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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9512#0233

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Heidelberger

Illeueste Nachrichsen

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Nr. 20

Druck und Berlag von Friedrich Schulzein Heidelberg.
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Freitag, 24. Ianuar

Hauptgeschäftsstelle Hauptstraße 23. Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Fweigstelle: Haspelgasie 1.

1936

Vilbet Sarraut das 10«. Kabinelt?

Einc Regieruna ber republikamWn Konrentration?

LMr Nachsolger.

Herriot lehnte ab.

Paris, 24. Ianuar. Der Staatspräsident Lebrun
^üpfing am Donnerstag vormittag den Abgsordneten
berriot >v einer Unterredung, die 35 Minuten
^auerte. Beim Verlasien des Clysee erklärte Her -
^ iot, Präsident Lebrun habe ihm den Austrag der Ka-
öinettsbildung angeboten, er habe ihn aber abge-
* e h n t.

Gegen Mittag empfing Präsident Lebrun den ra-
öikalsozialistischen Senator Sarraut und bot ihm in
*iner einstündigen Unterredung den Auftrag zur Ka-
binettsbrldung an. Senator Sarraut hat das
Ängebot grundsählich angenommen.

. Senator Albert Sarraut war vom 27. Oktober
?is 24. November 1933 Ministcrpräsident und hat im
nbrigen zahlreichen Kabinetten als Minister angehört.

. Nach Herriot empfing Prästdent Lebrun im Cly-
lee den Vorsitzenden der radikalsozialistischen Kammer-
Uuppe, pen Abgeordneten Delbos, und bot ihm als
^orsihendcm der stärkstcn Kainmergruppe den Austrag
oer Kabinettsbildung an. Nach einer dreiviertelstündi-
3en Unterrcdung hat auch Delbos diesen Auftrag ab-
8 elehnt und zwar mit der Vegründung, datz er als
Aorsihender der radikalsozialistischen Kammergruppe po-
Titisch zu sehr festgclegt sei. Nach seincr Ansicht müffe
">egcn dcr bevorstchcndcn Kammcrwahlen eine weniger
politisch gekennzeichnete Persönlichkeit die Kabinetts-
bildung übernehmen.

Smsitr mlälisige MWerlifte.

Die neuen Männer.

Paris, 24. Ianuar. (Cigene Funkmeldung.) Die
^egierungskrise scheint sehr viel schneller als er-
^ariet beendet zu werden. Der mit der Kabincttsbil-
bstng beauftragte radikalsozialistische Senator Sar-
*aut hat innerhalb von zwöls Stunden nicht nur in
iveitgespannten Besprechungen die genaue Stellung-
i>ahme fast aller politischen Gruppen in Crfahrung ge-
i'kacht, sondern um 2 !1hr nachts schon eine vorläusige
^inisterliste aufgestellt. Cr wird seine Veratun-
8en im heutigen Freitag vormittag fortsehen und voraus-
iichtlich gegen Mittag dem Präsidenten der Rcpublik
keine Vorschläge über die Zusammensehung seines Kabi-
"etts untEbreiten.

Die vorläufige Ministerliste, die natürlich im Lauf
Freitag vormittag noch Aenderungen erfahren kann,
^eist folgends Namen auf:

Ministerpräsident und Innemninister: Albert Sar-
raut (Radikalsozialist),

Iustizministerium: Pernot (Republ. Mitte),
Autzenministerium: Flandin (Dem. Vereinig.),
Finanzministerium: Regnier (Radikalsozialist),
Kriegsministerium: Paul Vonconr (Soz. Vgg.),
Kriegsmarineministerium: Pietri (Radik. Linke),
Handelsministerium: George Vonnet (Rad.-Soz.),
Postministerium: Mandel (Ilnabh. rechtsstehend),
Oeffentlich« Arbeiten: Dvon Delbos (Rad. Soz.),
Luftfahrt: Laurent-Cynac (Rad. Linke),
llnterricht: Mario-Roustan lQer Guernut
(deide Radikal-Sozialisten),

