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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 17
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Kurth, Willy: Neuerwerbungen der Berliner Nationalgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0359

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NEUERWERBUNGEN
DER BERLINER NATIONALGALERIE
VON W. KURTH

349

HISTORISCHER Abftand und radikaler Traditionsbruch drängen die
Nationalgalerie immer mehr in die Reihe der alten Mufeen. Für ihre
Bedeutung die deutfche Kunlt im 19. Jahrhundert zu repräfentieren, wie es
neben ihr keine moderne Galerie in Deutfchland vermag, darf die Eröffnung
eines friedlichen Kampfplatzes der Kunlt der Lebenden und Werdenden, der
einstweilen in eins der kleinen Schlößer verlegt werden foll, keinem Zurück-
ziehen auf eine ehrenvolle Rente gleichkommen. Nicht nur der private Ge-
fchmack der Fürften vergangener Jahrhunderte fetzte in vergnüglicher Selbft-
Sicherheit fallche Akzente. Auch die hiftorifche Relativität des 19. Jahrhunderts
hat manches Kapitel der zeitgenöffifchen Kunlt in feltfamen Sperrdruck fetzen
laßen. So fehr die Jahrhundertausftellung vor zwölf Jahren viele Urteile zur
Umwertung mit Recht zwang, indem Bekanntes und Vergeßenes, Gewertetes
und LIngewertetes zeitlich und örtlich gruppiert, ganz von felblt eine neue
hiftorifche Struktur aufdeckte, fo hat fie andererfeits doch nicht verleugnen
können, daß fie unter dem Zeichen des Impreffionismus den eigentlichen Ent-
deckergang durch das Jahrhundert angetreten hatte. Das Übergewicht von
unakademifchem Jugendwerk und freier malerifcher Naturftudie find feitdem
als zwei neue Kategorien in das äfthetifche Urteilsvermögen eingezogen. Ihr
Recht in einer großen hiftorifchen Galerie will ohne weiteres nicht immer ein-
leuchten, es fei denn, daß eine abfolute Qualität für fie in Anfpruch ge^
nommen werden könnte. Man wird der anfprechenden Naturftudie Job. Chr.
Kröners, mag fie auch noch fo fehr von einem ziemlich gleichgültigen Lebens^
werk abftechen, kaum den Platz gönnen dürfen. Von Dahl eine feiner frühen
frifchen Natureindrücke zu befitzen, war ein bereditigtes Verlangen, zumal
die Galerie bisher nur ein wenig erfreuliches Seeftück von ihm aufzuweifen
hatte. Die Wolkenftudie mag einftweilen diefe Lücke ausfüllen, während
das neue Seeftück von ihm das hohe Urteil, das die eine, die impreffioniftifche
Seite der Jahrhundertausftellung von feiner Anbahnung des malerifdren Stils
in Deutfchland fällte, nicht zu rechtfertigen vermag. Raumgefühl und Farbe
bleiben in der Vedute ftecken. Lebhafter begleitet die Vorftellung feines
Lebenswerkes die italienifche Skizze eines Olivenhains von Karl Steffeck, und
die trefflichen Studien von Kolitz ftellen das malerifche Problem mit einer fo
gebieterifchen Note, daß das Erlebnis der anderen Skizzierer über eine ver-
gnügliche Laune kaum hinauszugehen fcheint. Vier Landfdhaften von Lugo
vertreten die Anhänglichkeit an den Frankfurter Kreis und die beiden belferen
 
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