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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Januar bis Juni)

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Seite 2

Ferrrsprecher-S.-A. 7351—53.

„Heidelberger Neueste NachrichtenE — ^Heidelberger AnzeigerE

Donnerstag, 23. April 1936.

Der Kricg i« Abeiflme«.

Die iialienische Südoffensive l5ü Kilometer vorgetrieben.

Rom, 22. April. Der unter Nr. 192 veröffentlichte
Heeresbericht Marschall Dadoglios besagt: An der
Somalifront setzcn unsere Truppen den Vor-
marsch auf der ganzen Linie sort und haben Ortschasten
crreicht, die etwa 15V Kilometer von den Ausgangsstel-
lungcn entsernt sind. Ansere Abteilungen besetzten gestern
Duncun im Tal von Nacata, nachdem die feindlichen
Nachhuten zerstreut wurden. Wir hatten einen verwun-
deten Offizier und etwa 50 tote und verwundete Soldaten.

An der Nordfront bietet die Vevölkerung immer wei-
tsrer Gebiete ihre Unterwersung an.

Der abessinische Kronprinz in Addis Abeba.

Addis Abeba, 22. April. Der abessinische
Kronprinz tras in der Nacht zum Mittwoch in Addis
Abeba ein. Cr wird während der Abwesenheit des Kai-
sers die Leitung der Regierungsgeschäfte übernehmen.

So «rbeiiel Mosk««.

Kommunistenorganisation in Oberösterreich
ausgehoben.

Wien, 22. April. Im oberösterreichischen Salzkam-
mergut wurde eine groste Kommunrstenorgani-
sation aufgedeckt. Zentralsih dieser Organisation war
dis Ortschaft Hoisenrat bei Ischl.

Zweigstellsn bestanden in den Salzkammergutorten
Cbensee, Ischl, Rettenbach, Goisern, Laakirchen und
Gmunden. In allen diesen Ortschaften wurden Der-
haftungen vorgenommen. Zahlreiches Material
wurde beschlagnahmt. In Hoisenrat war auch ein Schu-
lungskurs der Kommunistischen Partei eingerichtet, den
ein Wiener Kommunist leitete.

Kommunistische Geheimorganisation in Ost-Oberschlefien
aufgedeckt.

Kattowitz, 22. April. Wie erst jetzt bekannt wird,
konnte die polnische Polizei am Dienstag eine weitver-
zweigte kommunisttsche Geheimorganisation auf-
decken, deren Mitglieder als „Dszirksgruppe Schlesten der
Kommunistischen Partei Polsns" geführt wurden. Der
Polizei fielen mehrere tausend Flugblätter und Flug-
schriften in die Hände. Autzerdem wurde eine betriebs-
fertige Druckerei beschlagnahmt. Visher wurden 24 Per-
sonen verhaftet. Die Untersuchungen stnd noch nicht ab-
geschloflen.

Reue Kommunistenverhaftungen in Warschau.

Warschau, 22. April. In Warschau wurden nach er-
neuten Haussuchungen am Dienstag wiederum
56Kommunisten, darunter eine Reihe leitender Par-
teimitglieder, verhaftet.

ParlamentSMslösung in Velgien.

Neuwahlen am 24. Mai.

Vrüffel, 23. April. (Cig. Funkmeldung.) Durch eins
am Donnerstag im „Staatsanzeiger" erschienene Verord-
nung des Königs find Kammer und Senat aufge-
löst worden. Die Nsuwahlen wurden endgültig auf den
24. Mai festgeseht. Das neue Parlament tritt am
23. Iuni in Brüffel zusammen.

Vettere Neldungen.

Votschafter Graf Welczek in Paris eingetroffen.

Paris, 22. April. Der neue deutsche Botschafter in
Paris, Graf Welczek, ist am Mittwoch aus Madrid
kommend in der französischen Hauptstadt eingetroffen.

— Im englischen Unterhaus wurdsn am Mittwoch
an den Autzenminister Cden verschiedene Fragen gerich-
tete, die sich auf die Auhenpolttik bezogen. Lden
erklärte u. a., dah der Krieg in Abesflnien, wie der
Dreizehner-Ausschuh festgestellt habe, unter Bedingnngen
fortbauere. die im Widerspruch stehen mit den Grundsähen
des Völkerbunds In Genf sei deshalb erwogen worden,
die Sühnemahnahmen noch wirksamer zu gestalten. Auf
die Frage, ob Cngland ssinen Votschafter rn Rom ab-
berusen werde, antwortete Cden verneinend. Lbenso vsr-
neinte Cden die Frage, ob Italien nicht aus dem
Dölkerbund ausgeschlöffen werden solle.

