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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Januar bis Juni)

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„Heidelberger Neueste Nachrichten" — „Heidelderger Anzeiger

«Mittwoch, 8. April 1936

Nr. 84

M de« Geiifer Besprechmgeu.

Der Abessinien.Konslikt. — Tagung der Locarno-MLchte.

London, 7. April. Autzenminister Cden ist am
Dienstag nachmittag von London nach Gens abgereist,
um an der sür Mittwoch nachmittag angesetzten Beratung
des Dreizehner-Ausschuffes über den italienisch-abesfi-
nischen Konflikt teilzunehmen.

Kurz vor seiner Wreise wurde amtlich bekanntgege-
ben, datz auch der englische Lordsiegelbewahrer Lord
Halifax nach Gens reist, um sich zusammen mit Cden
an den geplanten Besprechungen mit den Vertretern der
Locarno-Mächte zu beteiligen. Diese Vesprechun-
gen werden, wie man jeht in London annimmt, voraus-
sichtlich nicht vor Freitag stattfinden, da der belgische
Ministerpräsident van Zeeland wahrscheinlich erst an
diesem Tag in Genf eintrefsen wird.

Lord Halifax wird am Mittwoch nachmittag,
nachvem er vortier in der autzenpolitischen Aussprache des
Oberhauses gesprochen haben wird, mit dcm Flugzeug
nach Paris und anschließend nach Genf reisen, so daß er
am Donnerstag morgen in der Völkerbundsstadt anlangt.

Vor seiner Abreise empfing Autzenminister Cden
die Oberkommiffare von Neuseeländ, Australien und Süd-
asrika, denen er die Haltung auseinanderlegte, die Cng-
land in den verschiedenen Fragen in Genf einzunehmäi
gedenkt.

*

Franzöfische Stimmen zu den Genfer Derhandlungen.

Paris, 8. April. (Cig. Funkmeldung.) Die Pariser
Morgenblätter beschästigen sich mit den bevorstchenden
Besprechungen in Genf, wobei der italienisch-abes-
sinische Konflikt nicht nur im Zusammenhang mit
der Tagung des Dreizehner-Ausschuffes, sondern auch in
seinen Nückwirkungen auf die europäische Poli-
tik im Vordergrund der Vetrachtungen steht.

Der „Matin" erklärt, wenn im Dreizehner-Ausschuß
die Frage von weiteren Sanktionen gegen Zta-
lien zur Sprachs komme, müffe Flandin entschloffen
mit Nein antworten oder sich nach chilenischem Beispiel
der Stimme enthalten oder nach dem Vorbild Ccuadors
im Augenblick der Absttmmung verschwinden.

Der „Cxcelsior" meint, ss käme einzig und allein auf
den europäischen Frieden an. Der italienisch-
abesfinische Streit finde gerade jeht ohne fremdes Zutun
von ganz allein seine Erledigung auf militärischem
Gebiet.

Der „Quotidien", der zu den ständigen Gegnern des
französisch-sowjettusfischen Paktes gehört, warnt vor
den für Frankreich gefährlichen Auswirkungen des O st-
bündnisse und schließt: „Da wir Franzpsen wcder
durch Vündniffe noch durch totgeborene allgemeine Sicher-
heitspakte gegen Deutschland verhandeln können, laßt uns
doch unmittelbar mit Deutschland verhan-
d el n.* Vielleicht sei noch — wenn auch weniger ficher
als vor dem 6. MLrz — Zeit dazu.

Titulescu bei Flandin.

Paris, 7. April. Außenminister Flandin emp-
fing am Dienstag vormittag den in Paris weilenden
rumänischen Autzenminister Titulescu. Die llnter-
redung dauerte 1)4 Stunden. Cs verlautet in gutunter-
richteten Kreisen, daß man sich über die bevorstehenden
Genfer Vesprechungen unterhalten hat. Der Hauptgegen-
stand der Ünterhaltung war jedoch die Wtederauf-
rüstung Oesterrerchs und ihre etwaigen Folgsn.

.BedmeriiWettc P-rascolWe.'

Das „Zournal des Debats' zur französischen Antwort.

Paris, 7. April. Was bisher von der franzö-
sischen Antwort bekannt geworden ist, genügt dem
„Iournal des Dsbats", fie sürvöllig unzurei-
chend und fürwirkungsloszu erklären. Man kehre,
schreibt das Vlatt u. a., unter dem Vorwand, ein gutes
Friedenssystem vorzulegen, zur bedauernswerten Phra-
seologie zurück. Man habe das Protokoll von 1924
enommen, man habe Clemente von dem sogenannten
onstruktiven Plan Paul-Voncours und vom Tardieu-
Plan dazwischen gemischt und das Ganze mit ein wenig


„'europäischer Vereinigung" Vriands aus der Küche von
1931 gewürzt. Man habe das Ganze zusammengerührt
und serviere nunmehr eine Mischung, die auch dem größ-
ten Appetit widerstehe.

