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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 20
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Kirstein, Gustav: Zum Thema Bücherpreise
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0427

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Zum Thema: Bücherpreife

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gleich finden in den Verluftkonten anderer. Aus einer ziemlich ausgebreiteten
Kenntnis kann ich Tagen, daß es keinen Verleger gibt, der mit kunftwillen^
khaftlichen Büchern Vermögen erworben hat. Diefes pflegt aus Unter-
nehmungen zu flammen, die — oft nach einer Verleger-Idee verfaßt — Geh
den Intereflen breiterer Kreife anpaflen.
Nur wenige Bücher gehen von felbft,- die überwiegende Mehrzahl
bedarf der durch Erfahrung gelchärften und durch einen großen Apparat
unterftützten Vertriebsarbeit des Verlegers, deren Koften erheblich höher find,
als gemeinhin vermutet wird. Da wir nach der letzten Statiftik vor dem
Kriege 36000 deutfehe Bücher jährlich produzierten, bedarf es eines Kampfes,
um nur an die fichtbare Oberfläche zu kommen. Wäre diefe Arbeit un-
produktiv und überflüffig, fo wäre fie längft verfchwunden, da jedermann die
Freiheit hat, den Verleger auszufchalten. In einigen Fällen ift fie wirklich
überflüffig aber was beweift das?
Es gibt auch zu denken, daß fo treffliche Bildungen wie die Graphifche
Gefellfchaft oder die bibliophilen Gefellfchaften, die mit einem im voraus
verpflichteten Abnehmerkreis arbeiten, immer vereinzelt geblieben find und
nur eine gewiße Art von Publikationen — aber keine eigentlich wiflenfchaft-
liche Literatur, ja überhaupt keine Literatur — zu edieren imftande find.
Wenn fchließlich Herr Geheimrat Wölfflin mitteilt, daß der Buchhandel
für den Vertrieb des in Rede flehenden Werkes einen Auffchlag von 100 °/0
genommen hat, fo ift das nicht ohne weiteres verftändlich. Der Sortiments-
buchhändler pflegt Geh mit 30°/0 zu begnügen. Aber vielleicht fchien es den
Veranflaltern geboten, doch noch eine Vertriebsftelle, einen Verleger, einzu-
fchalten? Warum wurde das Buch nicht für 15 Mark direkt von der Aka-
demie an die Intereflenten abgegeben?
Da Herr Geheimrat Wölfflin die geftiegenen Herftellungskoften ftreift,
fo will ich auch hierüber etwas mitteilen. Die Teuerung, die Geh in den
jetzigen Ladenpreifen unferer Bücher ausdrückt, ift wirklich noch krafler
als ihr Ruf! Wenn ein Buch an Druck, Papier und Einband früher
5000 Mark koftete, fo koftet es heute 15000 Mark. Die Beobachtung des
Büchermarktes zeigt aber, daß die Verleger feiten über das Doppelte der
früheren Preife hinausgegangen find und die verfchiedenartigften Auswege
fachen, um Geh fchadlos zu halten. Für die wiflenfchaftliche Literatur hat
diefe Preisbewegung die fchwere Folge, daß das Rifiko jeder einzelnen Unter-
nehmung immer größer, die Luft, fie zu wagen, immer geringer wird. Geht
der Kurs fo weiter, fo verödet der wiflenfchaftliche Büchermarkt — es fei
denn, daß Akademien und Stifter felbftlos die Laft auf die Schultern nehmen.
Das fchöne Beifpiel, das zu diefer Debatte den Anlaß geboten hat, möge als
Vorbild dienen. GUSTAV KIR5TEIN.
 
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