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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 1 - Nr. 10 (1. Januar - 14. Januar)
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anzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt-
bewilligung. Expedition: Zwingerskratze 7.


Verantwort!. Redakteur: F. Z. Knappe
in Heidelberg.

WM«, Wq, Sn Z.Ämn.

Drucku. Verlag von Gcbr. Huber mHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten. !


Deutsches Reich.
* Berlin. !. Jan. Der Kaiser hielt heute
große Gratulationskur und empfing alsdann die hier
beglaubigten Botschafter im Marinesaal des Schlosses.
Dieselben wurden hierauf auch von der Kaiserin em-
pfangen Ilm 1 Uhr Nachmittags fand im Lichthofe
des Zeughauses in Gegenwart des Kaisers große Pa-
roleausgabe statt. — Am Montag trat das Staats
Ministerium zu einer Berathung über die Vorlagen,
die dem Preußischen Landtage zngehen sollen, zusam-
men. — Wie aus Dresden gemeldet wird, ist der
naiionalliberale Reichstagsabgeordnete L e u s ch n e r
aus Glauchau gestorben. — Für Mecklenburg kommt
kein Kartell zu Stande. Die dortigen Führer der
Nationalliberalen haben das Anerbieten des konserva-
tiven Landesvereins, der ihnen drei Sitze garantiren
wollte, rundweg abgelehnt. In Folge dessen werden
die Konservativen in allen Kreisen selbstständige Kan-
didaten aufstcllen.
* Berlin, l. Jan. Dr. Peters soll sich doch
noch am Leben befinden. Eine Depesche des
„Berl. Tagebl.", dem man übrigens nicht immer glau-
ben darf, meldet aus Zanzibar, daß die Peters'sche
Expedition nicht niedergemetzelt sei und sich nach so-
eben eingelaufenen Meldungen auf dem Marsche zwi-
schen dem Keniagebirge und dem Baringvsee befinde.
Eigenthümlicher Weise findet diese Meldung gerade
in hiesigen Kolonialkreisen, die dem Emin Pascha-
Komitee nabe stehen, den geringsten Glauben. Man wird
deshalb gut thun, die endliche Bestätigung abzuwarten.
Ueber den El be rfeld er S ozia list enProzeß
macht die „Nativnalzeitung" folgende, angesichts der
bevorstehenden Entscheidung über das Sozialisten-
gesetz beachtenswerthen Bemerkungen:
„In politischer Beziehung muß diese Gerichtsver-
bandlung als ein neuer Beleg der seit Jahren von
uns vertretenen Auffassung betrachtet werden, daß das
Sozialistengesetz, so wie es jetzt beschaffen ist, schäd-
lich und unhaltbar ist. Ob Partei oder Ver-
bindung, die Sozialdemokratie wirkt unzweifelhaft in
systematischer Weise, welche geheim gehalten wird, den
Maßregeln der Verwaltung und der Vollziehung von
Gesetzen -— in erster Reihe des Sozialistengesetzes —
entgegen. Aber in einer Lage wie die, welche durch
die viel zu lange Aufrechterhaltung des Sozialisten-
gesetzes von 1878 der Sozialdemokratie geschaffen ist,
würde jede Partei zu einer geheimen Dichtigkeit grei-
fen. Und daß Tausende und Abertausende mit ganz
demselben Rechte angeklagt, resp. verurtheilt werden
könnten, wie die Personen, denen es in Elberfeld ge¬