ReichsminlsterD^Fkävk iv Gema.

Empsang im Rathaus.

Genua, 7. April. Reichsminister Dr. Frank star-
tete am Dienstag früh mit dem ihm von Mussolini
gestellten italienischen Regierungsflugzeug von Neapel
nach Genua. Cr wurde dort empfangen vom Präfekten,
vom Oberbürgermeister, vom kommandierenden General,
vom Rektor der llniversität und von Vertretern des deut-
schen Konsulats. Um 11 Uhr fand ein feierlicher Cmp-
fand im Rathaus statt, bei dem der Oberbürger-
meister in einer Ansprache den Gast willkommen hietz, und
die guten Kulturbeziehungen zwischen Italien und
Deutschland hervorhob. Reichsminister Dr. Frank dankte
in italienischer Sprache für den Cmpfang und rühmte den
guten Cindruck, den er von dieser Reise mit nach
Deutschland nehmen werde.

Aus Cinladung des Präsekten fand nach Kranznieder-
legungen am Grabmal des Unbekannten Soldaten und am
Denkmal der faschistischen Märtyrer ein Frühstück statt.

Abends findet die Cinweihung des deutsch-ita-
lienischen Seminars des Faschistischen Kulturinstituts
statt, bei der Reichsminister Dr. Frank sowie der Direk-
tor des Faschisttschen Kulturinstttuts, Prof. Marpi-
cati, der den Reichsminister während seiner italie-
nischen Reise begleitete, sowie der deutfche Generalkonsul
Lindner Ansprachen halten werden.

Eia »»»»elMig« Aromltnicnzug.

Samburg-Abnl in 17 Rinnten.

ste

fir

Lübech 7. 2lpril. „H-L-Schnellverkehr"
steht in metallenen Riesenbuchstaben an dem doppelstöcki-
gen Stromlinien-Cisenbahnzug, der am
ienstaq mittag mit 200 Derttetern oer Reichsmini-
erien, der Behörden und Parteistellen, der Reichsbahn-
uptverwalturw, der Verwaltunq der LDC-, der Vau-
irma, der Preffe, des Rundfunks und dcs Films seine
Iungfernfahrt von Hambura über Lübeck nach Trave-
münde antrat. Diese neue Zugart erregts auf dem Ham-
burger Hauptbahnhof das gleiche Aufsehen wie seinerzeit
der „Fliegende Hamburqer" und vor wenigen Wochen
erst die Stromlinienschnelldampfzüge der Deutschen
Reichsbahn.

Die mit grauem Cisenblech stromlinienförmig einge-
kleidete Lokomotive hat bereits ihren Zugnamen bekom-
men: „Micky-Maus" ist sie schon in der Werkstatt von
den Arbeitern getauft worden und der Volksmund wird
die Lokomotive sehr bald genau so nennen.

Cigenartig berührt ist man zunächst von dem Lutzeren
Anblick der Personenwagen. Die breiten Fenster der un-
teren Abteile reichen bis aus den Vahnsteig herab, die
Fenster des Obergeschoffes bis an das runde Wagendach
hinauf. Vier Stufen führen in die untsren Abteile und
eine bequeme Treppe führt nach oben. Auch dis Wagen
der dritten Klaffs find mit bequemen Polsterfitzen aus-
gestattet. Die Aussicht ist von allen Plätzen gut, beson-
vers günstig aber. wenn man aus dem oberen Stockwerk,
wie von einem Balkonfenster aus, die Gegend überblickt.

Man hat hcute kaum noch eine Crinnerung daran,
datz zweistöckige Wagen bereits vor etwa fünfzig Iahren
aus der Verliner Städtbahn — ein Modell steht im Ver-
liner Verkehrs- und Vaumuseum — verkehrten, wie da-
mals überhaupt auch im deutschen Osten, sowie im Cffe-
nsr Vezirk. In Paris und Kopenhagen laufen solche
doppelstöckiqen Waqen ebensalls im Vorortverkehr.

Der Zug verlietz den Hamburger Hauptbahnhof um
12.33 llhr. Cr entwickelte sehr bald eine Geschwindigkeit
von 100 Stundenkilometern, dis er dann vorübergehend
bis auf 120 Stundenkilometer steigerte.

