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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 10
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Glaser, Curt: Die Neuorganisation des Berliner Ausstellungswesens
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0203

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
NR. 10 20. DEZEMBER 1918

DIE NEUORGANISATION
DES BERLINER AUSSTELLUNGSWESENS
VON CURT GLASER
DIE tiefgreifenden Wandlungen, die das deutfche Kunftleben in der Zu-
kunft erfahren muß, fordern zu vorausfchauenden Betrachtungen von den
verfchiedenflen Gefichtspunkten heraus. Wichtig bleiben vor allem die grund-
fätzlichen Fragen, die mit der Umordnung des Staats wefens in Zufammen-
hang flehen, denn aus ihnen ergeben fich die Leitfätze, die maßgebend fein
müllen für die Neuregelung jeder Einzelheit innerhalb der Verfalfung unferes
künftlerifchen Lebens fchon in der allernächflen Zeit.
Eine diefer Detailfragen, die zur unverzüglichen Löfung drängt, betrifft
das Berliner Ausflellungswefen. Daß hier eine durchgreifende Reform dringend
nottut, ifl jedermann ohne weiteres klar, und auch an diefer Stelle wurde
auf die Unhaltbarkeit der bisherigen Zuflände zu wiederholten Malen nach-
drücklichfl hingewiefen. Aber wenn Vorfchläge zu einer Neuordnung ge-
macht wurden, fo gefchah es immer unter dem Gefichtspunkt der Notwen^
digkeit einer Sezeffion als Gegengewicht gegen den vom Staat einfeitig be-
günftigten Verein Berliner Künftler. Es wurde gefordert, daß perfönliche
Gegenfätze überbrückt werden füllten, daß nur fachlich^künfllerifche Motive
beflimmend für die Gruppenbildung fein dürften.
Diefe Forderung befteht auch heut zu Recht, aber für ihre Erfüllung
find durch die veränderte Sachlage ganz andere Möglichkeiten gegeben. Es
gilt nicht mehr, beftimmte Zwiefpältigkeiten aus der Welt zu fchaffen, die
das Berliner Kunflleben jahrelang vergiftet haben, fondern es ifl notwendig,
das Übel an der Wurzel auszurotten, da fich jetzt die Gelegenheit dazu
bietet. Und diefes Übel ifl das Vereinswefen überhaupt.
Man kann die großen Verdienfle der alten Berliner Sezeffion in vollem
Maße anerkennen, und man muß es doch ausfprechen, muß es gerade dann,
wenn man die lebendige Erinnerung an die gute Zeit diefer Künftlerver-
einigung in fich bewahrt, daß fie heut nicht nur überlebt ifl, fondern mehr als
das, daß fie zu einem Pfahl im Fleifche jeder gefunden Kunftentwicklung ge-
worden ifl. Die Gefchichte der Sezeffion ifl zu bekannt, um hier von neuem
aufgerollt werden zu müßen, zu bekannt auch, als daß es nötig wäre, auf
 
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