Landwirtschast: Cathala (Radikale Linke),
Kolonialministerium: Stern (Parteilos),
Arbeitsministerium: Ramadie (Soz. Vcreinig.),
Pensionsministerium: Champetier de Ribes
(Volksdemokrat),

Handelsministerium: WMam Vertrand (Radi-
kalsozialist),

Gesundheitsministerium: Moncelle (Rep. Mitte)

Anterstaatssekretär im Ministsrpräsidium: Iean
Zay (Radikalsozialist),

Ilnterstaatssekretär im Innenministerium: Iaqui-
not (Rcpublikanische Mitte).

Auf Grund dieser Zusammenstellung könnte man von
einer Regierung der republikanischen
Konzentration sprechen. Cbenso wie das Kabi-
nett Laval würde das Kabinett Sarraut sechs radi-
ka l s o zia listis ch e Minister aufweisen einschlieh-
lich dcs Ministcrprästdenten, der das Innenministerium
übernehmen will. Als neue radikalsozialistische MLnner
enthält die Vorschlagsliste den Fraktionssührer Avon
Delbos, Guernut (Mario-Roustan?) und
Iean Zay, die sämtlich dem linken Flügcl der Partet
zuzurechnen sind. Auf der Linken würde die Regierung
bis zur Sozialistischen Union reichen. Der wichtige Po-
sten des Auhenministeriums soll dem früheren
Ministerpräsidenten Flandin anvertraut werden. Die
republikanische Mitte würde durch Pernot und Iacqui-
not vertreten scin.

Man legt sich in parlamentarischen Kreisen aber
noch nicht endgültig auf ein Gelingen der Demühungen
Sarrauts fest. Sollte Sarraut scheitern, so erklärt man,
werde der Prästdent sich entweder an den Radikalsozia-
listen George Vonnet oder an ein Mitglied der Re-

publikanischen Mitte wie Pietri oder an Mandel wen-
den. Vei einer Verlängerung der Kriss rechnet man als
lehte Möglichkeit mit einer Vetrauung des Kammer-
prästdcnten Bouisson.

*

Das neue Kabinett, das jetzt im Cntstehen be-
ariffen ist, ist, wie schon mitgeteilt wurde, das 100. seit
Vestshen der Drittcn Republik.

Die Pllkiser Presse zur Veirammg Sarrauts.

Stimmen einiger Morgenblätter.

Paris, 24. Ianuar. (Cig. Funkmeldung.) Die radi-
kalsozialistische ,,R e p u b l i q u e" erklärt, das Pro-
gramm Sarrauts werde auf der Linken keine Gegner-
schaft finden, da es die grohen Linien widerspiegele, die
auf dem letzten radikalsozialistischen Parteitag in Paris
sestgelegt worden stnd. Schwierigkeiten könnten sich nur
aus der Haltung der Rechten urid der rechten Mitte er-
geben.

Vemerkenswert ist, datz der Vorsihende der sozia-
listischen Partei Leon B l u m, der in den lehten Tagen
bei jeder Gelegenheit im „Populaire" Sturm lief, zur
Betrauung Sarrauts heute völlig schweigt. Dies dürfte
wohl als eine stillschweigende Duldung ange-
sehen werden, nachdem der Ciser der Sozialisten, sich an
einer Regierung kurz vor den Wahlen zu beteiligen oder
sie tatkräftig zu stützen, in den lehten Tagen wesentlich
nachgelaflen hat.

Albcrt Sarraut.

Das rechtsstehende „Ordre" glaubt, daß die
Tagesordnung der demokratischen Vereinigung eine Au-
sammenarbeit zwischen dieser Gruppe und den Radikal-
sozialisten sehr schwer machen wird. Diese Tagesordnung
trat bekanntlich sür die Politik Lavals ein. Sie schei-
tcrte jedoch an dem Widcrstand des Gruppenvorsihenden
Flandin.

