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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 131 - Nr. 140 (12. Juni - 22. Juni)
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Grfchrtirt täglich uni AuSnabiue der Somr-n. Feicrwge.
Äbo«neWe»rSpreiS mit dem ASchsatlichmUiUerhaLtungs-
ölatt „Der SonutagSbote" lür Heidelberg monatlich KV H
»ti Lrügerlohn, durch die Post bezogen viertelst 1.80 franco.

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anzeigen. sowie sür Jakres-Anzeigr tedcutenke Rabatt-
bewrlligung. Expedition: Zn ingerstratze 7.


; Berantworü. Redakteur: F. I. Knappe
in Heidelberg.

Heüklkrg. Milltssch, des I!!. ,1m.

Druck ».Verlag von Äebr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

1890.

Nk dkS Ug. sslkikns W« 8s»!. die ich!-
liA Atk»«» der MchMs drtrcWd.
Erhalten in der 75. Sitzung der 2. bad. Kammer v. 12. Juni.
(Schluß.)
Das Altkatholikengesetz steht aber auch im Wider-
spruch mit der deutschen Judikatur; ich erkenne zwar
dem Reichsgericht auch nicht das Recht zu, zu ent-
scheiden, wer zur Kirche gehört oder nicht; das hat
dasselbe aber auch nicht gethan, sondern beiläufig in
einer Strafsache hinsichtlich eines Aufsatzes über das
Dogma durch Urtheil vom 28. Juni 1883 ausge-
sprochen, jene Auslassung sei eine Beschimpfung nicht
sowohl einer einzelnen Einrichtung oder eines Wß-
brauchs, sondern vielmehr der römisch-katholischen
Kirche selbst, da das Dogma und seine Geltung
als allgemeiner Glaubenssatz ein Theil und un-
bedingte Folge der ganzen kirchlichen Lehre sei.
Damit ist im Wege der Schlußfolgerung für den, der
auf deutsche Judikatur überhaupt etwas giebt, eigen-
lich die ganze Altkatholikenfrage entschieden.
Wenn die „Fiktion" fällt, und sie wird fallen,
dann stellt sich das Gesetz als ein Eingriff in das
Eigenthum dar, und es lohnte sich wohl die recht-
liche Erörterung, ob es mit 8 14, 4 der Verfassung
iin Einklang steht, der sagt, daß Eigenthum nur gegen
Entschädigung entzogen werden dürfe. Das Gesetz
ist aber nun einmal seit 16 Jahren in Geltung, da-
rum will ich Sie nicht länger mit Nechtdeduktionen
Hinhalten, sondern mich der Beurtheiluug der Sache
üv lops Irrtu zuwendeu, und da finde ich, daß die
Voraussetzungen, von denen man damals ausgegangen
ist, theils nicht mehr, theils in beschränkterem Maaße
volliegen. Die Motive sprechen vom dem „Aufschwung",
den die Bewegung nehme und das staatliche Ein-
schreiten nothweudig mache: ich behaupte, daß, wenn
der „Aufschwung" nie größer gewesen wäre als jetzt,