schehen ist, unterliegt nicht dem mindesten Zweifel.
Ein solcher Stand der Dinge i st u nhal t-
bar und verderblich, von den häßlichen und be-
gleitenden Erscheinungen, wie die Ausdehnung des
Spi onenwesens zur polizeilichen Überwachung
der geheimen Dichtigkeit der Sozialdemokratie ganz zu
schweigen. Der Elberfelder Prozeß hat nichts Neues
enthüllt, er hat nur bestätigt, lvas man bisher schon
wußte. Die Gesetzgebung der Niederhaltung sozial-
demokratischer Ausschreitungen muß dergestalt geändert
werden, daß für die große Masse der Sozialdemokra-
tie, welche von anarchistischen Tendenzen frei ist, die
Bethätignng in der O effentlichkeit wieder
möglich und die Versuchung zur Geheimbündelei da-
mit hinfällig wird. Mit der kleinen Zahl der Fana-
tiker, welche dann noch Blätter wie den „Sozialdemo-
kraten" heimlich zu verbreiten versuchen mögen, wer-
den die Polizei und die Gerichte wohl fertig werdens
Der Staatsanwalt im Elberfelder Prozeß drückte selbst
den lebhaften Wunsch aus, daß die Sozialdemokratie
anstatt der geheimen Wirksamkeit die öffentliche wieder
ausnehmen möge. Das war auch sein Eindruck von
diesem Prozeß und er wies auf neuere, seit dem Rück-
tritt des Herrn von Puttkamer erfolgte Maßnahmen
der Verwaltung hin. Die staatsmännische Auffassung,
welche sich im Gegensätze zu der polizeilichen des
Herrn von Puttkamer in diesen Maßnahmen des Mi-
nisters Herrsnrth bekundet, ist von uns wiederholt an-
erkannt worden. Aber sie genügen nicht, um eine
zahlreiche, länger als ein Jahrzehnt zu einer geheimen
Agitation veranlaßte Partei zur riickhaltslvsen Ver-
legung derselben in die Oeffentlichkeit zu veranlassen.
Dazu bedarf es eines Ersatzes des bisherigen So-
zialistengesetzes, wie wir ihn seit langer Zeit befür-
wortet haben."
München, 31. Dez. Wegen der ungünstigen
Gesundheitsverhäl'nisse in der Stadt wird die Neu-
jahrsknr bei Hofe gutem Vernehmen nach nicht statt-
finden.
* Stuttgart, 31. Dez. Auch der König ist seit
gestern unwohl und genvthigt, das Zimmer zu hüten.
Er hat insbesondere neuralgische Schmerzen.
Ausland.
* Rom. In der Allokation am Montag sprach
der hl. Vater seine Befriedigung über die Errichtung
katholischer Universitäten in Washington, Ottawa und
Freiburg aus. Um so größeren Schmerz verursache
ihm Italien, wo jüngst ein im öffentlichen Leben
stehender Mann erklärte, daß die Machthaber unauf¬

hörlich danach trachteten, die Kirche und den Papst
zu bekämpfen. Das Papstthnm habe ein Recht ans
die weltliche Macht, weil hierauf seine Unabhängigkeit
zur Ausübung der Pflichten und seine nothwendige
Freiheit beruhten. D a s neue it a l ienische Str a f-
gesetzbuch und das jüngst votirte Gesetz
über die frommen Stiftungen seien eine
Beleidigung der Geistlichkeit nnd eine
Verletzung der Kirche. Die Priester seien von
der Verwaltung der Wohlthätigkeitsanstalten ausge-
schlossen, während die Frauen zugelassen seien. Es
sei gesagt, die Wohlthätigkeit müsse von Laien geübt
werden, weil sie dann besser ausgenommen würde.
Die Unglücklichen aber schämten sich, außerhalb der
Kirche die christliche Mildthätigkeit in Empfang zu
nehmen. — In dem Konsistorium präkonisirte der
hl. Vater 31 Erzbischöfe nnd Bischöfe, nämlich 5
Spanier, 8 Italiener, 0 Russen, 3 Deutsche, einen
Dalmatiner, 6 Franzosen, einen Belgier nnd einen
Mexikaner, darunter Anton Thoma (München), Anton
Zarr (Terespol), Peter Kossvwski (Wladislaw), Phil.
Nakis (Spaloete), Anton Stillemenas (Gent), Firmann
Dingelstadt (Münster), Michel Kampf (Passau) Anton
Andziewiez (Wilna), Franz Jaezewski «Lublin, zugleich
Administrator der Diözese Podlachie), Michael Wvwod-
worski (Ploezk). Ferner theilte der Papst niedrere
bereits durch Breve erfolgte Ernennungen mit, dar-
unter Msgr. Piavi zum lateinischen Patriarchen in
Jerusalem, Msgr. Walsh, als Erzbischof von London
nach Toronto versetzt. Endlich bewilligte der Papst
dem Patriarchen von Jerusalem das Pallium und
verlieh den neu ernannten Kardinälen die Kardinals
ringe.
* Nom. 30. Dez. Im heutigen öffentlichen Kon-
sistorium erfolgte die Überreichung des Kardinals-
hutes an die Erzbischöfe GovssenS (Mcebeln), Richard
(Paris), Fvnlvn (Lyon) Schönborn (Prag). — Die
Kongregation der Riten erließ die Postulation für
den ehrw. Palotti. — Im folgenden geheimen Kon-
sistorium erfolgte die Präkonisativn von 72 Bischöfen,
darunter Dingelstad (Münster), Ramps (Passau) nnd
Thoma (München. Der Schluß erfolgte um l Uhr
45 Minuten. (Vergl. Vorstehendes.)
* Frankreich. Wegen Einmischung in die Wahlen
hat die Regierung 297 Geistlichen ihr Gehalt ent-
zogen. Da in Frankreich die Priester ebenso Staats-
bürger sind, wie jeder andere Franzose, folglich auch
das allgemeine Wahlrecht für sie gilt, kann man die-
ses Vorgehen der Regierung nur als einen Gewalt
akt der Ungerechtigkeit bezeichnen.