Auf allen Bahnhöfen erregte dieses neue Wunder
deuficher Cisenbahntechnik begreiflicherweise großes Auf-
sehen.

Trotz der Schnelligkeft fährt der Zug bemerkenswert

ruhig und stoßfrei. Mit dieser neuen Zugart ist übrigens
auch ein neuer Veruf geschaffen worden: Im Zug sah-
ren in kleidsamer Livree Pagen mit, die das Gepäck und
die Garderobe der Fahrgäste in einen besonderen Auf-
bewahrungsraum schasfcn und auch sonst um die Vequem-
lichkeit der Reisenben bemüht sind.

Nach einer Fahrt von 47 Minuten ttaf der Zug um
13.20 Llhr in Lübeck ein. Auf dem Dahnsteig spielte
die Cisenbahnerkapelle zur Begrüßung, im Wartesaal
fand ein festlicher Cmpfang statt.

Im Wartesaal des Lübecker Hauptbahnhofs gab die
Lübeck-Vuechener Cisenbahn am Dienstag nachmittag den
Teilnehmern an der Iungfernfahrt des doppelstöckigen
Stromlinienzuges einen kleincn Imbiß. Reichsstatthalter
Hildebrandt feierte dabei in anerkennenden Wor-
ten den deutschen llnternehmergeist und die Tatttaft dcut-
scher Ingenieure und Arbeiter. Der Regierende Viirger-
meister von Hamburg, Krogmann, sprach im Auftrag
des Reichsstatthalters Kausmann (Hamburg) und des
Hamburger Senats der Lübeck-Duechener Cisenbahn die
herzlichen Glückwünsche und den Dank der Hamburger
Vevölkerung aus, die von dem neuen Verkehrsmittel die
größten Vörteile haben werde. Bürgermeister Dr.
Drechsler (Lübeck) feierte den hanseattschen Unterneh-
mergeist, der in dem neuen Verkehrsmittel sichtbaren
Ausdruck finde. Im Namen des Reichsverkehrsmini-
steriums und des Generaldirektors der Deuttchen Neichs-
bahn sprach Reichsbahndirettor Vergmann (Ber-
lin). Di« Deutsche Reichsbahn. so erklärte er, sei hoch-
erfreut über dissen „jüngsten Säugling" des deutschen
Cisenbahnverkehrs. Zum Schlutz faßte Staatsrat Sta-
nik (Hamburg) die Glückwünsche aller Teilnehmer in
dem Wunsch zusammen, datz die neue Dahn die Hanse-
städte Hamburg und Lübeck einander noch näher bringen
möge zum Wohl des Dolksganzen.

Der Zug setzte dann seine Fahrt nach Trave-
münde fort. Am 17.50 Ahr ttaf man wieder in Lü-
beck ein. Hier trennten sich die Lübecker und Hamburger
Teilnehmer von den Gästen, die aus Berlin und den
übrigen Teilen des Reiches gekommen waren, in dem
Vewußtsein, datz der heuttge Tag wieder einen Veweis
für einen erfreulichen Aüsbau des Verkehrs-
wesens im neuen Deutschland gebracht hat.

Attenlat auf Elsenbabnzug ln Mexlko.

7« bl§ g« Alr.

Mexiko, 7. April. Der Rachtschnellzug
zwischen Deracruz und Mexiko-Stadt ist in der Racht
zum Dienstag infolg« eines verbrecherischen Anschlages
verunglückt. Die Zahl der Opser dürfte sehr grotz
sci». Sie wftd zur Zeit aus 70 bis 90 Tote geschätzt. Der
Aug hatte gegen 21ZO llhr bei Paso del Macho im ge-
birgigen Selände eine Drücke über eine tiese
Schlucht z« pasfieren. In dem Augenblick, als der
Zug über die Drücke rollte, entzündete fich eine im TrS-
gerwerk der Drücke angebrachte Dynamitladung.
Die Lokomotive, der Postwagen, der Gepäckwagen und
zwei Pullmanwagen stürzten in den Abgrund,
wo fie völlig zerttümmert wurde». Dft übrigen Wag-
gons blieben aus den Schienen stehe«, gerieten aber zum
Teil in Vrand. Wie es heitzt, soll im Postwagen ein
großer Geldtransport untergebracht gewesen
sei». Aus drei benachbarten Städtea wurden sofort
Hilsszüge und Militär an die llnfallstelle entsandt, die in
den erste« Morgenstunden des Dienstag einttafen. Ie-
doch war es noch nicht möglich, die abgestürzten Wagen
zu berge». Man nimmt an, datz fi« 60 Passagier«

und lOMann vouderZugwachemitfichinden
Slbgrund geriffen haben. Noch nicht geklärt ist, ob es fich
um einen Anschlag auf den Geldtransport oder um ein
politisches Attentat handelt. Zur Derfolgung der TSter
fiud Truppen eingeseht worden.

