Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

DOI Heft:
Nr. 7
DOI Artikel:
Mayer, August Liebmann: Vor Kunstreformen im Volksstaat Bayern
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0146

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
136

VOR KUNSTREFORMEN IM VOLKSSTAAT BAYERN
VON A. L. MAyER

DAS kunftfinnige Haus Wittelsbach bat aufgehört zu regieren. Die groß-
zügigen Pläne des bisherigen Kronprinzen Rupprecht, der es fich zum Ziel
gefetzt hatte, für das 20. Jahrhundert dereinft das zu leiften, was im 19. fein
Ahnherr Ludwig I. für München und Bayern gefchaffen hatte, fie werden
nicht mehr von diefem kunftbegeifterten Fürften durchgeführt werden können.
Die neue Regierung des Volksftaates Bayern aber ift offenbar gefinnt, nicht
nur in gleichem Maß, fondern in noch ftärkerer Betätigung als bisher der
Kunft alle nur denkbare Liebe und Fürforge zuzuwenden. Es verlieht fich
von felbft, daß alle bayrifchen Kunftfchätze noch mehr als es fchon der Fall
war dem ganzen Volk leicht zugänglich gemacht werden, daß Verftändnis
für Kunft und Belehrung über künftlerifche Dinge in weitefte Kreife getragen
werden follen. Allzu natürlich ift es auch, daß höchft notwendige Reformen
auf dem Gebiete der gefamten Kunftpflege und des Erziehungswefens jetzt
ins Auge gefaßt werden, und man möchte wünfchen, daß fie mit Hilfe auf-
geklärter Fachleute tatkräftig, gründlich und zum Wohl der Gefamtheit ge-
löft werden. Freilich, zur Erfüllung manch dringenden Wunfches ift Geld,
nicht zu wenig Geld nötig, und da ift es natürlich die Frage, ob die Finanz-
lage unferes Landes die Befriedigung all diefer kulturellen Bedürfnilfe erlaubt.
Dringend notwendig ift eine gründliche Umgeftaltung unferer ftaatlichen
Kunftakademie, nicht minder die Reform unferes Ankaufswefens. Die großen
Kommiffionen find allzu hemmend, die Ausftellungsankäufe lalfen nicht nur
zuweilen ein an diefem Orte falfches charitatives Moment erkennen, fondern
bedeuten vielfach dadurch, daß abfolut für eine größere Summe gekauft werden
muß, eine Vergeudung von Staatsgeldern. Zum mindeftens muß der Leiter
einer Staatlichen Sammlung bis zu einer gewilfen Summe felbftändig bei An-
käufen verfügen können. Bisher waren die Mufeumsvorftände viel zu ge-
bunden und der fchwerfällige Kommilfionsapparat hat manchen vorteilhaften
Ankauf von vornherein unmöglich gemacht. Dringend notwendig ift ein
würdiges Haus für unfere bedeutende Ethnographifche Sammlung, nicht minder
ein Kunftgewerbemufeum. Die Bauplätze für beide Inftitute find gegeben
und jedem Kundigen längft klar: die freien Gründe gegenüber dem Bayrifchen
Nationalmufeum. Nun wird es wohl auch möglich fein, auf das Tfchudifche
Projekt der Erweiterung der Alten Pinakothek zurücfczukommen in Verbin-
dung mit Dörnhoffers Plan von Anbauten an die Neue Pinakothek. Der
bisherige König hielt fich zu engherzig an das von König Ludwig I. Gefchaf-
fene und wollte es nicht wahr haben, daß, wie jeder leicht lieht, die Falfade
nach der Gabelbergerftraße Hauptfront ift und Erweiterungsbauten nach der
 
Annotationen