— Das englische Kabinett trat am Mittwoch srüh
zu seiner üblichen Wochsnsttzung zusammen, in deren Äer-
lauf Auhenminister Cden übcr die letzten Creig-
nisse in Genf berichtete.

— Der englische Haushaltsplan, der eine Cr -
höhung der Einkommensteuer vorsieht, begegnet in der
britischen Oeffentlichkeit einer starksn Kritik. Beson-
ders im Anterhaus wurde die Regierung zu gröhter
Sparsamkeit gemahnt.

— Der französische Votschafter in Verlin, Francois-
Poncet, wurde am Mitwoch in Paris vom Autzenmini-
ster Flandin empfangen.

— Der bisherige deutsche Gesandte in Chile, Dr.
Wilhelm Freiherr von Schoen, überreichte am Mitt-
woch mittag sein Bsglaubigungsschreiben als Botschafter.
Die chilenische Preffe wsist aus diesem Anlah auf die Vs-
deutung hin, die der Crhehung der beiderseitigen Gesandt-
schasten zu Botschaften zukommt. Die Zeitungen widmen
der stets ungetrübten Freundschaft zwischen Deutschland
und Chile söwie dem neuen Botschaster herzliche Worte.

Dit RtMmittbalm Sallt-LtWi.

Eröffliung äm Samstag.

Halle, 22. April. Im Rahmen des Gautages der
Technik inHalle wird am Samstag der General-
inspektor für das Deutsche Stratzenwessn Dr. Ing.
Todt, in Gegenwart des Reichsstatthalters Mutsch-
mann und des Gauleiters Staatsrat Iordan die
Reichsautobahn Halle —Leipzig als ersten
Abschnitt der Strecke Magdeburg—Dresden dem Ver-
kehr übergeben.

Wenig mehr als zwei Iahre waren nötig, um die-
ses Werk zu vollenden, das in dem Iahrzehnt vor der
Machtergreifung kaum über die ersten allgemeinen Anre-
gungen und Crwägungen hinausgeraten war. Die Ge-
schichte dieser wichttgen Verkehrsverbindungzwischen den
beiden Hauptstädten des mitteldeutschen Wirttchastsge-
biets zeigt besonders drasttsch den Gegensatz zwischen
Wollen und Vollbringen in Dergangenheit und Gegen-
wart.

Auf der rund 27 Kilometer langen Strecke Halle—
Leipzig muhten 21 Bauwerke zur Unter- oder Lleber-
führung von Cisenbahnlinien, Stratzen usw. geschasfen

werden, auherdem aber auch die nach dem „Kleeblatt-
System" ausgeführte wichtige Kreuzung mit der
ReichsautobahnVerltn —München in un-
mittelbarer Nachbarschaft von Schkeuditz. Hier überbrückt
die Reichsautobahn Halle—Leipzig auf einem sechsein-
halb Meter hohen Damm die künstige Autobahnstrecke
Berlin—München. Der Aeberganq von der oberen
zur unteren erfolgt durch besöndere Bahnen, so
dah an dieser Stelle die Fahrbahn nicht die normale
Breite von 24 Meter, sondern von 42 Meter erhält. Für
die untere Fahrbahn muhte zur Verbeffsrung der Sicht
sogar eine gesamte Lichtweite von 48 Meter sreigshalten
werden, die in vier gleiche Oeffnungen unterteilt ist. Die-
ses Kreuzungsbauwerk wird später einmal einer
der wichttgsten Verkehrsknotenpunkte Deuttchlands
werden.

Bei den Arbeiten auf dieser Strecke find im ganzen
10 000 Psrsonen beschästigt; rund 4 Millionen Taqewerke
wurden bisher geleistet. Allein 8,6 Millionen Tonnen
Stablkonstruktton wurden eingebaut und rund 1 Million
Quadratmeter Fahrbahndecken und Auffahrtsrampen her-
gestellt.

Sas Reurlte »,m Lag.

Z««i ReichsberassweMWs.

7ÜV Teilnehmer nach Königsberg abgesahren.

Verlin, 22. April. Am Mittwoch nachmittag ver-
ließen etwa 70VTeilnehmer an derCndaus-
scheidung des Reichsberusswettkampfs der
oeutschen Iugend, die bekanntlich vom 23. bis 29. April
in Königsberg stattfindet, in einem Sondsrzug die
Reichshauptstadt. Nach kurzsm Aufenthalt in Swins-
münde geht die Fahrt mit dem Seedienst nach Pillau
wciter, wo dis Iungen und Mädel am Donnerstag mit-
tag eintreffen wsrden.