Wie bekannt wird, reisft in dem Anglückszug auch
eindeutsches Chepaar, das seine Tochter, dre nach
Deutschland unterwegs ist, nach Veracruz gebracht hatte
und nun nach Mexiko-Stadt zurückkehren wollte. Ferner
befand sich in dem Zug auch ein amerikanisches Chepaar.

Veide Chepaare find unverletzt geblieben. Cine
weitere Mitteilung besagt, daß von der Zugbesatzung
fünf Personen getotet und zwei verletzt wurden.
Zwei Schlafwagen sind verbrannt, desgleichcn ein weite
rer Schlafwagen und zwei andere Wagen. Der Vrand
istaufdieE plosionderLokomotive zurückzu-
sühren. Der Unglücksort befindet fich vor der Station
Paso del Macho.

Staatspräfident Cardenas, auf den die Nachricht
von dem Anschlag tiefen Eindruck gemacht hat, sorderte
sofort eingehende Verichte an.

Wie die Dahngesellschaft mitteilt, find bis Dienstag
nachmittag acht Tote und 14 Verletzte geborgen wor-
den.


Rmd mich sechzehii Se-rei a»WkM.

Die Mordwaffe beim Hausabritz gefunden.

Am Fronleichnamstagdes Iahres 1920 fiel dft 33-
jShrige Landwirtstochter Maria Franke in dem el-
terlichen Gehöst einsm Raubmord zum Opfer. Die
Polizei hatte gegen einen Max Urban Verdacht, der
a» dem Tag bei seinen in Steingrund (Schlesien)
wohnenden Cltern zu Vesuch weilte und am Abend in
der Dorfwirtschaft durch eine grotze Zeche auffiel. llrban,
der damals 22 Iahre alt war, wurde auch vorübergehend
in Hast genommen, mutzte aber wieder entlaffen werden,
da ihm die Tat nicht nachzuweisen war. Insbesondere
suchte dft Polizei vergeblich nach dem bei der Tat ver-
wendeten Dolchmesser. Vor einigen Taqen nun
wurde das inzwischen baufällig gewordene Häuschen
der llrbans abgerissen. Der elfjährige Schüler
Günther Strauch spielte nach dem Abbruch des Hauses
auf dem Schuttabladeplatz herum und fand dabei einen tn
einer Scheide sftckenden Dolch. Diefer Dolch mutzte in
einer Lücke der Grundmauer eingemauert gewesen sein.
Na^barn, dft auf den Fund aufmerflam wurden, brach-
ten ihn sofort mit dem unaufgettärten Verbrechen rn
Verbindung. Dft Kriminalpolizei nahm den inzwischen
38j2hrigen Max llrban erncut tn Haft bnd schafste ihn
ins Gerichtsgefänqnis in Glatz. Hier legte der Verhaf-
tete nach anfängltchem Leugnen das Geftändnis ab,
den Raubmord begangen zu haben, um fick Geld für eine
beabsichtiate Heirat zu vettchasfen. Die Mordwaffe
sei damals von seinem inzwischen verstorbenen Vater,
dem er fich anverttaut hatte, eingemauert worden.

um elnen Schuldnachweis für immer unmSglich zu
machen.

— Der wütende Kater. Cin« Vauersfrau in
Wetzlar wollte einen Kater. der wegen seines hohen
Mkers getötet werden sollte, einfangen. Das Tter sehte
sich energisch zur Wehr und bitz wütend um sich. Die
Väuerin wurde an Armen und Veinen verletzt. Das
Tier durchbiß ihr soaar am Bein die Schlagader, so datz
sie sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mutzte. In
blinder Wut sprang der Kater dann gegen ein geschlofle-
nes Fenster, zerttümmerte dft Scheibe und entkam.

— Starke Schneesälle au der Wcstküste von Rord-
eswig. An der Westküste von Nord-Schleswig fielen
grötzere Mengsn Schnee, der trotz der vorgerüc

„.ftngen Schnee, der trotz der vorgerückten

Iahreszeit liegen blieb. Die Schneemaffen waren so
umsangreich, datz sie den Derkehr behinderten.

