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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 101 - Nr. 110 (4. Mai - 15. Mai)
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anzeigen, sowie sür Jahres-Anzeiqen bedeutende Rabatt,
bewilligung Expedition: Zwiugerstraße 7.
1890?

! BerautworÜ. Redakteur: F. 2. Knappe
in Heidelberg.

täglich mit LuSnahmr der Soun- u. Feiertage.
?^vunement»preis mit dem wöchentlichen Unterhaltungs-
bit „Der SonntagSbote" sürHeidelberg monatlich KV -L,
^TrSgerlohn, durch die Pop bezogen viertM. ^t.1.80 franco.

Druck u. Verlag von Gebr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

M iks Adg. »w Busi
in der Sitzung der 2 Kammer vom 1. Mai.
(Sckluß.)
Nachdem übrigens dem Centralwahlkvmitee gegeil-
ter dem katholischen Volk der Vorwurf gemacht wurde,
A Weigerung Großh. Regierung durch seine Politik
^schuldet zu haben, worin ich den oft gehörten ius-
Äondere aus höheren Regierungskreisen rührenden
^vrwurf des^Zugs nach links erkenne, so müssen wir
As doch rechtfertigen, und da sage ich, daran ist
Fernand mehr schuld als die Großh. Regierung selbst,
^s ist noch nicht lange her, daß wir Jahre hindurch
Al der konservativen Partei gegangen; noch heute
Nitzt die konservative Partei keine Scholle Terrain,
wir ihr nicht unter dem heftigsten Widerstand der
kgierung hätten erkämpfen helfen; allerdings ge-
ihren die Nationalliberalen ihr jetzt den Besitzstand,
dem sie doch ganz unschuldig sind, und als eine
in Berlin weilende bekannte Größe in Karlsruhe
' Kandidat war, wurden wir wo möglich noch
er bekämpft, als mit dem Kandidaten Pflüger;
ls hielt es sogar ein Mitglied des Ministeriums
öthig, sich in die Bresche zu Wersen, um diesem
lichen Zug nach rechts Einhalt zu thun. Herr
lhr wurde auch gewählt, aber die Ungiltigkeits-
ng der Wahl wegen amtlicher Wahlbeeinflussung
kennen, daß die Regierung uns mit Feuer und
't bekämpft hatte. Seitdem die Konservativen
s kultulkämpferische Lager gegangen, behandeln
- Katholiken mit Ihnen als solche 2. Klasse,
r liberaler Abgeordneter sagte, und da wundert
sich noch, wenn der Zug links geht. Alle Parteien
stielt den Frieden als Heiligthum betrachten, rühren
As nicht am Grundsatz der Toleranz! rief der Herr
Minister aus. Da möge mir denn doch endlich ein-
M Jemand widersprechen und das Gegeutheil dar-
Mn, wenn ich die oft aufgestellte Behauptung jetzt
Aederhole, daß den Katholiken in Baden auf dein
Gebiete des Ordenswesens weniger gewährt ist, als
k jedem anderen zivilisirten Lande der Welt! Und
