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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 101 - Nr. 110 (4. Mai - 15. Mai)
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SountagSbete" fLrHeibckbrrgmollLtlilb
^rägrrlcbu, durch di« Post bezogen viettelj. X. 1,80 franco.

Druck u. Verlag von Gebr. Huber in Heidelberg !
früher Verleger des Pfälzer Boten.

, KerarrtworÜ. Redakteur: F. L. Knappe
iu Heidelberg.

I^Heint täglich rmi Ausnahme der Ssuu- u. Feiertage.
tr^NnementSpreiS mit dem wöchentlichen Unterhaltungs-
ti „Der KonntaaSbvte" fürLieidÄberomonatlickK8

Inserate dis 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum 10 -H
Reklame 25 Für hiesige Geschäfts- und Privat»
anzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt-
bewilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890."



ki« Mt iiiki ics M'ZkUwlh».
i. K. Von Zeit zu Zeit erscheinen in den deut-
en Tagesblättern empfehlende Aufsätze über das
^knschensreundlichc und humane" Thun und Treiben
„Odd-Fellow Logen." Gewöhnlich werden diese
^llorne Artikel veröffentlicht, sobald irgend eine neue
t^-Fellow-Loge eingcweiht oder ein eigenes Logen-
ös gebaut worden ist. Regelmäßig lieft man dann
diesen Artikeln, welche natürlich von den Odd-
?Ellvws selber den Zeitungsredaktionen eingesandt
o^dcn sind, Folgendes: „ . . . Der Odd-Fellow-
^sden ist ein Kreis guter, pflichttreuer Männer, die
,7 'm Gefühle gleichen Strebens brüderlich die Hand
-?chen und in allen Lagen des Lebens brüderlich zur
("Este stehen — er ist eine freundschaftliche Vereinigung
'Egen unberechenbare Schicksalsschläge."
„ Unter diesem Aushängeschild werden die Leute
flockt, dem „Orden" bcizutreten, dessen Mitglieder
HEthältiüßmäßig hohe Steuern entrichten müssen. Die
^linäßigen Beiträge sind allerdings klein, aber die
!Ohtriitsgelder, die Beträge für Erlangung der ver-
miedenen Grade, die fortwährenden Sammlungen
i^d zu diesem, bald zu jenem Zwecke erreichen zu-
^Unengerechnet eine enorme Höhe auf das Jahr.
- Tie beiden englischen Worte: „Odd-Fellow" heißen

28. Kapitel.
Entdeckt!
-lp^vrd Ormond zögerte einige Augenblicke am Parkthor,
M -Raute dem Wagen nach, in welchem Giralda als
«tscflelte Gefangene Perkins nach der Felsenhütte
wurde.
dky,^u bist gut aufgehoben," lächelte er, seinen Weg nach
^cblotze sortsttzend. Mil gleicbgiltiper Miene trat er
Wvhnzimnnr ein, und warf sich behaglich in den
M E>, er zuvor eingenommen hatte. Der Marquis
kip./jvch immer vor dem Kamin, wendete sich aber mit
"E müden Blick nach dem Neffen um.
ist,«'Äie seltsam diese plötzliche Erkrankung Giralda's
gph?uszie der alte Herr. „Ich will zu ihr hinaufgchen,
llsber nachsehen, was ihr fehlt "
'n Unsinn, Onkel," lachte Ormond. „Deine Adoptivnichte
uhrscheinlich nur vom Heimweh geplagt."
h<h>Vvm Heimweh?" wiederholte der Marquis mit
W, "Ervoller Betonung. „Vielleicht. Sie war an eine
isiei-Ej, irohe Häuslichkeit gewöhnt. Dennoch schien sie sich
'vs 'M Schloß glücklich zu fühlen. Sie liebt mich zweifel-
^>lj ich will zu ihr h'naufgehen. Wenn sie krank ist,
^iis -'M ihren Trübsinn zu verscheuchen trachten." Sich
M^wen Stock stützend, bewegte er sich langsam nach der
l><i>t L "us der Schwelle blieb er wieder stehen. SeinGe-
sehr ernst. Ein unangenehmer Gedanke war in
"mgeblitzt.
ireue mich, datz Du noch heute nach der Stadt
^>ir Muht, Eduard," sagte er barsch. „Giralda ist vor
warnt worden, und wird deswegen auf ihrem
bleiben wollen, bis Du wieder fort bist."
auf eine Antwort zu warten, stieg er die Treppe
"achte Sich schwerfällig zu Giralda's Thür schleppend,
H " leist an.
^cne Antwort.