Rundfunk in der Schule. Nachdem bereits 3500

Schulen n Cngland regelmätzige Rundsunkstunden
eingerichtet haben, foll diese Einrichtung nunmehr mög-
lichst aus alle Schulen Cnglands ausgedehnt
werden. Die Londoner Lehrer-Vereinigung hat anqereqt,
den Rundfunk auch im Geographie-, Sprach- und Mufik-
unterricht zu verwenden.

— lleber 500 Todesopfer des Wirbelsturmes. Das
amerikanische Rote Kreuz nimmt an, datz bet dem grotzen
Wirbelsturm in den Südstaaten am Montag
über 500 Personen getötst und 1727 schwer ver-
letzt worden sind. Die Zahl der zerstörten Häuser wird
auf 3200 geschätzt. Visher wurden 42 9 Leichen ge-
borgen.

Dic BMschnlc ift siir «le d»!

Abbau der privaten Dorschulen und Dorschulklaffen-

durä

Crlatz

. ^ ulen und Vorschulklassen nicht mehr a»!
genommen werden dürfen. In dem Crlaß heitzt es, dov
von jedem im grundschulpflichtigen Alter stehenden deur
fchen Kind gründsätzlich der Vesuch dsr össentliche
Dolksschule verlanqt werden müffe. Dicse sei die f>u

alle Kinder gemeinsame nationalsozialistische Cr

ziehungsstätte während der ersten Schuljahre. Die
behaltung privater Vorschulen und Vorschulklaffen
derspreche daher den nationalsozialistischen Crziehung-
grundsätzen. ^

Soweit Schulanfänger bereits bei pttvaten Vo>
schulen angemeldet sind, werden fie daher wieder abzunw-
den und bei der zuständiqen öffentlichen Volksschule anzu
melden sein. Rur falls in Ausnahmefällen die Aufnahm-
in den Sffentlichen Volksschulen außergewöhnliche'
Schwierigkeiten begeanen sollte (z. V. wegen etwa rttU
wendig werdender KlaffeneinteUunqen) kann die llmsch"
lung bis nach den Sommerfetten verschoben werden.

Für den Ausgleich etwa entstehender erheblim"
wittschaftlichsr Härten für die llnterhaltsttäger der Ptt
vaflchulen und die freiwerdengen Lehrttäste durch geeig
nete öffentlichs Maßnahmen sind weitere Richtlinien
Aussicht gestellt. Mit der Zahlung von Cntschüdiquna^
wird jedöch nur in ganz besonders gelagerten Härtefa»
len gerechnet werden können.

Für die Crteilung von Privatunterricht u»w
den Besuch sogenannter Famtltenschulen gelten
bishettgen Vörschristen.

Auf private jüdische Vorschulen und Vorschulklaff^
findet der Crlatz kttne Anwendung.

Aeues vom Tag.

Ein neuer Sporttlughafen in Rangsdott bei Verlla-

Derlin, 7. April. Nach kaum achtwöchiger VauzaU
fand am Dienstag das Richtfest des für natioira^
und internationale Lustsportzwecke bestimmten Sport
flughafens Rangsdorf ftatt. Der 25 Kilomets-
südlich von Verlin gelegene neue Flughafen mit eiift^
prächtigen Klubhaus des Aeroklubs am Rangsdorst'
See, einem Flughafen-Leitungsgebäude, ttnem grotz^
Verwaltungs- und Flugschülergebäude und drei geräuin>'
gen Hallen wird Anfang Zuli 'berttts in Bettftb genoA
men werde» können. Die Anlagen werdcn also den zav-
reichen Sportslieqern aus aller Welt, die anlätzlich
Olympischen Sprele nach Verlin kommen werden, -w
Verfüqung stehen und bei dftser Gelegenheit ihre ett»'
große Feüerprobe durchmachen.

Mit L3 „Hmdelldilrg" avs der Rötdsahü.

Wicder über dem Aequator.

A» Dord des Lustschisfes „Hindenburg", 7. Aptt^
(Funfipruch des Sonderberichterstatter des DNB.) 3"
den ersten Morgenstunden des Dienstag trat, wft sch^
gemeldet wurde, unser Lustschiff „Hindenburg '
das uns so getteulich über den Ozean nach dem ferntt
Wunderland Brasilien gebracht hat, seine Rückfahtt
über die grohe blaue Wasserwüsft an. Gegen 11
MCZ., erreichten wir die malerische brasilianische StrÄ'
lingsinsel Fernando de Noronha, dis in dsr üblich^
Höhe von 200 Meter überflogen wurde. Wir erkaniü^
deutlich die Funkstation, eine Motorbarkafle, dft in d^
kleinen Hafen der Insel lag, sowie dft Sträflingssiedlin^
Felder und Gärten.