An der Fahrt nehmen 455 Iungen und 211 MLdel
teil, dis sich in den 32 Gauen der DAF von insgesamt
1 Million Teilnehmern als die Besten erwiesen haben,
ferner 15 Studenten und 2 Studentinnen als Vertreter
der Siegermannschaften des Reichsleistungskampfes der
deutschen Studenten, der bekanntlich in diesem Iahr erst-
malig im Rahmen des Verusswettkrmpfes der deutschen
Iugend durchgeführt wurds.

Am Donnerstag abend wird im Schloßhos zu M-
nigsberg nach einer Ansprache des Gauleiters der Reichs-
kamps durch Obergebietsführer Axmann eröffnet. Die
eigentlichen berusspraktischen, sportlichen, theorettschsn
und weltanschaulichen Wettkämpfe und Prüfungen fin-
den von Samstag bis Montag statt. In diesen Wett-
kämpfen werden die 35 besten deutschen Iungarbei-
ter und Studenten ermittelt, die am 30. Äpril mor-
ges wieder in Verlin eintreffen, um als Gäste des Rei-
ches an den Feisrn des 1. Mai in der Reichshauptstadt
teilzunehmen.

Segelflug mit Fahrgast.

Verlin. 22. April. Am Dienstag, dem Todes-
tagRichthofens, den dis deüttche Luftwasfe
als ihren Ehrentag würdevoll beging, führte der Se-
gelflughauptlehrer Piet van Housen von der Reichs-
segelflugschule Grunru in Schlesien einen Segelflug von
Grunau nach Vreslau aus. van Housen benützte dabei
ein zweisihiges Segelflugzeug vom Thp Grunau 8 und
flog mit einem Passagier während anderthalb Stun-
den zunächst bis zur Oder nordwestlich Breslaus und
dann stromaufwärts zur schlesischen Hauptttadt in durch-
schnittlich 700 Meter Flughöhe unter Äusnutzung siner
Schlschtwetterfront. Dis Luftlinie Grunau—Breslau be-
trägt 82 Kilometer, der tatsächlich zurückgelegte Flugweg
war insolgs des erwähnten Umwegs bedeutend länger.

Technische Nothilse in den Schnee- und Sturm-
schädengegenden eingeseht.

Verlin, 22. April. Die vom 17. bis 19. April übsr
Ruhrgebist, Sauerland und Vsrgisches
Land 'niedergegangenen Schneemassen hatten so
grotze Verkehrsstörungen und Schäden zur Folge, datz
dis Technische Nothilse durch den Reichssender Köln
alarmiert werden mußte. Visher waren die Ortsgrup-
pen Köln, Dortmund, Remscheid, Lüdenscheid, Iserlohn,
Menden, Hagen und Dinslaken tätig. Viele hundert
Rothelfer wurden hier vorwiegend züm Freimachen von
Hauptausfallstrahen, Wiedsrinfahrbringen steckengeblie-
bensr Lastzüge auf den tzauptverkehrsstrahen, zum Frei-
machen von Weichen, zum Wiederausrichtsn und Aus-
wechseln zerstörter Leitungsmasten der fleberlandleitun-
gen und zur Wiederherstsllung von Telephonverbindun-
gen eingesetzt.

„Gras Zeppelin" über Sevilla.

Hamburg, 23. April. (Cigene Funkmeldung.) Das
Luftschisf „Graf Zeppelin" hat am heutigen Don-
nerstag um 2.45 flhr (MCZ.) die südspanische Küste er-
reicht. flm 8.05 flhr fuhr es nach den letzten bei der
Deuttchen Seewarte eingegangenen Meldungen gerade
zur Landung in Sevilla an.

Die Leichcn der verunglückten englische» Schüler
in London eingetrosfen.

London, 22. April. Die Leichen der fünf im
Schwarzwald ums Lebsn gekommenen enqli-
schen Schüler trafen am Mittwoch in London ein.

wo sie von ihren schmerzgebeugten Cltern, sowie von
Vertretern der Stadt London und der städtischen Schul-
behörden in Cmpfang genommen wurden. Auch die
Schulkameraden der Verunglückten hatten sich ein-
gefunden.

Mit dem neuen Streckenflugzeug nach Madrid.