und wenn man den Verlauf der Sache vorausgesehen
hätte, das Gesetz nie erlassen worden wäre. Deshalb
ist es jetzt auch zurückzunehmen. Ferner sprechen
die Motive nur von den vatikanischen Dekreten. Die
Altkatholiken verwerfen aber auch den gejammten
Primat, auch den, wie er vor 1870 unbestritten be-
stand und als wesentliches Moment der Verfassung
Unbestrittener Glaubensartikel war; sie haben gar keine
Beziehung zu Rom, indem sie nicht einmal die Wahl
ihres Bischofs angezeigt haben. In dieser Beziehung
sagen z. B. die protestantischen Kirchenrechtslehren:
»Die mit der Kirche selbst erfolgte Einsetzung des
Primats als Haupt und wesentlichen Theil der Ver-
LreuerKiede Kohn.
104) Roman von U. Rosen
(Nirchdr. Verb.)
Der Marquis seufzte schwer. „Giralda ist nicht sein
Unzipes Kind," bemerkte er.
„Nein, Gottfried Trewor hat noch zwei Sohne. Der
jüngere ist ein goldblonder kleiner Bursche, mit den blauen
Augen seines Vaters, der ältere ist Ihnen auffallend
ähnlich."
„ „Mir?" rief der Marquis überrascht. „Wie sellsam!
Und wie heißt er?"
„Walter Rupert."
. „Mein Name l" murmelte der Marquis. „Sie haben
wrem ältesten Sohne meinen Namen gegeben."
, „Und diese Thatsache allein beweist Gottfried Trewor's
Unschuld! Wenn er sich strafbar gefühlt hätte, würde er
leinen Sohn nicht nach Ihnen genannt haben, um nicht,
w oft er sein Kind rief, die Erinnerung an das begangene
Zerbrechen in sich hcranfzubeschwören. Herr Marquis,
«ie find getäuscht und betrogen worden, aber der Mann,
ver Sie so schmählich betrog, ist Eduard Ormond, nicht
Gottfried Trewor."
„Mein ruchloser Neffe hat einen tüchtigen Advokaten in
>rhnen gewonnen, Grosvenor. Er hat es verstanden, Sie
iu täuschen; bei mir wird ihm das nicht so leicht, ich bin
äus festerem Stoff wie Sie, mein junger Freund. Aber
stenn Giralda zu mir zurückkehren will, soll er unbehelligt
"leiben. Ihm zu vergeben, ist mir unmöglich."
Lord Grosvenor verabschiedete fick von dem Marquis,
sprengte aus seinem pfeilschnellen Renner nach Adler-
ast zurück, in der Erwartung, dort eine Botschaft von
Ewalds vorzufinden, aber kein Brief, keine Nachricht war
fwgetroffen. Am nächsten Morgen war er schon mit
Tagesanbruch wieder im Sattel. Enttäuscht von vergeb-
stchem Suchen, kehrte er am Abend wieder heim. „Ormond
^uß Sie austs Neue in seine Gewalt bekommen haben,"
"ächte er- „Wenn sie frei wäre, würde sie mir geschrieben
Vaden. O, wer mir doch Nachricht von ihr brächte!"
In diesem Augenblick trat Frau Latten ein. „Dieser

