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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 14
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Friedländer, Max J.: [Rezension von: Kunsthalle zu Hamburg - Katalog der alten Meister - 1918]
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0299

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289'

LITERATUR

Kunfthalle zu Hamburg — Kata-
log der alten Meifter — 1918. Die
Kunfthalle in Hamburg gilt mit Recht als
Lichtwarks Werk und ift berühmt unter
den deutlichen Mufeen durch den mit cha-
raktervoller Entfchloflenheit gewählten und
folgerichtig ausgeftalteten Beftand an Ge-
mälden des 19. Jahrhunderts. Immerhin
hatte der eifrige Kunftpädagoge Sinn für
gefchichtliche Zufammenhänge. Indem er
die hamburgifche Überlieferung pflegte, be-
friedigte er gleichzeitig eigene Neigungen,
die mit dem patrizierhaften Geilte feiner
Stadt im Einklang waren, und baute klug
Brücken zum Kunftverftändnis, anknüpfend
an lokalhiltorifche Teilnahme. Die »alten
Meifter«, die in Hamburg gewirkt hatten,
wie auch die ftammverwandten Holländer,
deren Bilder verftändnisvolle Aufnahme in
der Elbftadt gefunden hatten, wurden zu
Ehren gebracht oderdoch inEhren gehalten.
Von Tagesforgen vielfach in Anfpruch ge-
nommen, dann plötzlich und vorzeitig ab-
berufen, hat Lichtwark nicht vermocht, den
großen Neubau, den er zur Entfaltung
des Gefammelten forgfältig vorbereitete,
fertigzuftellen. Seinem Nachfolger Guftav
Pauli ilt die dankbare Aufgabe zugefallen,
die Leiftung im ganzen Umfange zur GeL
tung und Wirkung zu bringen. Noch ilt
die Kunfthalle in ihrer neuen Geftalt, durch
den Anbau mehr als doppelt fo groß wie
früher, nicht zugänglich. Der Katalog der
»alten Meifter« — mit 636 Nummern —
liegt aber fchon vor, ungemein gewißen^
haft bearbeitet von Pauli und feinem Mit-
arbeiter Carl Georg Heife. Die hier ver-
zeichneten Dinge find vergleichsweife un-
bekannt, weil fie zeitweilig und teilweife,
bei arger Raumnot, unzulänglich oder gar
nicht ausgeftellt waren. Nur feine glücke
liehen Entdeckungen auf dem Gebiete der
hamburgifchen Kunft des 14. und 15. Jahr-
hunderts hatte Lichtwark den Befuehern
der Kunfthalle fo vorgeführt, daß fie nicht
überfehen werden konnten. Die Sammlung
ift behaglich bürgerlich infolge des Über-
wiegens der holländifchen Kleinmeifter.
Der Katalog fchließt fich den beften
Muftern würdig an, mit knappen Befchrei-

bungen, genauer Begründung der Autor-
beftimmung, forgfältigen Angaben über
Herkunft und Literatur fowie ausgezeich =
neter Fakfimilierung der Infchriften. Ein
Novum ift die Berückfichtigung des Zu-
ftands und der Reftaurierung. Die An-
gaben »verputzt« oder »reftauriert« find
mindeftens foweit nützlich, wie fie zu miß-
trauifch fcharfem Betrachten anregen. Die
programmatifche Erklärung im Vorwort:
»In der Hamburger Kunfthalle wird fortan
Jedenfalls der Grundfatz beobachtet, daß
Übermalungen oder Ergänzungen verpönt
find, und daß Fehlftellen — nur durch
neutralen Schattenton zugedeckt — als
folche fichtbar bleiben follen« klingt ver-
lockend. Soweit das Kunftwerk als eine
Urkunde betrachtet wird, ift diefesVerfahien
ein Ideal. In der Praxis aber dürfte die
Durchführung des Gedankens auf Schwie-
rigkeiten ftoßen. Man ftelle fich vor: der
Mufeumsleiter hat ein altes Bild für fchwe-
res Geld, vielleicht im Streit mit einem
Teile feiner Kommiffion, erworben. Nun
foll er es putzen laßen und die etwa zu-
tage kommenden beträchtlichen Löcher, die
er bei der Erwerbung des Gemäldes nicht
gefehen hat, einem Publikum präfentieren,
das vermutlich außer den Löchern nichts
Bemerkenswertes wahrnimmt. Damit wird
etwas zuviel von der Selbftüberwindung
des Direktors verlangt, der wahrfcheinlich
geneigt fein wird, folche Aufdeckungen mit
kühler Wiflenfchaftlichkeit lieber an Erwer-
bungen feiner Vorgänger zu unternehmen.
Über den Katalog im einzelnen, befon-
ders über die Autorbeftimmungen, wird
zu fprechen fein, nachdem man die Galerie
in der neuen Aufhellung ftudiert hat.
Beim Durchblättern fällt mir ein: zu der
»Darreichung im Tempel«, die mit Recht als
Original vom älteren Hans Holbein auf-
genommen ift, gibt es eine Vorzeichnung
in einer Berliner Privatfammlung,- — zu
dem fchönen Frauenporträt aus derWeber-
Sammlung, das früher »Ketel« hieß, jetzt
auf Oldenbourgs Vorfchlag »AertPietersz.«
genannt wird, gehören ein Männerporträt
und ein Knabenbildnis von derfelben Hand.
Die drei Stücke waren in der MniszeT-
 
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