Madrid, 22. April. Am Mittwoch 19.30 Ahr MCZ
trasen auf dsm Madrider Flugplah Uvbarajas neun
deutsche Iournalisten mit dsm neuen fahrplan-
mahigen Streckenflugzeug der Deutschen Lufthansa Ver-
lin—Madrid ein. Die Teilnehmer, zu deren Cmpfang sich
außer Vertretern der deutschen Votschaft und der deut-
schen Kolonis auch einige spanische Preffevertreter einge-
funden hatten, sprachen voller Begeisterung über die Cin-
drücke wahrend des Fluges. Zu Chren dsr deuttchen
GLste, die am Freitag bereits wieder den Rückflug an-
treten, sind mehrere Veranstaltungen vorgesehen.

Spanische Preffevertretcr zu einem Deutschland-
besuch gestartet.

Madrid, 22. April. Als Gäste der Deutschen Lust-
hansa sind anläßlich der am Sonntag eingerichteten
Flugstrecks Madrid — Berlin am Mittwoch in
Madrid acht spanische Pressevertreter zu einem
kurzen Vesuch Deutschlands gestartet. Die spa-
nischen Iournalisten, die die spanische Nachrichtenaqentur
Fabra und die Madrider Zsitunaen „Cpoca", „Ahora",
„Cl Dabate", Informationes", „Cl Sol", „La Nacion"
und „La Libertad" vertreten, werden am Freitag wieder
den Rückflug antreten.

flus aller welt.

— Der Reichsausschuh für Fremdenverkehr trat am
Dienstag in Verlin unter der Leitung des vom
Reichsminister für Volksaufklärunq und Propaganda be-
stellten gsschäftsführsnden Präsidsnten, Staatsminister
a. D. Hermann Csser, zü einer Sihung zusammen.
Die dem Reichsausschuh angehörenden Vertreter der
Reichsministerien, der Länderregisrungen und der am
Fremdenverkehr intereflierten Stellen und Organifatio-
nen waren hierzu vollzähliq erschisnen. Der Geschäfts-
führer, Oberregierungsrat Dr. Mahlo erstattete ein-
gehenden Bericht über den organisatorischen Aufbau des
Reichsausschuffss und seine Arbeiten auf dem Gebiet
zahlreicher für den Fremdenverkehr bedeutungsvollsr
Fragen. Darauf erläuterte Staaisininistsr Cffer das vor
kurzem erschienene Gesetz über denFremden-
verkehrsverband, das als organisatorische
Grundlags der Fremdenverkehrsfördsrung von allen
Seite« ünd besonders üuch vom Ausland als muhter-
gülttq anerkannt werde.

— Drei Mädchen aus einer Felswand. Cin 15 und
ein 16 Iahre altes Mädchen, die mit ihren beiden sieben-
und achtjährigen Schwsstern von Vourg d'Oifans bei
Grenoble (Frankreich) aus den Gipfel des Puy be-
steigen wollten, kehrten abends nicht nach Hause zurück.
Nach stundsnlangen Nachforschungen in der Nacht und
nachdem die Gendarmerie alarmiert worden war, fand
man drei Mädchen aus einer Felswand über einem
800 Meter tiefen Abgrund. In der äuherst gsfährlichen
Stellung klammerten fie sich halb erfroren an die Felsen.
Die Kinder waren vom Wsq abgekommen. Die Aslteste,
die das jüngste Mädchen trug, war mit lautem Schrsi
in den Äbgrund gesttirzt, nachdem ste noch geistesgegen-
wärtig mit der lehten Krast die Kleine auf einen sicheren
Platz gestohen hatts.

— Zwei Kinder verbrannt. In der spantschen Stadt
Arcos de la Frontera ereignete sich am Mittwoch ein
schweres flnglück, dem zwei Menschenleben zum
Opfer fielen. In einer Wohnhütte brach infolge llnvor-
sichtigkeit zweisr durch ihre Cltern eingeschloffener Kin-
der Feuer aus. Cin vierjähriger Knabe und ein
achtjähriges Mädchen kamen in dsn Flammen um. Die
Mutter erlitt bei dem Äersuch, ihrs Kinder zu retten,
lebensgefährliche Vrandwunden.

hcidelierier SMischer Theater.

„Der Kaiser und der Löwe."

Schauspiel von Walter Erich Schäfer.

Heidelberg, den 23. April 1936.