Das Wctter ist unverändert herrlich. Leider ist ^
genwind aufgckommen, 1o daß wir nur etwa 100 Kuk
meter Fahrt machen. llm der beträchtlichen Hihe zu en'
gehen, ging das Lusttchifi vorübergehend auf 550 Me>>
Höhe hinauf, wo der Gegenwind aber noch stärker wa,
llm Punkt 16 Llhr, MCZ., überquerten wir zum zwciE
mal den Aequator. Wicder gab es das übli^l
„Aequator"-Cffen. Dreizehn neue Täuflinqe mutzten tz"
dem Verfahren einer Tause durch den Windgott AeolA
unterzichen. Launig« Ansprachen wurden gewechselt. ^
stige Crmnerungen an die Hinreise mit dem äquatoria^
Mitternachtsdiner kamen auf. Die neuen Fahrgäste
genau so wie wir ganz erfüllt von der Grotzartigkeit
seres Märchenschisfes, und wir erftben ihre Cindr»",
nochmals mit. Die zauberhaft ruhiqe Fahrt durch
blauen Aether und die tropische Hitze prägt dem ÄE
leben deutlich den Stempel einer ausgesprochenen „D,
wegungsträghest" auf. Vei 27 Grad im Schatten si^.,
wir in den bequemsn Stühlen und hören den CrzählH

vorimttag werden wir die Kapverdischen Inseln erreia>>
wo der weitere Kurs festgesetzt werden wird.

Mchtbare§ Flugzeugunglijkk iu Ameriks.

Els Toft, drei Schwerverlehte.

Newyork, 7. Apttl. Iu der NLHe von Uni^
town in Pennsylvanien hat fich ein furchtba»^
Flugzeugunglück ereignet, das insgesamt s.
Todesopser fordert«. Cin Paffagierslugzeug ^
Transkontinental and Western Airlines stürzte ungtt^
10 Kilometer von der Stadt entfernt in einer hügeliiv,
Waldgegend aus unbekanuter llrsache ab. Neun Fl>>-
gäste und die beiden Flugzeugführer wurden sofort gR
ttt, während zwtt FluggLste und dft Sftwardctz schtt^
Verlehungen erlitten. .

Uuiemegs.

Rttse-Crinnerungen von Karl Lütge.

Manche Reise bringt unverlierbare Crftbniffe.

„Vedauere," erklärte der Portisr des grotzen Hotels
am Münchener Hauptbahnhos, als ich dort ge-
aen 5 llhr nachmittaqs am Vorschlutztag eines grotzen
Festes nach einem Zimmer sragte. Der zweite sagte:
„Sind schon seit dem Mittaq ausverkaust." Der dritte:
„In ganz München kriegen 's nix!"

Nun, auf dem Hauptbahnhof waren vorsorglich
zwtt amtliche Fremdenzimmer-Nachweise errichtet. Der
cine schloß just um )47 Uhr abends wegen Mangel an
2lnaebot. Die Nachfrage erdrückte den zweiten Nach-
we»s. Cinbettzimmer, sogar Zweibett-Zimmer in Mün-
chen nicht vorhanden.

Ich beschlotz, die Lage in einer der gemütlichen Gast-

Der Meinunq waren auch die Hsrren, mit denen ich am
Tisch ins Gespräch geriet.

Dis einer plützlich sagte: „Warum sollens denn erst
wieder von München wegfahren? Ich hab' ein Sofa.
Wenn Ihnen das genüqt, können 's ja schlafen —"

Um 2 Uhr in der Nacht zog ich bei dem gastlichen
Münchener — einem Opernsänger — ein.

Lir hatten uns nie vorher gesehen. Wir waren nur
deutsche Menschen, trugen zufälliq das gleiche Festabztt-
chen — so half der eine dem anderen, in jenen Tagen, wo
dsutsche Gastlichkeit der ganzen Welt gezeiqt wurde —.

*

In Freiburg im Vreisqau ttaf ich unlängst ge-
ffen Mitternacht aus Richtung Schwttz ttn. Ich war in
,enem Augsnblick infolge der Zehn-Mark-Verordnunq
bargeldfts. Mer da ich im nahen Glotterbad wohnte
und den Woqen an den Hauptbahnhof der Schwarzwald-
hauptstadt bestellt hatte, so wollts diese „Mittellofigkeit"
nichts besagen.