(Nachdr. Verb.)

am. „Es ist das
nnen Sie rascher

KöHenluft.
Von Gary Groß. i
78) (Fortsetzung.)
Ich glaube ja," sagte Raimonda mül
Beste, denn es führt mich fort, weit fort.
„Wenn Sie so reiselustig sind, dann immer
noch Befriedigung erlangen. Die Ueberr schung, die Ma-
dame Vallier für Sie in pottv hat, ist e
nach Neapel zu begleiten, wo die Grast
im Frühjahr zu verleben liebt. Dort ko
l,N..., Ul N..- I. U. ..Ul...
die noch Ihrem Pariser sofour vorausgeh
glücklich sein, Jhren^Stern sich rasch zun
Ihre "Zusage zu geben ! Wenn Sie meinen
arrangiere ich Ihnen alles übrige."
Und Raimonda gab ihre Zusage, wä
Hand den Brief umschloß, der das Gege
wirken sollen. Wie stark aber ihre Gr_
war, zeigte sich, als am nächsten Tag ein heftiges Fieber
sie befiel, das andauerte, bis die Gräfin Vallier, die sich
dadurch veranlaßt sah, ihre Reise zu beschleunigen, Rai-
monda für einige Zeit mit sich nahm. Ihr Verschwinden
aus Mailand gereichte der Gräfin Stahrberg zu großem
Trost. Sie hoffte, ihr Brief habe Raimonda von dem
öffentlichen Auftreten zurückgeschreckt, und beruhigte sich nun
in vielfacher Beziehung. Hatte Raimonda so rasch durch
ihr Talent sich Freunde gemacht, so war sicher anzunehmcn,
daß sie nicht schutzlos im Leben bleibe, und Irene hoffte
auch Mittel zu finden, ihr noch Unterstützung zusließen zu
lasten. Doppelt freute sie sich jetzt des nahenden Frühlings,
der sie mit Alfred in das sichere Elbwitz führen sollte.
Dort wollte sie mit Lucie weitere Schritte berathen. Dies-
mal wenigstens mußte Lucie ihr zugestchen, daß sie als
treue Wächterin über dem Glücke Alfreds gewacht habe
.. Als jedoch Armandine durch ihre Mutter von der Ab-
reise der Stahrbe^tzs horte, die Nizza verlassen hätten, um

e Einladung, sie
einige Wochen
.... . .. .-o nen Sie sich er¬
holen, bis Negroni Sie für die kleine Kür reise reklamiert,
7» I'., I. ' -T u l muß Nächsten
Herbst finden wir uns dann alle in P, is. Ich werde
glücklich sein, Ihren Stern sich rasch zun Zenilh erheben
zu sehen! Machen Sie mir die^Freude, K ad, gerade mir
fiath annehmen,
rend noch ihre
theil halte be-
-ümüthsbewegung
heftiges Fieber
Vallier, die sich