Die erste Bekanntschaft mit Walter Erich Schäfer
datiert seit der Aufsührung seiues Schauspiels „Der
18. Oktober" am hiesigen Theater vor einigen
Jahren. Und diese Bekanntschaft war autzerordentlich
erfreulich. Denn es trat uns ein Dichter gegenüber
von wahrhaft deutschem Empfinden, einer von denen,
die mit ficherem Theaterinstinkt eiuen historischen
Stoff zu bändigen wissen, der zum Volk zu sprechen
verstand und der zugleich den Mut aufbrachte, kämpfe-
risch einzutreten für Jdeen, an die zu rühren zu jener
Zeit noch ein Wagnis war. Zum zweiten Mal lernte
man das urgesunde, die Probleme herzhaft anpackendc
Dichtertum des Schwaben kennen, als das Mann-
heimer Natwualtheater sein Volksstück „Schwarz-
mannund die Magd" herausbrachte. War es
im „18. Oktober" die bedenkenlose Einsatzbereitschaft
für Deutschland und für die Einigkeit der deutschcn
Stämme, so war es in diesem Stück das Heiligtum
der Mutterschaft, das in kraftvollen, lebensnahen
Szenen vor uns erstand. Und nun begegnen wir dem
Dichter erneut mit seinem Schauspiel „Der Kaiser
und derLöwe", das, vor Jahresfrist in Frank-
furt a. M. uraufgesührt, inzwischen von mehr als
zwei Dutzend deutscher Bühnen gespielt oder zur Auf-
sührung vorgefehen wurde.

Wiederum ist es ein historischer Stoff, den Walter
Erich Schäfer gestaltet, ein Stück deutscher Geschichte,
vielleicht eines der feffelndsten Kapitel unserer ge-
schichtlichen Vergangenheit, die Auseinandersetzung
zwischen Kaiser Friedrich Aarbarossa und
Heinrich demLöwen. Jn diesen beiden Herr-
schevnaturen standen sich zwei Männer gegenüber, die
auf verschiedenen Wegen einem Ziel zustrebten:
Deutschland. Der tragische Konflikt liegt in der
Gegensätzlichkeit der Jdeen beider. Friedrich der
Staufer glaubte, den Weg zum deutschen Weltreich nur
über Jtalien und Nom finden zu könncn. Heinrich der
Löwe aber kämpste für den deutschen Volksstaat, für
das aus deutfcher Erde gewachsene Reich- Diese Wege
konnten nicht zusammensühren und ihr Begeheu mutzte
die Kluft zwischen diesen beiden grotzen Deutschen.
zwischen den beiden Freunden aufreitzen. Darum ver-
weigert Heinrich der Löwe dem Kaiser in jener denk-

würdtgen Unterredung des Jahres 1176 in Ehiavenna
die Gesolgschaft im Kampf gegen di« italienischcn
Städte, darum muß chn der Kaiser in Acht und Aber-
acht erklären — menschliche Tragödi« und Tragik deui-
schen Schicksals.

Das ist die historische Linie des Stücks, die Walter
Erich Schäser in gerader Führung nachzeichnet. Er
zeigt uns im ersten Akt die Persönlichkeit des Löwen
und sein Ziel, «in n o r d i sches R «ich zu gründen,
ein welfisches, sächsisches, dänisches Reich, das von den
Alpen bis zur Ostsee reicht. Um dieses Reich zu bauen,
kann er seine Mannen nicht dem Kaiser nach Jtalien
zur Hilfe schicken. Aber er selbst geht nach Chiavenna
(2. Akt), um dem kaiserlichen Freund die Notwendig-
keit seiner Haltung zu erklären. „Was schiert uns Jta-
lien, uns Westfalen und Sachsen, das Land, das un-
sere Mäuner und Heere fritzt?... Jhr habt das Süd-
weh tm Blut, Jhr am Hohenstaufen. Aber wir sind
Sachsen. «Unsere Ströme fließen nach Norden, und im
Norden ist unser Herz, im Norden ist unsere Krast und
unser Reich." Nichts kann ihn in diesem Entschlutz
wankend machen, nicht einmal der Futzfall des Kaisers.
So kommt es zu der für den Kaiser unglücklichen
Schlacht von Legnano. Der dritte Akt läßt uns in
packeuder Gestaltuna die Slimmung vor jener Kata-
strophe, aber auch die inneren Kämpfe Barbarossas er-
leben, die auch noch in den vierten Akt, den Reichstag
zu Gelnhausen, hineinspielen. Noch verteidigt Friedrich
den Freund: Landesverrat, wie die Fürsten meinen,
beging er nicht, konnte er nicht begehen, weil das er-
träumte Reich noch nicht da ist, in dem e i n Recht und
ein Wille herrscht. Aber der Löwe beging nach An-
sicht des Kaisers Verrat am Reich der Deutschen, weil
er sür dieses werdende Reich nicht mitkämpfte am Tag
von Legnano. Darum wtrd er in Acht erklärt, darum
ziehen die kaiserlichen Heere (5. Akt) wtder ihn zu Feld
und schlagen seine Sachsen. Und noch einmal stehen
sich die beiden gegenüber, beide wissend um den eige-
nen Weg und um das Schicksal des anderen. „Sei
König in Deutschland, Kaiser — dann will ich sterben.
ohne ein Wort, dann weiß ich: Deutschland wird
leben." Aber der Kaiser kann thm nicht solgen, er
mutz seine Stratze zu Ende gehen, denn das Ja und
Nein liegt nicht bei ihm. Die Acht nimmt er von dem
Löwen, die Verbannung wird jedoch seiner harren.
„Doch wissend, daß der Löwe heiß wie wir selbst, wenn
fchon unter anderen Sternen, für Deutschland sicht, er-
suchen wir, daß man unseren tapferen Vetter wie einen
König ehrt. Er ist's, ihr Herren, und seine Kinder
werden Könige seiu!"

