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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 111 - Nr. 120 (17. Mai - 29. Mai)
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^schetat tL-Uch uni «»Snabmr der Sonn- u. Friertage.


ff*o«»eme»tspreis n:n dem »öchentlichmUuterhiiltuugs-
„DerSonuiagSbote" sürHeidAbergmouaÜichkV^
A Trägerlohn, durch di e Post bezogeu vierteil. 1.80 franco.
. -'-- -

Mischer Lslksbotc.

Berantwortl. Redakteur: L. L. Euappe
iu Heidelberg.

Ilk.

Druck». Berlag von Gebe. Huber inHeidelberg!
früher Verleger des Pfälzer Boten.

Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum 10 H
Reklame 25 Für hiesige Geschäfts- und Privat-
anzeigen, sowie sür Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt,
bewilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890.


ÜMMe HMkMn ki im Wüt»
Mmck.
I
(Schluß.)
Nachdem wir 1866 den Nordbund begründet und
At dem Süden Allianzen geschlossen hatten, bemerkten
Ar, daß Paris viel näher an Karlsruhe, Stuttgart,
Jünkfurt und sogar an München liegt, als Berlin.
>>e Gefahr war offenbar; Sie kannten auch unsre
Awache Seite, denn Ihr ganzer Kriegsplan von 1870
dahin, sich auf die Südstaaten zu werfen und
A vom Norden zu trennen. Es war für uns unbe-
'Ngt nothwendig, jenseits des Rheins einen Damm
Aschen Frankreich und Süddeutschland auszuwerfen;
Asre nationale Einheit hing Nation ab, es war für
As eine Frage auf Leben und auf Tod. Wir brauchten
Straßburg, Colmar und Mülhausen, d. h. das Rhein-
öl. Zwischen unfern beiderseitigen Völkern besteht
An Rassenhaß, keine alte historische Rancune, sondern
Ar eine Grenzfrage. Zwischen uns liegt ein Thal,
As eine Grenze bildet. Wer soll die Grenze haben?
Air mußten sie haben. Frankreich, das drei Jahr-
hunderte vor uns einig wurde, hat sie uns ohne
?tunv genommen, denn wir haben seine Einheit nie
°Aroht. Auch den Krieg von 1870 haben
Hst nach Möglichkeit zu vermeiden gesucht. Erinnern
Ze sich nur an den Verzicht des Prinzen von Hohen-
Mern. Es hing aber nicht von mir ab, daß das
Agreiche Deutschland sich mit dem unbedingt Noth-
Andigen begnügte. Nach Sedan sagte ich den
Herren Pietri und Castelnau: „Dem Kaiser steht
? frei, sich über Belaien nach Wilhelmshöhe zu
/geben, und ich werde das Ehrenwort, daß er nicht
^fliehen werde, nicht von ihm verlangen." Man
feilte ihm dies mit, aber er lehnte ab; er wolle sich
An der gefangenen Armee nicht trennen. Ich ließ
An fragen, ob er nicht glaube, nach Paris zurück-
'bhren zu können, und ob die Zukunft seiner Dynastie
^sichert sei. Er erwiderte, er sei in dieser Beziehung
"?Nz ruhig und ziehe die Gefangenschaft vor. Wenn
dem Kaiser einen solchen Vorschlag machte, so ge-
Anh ez deswegen, weil ich eine Regierung brauchte,
At der ich über den Frieden verhandeln und Straß-
Arg mit dem Oberrhein bekommen konnte. Die näm-
Bedingung stellte ich auch in Ferneres; Jules
'Zvre übermittelte sie der Regierung der National-
ANHeidigung. Aber der Krieg zog sich in die Länge
größeren Ehre unserer Kriegspartei. Ich wollte
immer noch mit Straßburg und mit dem Ober-