Ariin man dem nicht widersprechen kann, wie kann
Aa,l dann ehrlicher Weise von uns verlangen, daß
As im Jnterresse des Friedens schweigen sollen.
.Ain, da kann ich nur sagen, wie ich am 24. Januar
Kreits gesagt habe, ich würde mich schämen, wenn
A als Katholik unter solchen Umständen schweigen
Ad die Hände in den Schooß l gen wollte. — Nicht
Ae Gegner der heutigen Gesetzgebung, fuhr der Mi-
Astkr fort, seien auf dem Centrumsstandpunkt ; viele
AAlten Trennung von Kirche und Staat. Nun
„ Treuer Siede Sohn.
Roman von U. Rosen
(k«Kdr. Verb.»
- Nein, aber ich dachte, wenn Sie Kinder bäkten, würden
Lst vielleicht Mitleid sür mich en pfinden. O, Frau Bitt,
hatten Eltern, Sie sind eine Frau, Sie müffln Er-
A^inen hoben mit einem so unglücklichen Geschöpf, wie ich
d'r- Mein Vater schwebt in großer Gefahr, ich war auf
- m Wege, ihn zu warnen, als Lord Ormond mich zu
wer Gefangenen machte! Gestatten Sie mir, nach Hause
tzkhen, und ich will Sie olle Tage meines Lebens dafür
zu es" für Sic beten. O, ich that Ihnen nie etwas
N Leide. Haben Sie Erbarmen und lassen Sie mich fort.
sj/Pn Sie, liebe Frau B tt, ich kann Sie bezahlen !" fügte
L.. lebhaft hinzu, die diam ntenbesetzle Uhr von ihrem
»Urtel und das gvldne Medaillon von ihrem Halse lösend,
msuch Gxld habe ich. Mama gab mir in London einen
d/Zbeutel, den ich roch nicht geöffnet Hobe, und der minde-
hviA hundert Pfund enthält. Den sollen Sie gleichfalls
°kn, wenn Sie mir die Freiheit schenken."
l)_, Frau Bitt warf einen gierigen Blick auf die ihr ange-
"nen Sachen, aber sie schüttelte verneinend den Kopf.
«Kann nichts Sie bewegen'?" bat das Mädchen flehend.
1>ie.«Nein," ruf das Weib, Giralda die Hand entreißend,
jch dos Mädchen ergriffen hatte. „Ich leugne nicht, daß
tzftd'e Juwelen urch das Geld aern besäße, aber ich werde
tzj^r erlangen, wenn ich Lord Ormond treu bleibe. Ueber-
!<j.E war ich seine Amme und möchte ihm um keinen Preis
^dden, oder sein Glück hindern."
lu "^ber ick will Ihnen mehr, viel mehr zahlen, als er
>st ! l"l Stande ist," drängte Giralda „MeineMama
h)„ 'shr reich. Sie wird jede Ihrer Forderungen bewilligen,
UiA" Sie mir die Gelegenheit verschcffen, meinem Gefäng-
entrinnen Begleiten Sie mich nach London, und
TjAAn Sie mich nicht eine Minute aus dem Auge, bis
Lehren Lohn erhalten haben."
drjl, Frau wurde ärgerlich. Giralda's Anerbietungen
ihre Habgier, und jedem anderen Verbündeten gegen-
Ormond, würde sie ohne Bedenken die Treue ge-
"Kn haben. Der Zwiespalt zwischen ihrer Liebe zu