Man könnte einwenden, datz das Schauspiel Wal-
ter Erich Schäfers die klare Entscheidung zwischen der
Jdee Deutschland und der Jdee Rom vermissen lätzt.
Aber ganz abgefehen davon, daß auch im Unausgespro-
chenen eine Euttcheidung liegen kann, nämlich die f ü r
den Volksstaat aegen das Jmperium, hätte ern noch
schärferes Unterstreichen von These und Antithese einen
besonders sympathischen Zug der Gestaltung dieses
historischen Sioffes verhindert: die Ebenbürtigkett der
beiden Gegner wird niemals gestör", es stvd wirklich
zwei Grotze, die gemeinsam um daslelbe grotze Ziel
ringen. Und weil dieser Kampf immer . rmerlich
bleibt, weil weder der Glanz um die Gestalt Bar-
baroffas verdunkelt, noch die Bedeutung des Lowen
künftlich gehoben wird, darum spüren wir umso deut-
licher die tiese Tragfk, die in der Gegensatzlichkeit der
betden Freunde beruht, in diesem Widerstreit zweier
Deuttcher, die deutsches Schicksal verkörpern-

Zu diefer edlen Haltung des Stückes kommen aber
noch weitere Vorzüge, die auch beim Lefen (das Buch
ist im Dietzmann-Verlag, Lefpzig, erschienen) erkenn-
bar werden. Das ist einmal die sehr gepflegte, dich-
terisch beschwingte, immer natürliche und uiemals pa-
thetische Sprache, die nicht zum wenigsten wnhttft, das
Geschehen auch menschlich zu erleben. Es i>t wetterhin
das Feruhalten von jeder nur tendenziosen oder billi-
qen propagandistischen Auswettung des Yistorischen
Swffes. Und es ist schließlich die buhnenwirksame,
dramatisch autzerordentlich geschickte Formung der ein-
zelnen Szenen. So ift Walter Erich Schafers Lchau-
spiel „Der Kaifer und der Löwe" das W^rk eines Dich-
ters und Dramatikers zugleich, dessen Stofs uns ebenso
packt. wie seine Gestaltung zu einem wirklichen Er-
lebnis wird.

Hc

Dsr Bedsutung des Stückes entspricht auch die Hei-
delberger Aufiührung, sür die Karl Fürstenberg ver-
anttvortlich zeichnet. Cr qibt dcn einzelnen Akten ihr
verschiedenes, durchaus charakteristisches Gepräge, findet
geschickte flebergänge und Steigerungen von der rauhen
Fröhlichkeit der ersten Szenen zur tragischen Verdichtunq
und dramatischen Beweglichkeit der jpateren, stellt die
einzelnsn Figuren auch bildmähig M>t in den Raum,
dämpft alles Vsiwerk zugunsten einer schärferen Profi-
lierung der Hauptgestalten ab und findet für die abschlie-
henden Szenen noch die lstzten Akzente, um gerade die-
sen, übrigens fchon an sich ungemein stark wirkenden
Schluh nöch besonders eindrucksvoll zu gestalten. Dah
sich dis Gewichte bei den beiden Hauptfiguren ettvas ver-
schoben, liegt weniger an ihm, als an den Trägern dcr
Rolleu.

DMscheö Reitb.