Die kommunistische „Humanitö" legt das größte
Gewicht darauf, daß Laval nicht wiederkehre, da das
nach Ansicht des Vlattes eine Herausforderung bedeuten
würde. Für Sarraut seht sich das Vlatt aber auch
nicht ein, da er gesagt hat: der eigentliche
Feind ist derKommunismus.

Der Streit EotvjetrußlM- Aruguay tn Genf.

Mwinow WAt vvn einer Brrlchnng »rs MkllbundsvM.

Genf, 23. Ianuar. Die sowjetrussische Be-
schwerde gegen llruguay wegen des Abbruches
der diplomatischen Beziehungen wurde am Donnerstag
vormittag vom Völkerbund behandelt. Ms Vertreter
llruguays, das gegcnwärtig dem Völkerbundsrat nicht
angehört, nahm deffen langjähriger Genser Vertreter
Guani am Ratstisch Platz.

Lttwinow in der Anklagerrolle.

Der sowjetruflische Vertreter Litwinow stellte
in seiner dreiviertelstündigen Rede zunächst die Vchaup-
tung aus, datz es sich nicht nur um die Intereffcn der
beiden Länder handle, sondern um allgemeine In-
tereffen. Die Intereffen der Sowjetunion würden durch
den Veschlutz Uruguays praktisch garnicht berührt. Lit-
winow bemühte sich dann um den Nachweis, datz der
Abbruch der diplomatischen Beziehunqen einen „Vruch"
im Sinn des Artikcls 12 und eine osfenstchtliche Ver-
lehu«q des Völkerbundspaktcs darstellen.
Er „stelkte fqst," datz die in der uruguayischen Note er-
wähnten Anschuldigungen gegen die Sowjetregie-
rung und ihre Vertretung in Montevideo völlig un -
begründet seien. (!) Aruguay spreche lsdiglich Ver-
mutungen (I) aus, und auch drese seien in der Hauptsache
nicht seine eigener». Scheinheilig erklärte der Vertreter
der Sowjetunion,

datz weder die Sowjetregierung noch die Sowjet-
vertretung in Montevideo noch irgend welche an-
dere Veäuftragte der Sowjetregierung kommu-
nistische Kreise in Uruguay oder in einem benach-
barten Staat ausgewiegclt oder unterstüht hätten;
denn „die Sowjetreqierung hält unabänderlich an
ihrer Politik der Nichteinmischung in die inneren
Angelegenhciten anderer Staaten sest". (!l)

Die uruguayische Regierung solle Veweise des
Gegenteils, wenn sie irgendwelche habe, vorbringen und,
so behauptete Litwinow anmatzend, derartige Veweise
könnten nicht erbracht werden.

In seinen weiteren Ausführungen bemühte stch Lit-
winow, dcn Vorwurf der Aufwiegelung brastlianischer
Aufständischer dadnrch lächcrlich zu machen, datz er eine
lange Reihe von Daten aus den lehten fünfzig Iahren
erwähnte, um nachzuweisen, datz, wie er behauptete, die

brasilianische Geschichte eine ununterbrochene Ketke von
inneren Unruhcn, Ausständen, Meutereien, Verschwörun-
gen und Staatsstreichen gewesen sei. Das gleiche gelte
sür Uruguay.

Zum Schlutz erklärte der Dowjetvertreter, die uru-
guayische Regierung habe bei ihrem Vorgehen zweifel-
tos „auf die Vorurteile spekuliert, die in reaktirmären
Kreisen vieier Ländcr aegen die Sowjetunion gehegt
würden", wobei er sich in ebenso törichten wie haltlosen
Verdächtigungen gegen Deutschland und
Italien erging.

Nruguays Rechtfertiguug.

