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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 10
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202

NOTIZEN

NEKROLOGE
Paul Johannes Ree f, Am 26.
vorigen Monats haben wir auf dem alten
Nürnberger Johannisfriedhof einen Mann
zu Grabe geleitet, der wie wenige an der
immer weiteren Ausbreitung künftlerifcher
Kultur fein Leben lang gearbeitet hat.
So fchwand denn, als die Trauerredner
in langer Reihe noch einmal das lichtum«
firahlte Bild des Freundes zu zeichnen
verfochten, der graue Novemberhimmel
über uns, und es wich fogar auf Augen«
blicke der Druck, mit dem die Furchtbar«
keit der Zeit auf allen Gemütern lastet.
Wir fahen ihn wieder vor uns in feiner
alten unverwüfilichen Frifche, in feiner
hellen Begeifierung für alles Echte und
Schöne, in feiner warmen, überall hilfreichen
Freundlichkeit, unferen lieben Profeflbr
Ree, den beim Anbruch der neuen, noch
fo düfteren Zeit ein plötzlich, ausbrechendes
fchweres Nierenleiden unerwartet rafch
hinweggerafft hat,
Paul Johannes Ree war als Sohn eines
Großkaufmanns am 13, März 1858 in
Hamburg geboren. Nach Abfolvierung
des Johanneums in feiner Vaterstadt wandte
er fich zunächft am Polytechnikum zu
Stuttgart dem Baufache zu, ging aber dann,
wefentlich unter dem Einfluß Friedrich
Theodor Vifchers, zum Studium der Kunfi«
gefchichte, Archäologie und Philofophie
über, dem er in den Jahren 1881 bis 1885
an den Univerfitäten zu Bonn, Berlin und
Leipzig oblag. Unter der Ägide feines
verehrten Lehrers Anton Springer erfchien
1885 feine in die Tiefe gehende und auch
neues urkundliches Material in Fülle bei«
fchaffende Doktorarbeit über Leben und
Werke Peter Candids, Im Mai des gleichen
Jahres trat er als Affiftent in den Dienft
des Germanifchen Mufeums in Nürnberg,
von dem fo viele unferer heutigen Mufeums«
beamten ihren Ausgang genommen haben,
und ward zwei Jahre darauf als Biblio«
thekar und Sekretär an das Bayerifche
Gewerbemufeum (heute: Landesgewerbe«
anftalt> dafelbft berufen. In diefer Stellung,
die er bis zu feinem Tode bekleidete, hat
er fich durch die Neuordnung, Katalogi«

fierung und Vermehrung der Bibliothek,
durch die Schriftleitung der Bayerifchen
Gewerbezeitung, durch anftrengende Be«
tätigung bei der Durchführung der baye«
rifchen Landesausftellungen von 1896 und
1906, durch feine rege Mitwirkung am
Zustandekommen der von der Anfialt unter«
nommenen»Meifterkurfe«, durch unermüd«
liehe Beratung insbefondere der Kunfige«
werbetreibenden, ganz befonders aber durch
die feine berufliche Haupttätigkeit aus«
machenden zahllosen Vorträge in Stadt
und Land und über Bayerns Grenzen hin«
aus große und dauernde Verdienfte er«
worben. Kunstgefchichte lehrte er auch
mit immer gleicher Hingabe feit 1887
fechzehn Jahre lang an der Nürnberger
Kunftgewerbefchule und von 1891 bis zu
feinem Tode in den oberen Klaffen des
Lohmannfchen Töchterinftituts, wie denn
der Verkehr mit einer gläubig«kunfifrohen
Jugend feinem Wefen am meiften entfprach.
Audi was er zu Altnürnbergs Preis
gefprochen und gefchrieben, was er für die
Erhaltung des Stadtbildes und zu feiner
künftlerilchen Ausgeftaltung geraten und
getan, was er als Preisrichter bei Wett«
bewerben, als künftlerifcher Beirat der Ver«
waltung des proteftantifchen Kirchenver«
mögens, als Fefiredner an vaterländifchen
Gedenktagen oder zum Gedächtnis großer
Männer (Dürer, Gutenberg, Körner, Ernfi
Rietfchel, König Ludwig I, von Bayern,
Bismarck, Friedrich Theodor Vifcher, Theo«
dor Fischer u. a, m.>, endlich durch wiffen«
fchaftliche oder volkstümliche Schriften auf
den verfchiedenften Gebieten der Kunfi«
gefchichte, Literatur und namentlich der
Äfthetik geleifiet und’gewirkt hat, kann hier
nur ganz flüchtig angedeutet werden. Als
Schrififieller ftrebte er mit Glück eine Popu«
larifierung der Wiffenfchaft und ihrer Ergeb«
niffe an. So hat es fein bekanntefies Werk
»Nürnberg« (in Seemanns »Berühmten
Kunfifiätten«> bereits zur vierten Auflage
gebracht, und auch unter feinen äfihetifchen
Arbeiten find einzelne, wie z. B. die Ab«
handlung »Religion und Kunfi« (in »Die
Veite. Jahrbuch des proteftantifchen Laien«
bunds in Bayern.« Ulm, 1914>, von ge«
radezu kriftallener Klarheit des Gedankens.
 
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