in Venedig und Meran die bessere Jahreszeit abzuwarten,
stampfte sie mit dem kleinen Fuße und zerriß ärgerlich
ein Billet Ferraris, der immer ungestümer von seiner
Liebe sprach. Wie lange mußte sie sich noch Zwang auf-
erlegen, um des leidigen Rufes willen, der einem jungen
Mädchen so bedenklich ist? Ferrari trieb es auch zu toll,
sie so zu bestürmen und ihr armes Herz zu beunruhigen.
Sie faßte darum auch den heroischen Entschluß, diesem
Herzen Ruhe zu verschaffen und in den sicheren Hafen einer
modernen Ehe einzulausen. Diese gestattete Reichthum und
Genuß, und verlangte keine, beiden Theilen lästige Be-
schränkung. Ein Roman Zolas lag noch auf ihrem Tische.
Sie hatte soeben die Weisheit aus ihm aesogen, wie natür-
lich die Leidenschaften sich entwickeln. Wozu also wieder-
streben ?
Es handelt sich nur, die Existenz da zu gründen, wo
sie so angenehm und unangefochten wie möglich sei, und
da war es am Ende gut, daß keiner der deutschen Barone
sie in den Zwang einer Gesellschaft geführt, die noch allzu-
viel Reste überstandener Begriffe enthielt
Schon wenige Tage später erhielt Raimonda in Neapel
die Verlobungs-Anzeige Ärmandinens mit Baron Uchenieff;
Armandine selbst hatte die Worte beigefüat: „Ich brauche
Sie nicht mehr um Paris zu beneiden! Nach meiner Ver-
mählung, die noch im Mai stattfindet, werden wir nach
London, dann nach Paris, später in ein Seebad gehen und
nächsten Winter ganz bestimmt in Paris sein. Fragen Sie
also nicht, ob ich eine glückliche Braut. Ich finde Uchenieffs
Schwärmerei ein wenig outriert, ich hoffe dafür eine um
so glücklichere Frau zu werden — wenn auch gerade nickt
im Sinne von Mondschein, Nachtigallen und dem Glücke
der stillen Hütte. In Paris wi'd sich unser Mailänder
Kreis wieder bilden Meine Tante kommt, Marchese
Galli, ja sogar F-.rrari will sich einfinden: wir alle wollen
Ihre Triumphe miterleben!"
Gräfin Vallier, die die Zeilen mit Raimonda las, zog
die Stirne zusammen; „Welch ein Geschick bereitet sich da!
Sehen Sie, Raimonda, wie hoch die Aufgabe ist, die sie
sich stellen müssen ! Die Kunst hat unendlich viel zu thun,
die Gemüther wieder zu heben, zu veredeln, dem Leben

hohe Ziele zu geben. Sie, als Priesterin derselben, müssen
beitragen, den Sinn vom Niedrigen emporzuheben, der
Welt einen neuen Inhalt zu geben "
Raimonda lau,chte den Worten, aber sie sckeuckten den
Zweifel nicht aus ihrem Herzen, daß die Kunst allein
schwerlich die Kraft habe, die „Oberflächen der Erde zu
erneuern."
Ihr klangen noch andere nur halb vergessene Worte
nach, aber sie wollte ihnen nicht nachsinnen und blickte vor-
wärts auf das unbekannte, ungewisse Ziele, ahnend, daß
auch dort oer Friede nicht sein werde, der für immer aus
ihrem Herzen entflohen schien. Ruhelos wie das Meer,
das trotz seiner lieblicken Bläue Nacht und Tag ans
Ufer schlug, war ihre Seele geworden; ein wilder Geist,
schwebte über ihr; nicht jener Geist, der den Sturm ge-
bannt, auf daß das Licht des Himmels in ruhiger Fläche
sich spiegelt.
Hk. Abtheilnng.
1. Kapitel.
Unerwartete Nachrichten.
Tiefer Schnee lag in den Gründen der Elbegegend
und auf ihren Geländen und deckte die grünen Matten und
fruchtbaren Felder mit schimmernder Hülle. Die dunklen
Tannenwälder auf den Hohen erschienen im glänzenden
Wmterschmucke zwar freundlicher als zur Sommerszeit,
aber all das Leben, das sonst auf dem Flusse sich regt und" die
Gegend erheitert, war verschwunden. Geräuschlos zogen
die Wellen unter der starren Fessel des sie deckenden Enes
dahin. Es waren weiße Weihnachten vor der Thüre nnd
bitter kalt dabei. Wer zu Hause im gut geheitzten Stüb-
chen bleiben durste, that es gerne, nnd wer über Feld zu
gehen hatte, eilte vorwärts, so rasch es ging, um wieder-
an einen wirthlichen Herd zu kommen. So that der Brief-
bote, der mit seinem Felleisen von der E-senbahn-Sration
nach der Gegend eilte, von wo Schloß Elbwitz, sich statt-
lich über das weite Hügelland erhebe,-d, ihm winkte dort
mochte er wohl gegen Kälte Schutz finden.
Fortsetzung folgt.
 
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