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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 22
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0465

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455

NOTIZEN

NEKROLOGE
Louis Tuaillon ift am 21. Februar,
noch nicht fiebenundfünfzigjährig, geftorben.
Mit ihm fcheidet einer der heften Bild-
hauer und zugleich eine der fympathifchften
Perfönlichkeiten, ein Mann, der durch feine
Stellung zum Vermittler in manchen kom-
menden Kämpfen berufen gewefen wäre.
Tuaillons Ruhm wurde begründet durch
die Amazone, die er 1895 in Rom voll-
endet hatte und die feit ihrer erften Ber-
liner Ausheilung und der bald darauf
folgenden Erwerbung durch den Staat lieh
eine feltene Popularität gewahrt hat. Es
ift neben Hildebrands marmornem »Jüng-
ling« das glücklichfte Werk, das in dem
römifchen Freundeskreife um Hans von
Marees gefchaffen wurde, dem Tuaillon
feit 1885 angehörte. Das fchwierige Pro-
blem der Zufammenbeziehung von Pferd
und Reiter zu einer formal gefchloflenen
Gruppe war hier in reftlos überzeugender
Weife gelöft worden. Tuaillon hat diefe
erfte Meifterlchöpfung nicht wieder über-
boten, ja, er hat fie kaum wieder erreicht.
Der »Sieger«, der 1902 zuerft in der Ber-
liner Sezeffion ausgeftellt wurde und jetzt
im Garten der Arnholdfchen Villa in
Wannfee fteht, befitzt nicht die gleiche Ge-
fchloffenheit edler Umrißführung. Fünf
Jahre fpäter folgte der mächtige »Tier-
bändiger«, der im Garten der Villa Guth-
mann feinen Platz fand. Mittlerweile war
Tuaillon im Jahre 1903 nach Berlin über-
fiedelt, und hier wurden ihm bald alle
Ehren und öffentliche Anerkennung zuteil.
Im Jahre 1907 vertraute ihm die Aka-
demie ein Meifteratelier an, 1912 wurde
ihm der Orden Pour le merite verliehen,
die Univerfität machte ihn zum Ehren-
doktor, der Kaifer bedachte ihn mit Aus-
zeichnungen und Aufträgen. Im Jahre 1905
wurde fein Standbild Kaifer Friedrichs in
Bremen enthüllt. Es war ein Wagnis,
einen modernen Herrfcher im heroifierten
antiken Imperatorengewand darzuftellen.
Aber das Wagnis gelang, und neben der
jugendlich zierlichen Amazone wurde dieler
Kaifer Friedrich die männlich reiffte Schöp-
fung des Meifters. Das Gegenftück, der

Kaifer Wilhelm der Kölner Rheinbrücke,
der zum zeitgemäßen Koftüm zurückkehrt,
ift in feiner ftärkeren Bewegtheit nicht frei
von einer Pofe, die das ältere Denkmal
glücklich vermeidet. Für Berlin bedeutete
Tuaillons Kunft, die die Linie der Scha-
dow und Rauch fortzufetzen berufen war,
eine heilfame Abkehr von dem äußerlichen
Pathos Begasfcher Barockdenkmale, Allen
Verlockungen der Wilhelminifchen Ära
wußte der Künftler mannhaft zu wider-
liehen. Der Sezeffion, der er fich bei feiner
Überfiedelung nach Berlin angefchloffen
hatte, ift er Zeit feines Lebens treu ge-
blieben, und er gehörte zu den wenigen,
die Herz und Verftändnis befitzen für
Äußerungen echter Kunft, mochte ihre
Sprache der feinen noch fo fern fein.
Fritz Baerf. Am 20, Februar ftarb
in Pafing der Landfchaftsmaler Fritz Baer.
Der Künftler, der 1850 in München ge-
boren war, gehörte zu den frilcheften Talen-
ten unter den älteren Münchener Land-
fehaftern, ja fein ftarkes Temperament kam
erft in den letzten anderthalb Dezennien
richtig zum Durchbruch. Er war Schüler
von Baifch, folgte dann den Bahnen von
Dupre und Troyon und huldigte dann
einem echt münchnerifch gefärbten, etwas
pathetifchen Impreffionismus mit fehr pafto-
fem Farbauftrag und oft fehr kühner Pinfel-
führung. Zu feinen Motiven aus der bay-
rifchen Hochebene gefeilte er fpäter folche
aus dem bayrifchen, dem Tiroler und
Schweizer Hochgebirge.
PERSONALIEN
Paul Davidfohn feierte am 13. März
in Berlin in voller Rüftigkeit feinen 80. Ge-
burtstag. Er ift einer der ganz wenigen
Kupferftichfammler alten Stiles in Deutfch-
land, einer von den Hillen Kunftliebhabern,
die von ihrem Befitz wenig Aufhebens
machen, ihn aber um fo eifriger lieben
und hüten. Seit vielen Jahren fchon gehört
er zu der Sachverftändigenkommiffion des
Berliner Kupferftichkabinetts und hat an
der Entwicklung der Sammlung einen regen
Anteil genommen.
 
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