Deutschlands Dank an England.

ster Frhr. von Neurath dankte dem brutt >
minister Lden für die ehrenden und eindrua» p
anstaltungen bei der fleberführung der stttv
des deutschen Votschasters in London, Dr. m D

ReichsaEAE
britilch^ L;
drucksvvll/

. . . .. st-rbl'A, ,

dsutschen Botschasters in London, Dr. v. v Si
Reichskriegsminister GeneralseldmarschaU
berg zeichnete sich am Mitttvoch nachn"" »
Chrenliste des Sturms 1/2 ein. avF'^/

Die Grundsteinlegung zu dem grohen ^
auf dcr Insel Rügen zwischen Vinz und ^ ^
am Donnerstag, den 30. April, morgens 8 Uy

Der Sührer an Generaloverst von

Ernennung zum Chef des Insanterie-Reg'»»" s,:
Verlin, 22. April. Der Führer und
fehlshaber der Wehrmacht hat an Generatt> ^ ,
Seeckt anlählich deffen 70. Geburtstages r'wems,'
wunschschreiben gerichtet und darin m>> .7 sjl i-
Anerkennung der großen Verdienste gedacht, 0 ^

Generaloberst um den Aufbau des Reichsbett p.j>>>^
ben hat In Würdigung dieser geschichtlichm
mit der dis Grundlage zum heuttgen VolkslM x
wurde, hat der Führer den Generaloberst voN ^ ^

Ches des Infanterie-Regiments 67 ernannt. ,

Am Mittwoch vormittag überbrachte
minister von Vlomberg dem Generalobers'-
sen Wohnung Doppelposten einer Chrenwache AttE,
find, die Glückwünsche der Wehrmacht. Iu Tö-V
des Reichskriegsministers befand sich General 7 .
terie von Rundstedt als Vertreter des 0" ,
flnfall verhindetten Oberbefehlshabers des Hee
raloberst Srhr. von Fritsch. ^

Glückwunschtelegram mdes Oberbsfehlshabers ^

Verlin, 22. April. Der Oberb ..^

Generaloberst Frhr v 0 n Frits <
oberst von Seeckt nachstehendes Giuawuw^- ^
gerichtct: j« 7/

Durch einen flnsall leider verhindett, hew'
lin zu sein, dars ich Herrn Generaloberst me>m 7.
sten und ausrichtigsten Glückwünsche zum
übermitteln. Das deutsche Heer gedcnkt he»te ^ j«

ften und aufrichtigsten Glückwünsche zum he»'j,/c>
übermitteln. Das deutsche Heer gedcnkt hs»te ^ ji..
in Danlbarkeit und Verehrung seines SchöpvMlz^
Nachkriegszeit und begrüht mit Freude und
Crnennung Euer Cxzellenz zum Chef des Insa'"
giments 6/.

Re«e Mtccmrtiregcl««^,^

Die Anordnungen des Spätherbstes ab 1. !

auher Kraft gesetzt. — Vutterüberschüsst
eingelagert.

eingeiaqerr. p«

Berlin. 22. April. Vsi der VutterknaV

durften, die sie im August 1935 mit Vutter vef^,
ten. Ferner warcn die Molkereien nur berA 1,,,
Prozent der im August 1935 gelieferten c>>,7
geben. Ferner wurde dis Schlagsahnavl 7,-
lung um 40 Prozent eingeschränkt, um davu r
Milchfett für die Vutterherstellung zu erhaw ,
Anordnungen haben sich sehr günstig ausgewir»^s«c^
durch sie war es möglich, eine gleichmäßige 7-
der Vevölkorung durchzusühren. Cs war jcd/ch „ D/
die weitgehende Einfchränkung dcs ^
terverkehrs und des Sahneabsahes nicht
einrichtung sein konnte. Nachdem nun die D»»
pung als behoben angesprochen wcrdcn ka»n
Veginn der Grünfütterung grohe Milchmcng^
wcrden die Anordnungen des Späthcrv' ^

Mai 1936 auher Kraft gesetzt.

Deutschland hatte im Iahr 1935 eine niow 77!
Vutterproduktion von 3 098 492 Doppelzcntnef'7 «i
kommt die Cinfuhr ausländischer Vutter. 77'.
Buttermenge würde ausreichen, den Bedarf de«„ «
Volkes annähernd zu deckcn, wenn der Anfall n 7«
mähig auf das Iahr verteilen würde. Leik>e>
Produktion verschieden, so dah tmmer butterre'^ >.

mit butterknappen Zeiten abwechseln. flm psx
Ausgleich zu schaffen, find ab 1. Mai 1936d
kereien berechtigt, über die Vuttet .
freizuverfügen, dieim Durchschnitt 7 " f