Der Vertreter Aruguays nahm dann das
Wort. Cr betonte, datz das Vorgehen seines Landes
eine Handlungder Solidarität mit seinen
Freunden und Stammesverwandten in Südamerika ge-
wesen sei und überdies ein Akt der Notwehr,
über die allein das pslichtgemätze Crmeffen der Regie-
rung von Ilruguay zu entschcidcn habe. Ilruguay habe
seit 1926 theoretisch und seit 1933 tatsächlich in diplo-
matischen Dezishungen zur Sowjetunion gestanden, und
es habe durch die Ausweisung des Sowjetver-
treters einen Zustand wtederhergestellt, der vor 1933
bestanden habe und zwar ohne Beanstandung Moskaus,
Ä>er datz darüber ein Konflikt ausgebrochen wäre. Die
Ausübung des aktiven imd paffiven Gesandtschaftsrechtes
bsdeute keinerlei Verpflichtung für einen Staat. Die
Verweigerung der weiteren Ausübung sei im vorliegen-
den Fall zur Sicherung der inneren und äuheren
Ordnung des Landes unbedingt notwendig gewesen,

da die kommunistische Propaganda in Südamerika
ihr Gehirn in der Sowjetgesandtschaft in Monte-

video gehabt und sich in dem benachbarten und
befreundcten Vrasilicn in tragischer Weise aus-
gewirkt habe.

Artikel 12 der Völkerbundssahung sei nicht anwendbar,
denn die Sihung beschäftige sich nicht mit Bürgerkriege»
und Bürgerkriegsgesahren. Uruguay wolle Arbeit»
Ordnung und Frieden. Die Sowjetpropa-
ganda in der Welt und insbesondere in Südamerika
richte sich gcgen die Grundlagen der Familie, der
sozialen Ordnung, der Religion und die Kul-
tur überhaupt.

Im übrigen wies der Vertreter Aruguays darauf
hin, datz das Vorgehen seines Landes keineswegs ver-
einzelt dastehe. Gleich nach dem Krieg habe die Sowjet-
vertretung aus der Schweiz ausgewiesen werden müs-
sen, Cngland, Mexiko, die Vereinigten
Staaten und andere hätten die gleichen Crfah-
rungen gemacht, und dcr lehte Kongreß der Kommu-
nistischen Internationale sprcche eine so eindeutige
Sprache, daß es auch nach Aussaffung der amerikanischen
Regierung, die im August v. Is. der Sowjetregierung
mitgeteilt worden sei, keines weiteren Veweises für dis
organisierte Wühlarbeit Moskaus be-
dürfe. Die Llnterscheidung zwischen der Sowjetregierung
und der Kommuniftischen Internationale sei nicht auf-
recht z« erhalten, denn Stalin sei der tatsächliche Herr
der Sowjetunion.

Aloisi gegen Lttwlnow.

Zum Schlutz der Vormittagssihung wies Varon
Aloisi nachdrücklich die in dcr Rcde Litivinows ent-
haltene Anspielung auf Italien zurück. Cr er-
klärte, Italien brauche keine Spckulation und keinen
Vorwand, um sein Dorgehen, das es zum Schuh seinSr
Rcchte und seiner Sichcrhcit untcrnommen habe, zu recht-
fertigen. Cs habe sich bemüht, stch zu seinem Vorgehen
zu bekennen und müffe es ablehnen, datz in einer Rats-

Dcr Festakt vor dcn Stnfen der Londonrr Börsc.

Der Lordmayor verliest die Praklamation, vor ihm Hervlde in den üöerliefertea Unifarmen. (Weltbflü. K.)

Die Totenwache
am Sarq Georgs V.

Der Savg mrt der stevblichen
Hülle des Königs Georg
wurde vor der Uebevführung
nach London in der Maria-
Magdalenen-Kapelle
in Sandringham aufgebahrt,
wo Angestellte des Schlosses
die erste Totenwache hielten.

(Weltölld, K.)
 
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