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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 9
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Clemen, Paul: Alexander Schnütgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0175

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
NR. 9 13. DEZEMBER 1918'

ALEXANDER SCHNÜTGEN
VON PAUL CLEMEN
AM 23. November ift zu Lifternohl im Sauerland, in der Heimat feines
Gefchlechts, wo er fich eine eigene Grabkapelle bei einem von ihm ge-
Itifteten Klofter errichtet hatte, hochbetagt im 76. Lebensjahr Alexander
Sdmütgen geftorben, Kapitular des Metropolitankapitels zu Köln, Ehren-
doktor der Theologie und Philofophie und Honorarprofeflbr an der LIniverfität
Bonn. Mit ihm finkt der letzte einer Generation von weftdeutfchen Kunft-
gelehrten und Sammlern ins Grab, ein Stück lebendige rheinifche Kunitz
gefchichte ift mit ihm abgefchloffen.
V*or einem Vierteljahrhundert ftanden die drei führenden geiftlichen Kunft-
freunde des Weitens, durch vielfache Bande verknüpft, als Vertreter dreier
Temperamente und dreier Ralfen nebeneinander. Der ältefte, der bewegliche
Helfe Friedrich Schneider in Mainz, ein geiftfprühender feiner Hofmann, in
dem ein Stück der reichen enzyklopädifchen Kultur des achtzehnten Jahr-
hunderts wiedergeboren war, Kunftforfcher und Hiftoriker zugleich,- dann vier
Jahre jünger in Freiburg der ernfte und weife Franz Xaver Kraus, der im
heiligen Trier auf der germanifch-romanifchen Grenzfeheide, auf dem älteften
deutfehen Kulturboden geboren war, ein erftaunlich univerfeller Gelehrter
großen Stiles, Kirchenhiftoriker und Archäolog und dazu ein römifcher Diplomat
der alten vornehmen Schule,- und wiederum drei Jahre jünger der jenen
beiden äußerlich fo unähnliche Weftfale Alexander Sdmütgen, der fie nun
weit überlebt hat, in dem Kirchliches und Weltliches, befchaulicher Ernft und
höchft reale Lebensfreudigkeit, Forfcherarbeit und Sammelleidenfchaft eine fo
lebendige Einheit gefchaffen hatten. Wäre er vor fechs Jahrhunderten ge-
boren, fo würde aus fo knorrigem Eichenftamme ein herrfchfüchtiger und
höchft gewalttätiger Kirchenfürft gefchnitzt worden fein — fo hat er fich als
ein Kunftdiktator befcheiden müßen und die überfchüffigen Energien find in
werktätiger Werbearbeit verausgabt worden. Ein ganzer Mann von un-
gewöhnlichem Zufchnitt — denn von dem Lebenswerk läßt fich das Menfch-
liche nicht trennen.
In Steele, an der Grenze zwifchen Rheinland und Weftfalen, war er am
22. Februar 1843 geboren. An den Univerfitäten in München und Bonn
 
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