Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

DOI Heft:
Nr. 17
DOI Artikel:
Bode, Wilhelm von: Die Kunstraubgelüste unserer Feinde
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0347

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
NR, 17 7. FEBRUAR 1919

DIE KUNSTRAUB GELÜSTE
UNSERER FEINDE
SEIT Monaten werden die Blätter unterer Feinde nicht müde, fich in dem
Gedanken zu beraufchen, die deutfchen Mufeen und fürftlidien Privat-
fammlungen gründlich auszurauben. Franzofen wie Belgier und Italiener
fordern dabei fo ungefähr alles, was unfere Mufeen an guten Kunftwerken
befitzen. So hat L'Illustration in einer ihrer letzten Nummern <vom 11. Januar)
einen langen Auffatz von Augufte Marguillier, der diefe Forderungen, diefe
»revendications«, bis ins Einzelne ausführt und dazu fogar fchon die Ab^
bildungen einer Reihe von Hauptwerken gibt. Gefordert werden zunächft
als felbftverftändlich alle franzöfifchen Bilder, Plafiiken, Werke der Goldfchmiede-
kunlt uff.: nicht nur die herrlichen Werke von Watteau, Lancret, Chardin u. a.
in den Schlölfern Kaifer Wilhelms, die »nicht länger im Exil in diefem bar-
barifchen Preußen, dem Feind des Gefchmackes und des esprit diefer Kunlt, —
dem Lande der plumpen Manieren und fchrecklichen Langeweile, geduldet
werden dürfen« — auch alle franzöfifchen Werke in den Mufeen von Berlin,
München, Karlsruhe uff. müßen wieder nach Frankreich zurück. Doch
halt, nicht alle: einige mäßige Stücke müßen in Deutfchland bleiben, um »die
künftlerifche Überlegenheit der Franzofen zu bekunden und ihren wohltätigen
Einfluß aufrecht zu erhalten.« In feinen »revendications« geht M. Marguillier
fogar fo weit, daß er aus Kaflel die vier Bilder von Claude mitführen will,
obgleich er weiß, daß fie noch in der Eremitage fich befinden,- er will alfo offen-
bar beim Frieden dafür forgen, daß die über Malmaifon nach Petersburg
entführten Bilder wieder nach Kaflel zurückkommen, damit fie — von dort
fofort dem Louvre überantwortet werden können!
Aber mit den franzöfifchen Kunfiwerken darf fich Frankreich nicht be-
gnügen. Freilich die Flügel des Genter Altars von den Brüdern van Eyck,
die Bilder von Bouts, vom Maitre de Flemalle, den Danziger Altar von
Memling will er den wallonifchen Brüdern gönnen. Er verzichtet auch darauf
<was andere vor ihm gefordert hatten), die Skulpturen von Bamberg und
Naumburg <die ihm natürlich wahrfcheinlich franzöfifchen Urfprungs find!) an
 
Annotationen