rhein, d. h. mit dem unumgänglich Nothwendigen be-
gnügen, und Gott weiß, was für Kämpfe ich damals
durchzufechten hatte. Aber ich mußte dem Militär
Konzessionen machen, und Sie werden gestehen müssen,
daß Sie Ihrerseits Alles thaten, die Ansprüche der-
selben zu begründen, daß ihre Anstrengungen ihnen
das Recht gaben, mir Bedingungen vorzuschreiben.
Als ich den Parisern das bevorstehende Bombar-
dement ankündigte, richteten England und andere
Mächte bewegliche Vorstellungen an mich. Man stellte
mir die Schönheit der Denkmäler, den Werth der
Kunstwerke, den fast heiligen Charakter der Hauptstadt
der Zivilisation vor. Man schalt mich einen Bar-
baren und Vandalen, Ich dachte aber, die Barbarei
bestünde darin, eine so schöne, anmuthige und reiche
Stadt mit Wällen und Festungswerken zu umgeben,
aus ihr einen Kriegsschauplatz, ein verschanztes Lager
zu machen, sie dem Feind als Herd des Widerstands
zu zeigen und sich nach der Niederlage im Felde
hineinzuflüchten, um die Kunst und die Zivilisation
anzurufen, um durch sie sich zu schützen und den Krieg
zu verlängern. Wir haben unser Berlin nicht mit
Mauern umgeben. Uedrigens hatte das Bombarde-
ment nur einen moralischen Zweck, und ich darf Sie
wohl daran erinnern, daß die Kommune und die
Soldaten Mac Mahons näher und unbarmherziger
bombardirt haben, wie wir; man hat weder Monu-
mente noch Paläste, Bibliotheken oder Museen geschont.
Wenn ich, der Barbar, nicht Mac Mahon und Thiers
ein wenig unterstützt hätte, so weiß ich nicht, was von
der Hauptstadt der Kunst und der Zivilisation noch
übrig geblieben wäre!.
Deutschland wird niemals, hören Sie wohl; nie-
mals, Frankreich angreifen, es wird auch Frankreich
niemals zum Angriff reizen, niemals weder direkt noch
indirekt einen Vorwand zum Kriege suchen. Wir
werden Sie nicht angreifen, denn wenn wir es auch
wollten, so könnten wir es nicht; unsere Verfassung
verbietet es, Landwehr und Landsturm zu einem Offen-
siv-K'rieg zu verwenden. Wenn wir die Verfassung
verletzen würden, um über Frankreich herzufallen, so
würde unser Volk die Waffen, die wir ihm in die
Hand geben, gegen die Regierung kehren. Das deutsche
Volk ist ebenso friedlich wie patriotisch Es wird
den letzten Blutstropfen für sein Vaterland hergeben,
aber wehe dem, der es aus seiner Arbeit und Ruhe
in einen Eroberungskrieg ziehen würde. Unser Volk
treibt jetzt Industrie und Handel, es ringt einem un-
dankbaren Boden möglichst viel Vortheile ab. Es ist
nicht so begünstigt wie das Ihrige, es lebt nicht unter

einem so gesegneten Striche. Trotz alledem macht es
so große Fortschritte, daß der Frieden ihm heute ein-
träglicher ist als der Krieg. Es würde muthig den
Krieg führen zur Vertheidigung des mit so großen
Mühen Errungenen, aber es niemals durch einen un-
gerechten Angriff in Gefahr bringens Sodann haben
wir auch kein Recht auf irgend ein Land ; unser Reich
ist fertig. Wozu sollten wir Krieg mit ihnen führen?
Wir haben Ihnen nichts mehr zu nehmen. Wir
wollen auch weder Holland noch die baltischen Pro-
vinzen. Das wäre zu schwer zu verdauen. Wir
halten die Integrität Frankreichs wie diejenige Oester-
reichs für eine europäische Nothwendigkeit. Wir be-
greifen, daß Rußland interveniren würde, um Frank-
reich zu beschützen, gerade wie wir Oesterreich schützen
würden, wenn Rußland es angriffe. Im Schnäbele-
Fall war ich so glücklich, auf das Argument Ihrer
Regierung sofort eingehen zu können. Die Unterredung
war verlangt worden, also war freies Geleit selbstver-
ständlich. Das genügte, und ich ließ Schnäbele frei.
In der Affaire von Raon l'Etappe habe ich ohne zu
handeln die geforderte Entschädigung bezahlt. Ich
fürchte nicht, dadurch mein Vaterland zu erniedrigen;
ich habe vielmehr dem Gefühle aller Deutschen ent-
sprochen. Wenn ein Franzose meine diplomatische Hülfe
erbat, habe ich sie ihm gewährt.
Der Fürst lobte dann einige französische Staats-
männer. Carnots Reise nach Korsika sei ein politischer
Meisterzug gewesen. Freycinet sei eine vorzügliche
Kraft alle Nationen könnten stolz sein, einen solchen
Kriegsminister zu besitzen. Constans habe in der Be-
siegung des Boulangismus große Gewandtheit und,
Energie gezeigt. „Ich bringe", schreibt dann der Be-
richterstatter, „aus Friedrichsrnh die Ueberzeugung
mit, daß Deutschland noch mehr wie Frankreich in
gutem Einvernehmen mit jedem andern Staate zu leben
wünscht ; ich bringe auch das freudige Gefühl mit,
daß man in Deutschland unsere Nation nach ihrem
Werthe schätzt, und daß der Franzose zuverlässig in
Deutschland mit jener Rücksicht behandelt wird, die
man den Bügern eines großen Volkes erweist; ich
bringe endlich die Gewißheit mit, daß wir von -unfern
Nachbarn weder in unserer Freiheit, noch in der Inte-
grität unseres Territoriums bedroht werden. Wozu
dann aber die großen Heere?" Auf diese auch an
der Fürsten Bismarck gestellte Frage, antwortete der
letz.ne:
Es ist wahr, daß die großen Heere eine Last sind.
Es ist, wie Sie sagen, eine andere Form des Krieges:
wo man mit Goldstücken auf einander losschlägt. Aber