fassimg, sowie die Verbindung des Primats mit dem
römischen Stuhle sind Dogmen der katholischen Kirche
und daher unabänderliche Fnndamentalsätze der Ver-
fassung derselben." Sodann: „Als erstes und letztes
Glied der hierarchischen Kette, in dem alle und jede
Gew-ckt des Priesterthums, . des Lehramts und der
Jurisdiktion sich vereinigt, so daß sie von dort wieder
ausfließt, steht aufgerichtet durch den Stifter der Kirche
der Primat des römischen Bischofs, beruhend auf der
unmittelbaren Nachfolge in das Apostelamt Pelri . . .
Ohne ihn läßt sich die Kirche nicht denken, weil die-
selbe nur in der Einheit besteht, die Einheit aber
nicht bestehen kann ohne ein Haupt. Die mit der
Kirche selbst gegebene Einsetzung des Primats, als
des Hauptes der Kirche — die wirkliche Bekleidung
des römischen Bischofs als Nachfolgers der heiligen
Petrus mit dem Primat: dieses sind Dogmen und
für das Recht unabänderliche Fnndamentalsätze."
Die durchschlagptdsten Gründe zur Aufhebung des
Gesetzes erblicke ich aber darin, daß nach dem Wort-
laut und der mündlichen Begründung dasselbe» nur
eine „einstweilige" 2), „vorläufige" Regelung eines
Nothstandes beabsichtigt war, bis die Zeit die Ent-
scheidung der Sache herbeigesnhrt haben würde. Mir
scheint diese Sache jetzt genügend aufgeklärt. — So-
dann steht das Kirchenstenergesetz von 1888 auf ganz
anderem Standpunkt, indem es den Nltkatholiken als
besonderer Kirchengemeinschast zur Pflicht macht, für
die Zukunft ihre örtlichen kirchlichen Bedürfnisse durch
Erhebung von Steuern bei ihren Ortsangehörigen des
altkatholischen Bekenntnisses zu bestreiten. Damit hat
die Regierung wie die Kammern das Prinzip, aus
dem das Altkatholikengesetz beruht, verlassen, und es
wäre deshalb dessen Aushebung"hinsichtlich des noch
bestehenden Mitgennffes an:Vermögen nur konsequent.
Endlich behaupte ich, daß die Aufhebung im Inte-
resse der Altkatholikeu selbst läge und daß vielen von
denselben ein kleines Martyrium lieber wäre, als so
eine langsame Auflösung in Folge von Schwindsucht.
Viele Altkatholiken lassen jetzt schon ihre Kinder prote-
stantisch erziehen, was gerade keinen Beweis für Ver-
trauen in die Dauerhaftigkeit der Sache giebt. Für
Viele wäre ein äußerer Anstoß erwünscht, nun selbst
protestantisch zu werden oder, wie der berühmte Petten-
kofer, zur katholischen Kirche zurückzukehren.
Auf Bayern berufe ich mich nur negativ; ich möchte
nicht, daß in einem Theil des Landes die Altkatholikeu
Katholiken blieben, im andern eigentliche Altkatholiken
würden; auch stelle ich unsere Negierung zu hoch, um
sie in der wenig beneidenswerthcn Rolle der bayerischen
Brief," sagte sie, ihm ein Schreiben überreichend, „kam
heute Morgen an, nachdem Sie kaum ausgeritteu waren,
Mylord."
Die zierlich geschriebenen Zeilen, die er klopfenden
Herzens überflog, und von Vatton aus datirt waren,
theilten ihm Giralda's Adresse mit und meldeten ihm, daß
sich die Geliebte in Sicherheit befinde.
„Mit dem nächsten Zuge, der morgen früh vor acht
Uhr abgebt, reise ich nach Dalton. Mittags bin ich bei
Giralda," murmelte er, das duftende Blättchen an die
Lippen drückend.
„Ein alter Herr und und ein junger Mensch wünschen
Ihnen ihre Aufwartung zu machen, gnädiger Herr," mel-
dete die Haushälterin, „darf ich sie hineinführen?"
„Ja, Frau Latten-"
„Rupert," rief Lord Grosvenor, als die Gäste bei ihm
eintraten, seinem jungen Freund mit ausgebreiteten Armen
entgegengehend. Der Begleiter des Knaben schien dem Haus-
herrn fremd zu sein.
„Sie erkennen mich nicht, Mylord?" fragte der Alte.
„Stein, mein Herr."
Der Gast nahm seine dunkle Brille ab und entfernte
seine graulockige Perücke. Die schönen blauen Augen Gott-
fried Trewor's blickten den jungen Schloßherrn lächelnd
und vertrauensvoll in's Gesicht.
„Herr Trewor!" rief Paul erstaunt. „Ihr Besuch ist
mir eine um so größere Freunde, als ich ihn nicht erwarten
durste."
„Sie glaubten uns auf Ihrem Landsitz in der stillen
Waldeinsamkeit draußen sicher und geborgen, während ich
mich dort verfolgt wähnte und mich mit Rupert nach
London begab. Gestern wagte ich mich unter dem Schuhe
einer neuen Verkleidung in das Haus meines Schwieger«
vaters, hatte eine lange Unterredung mit meiner Frau und
begegnete meinem Onkel, Lord Trewor. Wie furchtbar
verändert haben ihn die letzten achtzehn Jahre. Ich ver-
mochte meinen Blick kaum von ihm abzuwenden Neben
der ehrwürdigen Gestalt meines Onkels stand der Detektive,
den Ormond zu meiner Verfolgung in seine Dienste ge-
nommen hatte."

