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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 24
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Glaser, Curt: Der neue Kurs
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0505

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Der neue Kurs

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fällig genau fo weit und nicht weiter, als Jufti mit feinen Ankäufen für die
Nationalgalerie vor etwa Jahresfrift fdion vorzugehen wagen durfte. Die
Wahl Hans Purrmanns war ein glücklicher Griff. Ehe Willi Jaekel der
gleichen Ehre für würdig befunden wurde, hätte dagegen mancher andere
unter den jüngeren Künftlern Aufnahme finden dürfen, der vielleicht eine
weniger leichte Hand befitzt, dafür aber wefentlichere Bedeutung innerhalb
der Kunft unferer Zeit. Merkwürdig ift die Tatfache, daß die Akademie den
jüngeren Bildhauern feit langem fchon mehr Entgegenkommen bewies als den
Malern. So zog fie auch diesmal hier die Kreife weiter, indem fie neben
Kolbe und Metzner auch Barlach und Lehmbruck zu Mitgliedern wählte.
Hier waren auch weniger alte Unterlairungsfünden nachträglich gut zu machen.
Denn es ilt fchwer begreiflich, daß erft jetzt Künftler wie Corinth und Kalch-
reuth Aufnahme finden konnten. Andere Wahlen wie die der Bildhauer
Jofef Rauch, Theodor v. Gofen und Hermann Hahn, der Maler Hugo
von Habermann, Ludwig von Hofmann, Albert von Keller, Wilhelm Stein®
häufen, Robert Sterl, der Graphiker Ernft Moritz Geyger und Heinrich Wolff
lagen mehr oder minder in der Linie der alten Tradition, und auch Melchior
Lech ter und Ulrich Hübner können ebenfowenig wie Franz Eichhorft, der
nur durch feine Jugend eine befondere Stellung einnimmt, zu den gefähr®
liehen Neuerern gezählt werden. Auch die Namen der Architekten Bräuning,
Bruno Paul, Bonatz, Theodor Fifcher bezeichnen im allgemeinen eine mittlere
Linie. Daß mit Käte Kollwitz zum erften Male eine Frau in der Akademie
Aufnahme findet, ilt darum zu begrüßen, weil die Wahl eine Würdige traf.
Diefe Bemerkungen follen im übrigen weniger im einzelnen kritifieren als
die Linie bezeichnen, auf der fich im ganzen der Erneuerungsverfuch der
Akademie bewegt. Daß nicht unmittelbar in das allerradikalfte Fahrwaßer
eingelenkt wurde, braucht man dabei durchaus nicht als einen Vorwurf zu
empfinden, da einerfeits nur eine organifche Fortentwicklung ein erfprießliches
Zufammenarbeiten der neuen mit den alten Mitgliedern zu verbürgen ver®
mag, anderfeits das Vorhandenfein einer Oppofition dem Kunftleben als
folchem nur förderlich fein kann.
Die Hauptfache aber wird nun fein, daß überhaupt gearbeitet wird. Es
darf nicht genügen, daß die Akademie nach vieljährigem Dornröschenfchlaf ihr
Dafein durch diefe Maffenwahl wieder einmal bezeugt hat, um weiter in ihrer
vornehmen Verborgenheit zu verfinken. Sie wird vielmehr ihre Ehre darein
fetzen müffen, zu allen Fragen des öffentlichen Kunftlebens Stellung zu nehmen
und tätig einzugreifen, fich als ein Rat der Belten Gehör zu verfchaffen. Gleich®
gültig, ob es einen Briefmarkenwettbewerb gilt, wie er eben jetzt die Künftler®
fchaft befchäftigt, oder das Ausftellungswefen, in dem die Akademie bisher
durch ihre parteiifch einfeitige Verbindung mit dem Verein Berliner Künftler
 
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