gut, darin sind aber auch diese jedenfalls mit
uns einig, daß der uns keine Orden ver¬
weigern kann. Auch darin bin ich mit dem
Herrn Minister einverstanden, daß nicht überall die
religiösen Gegensätze in die Kämpfe hereinzuziehen
seien, darum habe ich das Verlangen nach Orden
noch immer in erster Reihe vom Standpunkt der Ge-
rechtigkeit und Gleichheit, dann vom sozialen Gesichts-
punkt u., wenn überhaupt, erst in dritter oder vierter
Reihe vom religiösen Gesichtspunkt aus begründet.
Auf die Schlußerklärung des Herrn Ministers, daß
die Regierung stets an den Grundsätzen des Gesetzes
von 1860, nämlich an der Gewissensfreiheit und der
freien Bewegung der Kirchen festhalten werde, erwidere
ich, daß ich beide Grundsätze eben aus dem Ordens-
gebiete vermisse, nnd daß ich auf andere, um für heute
bei der Sache zu bleiben, nicht eingehen tvill. Die
Freiheit des Einen muß sich mit der des Andern
vertragen, sagte der Herr Minister; Fürst Bismarck
aber sagte bei Verhandlung der Kirchengesetze: „Wir
müssen den Katholiken gewähren, tvas sie mit ihrer
geordneten Behörde glauben nöthig zu haben, auch
wenn wir es nicht verstehen, ja sogar wenn unser
Inneres sich dagegen bäumt." So lassen Sie mich
nun nur noch unsern Standpunkt präzisiren. Als
unser Kaiser jüngst die neue Sozialpolitik inaugurirte,
war es eine seiner ersten Handlungen, daß er an den
Heiligen Vater schrieb und ihn um feine erfolgreiche
Mitwirkung bei dem großen Werke ersuchte, was ich
als ein welthistorisches Ereigniß betrachte. Der Papst
erwiderte, daß er längst den Regierungen und den
Regierten dargelegt habe, Ivie die Ordnung in der
Welt nur durch Mithilfe der Kirche und durch die
Grundsätze der Religion wiederhergestellt werden
könne, weil das Evangelium das einzige Gesetzbuch
sei, das dem Arbeitgeber die Pflicht der Gerechtigkeit
und Nächstenliebe, den Arbeitern Pflicht nnd Treue
lehre. Er wolle als Oberhaupt der katholischen Kirche
gerne den erbetenen Einfluß mit seinen Bischöfen und
Priestern ansüben, abep er erwartete dabei, daß künf-
tighin die bürgerlichen Gewalten, weit entfernt Wider-
stand zu leisten, ihm Schutz und Entgegenkommen zu
Theil werden ließen. Die Bürgschaft hierfür erblickte
er in dem warmen Apell, den Seine Majestät an ihn
gerichtet habe. Dieser Apell an die kathol. Kirche,
meine Herren, scheint mir in erster Reihe an das
katholische Volk gerichtet, und als Vertreter des kathol.
Volkes Badens geben wir ihn hiermit weiter an die
großh. Regierung mit der inständigen Bitte, dem
Vorgehen nnd Ansinnen der Kurie „weit entfernt
dnn Lord, und ihrer Liebe zum Gelbe stachelte ihre ganze
Bitterkeit und Rauheit ihrer Natur auf. „Ick mag nicht,
grollte sie. „Hören Sie mit diesem unnützen Gerede auf "
„Noch ein Wort," sagte Giralda beschwörend. „Kommen
Sie mit mir zu meinem Vater, gestatten Sie mir, ihn zu
warnen, und ich will mit Ihnen hierher zurückkchren.
Ich verpfände Ihnen mein Ehrenwort —"
„Das klingt prächtig," lachte die Fran. „Allein selbst
wenn Sie Lust hätten, mich ruhig zuruckzubegleiten, würde
ter Herr Vater cs nicht zugebcn. Nun aber genug des
Geschwätzes, Fräulein. Gehen Sie lieber schlafen. Ich
höie meinen Alten kommen, und der ist gerade kein ange-
nehmer Geselle, wenn er angetrunken von Grosvenor nach
Hause wankt." Sie ging und schloß die Thür hinter sich zu.
„Das Weib ist härter wie Stein," dachte die arme
Giralda. „Aber noch will ich nicht jeder Hoffnung auf
Flucht entsagen."
Das Licht brannte immer tiefer herunter Sein
flackernder Schein brachte die Unglückliche auf einen neuen
Gedanken. War es nicht möglich, das hölzerne Gitter am
Fenster zu verbrennen, und die Flucht durch Herablassen
an einem Seil oder dergleichen zu bewerkstelligen?
Dieser Entschluß war kaum in ihrer Seele ausge-
dämmert, als das dumpfe Geheul eines Hundes unter dem
Gartenscnster sie wieder zum Äufgebcn des Planes zwang.
Wie vernichtet sank Giralda in ihren Sessel zurück.
Die Kerze brannte aus, und das Zimmer war in tiefe
Fmsterrniß getaucht. Das Mädchen erhob sich endlich
wieder, taumelte zu dem seewärts gelegenen Fenster, öffnete
leise den Laden, lehnte ihr bleiches Gesicht an das Gitter
und blickte zu dtm sternenbesäeten Himmel empor und
später nach den ausragenden Thürmen des Adlerhorstes.
Aus den hohen breiten Fenstern des Schlosses strömte eine
Fülle von Licht auf den Felsen nieder, und von einem
prächtigen Erker, der sich weit hinaus über das Meer
wölbte, ergossen sich rölhliche Strahlen über die ruhelosen,
schaumgikrvnten Wellen.
„Das ist eine Signallampe," Lachte Giralda. „Sollte
Lord Grosvenor jetzt noch draußen auf dem Meere sein?"
Ihre Augen wendeten sich jcewärts. In der nächsten