Treuer Liebe Kohn.
Roman von U. Rosen
(Kllchdr. Lerb.)

H deutsch: „Sonderbare Kameraden", und das Odd-
s'Ellvtvlhum, das mit dem Freimaurerthum nahe ver-
wandt ist, bezw. auch bestrebt ist, das „Rituale" des
''Ekiiuaurerthums nachzuahmen, zählt in Deutschland
Aentvärtig 44 Logen und zwar fast in allen größeren
i Indien wie Berlin, Breslau, Leipzig, Chemnitz,
' w^sden, Nürnberg, Augsburg, München, Düsseldorf,
^ankfurt a. M. u. s. w. und in mehreren dieser
d ^d,x sogar zwei und drei Logen, beziehentlich noch
kiiber. Es ist nun interessant, daß jetzt auch von
w^eslantisckvr Seite gegen das Treiben der Odd-
Mows Fro: t gemacht wird. So befand sich vor
eNtzer Zeit ein ziemlich scharfer Artikel gegen die
xj d-Fellows in verDresdener „Sozial-Korrespondenz",
Wochenschrift, die auch unter dem Titel „Das
d alkswohl" erscheint. Herausgeber dieses Blattes ist
iv" Direktor des königl. Sächsischen Statistischen
^ssreau's in Dresden, der Geheimraths Professor Dr.
Böhmert, der bekannte „Pfarrerssohn von
), ^>vein". In dem Artikel wird zunächst mitgetheilt,
w,» der Ausdruck „Odd. Fellow" verschiedentlich Über-
gy Zverdcn könne. Je nachdem man ein Freund
Feind der Sache sei, «besetze man ihn: „Sonder-
Kameraden," „Närrische Käuze" oder „Helfende
r^^er". Letzteres hörten die deutschen Odd-Fellows