So dachft ich. Ich dachte es nicht mehr, als der
Wagen durch eincn Zufall ausgeblicben war. Da es reg-
nete, waren die Autodroschken stark qefraqt, und ich fand
.. - - "ittelb'

im Augenblick — zumal ich als „Mittelloser" zaghaft
vorqing — keinen Wagen, der ins siebzehn Kilometer
entfernte Glottertal zur Nachtzeit m'>

siebzehn Kil
einem Stadtfrem-

Meine Vemühungen beobachtete ttn Kraftwagen-
befitzer. Er sprach mich an und stagte mich aus. Ich qab
Antwort. Cr lächelte und erklärte: „Ich bin in der um-
gekehrten Lage; mein Besuch ist nicht angekommen. Zch
könnte Sie ganz gut hinausfahren ins Glotterbad; absr
das tft gerade entgegengttetzt. — Na, macht nix! Also,
bitte, steigen Sie ein, ich fahre Sie hinauf!"

Tat es, ohne den Fahrgast zu kennen, aus gaststeund-
licher Pflicht; und wehtte am Ziel den Dank höflich und
bestimmt ab.

„Wir sollen helfen, wo immer wir es können —
auch im Cinzelfall, und wenn es nur eine kleine Auto-
sahrt ist..."

*

In Göhren aus Rüqen. Der letzte Abendzug hatte
unqewöhnlich viele Gäste gebracht. Infolge eines !ln-
wetters am Abend waren zahlreiche abreisebereite Vade-
gäsft noch dageblieben. Dft Hoteldiener am Vahnhof
nahmen daher nur Gäste an, die vorher Zimmer bestellt
hatten.

Gespannt beobachtete ttn alter Fischer, der anschei-
nend mützig am kleinen Vahnhof herumstand, dis Cnttäu-
schung und Ratlosigkttt der unversorgten Gäste. Cinige
hatten stch bereits in den Ort beqeben und suchten auf
eigene Faust tn Penflonen und Privathäusern. Ein Nei-
ner Rest von fünf Personen blieb übrig.

Der Alte ttef ein paar junge Vurschen heran:

„Da geht mal mit los mit den tzerrschaften und ttaqt
die Kofser —! Wißt ja Bescheid — fragt überall, ob
was frei tst."

Der letzte, der llnterkunft fand, war ich. Wir hat-
ten an ttwa dreißig Stellen nachqefragt. Aber mein jun-
ger Vetreuer, zu dem sich am Schlutz nock> der Alte zu-
gesellte, ruhte nicht stüher, als bis ich ein Vett hatte —.
And er handelte nicht, weil etwa Olympia in Deutsch-
land veranstaltet wurde und alle Auqen auf das neue
Deutschland blickten, sondern aus selbstverständlicher Ver-
Pflichtung, als gastlicher, deutscher Mensch.

*

Ms ich erst kurze Zttt tn Verlin wohnte, geschah
es, daß ich mich spät abends im Norden regelrecht verlief
und in Geqenden gerftt, die einsam und weniq einladend
warcn. Äeit und brttt keine Gleise in den Stratzen, kein
Schupo, kein Mietauto. Vtt dem naffen Wetter hatten
es alle Leute eilig; manche wichen mir soqar aus, wenn
ich in den schwach erleuchteft» Strahen auskunsthetschend
auf fie losstürmt«.

Da kam ein Liefsrwagen. Cin schweres Llngttüm.
Ich machte dem Wagenftnker ein Zeichen. Lr sah mich
und hielt.

„Wat? Keen Auto zu haben? Gloob ick — hier is et
ktr'" - - - -

finster-Lln zur Clektrischen ham Ss och 'ne gute

Viertelstunde. Also, klettern S« hier ruff — I
Se hin, wo Se hinwolln!"

Zch bring'

'Rümpelnd suhr der Lastwagen durch die Stratzen
und bog nach wenigen Augenblicken in große Sttatzen-
züge eiü, die ich so nahe gar nicht vermutet hatte.

Ich machte in der Tasche Geld locker. Als der Wa-
aen an einem größeren Platz hielt, wo es Stadtbahn,
U-Bahn, Clektrische und Vus zur Auswahl gab — der
Wagenftnker deutete es mit brtttem Lachen an, reichte ich
ihm, bevor ich die steilen Stufen hinabkletterte, das Cnt-
gelt hin.

Da wurde der Mann am Lenkrad ungemütlich.

„Ns, det laffen Se man! So es det in Verlin nich.
Wir helfen hier, wenn wir können. Crst dacht ick, Se
wär'n Ausländer, da mutz man crst recht nett sein, damit
die merken, dat wir feine Kerls in Verlin sind — aber
wenn Se Landsmann sind, och gut! Die Zigarre nehm'
ick! Det machen wir. Danke bestensl Gute Weiterrcise!"

