sich in Haft. Die Kandidaten stnd ausschlietz-
lich von den Selbstverwaltungen aufgestellt und schen sich
zu über 90 Prozent aus Anhängcrn der Regicrungspar-
tei zusammen.

Die 85 Abgeordneten des lehten litauischen Sejm,
der bald nach dem Umsturz vom Dezember 1926 ausgclöst
wurde, vertcilten sich auf die damals noch bestehcnden
Partcien wie solgt: Christliche Dcmokratcn 30, Volks-
sozialisten (Demokratcn) 22, Sozialdcmokraten l5, M c -
melländer 5, Polen 4, Tautininkai (jetzige Regie-
rungspartei) 3, darunter der jetzige Staatsprästdent
Smetona und der in Hast befindliche frühere Mini-
sterpräsident Woldemaras, Iuden 3, Bauernpartei
2, Deutsche einer.

Nach dcm Wahlgcseh sind politische Parteigruppie-
rungen nicht mehr zülässig, sodatz das Crgebnis der
jehigen Wahlen keinen Vergleich mit den letzten litgu-
ischen Wahlen zulätzt. Cs interessiert deshalb im Land
an dem Crgebnis auch nur die Wahlbeteiligung
und nicht die personelle Zusammensehung der 49 Abgeord-
neten, deren politische Richtung bereits mit der Äusstel-
lung der Kandidaten von vornherein festgelegt ist.

Geringe Wahlbeteiligung.

Kowno, 9. Iuni. Die litauischen Sejmwahlen
aingen am erstenWahltag ohne Störung vor fich.
Nach privaten Schähungen ist die Wahlbeteili-
gung zunächst ziemlich gering. In Kowno und in
einigen anderen litauischen Städten sollen durchschnittlich
am ersten Wahltag nur 25 bis 30 Prozent der Wähler
abgestimmt haben. Auf dem slachen Land schäht man di«
Wahlbeteiligung noch geringer ein.

Im Memelgebiet, wo die Spihenkandidaten
kurz vor der Wahl gestrichen wurden, war am ersten
Wahltag eine besondere starke Zurückhaltung
zu verzeichnen. Vis in die Nachmittagsstunden hinein
hatten einzelne Memeler Wahllokale nur eine Äetei-
ligung von 2 bis 8 Prozent zu verzeichnen. In zahl-
reichen ländlichen Wahllokalen wurden nur einige wenige
Stimmen abgcgeben.

*

Diese geringe Wahlbeteiligung ist wohl die schärfste
Kritik am litaüischcn Wahlsystcm, die sich dcnkcn lätzt.
Sie ist zuglcich cine offene Mißtrauenserklä-
rung gegen die litauische Regicrung.

Empfang bei König Eduard.

London, 9. Iuni. Der König von Cngland
cmpfing am Dienstag die Mitglicder des dcutsch-eng-
lisch.französischen Kriegsgräber-Äusschuffes. Don deut-
scher Seite waren u. a. Generaloberst v. Seeckt, auf
sranzösischer Gcneral Guillaumat zugcgen.

ild l i n k s:

Generaloberst von Seeckt i« London.

Generaloberst von Seeckt weilt zur Zeit in der
englischen Hauptstadt, um an einer Taguna des
deutsch-britisch-französischen Ausschusses der Jnter-
nationalen Kriegsgräberfürsorge teilzunehmen. Er be-
gibt sich hier mit den übrigen Mitgliedern der deut-
schen Abordnung zum Grabmal des Unbekannten
Soldaten, um einen Kranz niederzulegen.

lScherl Bilderdienst, K.)

Bild rechts:

Der Negus empfängt.

Jn einem Privathaus zu Wimbledon gaben Haile
Selassie und seine Tochter. Prinzessin Aashi-
m a b e t, ein Gartenfest, zu dem neben Damen der
englischen Gesellschaft auch die Vertreterinnen von
32 Frauenorganisationen geladen waren, die hier vom
Negus begrüsit werden. Wie bekannt, hat die italieni-
sche Regierung gegen die Empfänge des Negus äuf
englischem Boden Verwahrung eingelegt.

(Preffe-Photo, K.)
 
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