am liebsten, „doch sei dies — wie die „Böhmertsche
Sozial-Korrespondenz" wörtlich schreibt — gerade die
unzutreffendste Ucbersetznng". Dies letztere gehe, wie
die „Sozial-Korrespondenz" gleichfalls mit Recht be-
tont, vor Allem auch daraus hervor, daß die deutschen
Odd-Fcllow-Logen, welche es als ihre vvrnehmlichste
Aufgabe bezeichnen, die Kranken, Wittwen und Waisen
ihrer Logenangchörigen zu unterstützen, beispielsweise
im Jahre 1886/87 bei 86,170 Mark Jahreseinahmen
nur 12,157 Mark für Unterstützungszwecke verwandten,
die übrigen 74,01.8 Mark (also rund 25,000 Thaler)
„ziemlich unsinnig für hohe Besoldungen überflüssiger
Beamten und allerlei zeremoniales Brimborium ver-
pulverten".
Ferner rügt der Artikel der Böhmertschen „Sozial-
Korrespondenz" „die gegensätzliche (also feindliche)
Stellungnahme des Odd-Fellowthums gegenüber den
Kirchen". Die Odd-Fellows gehen in ihrer Blas-
phemie und Feindschaft gegen die Religion so weit,
daß sie behaupten, „die Kirche könne die Erziehung
zur Sittlichkeit nicht vollenden, da bei ihr die
Sittlichkeit nicht End- oder Selbstzweck, sondern
nur Mittel zur Erreichung ihrer besonderen Zwecke
sei, und weil ferner die kirchliche Moral in sich selbst
einen unmoralischen Zug habe, indem sie Furcht und
Hoffnung, beide egoistischer Natur, zu Motiven des
Guten nnd Bösen mache." (Schrift des Odd-Fellows
Br. Weiß von der Holbein-Loge in Augsburg.)
Daß solche zersetzende Tendenzen den unheilvollsten
Einfluß ansüben müssen, versteht sich von selbst. Dazu
kommt, daß die Emissäre des Ödd-Fellowthums vor
Allem bestrebt sind, Kleinhandwerker, niedere
Beamte u. s. w., die durchweg kein Geld übrig
haben, in ihren Kreis zu zieh»«, nnd denen natürlich
die Worte: „Die Odd-Fellows sind gute, pflichttreue
Männer, die sich in allen Lebenslagen getreulich zur
Seite stehen zum Schutze gegen unberechenbare Schick-
salsschläge" — ja sehr verlockend klingen müssen.
Finanzielle Vortheile vom „Orden" 'haben aber nur
die wenigen Führer; die sehr viel ans Reisen sind, nm
Propaganda zu machen.
Die meisten Anhänger zählen die Odd-Fellows in
Nordamerika — dort ist aber auch v-on der idealen
Seite am wenigsten zu spüren. Viele der amerikani-
schen Odd-Fellow-Logeni'stnd rein geschäftliche Grün-
dungen und zwar oft nicht gerade i>er saubersten Art.
Es ist etwas Alltägliches, daß bei den amerikanischen
Wahlen die Ordensmeister von den politischen Parteien
bezahlt werden, um für den betreffenden Kandidaten
Stimmung zu machen. Ebenso bereichern sich dort
Er klopfte wieder. .Sie maq cingeschlafen jein."
murmelte er. . Vielleicht ist sie ohnmächtig geworden!"
Seine Unruhe hotte den höchsten Grad erreicht. Er öffnete
oeräuschlvs die Tdür und trat in das Zimmer Gottfried
Trcwor's dessen Schwelle er seit achtzehn Jahren nicht
überichritten hatte!
Das Feuer brannte im Kamin. Die Lampe gab ein
freundliches mildes Licht, der Lehnstuhl war an das Kamin-
gitter gerückt, Alles trug ein friedliches, einladendes
Gepräge.
Lord Trewor sah auf den ersten Blick, daß Giralda
nicht anwesend war. Die Vorhänge vor dem weißschim-
mernden Bett in dem Alkoven waren zurückgeschlagen und
mit Seidenbändern ausgenommen.
„Sie muß sich einsam gefühlt haben und ist zu Frau
Pump gegangen," dachte der Marquis. „Wie hübsch es
hier ist! Blumen und Bücher und Bilder! Ah!" stöhnte
er. Sein Blick batte das schöne, unschuldige Knabengesicht
Gottsricd's, mit den wunderbaren Veilchcnaugen entdeckt.
Er sank in den Sessel vor Giralda's Schreibtisch und
starrte erbleichend aus das Bild. Eine Fluth lieblicher Er-
innerungen durchwogte die Seele des alten Mannes mit
einer Wärme, vor der das Eis des Hasses rasch schmolz.
Er legte seine Hand auf dos laut pochende Herz und fuhr fort,
die zärtlichen, furchtlosen, blauen Augensterne zu betrachten.
„Mein armer Junge '" flüsterte er mit gebrocher er Stimme.
„Mein aimcs, unschuldiges Kind, wie sehr liebte ich Dich!
Warst Du mir nicht von Deiner Mutter, dem Abgott
meines Lebens, auf ihrem Sterbebette anvertraut worden?
Ach, Gott, es scheint gar nicht möglich, daß dieses Gesicht
die Seele eines Teufels verbergen und über Mordge-
danken brüten könnte. Aber Lucifer war ein Engel von
blendender Schönheit! Mein armer, verlorener Gottfried!
Wie merkwürdig Giralda's Aehnlichkeit mit ihm ist! Sollte
Eduard's Verdacht über ihre verwandtschaftlichen Bezieh-
ungen zu dem Unglücklichen begründet sein ?"
Ein plötzlicher Schauer durchrieselte seine stattliche
Gestalt. Er stützte sich mit der Rechten schwer auf den
Tisch und seine Finger berührten den Brief, den Giralda
an ihn zurückgelaffen hatte. „Ah, das arme Kind hat an

die Leiter der Bewegung ganz ungenirt auf Kosten
der Logen. In Kalifornien haben wiederholt Ordens-
gründungen den schimpflichsten Bankerott machen müssen,
weil die Führer die „idealen Prinzipien" vergaßen
nnd nur an die möglichst schnelle Füllung ihrer Pri-
vatkassen dachten.
Wenn also selbst das Organ des protestantischen
und nationalliberalen Geheimraths Böhmert in Sachsen
sich gegen das Odd-Fellowthnm ausspricht, so kann
inan daraus schließen, weß Geistes Kinder viele der
„Brüder" des genannten „Ordens" sein müssen.
Da schließlich nach den neuesten Publikationen
verschiedener Odd-Fellowlogen der „Orden" in einigen
Theilen unseres Vaterlandes demnächst eine erhöhte
Thätigkeit aufzunehmen gewilligt ist, so dürsten diese
Mittheilungen auch zugleich eine zeitgemäße Aufgabe
erfüllen.