LrcuerKiebe Lohn.
Roman von U. Rosen
<N«chdr. verb.I
tz. Mit frohlockendem Blick betrachtete er seinen kleinen
b/wngenen, der sein Schluchzen unterdrückt und seine
h°Uen Augen voll Neugier und Furcht auf ihn gerichtet
sA"e. .Nun was, denkst Tu von mir, mein kleiner Freund?"
»A»te Ormond mit gönnerhafter Miene und doch nicht
Beschämung das schutzlose Kind ansehend.
tz »Wer sind Sie, und wohin führen Sie mich?" forschte
'vn ernst und mit zitternden Lippen.
b»:_--Ick bin der Vetter Deines Papa's, Kleiner, und
'Nge Dich zu Deiner Schwester Grralda."
l>«>,-.Weshalb schleppen Sie mich von Hause fort und wes-
° sind Sie so grausam gegen mich?"
»Das will ich Dir gern erklären mein Junge. Dein
und ich, wir sind erbitterte Feinde, dagegen liebe
>>eine Schwester Giralda, und will sie zu meiner Frau
n, und später werden wir uns alle miteinander ver-
ltzWu; dann kehrst Du wieder zu Deiner Mama zurück.
Hjadahju aber ist es das Beste was Du thun kannst,
Hu - verhalten und mich nicht zu ärgern. Wenn
»us »sUend welches Geschrei erhebst, die Aufmerksamkeit
h>e'rb ch zu lenken, oder mir zu entschlüpfen versuchst,
ich mich dafür au Giralda rächen."
»Wo ist Giralda?' flüsterte Egon erbleichend,
befindet sich an einem eiiamen Ort, von meinen
!hA"n strenge bewacht, aber sonst vollkommen glücklich.
Autzt sehr artig sein, wenn Du sie sehen willst."
rä„,Ason sank traurig aus seinen Sitz zurück. Das Ge-
de« A °ks Zuges, die trübe Beleuchtung und die Nähe
hjy^ruusameii Feindes verwirrten und betäubten das arme
»HU»- s endlich, leise weinend, von einem tiesen Schlummer
""gen wurde-
bin noch nicht ganz besiegt," dachte Ormond mit
eine» Glicht- «Noch ist nicht Alles verloren. Durch
tNejA ftuhnen und geschickt ausgesührten Streich kann ich
Md Schicksal wieder eine glückliche Wendung geben
§>r Glanz und Reichthum sichern."
hatte keine Zeit zu warten. Lord Trewor war

