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MÜNCHNER GLASPALAST 1918
DIE diesjährige Glaspalalt-Ausheilung war mehr denn je in erfter Linie auf
gute Verkaufsmöglichkeit geltellt. Darum ilt die ganze Künftlerfchar mit
verfchwindenden Ausnahmen leider viel mehr beforgt, als um die eigene künlt-
lerifche Weiterentwicklung und um die Wahrung einer Vormachtltellung in der
deutfchen Kunlt. Ein auf der Höhe der Kultur flehender Ausländer dürfte bei
einem Befuch diefer Ausheilung keinen fehr hohen Begriff von der Qualität, von
einem ernften Ringen in diefer Künltlerwelt erhalten haben, und man darf froh
fein, daß fich diefe Veranhaltung nicht unter harker Anteilnahme des Auslandes
vollzog. Die Sezeffion ließ ja immerhin noch eher einen gewißen künhlerifchen
Stilwillen, eine einheitliche künhlerifche Tendenz erkennen, aber der Sinn der
modernhen Kunlt, den man offenbar zu erfaßen verfuchte, das Streben nach
einem neuen monumentalen Stil, nach einer neuen tektonifch fehgelegten De-
koration ilt reichlich mißverftanden oder nur ganz oberflächlich aufgegriffen
worden. Was man fah, war im Grunde nichts weiter als eine Vergröberung
und Verflachung jener immerhin gefchmackvollen älteren Münchener dekora-
tiven Malerei.
Einzelne Größen der Sezeffion fehlten diesmal ganz, fo Stuck, Hengeler
und Diez. Sie waren wohl mit Aufträgen überhäuft und fanden es 'nicht für
notwendig, die Ausheilung zu befchicken. Hoffen wir aber, daß diefe Arbeiten
fo find, daß fie das Licht felbft diefer Ausheilung nicht zu fcheuen brauchten,
daß fie nicht dem kritifchen Kunhfreund eine peinliche Überrafchung bereiten,
wenn er fie fpäter einmal zu Gefleht bekommt. Man hat ja in den letzten
Jahren auf Auktionen von Privatfammlungen fchmerzlich e Momente genug
erlebt, wo man fleh für unfere erften Künhler fchämte, wo man Arbeiten fah,
die der deutfehen Kunlt alles, nur keine Ehre, machten.
Von der alten Garde bewegte fleh Habermann im ficheren gleichen Geleife,-
Albert von Keller, beweglicher und noch immer tatendurhig, erwies fleh dies-
mal merkwürdig ungleich. Neben fehr frifchen Arbeiten, die ihre letzte Har-
monie erh mit den Jahren durch das Zufammenwachfen der Farben und das
fich bildende Email erhalten werden, fand fleh ein Bildnis, das von geradezu
grauenhafter Kitfdhigkeit war und das man, wenn überhaupt, fo in einem ganz
verheckten Winkel eines Sälchens der Künftler-Genoffenfchaft, nicht aber an
diefer Stelle anzutreffen erwartete. Der Held der diesjährigen Sezefflons-Aus-
ftellung war zweifelsohne Leo Putz, Das Itarke Talent diefes bedeutendften
Mitgliedes der ehemaligen »Scholle« iß unzerffört geblieben. Aber fo viel
Schönes und Gefundes auch in der Malerei des Bildniffes und der Landfchaft
enthalten ift, fo muß man doch fagen, daß Putz mit feinem Pfund nicht richtig
gewuchert hat, daß anfeheinend feine künltlerifche Entwicklung einen zu früh-
MÜNCHNER GLASPALAST 1918
DIE diesjährige Glaspalalt-Ausheilung war mehr denn je in erfter Linie auf
gute Verkaufsmöglichkeit geltellt. Darum ilt die ganze Künftlerfchar mit
verfchwindenden Ausnahmen leider viel mehr beforgt, als um die eigene künlt-
lerifche Weiterentwicklung und um die Wahrung einer Vormachtltellung in der
deutfchen Kunlt. Ein auf der Höhe der Kultur flehender Ausländer dürfte bei
einem Befuch diefer Ausheilung keinen fehr hohen Begriff von der Qualität, von
einem ernften Ringen in diefer Künltlerwelt erhalten haben, und man darf froh
fein, daß fich diefe Veranhaltung nicht unter harker Anteilnahme des Auslandes
vollzog. Die Sezeffion ließ ja immerhin noch eher einen gewißen künhlerifchen
Stilwillen, eine einheitliche künhlerifche Tendenz erkennen, aber der Sinn der
modernhen Kunlt, den man offenbar zu erfaßen verfuchte, das Streben nach
einem neuen monumentalen Stil, nach einer neuen tektonifch fehgelegten De-
koration ilt reichlich mißverftanden oder nur ganz oberflächlich aufgegriffen
worden. Was man fah, war im Grunde nichts weiter als eine Vergröberung
und Verflachung jener immerhin gefchmackvollen älteren Münchener dekora-
tiven Malerei.
Einzelne Größen der Sezeffion fehlten diesmal ganz, fo Stuck, Hengeler
und Diez. Sie waren wohl mit Aufträgen überhäuft und fanden es 'nicht für
notwendig, die Ausheilung zu befchicken. Hoffen wir aber, daß diefe Arbeiten
fo find, daß fie das Licht felbft diefer Ausheilung nicht zu fcheuen brauchten,
daß fie nicht dem kritifchen Kunhfreund eine peinliche Überrafchung bereiten,
wenn er fie fpäter einmal zu Gefleht bekommt. Man hat ja in den letzten
Jahren auf Auktionen von Privatfammlungen fchmerzlich e Momente genug
erlebt, wo man fleh für unfere erften Künhler fchämte, wo man Arbeiten fah,
die der deutfehen Kunlt alles, nur keine Ehre, machten.
Von der alten Garde bewegte fleh Habermann im ficheren gleichen Geleife,-
Albert von Keller, beweglicher und noch immer tatendurhig, erwies fleh dies-
mal merkwürdig ungleich. Neben fehr frifchen Arbeiten, die ihre letzte Har-
monie erh mit den Jahren durch das Zufammenwachfen der Farben und das
fich bildende Email erhalten werden, fand fleh ein Bildnis, das von geradezu
grauenhafter Kitfdhigkeit war und das man, wenn überhaupt, fo in einem ganz
verheckten Winkel eines Sälchens der Künftler-Genoffenfchaft, nicht aber an
diefer Stelle anzutreffen erwartete. Der Held der diesjährigen Sezefflons-Aus-
ftellung war zweifelsohne Leo Putz, Das Itarke Talent diefes bedeutendften
Mitgliedes der ehemaligen »Scholle« iß unzerffört geblieben. Aber fo viel
Schönes und Gefundes auch in der Malerei des Bildniffes und der Landfchaft
enthalten ift, fo muß man doch fagen, daß Putz mit feinem Pfund nicht richtig
gewuchert hat, daß anfeheinend feine künltlerifche Entwicklung einen zu früh-