Als ich heimfuhr im überfüllten Ll-Vahnzuq, dachte
ich: Man ist ja gar nicht allein — überall strccken sich hel-
fends HLnde aus in Deutschland. Man mutz ste nur er-
greifen.

kunlk imdMenschaft.

fDie Literaturpreise der Stadt München.j Dft L i-
teraturpreise der Stadt München für 1934,

1935 und 1936 wurden in der am Dienstag abgehaltensn
Sihung der Ratsherren folgendermatzen vertcilt: Den
Liftraturpreis für 1934 erhielt die Valladsndichterin
Franziska Luise Dresler-Schember „in Anerken-
nung thres in diesem Iahr vollendeten grotzen Werfts,
das die Traditton deutscher Valladendichtung wllrdig
sortseht." Der Literaturpreis für 1935 wurde dem Dich-
ter Georq Vrittinq „in Anerkennung seincs lyri-
schen Schafsens" verliehen. „Sein Wsrk — so heitzt es
in der Verteihungsurkunde — gcboren aus tiefer Natur-
verbundenheit und geformt durch das erschüttcrnde Cr-
lebnis des Krieges, stellt ein glanzvolles dichterisches
Wiederaufbauleben des baycrischen Barocks dar." Für

1936 wurde der Literaturpreis dem Dichtcr C. G. Kol -
benheyer „in Anerkennung seiner in ihrer Vielseitig-

keit einzigartigen dichterischsn und denkerischen GesaA
leistung" 'zuaesprochen. Insbesondere wurdcn in der L
gründung die Paracelsus-Trilogie und das Schauflf
„Gregor und Heinrich" hervorgehoben. Dis mit
Preis verbundene Summe beträgt 2000 Mark.

fEin Theatermuseum der Stadt Mannheim.) A
Deständen des städtischen Schloßmuseums, dcs Thca>'.>
und teilweise auch der Kunsthalle, sowie aus priv^i
Leihgaben ist im stüdtischen Gebäude E 7. 20 (die sräv'^
Reiß-Villa) ein „T h e a t e r m u s e u m der St^f
Mannheim" vom stellvertretenden Leiter des Schs^
museums, Dr. Iakob, eingerichtet worden. Das
seum untcrsteht der Verwaltung des Schloßmuseums-,-k
wird von Gründonnerstag 10 'llhr ab der OcffcntliK^
zugängltch sein. Dr. Iakob wird an diesem Tag /
11 Llhr vormittags die ersten Crläuterungen geben "f
eine Führunq durch das Haus vornehmen. Die
nungszeiten sind täglich (auch Gründonnerstag, KarlK
tag, Ostersonntag und Ostcrmontag) von 10 bis 13.
und von 15 bis 17 llhr. Vorerst ist der Cintritt frtt ^

fAuszeichnung eines badischen Künstlers.j llntcr^
zehn Künstlern, die vom Kuratorium der dcut'chcn
brecht-Dürer-Stiftung mit einem Stipssi
dium ausgezeichnet wurden, besindet sich auch der
ruher Crnst Feuerstein (geb. 9. März 1903). f

sDer Ersinder deS Pyramidons j-.j In FraN^l
am Main ist Dr. phil., Dr. med. h. c. Friedrich S
im 76. Lebensjahre einem Herzschlag erlegen. Dur«„e
Lrsindung des Pyramidons wurde scin Nam« i>'
bekannt. Stolz war es auch als erstem qelungcn,
Drüsenhormon des Körpers synthctisch herzustcllen, p'
sich unter dem Namen Suprarenin in der Heilkund>
währt hat.

fMaria Müller singt in Ankara.j Die bekannte A
aerin Maria Müller von der Berliner Staaft ->
sang mit Dr. Hallasch von der Münchencr Op^^/
Vegleiter in der Deutschen Votschast in AnkarN .»c>
geladenen Gästen, unter denen sich der türkische Mfi'sil'-
präsident Gencral Ismtt Inoenu, der Finanzn"" /
der llnterrichtsminisftr, zahlreiche höhere VeaM>^ü
Abgeordnete sowie Vertrcter des diplomatiichcn ^
mit ihrcn Damen besanden. Am folgcnden Tag >,
Sänacrin im Rahmen eines Wohltättgkeitskonzett^.
Volkshaus auf und erregte vor überfülltem Haus ^ /
der Vegeisterung. Die Künstftr reisen dieser Tag^
Istanbul weiftr.
 
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