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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 16
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Zoege von Manteuffel, Kurt: Kunstwerke in estländischem Privatbesitz
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Literatur
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Tietze-Conrat, Erica: [Rezension zu: Oscar Hagen, Correggio-Apokryphen. Eine kritische Studie über das sogenannte Jugendwerk des Correggio]
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0330

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320

LITERATUR

Oscar Hagen, Correggio = Apokry-
phen. Eine kritifche Studie über die
foge.nannten Jugendwerke des Correggio.
Berlin, Hyperionverlag, 1915. b
Correggio hat feine Franziskusmadonna
in Dresden als etwa Sechsundzwanzig-
jähriger gemalt,- die alte Literatur nennt
kein früheres Bild und auch die Durch-
forfchung des archivalifchen Materiales hat
keine zuverläffige Spur aufgedeckt. Da
fetzte die Stilkritik ein und (teilte eine
Anzahl anfpruchslofer Bilder zufammen,
von denen kenntliche Fäden zu den be-
zeugten Werken des Meifters hinüberzu-
führen fchienen. Es waren feinfinnige
Künftler und Kunftliebhaber, die im 17.
und 18. Jahrhundert die erften Zulchrei-
Bungen verfochten,- ihnen folgte Rumohr,
der in feinem umfaßenden Gedächtnis, das
keine Photographie, keine mechanifche Re-
Produktion unterftützte und — abftumpfte,
einen innigeren Begriff jedes Künftlertums
trug, als wir ihn für uns erhoffen dürfen,-
und endlich war es Morelli, der das junge
Oeuvre energifch bereicherte.
Widerfacher erwuchfen. Zuerft. W.
Schmidt (Monatsberichte für Kunft und
Kunftwiflenfchaft. München, 1903>, der in
lakonifcher Kürze mitteilte, daß er andrer
Meinung fei und die Jugendbilder Cor-
reggios für Arbeiten Rondanis halte,- einige
Klifchees, zumeift Ausfchnitte aus einem
fieberen Werk Rondanis und dem ent-
fprechenden fraglichen Correggio, füllten
ad oculos den Beweis erbringen. <Be-
kanntlich läßt fich alles durch Ausfchnitte
beweifen.j* Ein Auffatz von T, de Wy-
zewa in der Revue des deux mondes 1907
<Tom, 40, S. 457 ff.>, eigentlich eine Be-
fprechung von Gronaus Correggio in den
Klaffikern der Kunfi, wendet fich, unab-
hängig von Schmidt, gegen das Oeuvre.
Wyzewa fühlt fiefi aufs tieffte verletzt,
daß Correggios Genie durch derlei Zu-
fchreibungen gefchädigt wird, er weiß die
unangenehmen Erzeugnifle fo gar nicht
1> Die Besprechung wurde vor drei Jahren
für die »Kunftgefchichtlichen Anzeigen« ge-
Schrieben', ift aber infolge Eingehens diefer
Zeitfchrift nicht erfchienen.

mit der Vorftellung, die er fich vom lie-
benswürdigen Meifier der Grazie macht,
in Einklang zu bringen. Ja, in feinem
überempfindlichen Gewißen des »äfthetifchen
Tee« =Befuchers fürchtet er den Schatten,
den diefe Jugendwerke auf die herrlichen
Perlen der Reife werfen müffen! Wenn
Correggio fich auch dauernd von ihnen
abwenden konnte, daß er fie aber einmal
verbrochen hätte, könnte Wyzewa ihm nie
verzeihen: »Si l'auteur de la Vierge ä
l'Ecuelle et de la Danae a pu dans sa
jeunesse produire sans honte des peintures
non seulement aussi malhabiles et desagre-
ables que l'Adoration des mages, mais
aussi depourvues d'intelligence artistique
et de poesie, c'est donc que ses plus glo»
rieux chefs-d'ceuvre meme . .. n'ont pas
jailli spontanement du plus profond de’son
äme, mais ne sont que le resultat d'un
long et patient travail volontaire«. Daß
Wyzewa in feiner Kritik von der Ge-
famtauffaffung des Künfilers ausging, hat
Hagen vornehmlich impreffioniert. Diefer
tritt nun als Dritter auf den Platz und
bekämpft in dem vorliegenden Buche die
fchon eingewurzelte Auffaffung des jungen
Correggio. Er geht in den Tatfachen über
W. Schmidt und Wyzewa kaum hinaus,
doch fetzt er zu ihrem Beweis einen fcharf
eingefiellten methodifchen Apparat in Be-
wegung,- gegen diefen lallen fich Einwände
erheben, die, wie ich glaube, gewichtig
genug find, die Beweisführung ad absur-
dum zu führen. Ich trete nicht für das
zufammengeffellte Jugendoeuvre ein, nur
gegen die Mittel, mit denen Hagen es
bekämpft,- nur zu jenem Stand möchte ich
die Frage zurückführen, wo fie vor Hagens
Skepfis hielt.
Der Jugendftil Correggios endet bei Ha-
gen mit der Ausmalung der Camera di
S. Paolo, die nach allgemeiner Annahme
in dem Jahre 1518 gefchehen ift,- nach den
fiebern Werken diefes erften Stiles muß
die Kritik das neueingeführte Oeuvre
prüfen. Das ift aber nur das Dresdner
Bild der Madonna mit dem hl. Franziskus,
das fich als völlig gefiebert und darum
zum Prüfftein einzig geeignet herausftellt,-
für die Vier Heiligen bei Lord Ashburton
 
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