ein alter Mann und konnte jeden Tag sterben, und alle
Welt würde dann wissen, daß Ormond ein verarmter, bis
über die Ohren in Schulden steckender Edelmann sei. Der
beste Ausweg für ihn war, Giralda zu heirathen, und
Egon sollte ihn unterstützen, den Eigensinn der Schwester
zu brechen.
In London angekommen, nahm Ormond den schlafen-
den Knaben in seine Arme und stieg mit ihm hinaus auf
den Perron. Pcrkins empfing seinen Herrn und führte
ibn zu dem bereit stehenden Wagen.
Während der Fahrt nach dem Gasthof erzählte Ormond,
wie er in den Besitz des Kindes gelangt sei, und vernahm,
was sein Diener inzwischen ausgerichtet hatte.
„Der Kleine muh an irgend einem verborgenen Ort
untergebracht werden," bemerkte Ormond, als er wieder
in seinem Zimmer sah, und Pcrkins den Knaben auf ein
Sopha gebettet hatte. „In meiner Nähe darf er nicht
bleiben, denn seine Mutter wird Himmel und Erde in Be-
wegung setzen, um ihn wieder zu erlangen."
„Wie ähnlich das Kind Herrn Gottfried Trewor ist,"
murmelte Perkins, sich zu dem Knaben niederbeugend, bei
dessen Anblick ein Gefühl der Reue über seine schuldvolle
Vergangenheit in ihm erwachte.
„Diese Aehnlichkeit hat nichts Ueberraschendes, Negun,"
grollte Ormond, „da er der Sohn meines Vetters ist. Ja,
Gottfried Trewor lebt, und feine schwermüthigen blauen
Augen ruhten heute mit vernichtendem Feuer auf mir."
„Ihr Vetter lebt!" murmelte der Diener aufgeregt.
„Ja, er lebt, und würde Dir ein Vermögen für das
Zeugnih schenken, das Du zu seinen Gunsten abzulegen ver-
magst, aber er würde Dich dennoch nicht so gut bezahlen,
wie ich Dein Schweigen und Deine Treue zu belohnen
willens bin, nicht zu vergessen, daß der Marquis fürchter-
liche Rache an Dir nehmen würde wenn er erführe,
welchen Antheil Du an dem Unglück seines Lieblings hast."
„Sie können sich auf meine Treue verlassen," seufzte
der geängstigte Diener. „Ich werde schweigen, wie das
Grab."
„Weißt Du keinen sicheren Aufenthalt für den Knaben?"
bemerkte Ormond.

„Nun die Felsenhütte, gnädiger Herr."
„Daran habe ich auch gedacht, aber auch an das sprüch-
wort, man soll nicht all' seine Eier in dasselbe Nest legen.
Das Mädchen ist schon dort. Hattest Du nicht einmal ein
Liebchen in den Gebirgen von Wales?"
„Ich habe die arme Grete Wilms nicht wieder ge-
sehen, seit ich vor achtzehn Jahren Schloß Trewor ver^
ließ," erwiderte der Diener mit verdüstertem Gesicht.
„Das Gefühl meiner Schuld verbot mir, mich ihr zu
zeigen, ich schrieb ihr von Australien, doch sie antwortete
mir nicht. Sie war zu gut und brav, um sich in Ange-
legenheiten wie die Ihrigen und die meinigen zu mischen.
Wenn sie noch lebt, ist sie längst verheirathet "
Ein lautes Pochen an der Thür erschreckte die schuld-
bewußten Verbündeten. Der Diener beeilte sich, den
schlummernden Knaben mit Ormond's Schlafrock zuzudecken,
als die Thür sich öffnete und Wig eintrat.
„Sie hier in London?" rief Ormond erstaunt und
unruhig. „Wo ist mein Onkel?'
„Der Marquis ist in Schloß Trewor," entgegnete
Wig kühl. „Der gnädige Herr entließ mich heute Morgen
aus seinem Dienst."
„Aber, weshalb Wig? Was thaten Sie, seinen Zorn
gerade jetzt zu erregen, wo ich Ihrer Dienste im Schloß
am dringendsten bedarf?"
„Ach, im Schloß werden Sie nichts mehr zu suchen
haben, Mylord. Fräulein Arevalo ist aus der Felsenhütte
entkommen, und hat dem alten Herrn ihre Pläne enthüllt.
Auf den Verdacht hin, ick sei ein Spion in Ihrem
Solde, wurde ich aus der Stelle sortgejagt."
„Das Mädchen entschlüpft!" murmelte Ormond. „Hölle
und Teufel! Welch' ein böses Verhängniß! Dennoch gebe
ich den Kampf nicht auf. Steht mir nur treu zur Seite,
und Euer Lohn wird fürstlich sein. Ich will, ich muß
Reichthum gewinnen, und da ich ruf meines Onkels Erbe
nicht mehr rechnen kann, wird Gottfried s Tochter mir zu
dem Vermögen ihrer Mutter verhelfen. Ich werde das
Mädchen auf s Neue gefangen nehmen; der kleine Knabe
hier, Giralda's jüngster Bruder, wird den Zwang vollen-
 
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