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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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185

NOTIZEN

NEKROLOGE
Wally Moes f. In Laren ftarb am
8. November nach langem Siechtum die
bekannte holländifche Malerin Wally Moes,
die lieh auch als Schriftftellerin durch ihre
Erzählungen aus dem Bauernleben einen
Namen erworben hat; befonders in den
letzten Jahren, als ihr ein Augenübel das
Malen unmöglich machte, betätigte fie fich
nur noch literarifch. 1857 in Amfterdam
geboren, befuchte fie die Akademie ihrer
Vaterftadt und genoß hier den Unterricht
von A. Allebe, der von beftimmendem
Einfluß auf ihre weitere Entwicklung ge®
welen ift,- ein kurzer Aufenthalt in Paris
hat bei der in Empfindung und maleri®
fcher Tradition fo durchaus holländifchen
Malerin keine Spuren hinterlaßen; die
Freiluftmalerei hat in ihr keine Schülerin
und Nachahmerin gefunden,- auf den fo®
liden Grundlagen, die ihr die Amfterdamer
Akademie vermittelt hatte, baute fie ruhig
und gewiflenhaft weiter. Sie pflegte das
Porträt und das Interieur,- aber bei dem
letzteren Genre war es ihr im Gegenfatz
zu Neuhuys und feinen Nachfolgern nicht
um die Poefie der fchummerigen Innen®
räume, um das zauberhafte Spiel des
Lichtes zu tun, fondern in erfter Linie um
die ernften und fchwerfälligen Dorfbe®
wohner, die diefe Räume beleben,- der
Menfch war ihr die Hauptfache, das
Milieu und die Atmofphäre hatte nur fe-
kundäre Bedeutung für fie, Ihr Auge war
auch in Gegenfatz zu den modernen hol®
ländifchen Interieurmalern, denen am meiften
an malerifcher Gefamtwirkung und feiner
Abtönung gelegen ift, mehr auf beftimmte
Formen und deutliche Umriße eingeftellt,
wie faft alle Vertreter der Amfterdamer
Schule, die in der Farbe oft kalt und arm
und in der Auffafiung froftig und nüch®
tern erfcheinen. Vor dem letzteren Fehler
bewahrte fie aber ihr echt weibliches Sen®
timent, das all ihren Sachen ein eigenes
Cachet verleiht, Wally Moes war die
Schwefter des vor einigen Jahren ver®
ftorbenen verdienftlichen Korrektors des
Amfterdamer Kupferftichkabinetts.

PERSONALIEN
Wie fchon gemelde1-, ift Adolf Hölzel,
der verdienftvolle Profeßbr der Kompo®
fitionslehre an der Stuttgarter Kunftaka®
demie, in den Ruheftand getreten, um fich
ausfchließlich eigener Arbeit zu widmen.
Hierzu fchreibt man uns aus Stuttgart:
Hölzel, der als Realift begann und in
feiner Dachauer Zeit durch die Betrachtung
der Schleißheimer Bilder des Hans von
Marees zur Erkenntnis der Notwendigkeit
eines ftreng gefetzmäßigen zeichnerifchen
und farbigen Baues der Gemälde geführt
wurde, hat fich im letzten Jahrzehnt zu
einem der tatkräftigften Vorkämpfer für
die Geftaltung aus rein künftlerifchen
Mitteln, ohne Zuhilfenahme der Natur,
entwickelt. Mag auch die Bedeutung fei®
ner eigenen Schöpfungen, die erft in den
letzten Jahren einen ausgefprochenen per®
fönlichen Charakter erhielten, umftritten
fein, unzweifelhaft feft fteht der Wert feiner
Leiftung als Anreger und Lehrer. .Es
wird nicht leicht fein, die Lücke, die er
hinterläßt, auszufüllen.
FORSCHUNGEN
Als Jahresgabe veröffentlicht der Deut®
fche Verein für Kunftwiffenfchaft in einer
Ausgabe Max J, Friedländers die 111 u ft r a ®
tionen zu den Fünf Büchern Mofe
aus der Lübecker Bibel von 1494.
Die von der Reichsdruckerei vorzüglidi
wiedergegebenen Schnitte zeigen einen
Meifter, der mit feiner monumentalen
Größe und pompöfen Würde in der
deutfehen Kunlt diefer Zeit fremd dafteht.
Es ift eine Welt würdiger Patriarchen,
drohender Kriegsleute, behäbiger Bürger
und fürftlicher Frauen. Wir atmen, fo
fchreibt Friedländer, bereits die männ®
liehe Luft des 16. Jahrhunderts. Kein
gottergebenes Volk Israel ift dargeftellt,
fondern ein ftraffes, felbftbewußtes, gehär®
tetes Gefchlecht, in deffen Antlitz das
Schickfal fich mit tiefen Zügen ein®
gegraben hat. Der malerifch reiche Meifter
ift ein echter Niederdeutfcher, deffen ftolze
 
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