Deutsches Reich.
Berlin, 6. Mai. Der „Reichsanzeiger" ver-
öffentlicht in seiner letzten Ausgabe die Ernennung
des Staatssekretärs im Reichsmarineamt, Hollmann,
zum Bundesrathsbevollmächtigten. — Die gewerb-
lichen S chi ed s ge ri ch te, welche durch den Reichs-
tag beschlossen werden sollen, sind zuständig für Streitig-
keiten über Antritt, Festsetzung oder Auflösung des
Arbeitsverhältnisses, Leistungen und Entschädigungs-
ansprüche, Berechnung und Ausrechnung der von den
Arbeitern zu leistenden Krankenversicherungsbeitröge.
Die Kosten der Gerichte sind von der Gemeinde oder
dem Kommuualverbande zu tragen. Der Vorsitzende
und sein Stellvertreter wurden durch die Gemeinde-
vertretung gewählt und durch die Verwaltungsbehörde
bestätigt. Die Beisitzer gehen zur Hälfte ans der
Wahl der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer hervor.
Jeder Theilnehmer an der Wahl muß das 25. Lebens-
jahr vollendet und zwei Jahre im Bezirk Beschäftigung
haben. Das Gericht entscheidet in einer Besetzung
von drei Mitgliedern (einschließlich des Vorsitzenden).
Die Berufungs-Instanz ist das Landgericht. Für die
Verhandlung wird eine Gebühr nach dem Werth des
Streitgegenstandes erhoben. — Auch der Italiener
Casati, der langjährige Gefährte Emin Paschas, ist
jetzt in deutsche Dienste getreten. — In Be-
treff der U ni for m i r nug der dentschen Schutz-
truppe hat man sich durchweg für Baumwollkleider
und -Wäsche entschieden. Ferner ist der Korkhelm mit
kurzem Nackeuschirm und weißem Ueberzug allgemein
als Kopfbedeckung angenommen worden. Als Schub-
zeug wurde der Leinwandschnürschuh (aus Segeltuch)
seine Mutter geschrieben," sagte er. das Blatt zur Hand
nehmend.
Er las die Adresse mit nervöser Hast. Die wenigen
Zeilen waren schnell überflogen. „Fort! Fort!" ächzte
er mit hohler Stimme. „Sie ist von mir gegangen, und
ach, ich liebte sie so sehr! In welchem Bann steke ick.daß
Alle, die ich liebe, unwahr sind, oder mich Verlagen? O,
Giralda, ich wäre für Dick gestorben!"
Er legte sein greises Haupt auf die Schreibmappe und
sckluckzte taut. Seit achtzehn Jahren, seit dem Tage, wo
jener düstere Schatten auf sein Leben gefallen war, hatte
er eine so tiefe Gcmüthserschüiterung nickt erfahren
„Sie hat mich verlassen," dachte er. „Sie ist des
mürrischen alten Mannes müde. O, mein Liebling,
warum hast Du dem freudlosen, betrogenen Greise das
gethan? Und dennoch liebt sie mich! Sie betheucrt es mir,
und sie kann nickt lügen. Sie ist in Kummer, die arme
Kleine. Sollte Ormond sie mit seinen Liebesbewerbungen
vertrieben haben? Beim Himmel, wenn er das wagte,
wird er es bitter zu bereuen haben."
Er richtete sich auf- Die kostbaren Dinge, mit welchen,
er sie beschenkt hatte, waren alle noch vorhanden, wie ibn
ein Blick iu die Schränke belehrte. Der kleine Juchtenkoffer
den sie von Hause erhalten hatte, schien noch Eröffnet.
Von ihren Eltern war sie also nickt heim berufen worden
Sie war so beiter gewesen, als sie auf ihrem Pferde da-
von sprengte. SUt er auf der Terrasse von ihr Abschied
nahm, hatte er sie nicht gesehen. Die Ursache ihres Ber-
schwindes mußte sich ihr erst später aufgedräugt haben.
Der Verdacht gegen Ormond befestigte sich.
„Die Arme beabsichtigt, wie sie sagte, nach Hause zu
reisen," überlegte, der Marquis. „Bei dem Beginn der
Dunkelheit wird sie ihre Wanderung angetreten haben,
jetzt, in dieser Finsterniß auf dem W.ge nach der Eisenbahn-
station sein. Ich muß sie sofort aufsuchen."
Er steckte ihren Brief zu sich, und in der Aufregung
seiner Gicht vergessend, stürmte er die Trepp' hinunter,
befahl in der Vorhalle einem Diener, den Wagen an
spannen zu lassen und kehrte dann wieder in das Wohn-
zimmer zurück. (Forts, f
 
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