Regierung sehen zu wvllen, als diese erklärte, sie batte
die Maßnahme schon längst getroffen, wenn sie die
Dinge erkannt hätte; gerade nm die Großh. Regierung
davor zu bewahren, glaubten wir uns verpflichtet,
diese Anregung zu geben. Sollte die Großh. Regie-
rung aber auf dieselbe nicht eingehen, so bitte ick die-
selbe, wenigstens von ihrer weitgehenden Befuaniß Ge-
brauch zu machen, an den einzelnen Orten ein Revision
der „Erheblichkeit" der Anzahl von Altkatholikeu ein-
treten zu lassen.
Denjenigen, welche Hoffnungen in politischer Be-
ziehung an diese Bewegung geknüpft haben, kann ich
nur rathen, sich mit jenem Sänger zu trösten, der da
sang: „Es wär' so schön gewesen, doch hat's nicht
sollen sein!"

Deutsches Reich.
4» Berlin, 16. Juni. Der gestrige Sonntag
war ein ernster Gedenktag für die kaiserl. Familie
und das deutsche Volk, denn zwei Jahren waren an
ihm verstossen, seitdem Kaiser Friedrich von
seinen schweren Leiden durch den Tod erlöst worden
ist. Der große Dulder ist der deutschen Ration un-
vergeßlich. Ihn beseelte der Gedanke, daß Deutschland
nur daun groß und glücklich sein könne, wenn in ihm
ein freies Volk wohne; den freiheitlichen Ausbau des
Reiches wollte er vollenden, nachdem er als Feldherr
und Staatsmann mitgeholfen, die Einheit zu erstrecken ;
er wollte, wie er in seinem Tagebuch schrieb, der
erste Fürst sein, der den verfassungsmäßigen Ein-
richtungen ohne Rückhalt ehrlich zugethan, vor sein
Volk zu treten habe. Wir ehren sein Andenken am
besten, wenn wir nach seinem Wahlspruch: „Furchtlos
und treu" unentwegt kämpfen für „Wahrheit, Freiheit
und Recht". Anläßlich des Todestages Kaiser Fried-
richs fand in der Frcedenskirche zu Potsdam ein
Gottesdienst statt. Die Mitglieder der kaiserlichen
Familie legten am Sarge prachtvolle Kränze nieder.
Die Grabkapetle war von halb ck bis t> Uhr für das
Publikum geöffnet. — Wie aus Wiesbaden gemeldet
wird, erwartet man binnen Kurzem die Verl o b n n g
des Erbprinzen Wilhelm von Nassau mit der jüngsten
Schwester des Kaisers. Die Kallerin Friedrich cm
pfing vor ihrer Abreise von Wiesbaden den Bischof
Dr. Klein aus Limburg. — Der Kaiser hat, wie
die Schles. Ztg. erfährt, aus die Adresse des Evan-
gelisch-sozialen K o n grosses, welcher am 28.
und 29. v. M. in Berlin versammelt war, in einem
sehr gnädigen Handschreiben geantwortet. — Zum
Erzbischof in Posen soll nach der „Kreuzztg."
„Und erregten Sie dessen Verdacht nicht?" fragte Gros-
venor beforgt.
„Ei gewiß, und er unterließ auch nicht, sich an meine
Fersen zu heften, aber ein Mann, der eine so bittere Schute
gegangen ist wie ich, geräth nicht so leicht in Verlegenheit.
Ich trat in ein Geschäft, durch dessen Hinterthür ich mich
unter einem schicklichen Vorwande nach einer Seitengasse
entfernte, während er vorn Wache hielt. Ohne in mein
Quartier zurückzukchren, verließ ich in einem Miethwageu
die Stadt, auf vielen Umwegen gelangte ich zur nächsten
Station, wo Rupert, durch ein Telegramm benachrichtigt,
meiner harrte, und bald zu Lande, bald zu Wasser reisend,
erreichten wir gefahrlos den Adlerhorst."
Im Laufe des Abends sand Lord Grosvenor Gelegen-
heit, die Zustimmung des Vaters seiner Braut zu einer
beschleunigten Vermählung mit Giralda und die Zusiche-
rung seiner Fürsprache bei Beatrice zu gewinnen. „Meine
Tochter wird nicht eher vor den Nachstellungen Ormond's
geschützt sein als bis sie Ihre Gattin ist, Paul," bemerkte
Gottfried. „Ich zittere bei dem Gedanken, daß er ihr
Asyl in Dalton entdeckt haben kö rnte.";
Grosvenor wurde von derselben Besorgniß gequält,
obwohl er den Vater zu beruhigen bemüht war.
Am nächsten Morgen verabschiedete sich Lord Gros-
venor von seinen Gästen, um über Cardiff nach Dalton
aufzubrechcn.
4.8 Kapitel.
Auf der richtigen Fährte.
Lord Grosvenor kam später, als er berechnet hqtte,
in Dalton an, und begab sich unmittelbar nach seiner An-
kunft in das Wwthshaus, um sich von dem Staub der
Reise zu reinigen, ehe er seine Verlobte aufjuchte. Der
Erste, dem er in dem kleinen Gastzimmer begegnete, war
Lord Ormond- Das spöttische Lächeln, mit dem der vor-
nehme Bösewicht seinen jungen Nebenbuhler begrüßte, er-
füllte Paul Grosvenor's Herz mit tiefer Besorgniß.
„Wir treffen uns zur guten Stunde, Lord Grosvenor,"
rief Ormond. „Wir scheinen von demselben Magnet auge-
zogen, das gleiche Ziel zu verfolgen. Ich hatte das Glück,
 
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