Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler
— 54.1918/1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0378
DOI Heft:
Nr. 18
DOI Artikel:Schneider, H.: Ein neues Bild von Frans Hals
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EIN NEUES BILD VON FRANS HALS
VON H. SCHNEIDER (HAAG)
EIN überrafchender Zufall hat uns wieder ein kleines Meifterwerk befdiert.
Vor wenig Wochen erkannte Dr. A. Bredius in einem Bilde, das einer
feiner Verwandten für fechzig Gulden als »Jan Miense Molenaer« in einer
Erbfchaft übernommen hatte, die Hand von Frans Hals. Im Mauritshuis im
Haag, wohin es fein Eigentümer für ein halbes Jahr geliehen hat, erfreut
es fich jetzt ftärkften Interefles von feiten des Publikums.
Obwohl ohne jede Signatur, verrät die kleine Tafel <28l/2X221/2 cm)
doch auf den erften Blick ihren Schöpfer. Es ift ein verhältnismäßig frühes
Bild, aus der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre, das fich an Werke wie
den »Junker Ramp mit feiner Liebften« und ähnliche anfchließt.
Charakteriftifch ift der Verzicht auf alle Buntfarbigkeit und das ftarke
Vorherrfchen eines hellen warmgrauen Tones. Das lebhafte Rot der Wangen,
der breiten finnlichen Lippen und der Krawatte bildet mit dem Weiß von
Kragen und Manfchette die wenigen farbigen Akzente.
Nicht auf feierliche Beftellung forgfältig in Pofitur gefetzt und vorbereitet,
fondern frifch in einem Zuge hingemalt, gibt der Meifter fein Modell. Dies-
mal ift es keiner jener felbftbewußten Kleinbürger,- viel eher wird man an
einen Vertreter der forglos lebensluftigen Haarlemer jeunesse doree denken,
der hier dem Künftler gefelfen hat. Mit abfoluter TreftTicherheit ift das
Momentane in Bewegung und Phyfiognomik erfaßt, das die ungekünftelte
Frifche des Eindrucks ausmacht. Ohne Zaudern und mit einer geradezu
fpielenden Leichtigkeit hat Hals den flüchtigen Befucher feines Ateliers, fo wie
er fich ungezwungen für einen Augenblick niedergelaflen hat, mit feinem
Pinfel fchnell gezeichnet. Das fröhliche Lachen, womit diefer nach dem Be-
fchauer blickt, und das fo ganz Zufällige feiner Haltung find fchon beinahe
genrehafte Züge. Sie machen das kleine Bildnis zu einem Markftein für den
Punkt, wo Schüler des Frans Hals, wie P. Codde, Judith Leyfter und
J. M. Molenaer, einfetzen und die Kunft ihres Meifters zum eigentlichen
Genrebild weiterführen.
EIN NEUES BILD VON FRANS HALS
VON H. SCHNEIDER (HAAG)
EIN überrafchender Zufall hat uns wieder ein kleines Meifterwerk befdiert.
Vor wenig Wochen erkannte Dr. A. Bredius in einem Bilde, das einer
feiner Verwandten für fechzig Gulden als »Jan Miense Molenaer« in einer
Erbfchaft übernommen hatte, die Hand von Frans Hals. Im Mauritshuis im
Haag, wohin es fein Eigentümer für ein halbes Jahr geliehen hat, erfreut
es fich jetzt ftärkften Interefles von feiten des Publikums.
Obwohl ohne jede Signatur, verrät die kleine Tafel <28l/2X221/2 cm)
doch auf den erften Blick ihren Schöpfer. Es ift ein verhältnismäßig frühes
Bild, aus der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre, das fich an Werke wie
den »Junker Ramp mit feiner Liebften« und ähnliche anfchließt.
Charakteriftifch ift der Verzicht auf alle Buntfarbigkeit und das ftarke
Vorherrfchen eines hellen warmgrauen Tones. Das lebhafte Rot der Wangen,
der breiten finnlichen Lippen und der Krawatte bildet mit dem Weiß von
Kragen und Manfchette die wenigen farbigen Akzente.
Nicht auf feierliche Beftellung forgfältig in Pofitur gefetzt und vorbereitet,
fondern frifch in einem Zuge hingemalt, gibt der Meifter fein Modell. Dies-
mal ift es keiner jener felbftbewußten Kleinbürger,- viel eher wird man an
einen Vertreter der forglos lebensluftigen Haarlemer jeunesse doree denken,
der hier dem Künftler gefelfen hat. Mit abfoluter TreftTicherheit ift das
Momentane in Bewegung und Phyfiognomik erfaßt, das die ungekünftelte
Frifche des Eindrucks ausmacht. Ohne Zaudern und mit einer geradezu
fpielenden Leichtigkeit hat Hals den flüchtigen Befucher feines Ateliers, fo wie
er fich ungezwungen für einen Augenblick niedergelaflen hat, mit feinem
Pinfel fchnell gezeichnet. Das fröhliche Lachen, womit diefer nach dem Be-
fchauer blickt, und das fo ganz Zufällige feiner Haltung find fchon beinahe
genrehafte Züge. Sie machen das kleine Bildnis zu einem Markftein für den
Punkt, wo Schüler des Frans Hals, wie P. Codde, Judith Leyfter und
J. M. Molenaer, einfetzen und die Kunft ihres Meifters zum eigentlichen
Genrebild weiterführen.