Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Münchener Brief
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0026

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
16

MÜNCHENER BRIEF
NACHDEM die heftigften Worte gegen die Colmarer und Münchener Rem-
brandtverkäufer aus dem deutfchen Norden erfdiallt find, möchte ich als
Münchener Berichteritatter doch auch noch einiges über diefe Angelegenheit lagen.
Nicht etwa, daß es mir einfiele, die betreffenden Stellen wegen ihrer Handlungs-
weife zu verteidigen. Das können jene fchon allein beforgen. Aber ich möchte
doch ganz fchüchtern einmal fragen: Wer von all den Befudhern Colmars (ich wirk-
lich an jenes Rembrandtbild gut erinnert, wo denn diefes bis 1900 überhaupt
nicht als Rembrandt erkannte Werk, das jetzt auf einmal fo fehr gepriefen
wird, als eine befonders großartige Leiftung des fpäten Rembrandt in der
Literatur hervorgehoben worden ift, abgefehen von dem Entdeckungsauffatz
von Bredius und den Zitaten bei Valentiner, Bode und Hofftede de Groot. Von
allen möglichen Rembrandts in deutfchem Befitz Geht man immer und immer
wieder Reproduktionen, auch von folchen, die Jich nicht in ganz großen Mufeen
befinden. Das Colmarer Bild aber ilt kaum im Kreis der Kunftgelehrten richtig
bekannt geworden! Gewiß empfinde auch ich es als einen fchmerzlichen Ver-
leih, daß diefer Rembrandt nicht mehr in Deutfchland ilt, aber wir haben ja
auch die Hainauer Sammlung feinerzeit verloren und in den letzten Jahren,
wenn auch nicht viele, fo doch einige fehr gute Kunftwerke, freilich nicht aus
deutfchem Mufeumsbefitz. Dafür ilt um fo viel mehr aus dem Ausland zu uns
hereingewandert. Die Aufregung über die Colmarer Affäre ilt entfehieden
übertrieben. Auch die Klagen, daß der Ifenheimer Altar noch nicht in München
ausgeftellt ift. Daß der Ifenheimer Altar in der Älteren Pinakothek noch nicht
recht fichtbar geworden, hat feinen Grund nicht lediglich in der Fliegergefahr,
fondern vor allem darin, daß die Tafeln in gewißer Hinficht reftaurierungsbe-
dürftig waren und die Originalrahmen, in denen der Holzwurm faß, noch immer
unter Beobachtung liehen. Es ift zu hoffen, daß keine zwei Monate mehr
vergehen werden, bis der Ifenheimer Altar zunächft in den unteren Räumen
dei Älteren Pinakothek dem öffentlichen Befuche zugänglich fein wird.
Wenn auch bedauerlicherweife eine ganze Anzahl Auktionen jetzt in
Berlin abgehalten werden, die früher fieber in München ftattgefunden hätten,
fo braucht München heute weniger denn je Berlins Konkurrenz als Kunft-
und Kunfthandelsftadt zu fürchten. Der hefte Beweis' dafür ift, daß fich der
große Kunfthandel in noch ftärkerem Maß als bisher in München konzentriert
und eine große Anzahl neuer Kunfthandlungen kleineren und größeren Um-
fangs fich in jüngfter Zeit in München aufgetan hat.
Unter den Kollektiv-Aus Heilungen, die in letzter Zeit zu fehen waren,
verdienen nur zwei Erwähnung, die des Bildhauers T. C. Pilartz und der
Malerin Maria Cafpar-Filfer. Von Pilartz hat man bisher nur dekorative
 
Annotationen