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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 12
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Mayer, August Liebmann: Velaquez und die niederländischen Küchenstücke
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0246

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236

VELAZQUEZ
UND DIE NIEDERLÄNDISCHEN KÜCHENSTOCKE
VON AUGUST L. MAyER

OB und welchen Einfluß die niederländifchen »Küchenftücke« auf die Ent-
Wicklung der fpanifchen, insbefondere der Sevillaner Bodegonesmalerei
ausgeübt haben, ilt bisher fo gut wie unerörtert geblieben. Leider find uns
einige Hauptftücke diefer frühelten Sevillaner Genre- und Stillebenkunft, von
Velazquez wie von dem älteren Herrera, nicht mehr erhalten. Das meilte
und wefentlichfte, das auf uns gekommen ilt, zeigt zunächft keinen engen
Zufammenhang mit der Kunft der Pieter Aertlen, Beuckelaer und deren
Nachfolger. Aber unter den Bodegones des jungen Velazques befindet fich
ein Stück, das feltfam an jene »Keuchens« erinnert, ich meine die eigenartige
Darltellung von »Jefus bei Maria und Martha« in der Londoner National
Gallery. Carl Jufti hat diefes Bild kurzweg »Ein Küchenltück« betitelt
(Velazquez I, 115> und bemerkt: »Die Gleichgültigkeit gegenüber dem relL
giöfen Stoff zeigt fich frappant in einem Bildchen, wo wirklich die heilige
Gefchichte zum Anhang eines Küchenltücks gemacht ilt.« Er fchließt feine
kurzen Ausführungen mit der Kritik: »Nur das begreift man nicht gleich,
warum er fie (nämlich die anekdotengleich gefaßte Szene im Hintergrund>
nicht zur Hauptfzene gemacht und die Küche in jenes Fenlterviereck verlegt.«
Diefe Darltellung weicht kompofitionell von allem ab, was wir aus der
fpanifchen religiöfen Bodegonesmalerei kennen, insbefondere fowohl von allen
Frühwerken des Velazquez wie auch von den Arbeiten feiner engeren Kollegen,
Einen überralchenden Auffchluß nun über die Frage, ob Velazquez von felbft
diefe Kompofition erfonnen hat oder ob er hier durch ein fremdes Vorbild
angeregt worden ilt, gibt uns ein Vergleich des Velazquezfchen Bildes mit einem
Stich des Jakob Maetham, der die Szene von »Chriltus in Emmaus« wieder-
gibt. Diefes Blatt <B. 165> zeigt ebenfo wie das Londoner Bild im Vorder-
grund eine Genrefzene mit Stilleben: eine Köchin, die an einem Tifch Fifche
putzt,- neben ihr erblickt man einen Jungen. Im Hintergrund fieht man dann
die kleine Gefellfchaft. Ebenfo wie bei dem Velazquezbild könnte man auch
diefe Gruppe »für ein Wandgemälde halten«, um auf Jultis Schilderung des
Londoner Bildes zurückzugreifen.
Maethams Blatt weilt nicht wie andere Stiche diefes Künltlers einen
ausdrücklichen Vermerk auf, daß das Blatt die Wiedergabe eines Gemäldes
von Pieter Aertfen ift. Die ganze Auffalfung aber zeigt größte Verwandtfchaft
mit der des langen Pieter, Auch Bartfeh nimmt an, daß der Stich auf ein
Bild Aertfens zurückgeht, Carei van[ Mander berichtet uns fowohl von
einer fehr gut gemalten Emmausfzene Aertfens, wie von zwei »Martha-
 
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