Widerstand zu leisten" fernerhin Schutz und Hilfe zu
Theil werden zu lassen!_
Deutsches Reich.
-t-> Berlin, 5. Mai. Die deutsche Gesandtschaft
nach Marokko, welche dazu bestimmt war, den neu-
ernannten deutschen Vertreter dort einzusnhren und
gleichzeitig Geschenke des Kaisers dem Sultan zu über-
bringen, hat am 27. April ihren feierlichen Einzug in
Fez gehalten und die glänzendste Aufnahme gefunden.
— Die Freizügigkeit der Arbeiter wird in unge-
höriger Weise durch eine Zuschrift beschränkt, welcbr
wie die „Vlksztg." berichtet, das kaiserliche Postamt in
Spandau an sämmtliche dortigen Staatswerkstätten ge-
richtet hat. Das Postamt ersucht darin, einen Postillon
nicht in Beschäftigung zu nehmen, weil derselbe, „le-
diglich um des höheren Lohnes wegen bei einem
königlichen Institut als Arbeiter einzutreten, sein bis-
heriges Dienstverhältniß bei der Post gekündigt hat."
— Wegen der unwürdigen, allgemeine Entrüstung er-
regenden Behandlung des freisinnigen Redakteurs
Bos Hardt in Gotha ist gegen einige Beamte das
Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Zur Ver-
hütung ähnlicher Vorkommnisse soll eine Revision der
Hausordnung stattfinden. —In Höchst a. M. ist es,
wie die „Post" berichtet, auch am Freitag Abend zu
Tumulten seitens der Arbeiter gekommen. Die Auf-
forderung der Polizei, die Straßen zu räumen war
vergebens. Als aus der Menge ein Säuiß fiel,
machte die Polizei von der Klinge Gebrauch nnd trieb
die Massen auseinander Die Feuerwehr wurde zur
Verstärkung der Polizei anfgeboten nnd patrouillirte durch
die Straßen, die Abends l 1 Uhr wieder ruhig wurden.
* München, 5. Mai. Die Landtagss ession
in Bayern ist am Samstag durch ein Dekret des
Prinzregenten vertagt worden. — Das „Münchner
Frdbl." schreibt in einem Artikel über die Hindernisse,
welche man der Abhaltung des deuschen Katholiken-
tages angeblich in den Weg legt, wörtlich: „Wir halten
es für unsere Pflicht, festzustellen, daß die „neuen
Schwierigkeiten", von denen das bekannte Telegramm
der „Kölnischen Volkszeitung" sprach, nicht bei „hohen
kirchlichen Stellen" oder bei „maßgebenden Männern
der Centrnmspartei" ihren Ursprung haben, sondern
direkt von der S taa t s r eg i ernng äusgehen. So
sonderbar mich diese Behauptung klingen mag, so ist
sie doch buchstäblich wahr."_
Ausland.
Schweiz. Ein amtlicher Ministerialbericht stellt
fest, daß zehn pCt. der schweizer Bevölkerung aus
Minute bemerkte sie den Schimmer eines weißen Segels
in der Ferne des Gewässers. Ein kleines von dem silbernen
Lichte des Mondes überglänztes Boot bzwegte sich langsam
näher. Nnr eine einzige Gestalt war in dem Fahrzeug
sichtbar. Giralda's Hrrz schlug hvaer, und in ihrer Seele
regte sich die Ueberzeugung, daß jene Gestalt die ihres
tapferen Retters vom heutigen Morgen sei
Es war noch nicht zehn Uhr, und die Idee mehr als
wahrscheinlich. Eine Wilds Hoffnung stieg jauchzend in
Giralda auf- Sie streckte ihren Arm durch das Gitter
und wehte mit dem Taschentuch; zu rufen wagte sie nickt.
Das Boot glitt näher und näher. Der nächtliche Schiffer
merkte nichts von dem Zeichen, das seine Hflfe anrief.
Träumerisch lehnte er in den Polstern seines Sitzes, das
phosphorescirende Glitzern der Wogen beobachtend.
„Er ist es, er ist es," murmelte Giralda, „es ist der
junge Lord Grosvenor."
Wie um ihre Worte zu bestätigen, nahm der Schiffer
seinen Hut ab, und fuhr sich Mit den Fingern durch fein
lockiges Haar. Giralda hatte dieselbe Bewegung am
Morgen bei dem jungen Lord Grosvenor bemerkt. Ja,
das war die schlanke Gestalt, das schöne goldene Haar,
das feine klassische Profil! „Wenn er nur heraufsehen
wollte!" murmelte sie.
Aber er blickte nicht auf. Sein Boot kam näher und
näher. Ihr Taschentuch flatterte raschelnd im Winde, er
merkte nichts.
Plötzlich kam Giralda ein Gedanke, seine Aufmerksam-
keit auf andere Weise zu erregen. Sie ließ ihr Taschentuch
los. Es flog wirbelnd davon und senkte sick in so gerader
Linie dicht neben dem Schiffer, daß es ihn aus fernem
träunurischen Brüten erweckte, und er seine Hard danach
ausstreckre. Er prüfte das zarte Gewebe und blickte dann
zu der Jelsenhütte empor. Das Mondlicdt fiel voll auf
fein jugendliches Gesicht, das in eigenthümlicher Schönheit
aufleuchtete.
Mit einem Schluchzen, das ihr in der Kehle erstickte
und einer kaum zu unterdrückenden Erregung winkte
Giralda mit ausgestrecktem Arm. Im nächsten Augenblick
hatte sie seine Aufmerksamkeit gewonnen. An dem Gitter
 
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