1935 in der Woche erzeugt wurven. Die 2?"'
die über die freicn Absahmengsn hinaus
reien erzeugt werden, müffcn' den Milchnnfi. 7
bänden angedient werden. Dadurch gclangcn >' s>" 7
terrsichcn Zeit die entsprechenden Vuttcrmenw
knappere Zeit zur Cinlagerung. Die C>n>Ä,sL>'.
Vutter erfolgt durch die Reichsstelle für -I,
niffs, Oele ünd Fette. Mit den Duttermen»e'7^,
den Molkcreien den MilchwirtschaftsverbäM ^ > 7
dient werden miiffen. wird zunächst die V c »> /

der Vsrbrauchsgebiete durchgeführr- ^s/,^
gaiue Iahr hindurch auf Vutterzufuhr ang/v «' .
Älle weiteren Vuttorüberschüs' ,si
eingelagsrt. ,.>t >

Diese Vorratswirtschaft ermögUAs

.

oer Aiioronung, vw am 1. Mai rn Kraft »77. c^, 7
verschiedone anhere Maßnahmen enthaltsn, v' ,,
zur Ordnunq des Buttermarktes beitragen, »>>„^««.7
Aukbebung her Cinschränkung der SahnebcrllAc""^
des Sahneabsatzes und das Verbot der CV>v°'s,ckh/
Buttcrpostversands über den Ümfang des
Der Sinn der Anordnunq ist nicht eine Sch'„vl>>V
des Butterverkehrs. Durch individuelle DeV» S".
verschieden gelagerten Fälle wird vielmehr 7' jlli""

rungen auf eine gute und gerechte Butterve
sprocheu

-———1—1^ I

Denn der Löwe erhält in der Darstell»»»§ch
Crlich ein« so vitale Kraft, dah er mch> ^ii-' 7
wohl der Dichter will zum Sieger über de« >
Dicser Heinrich ist ein trohiger, nordisch"'L.r
streitbarer Käinpfer siir scine Idee, eincr, /7cii«"-/
Dcutichtiim mit allcn Mitteln kämpst, 6"""
überzeugt, stolz und bart. Vielleicht wttrR , /' s
Wärms diesem Heinrich zum Vorteil aereich?.'
uns mcnschlich noch näher bringcn. Fre>>'^„r
flnterredung mit dem Kaiscr^hat auch dtt's,

l ^ist be

zum Stärksten, wahrhaft Crgrsifsnden wsti»!- >
künstlcrisch reifen Verkörperung. Cs ist c,'/.
leicht für Helmut Wittig, diesem Löw« 2"«'/,
gewichtigsr Kaiser gegenttberzustehen. Se'» ^icV' A
'st menschlich, ist gütig und warm, aber er 's^gti» e,'/

kaiserlich genug. Das Grüblerikch disser 7
bisweilen fast als Schwäche, scin Glaube '/,ii' /
sung ist gelegentlich nicht aanz überzeuaend,
nur die Gröhe dielcs Herrschers. 2lber e> c>h
eine sympathische Gestalt. ein edler MeN'^c»",/,
Ringender, desien innere Kämpss uns >' '

gehen.

Aus der Dielheit der Rebenfiquren

ebenfiguren

Cpilodcnbaftt l.

Paar Gestalten über das rein
nennen den klugen, die Worte bedachtsam
bischof Wichmann von Karl F ü r st e » b e ,
strohendcn, unbeherrschten nnd urae>»»be . v'^ 7,
von Vrandenbnra von Bernbard W ' 7 gc'7

Getrenen des Löwen, Gnnzelin und Ha«-«,

- - und Martin Vauma»fiec>L

Alfrsd Krohn und Mattin Vau m »
nehme Cttchcinuna des päpstlickien Kar>'» c»> .uv'/
Heino Thiele. der sich auch als Bi'cho ,»
bewährte. Für den erkrankten Caon L>e>' ve^jfl/,
Marx vom Mannheimer Nationaltheau'
ler dcs Kaisers mit krastvoller Fülle »»

Wortes. Wir nenncn wsitcrhin nock bc» »
von Icchen Vraun, die fanatilchs
länder Coniuls von Horst Werner Loos ,>».
rich von Landsberg von Hans Tiete-
gestalten treten ganz in den Hinlera»» .
weih Annemaris Collin ihrer blondc ^
mädchenhaft feine Züae zu qebcn »nd b's.jtöV
Ingeborq^ H 0 l m besticht durch das

-u»b' /

Menschliche. mit dcm sie ibre kurze js)b

Hermann Albertis Vühnenbilder
durch die Klarheit ihrer Linicn und das --

Gesamtwirkung. -irriebL'«>>'>

Das Publikum war von Stück und -^qi>>.ü/
lich stark beeindruckt und bezeugte sein«» /v'fl)/,?
mer erneuten Beifall, vor allcm am Sch'»»,Ae1/
neren Spannungen ersüllten, echt deutsch»»^

Or.WerN«'
 
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