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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 131 - Nr. 140 (12. Juni - 22. Juni)
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Drucku. Verlag»onGebr.HuberinHeidelberg
frübsr Verleger des Pfälzer Boten.

Verautworfl. Red-ttmr: F. 2. Knappe
in Heidelberg.

Jnfera-e die 1-spalÜZe Pciitzeüe oder - -ren Raum IO L
Verlaine 25 V- Für riesige Kelchästs- und Privat-
anzeigen, sowie für Iahres-Anzcige^ bedeutende Rabai!-
bewilligung. Expedition : An rngerstratze 7.

Drfchemt täglich sst krrSnahrn« d« Es«»- n. Feiertage.
Mh»»tremeAtilprsidw:t dem PK-rar8chr»UntkchaltlMgS-
ölatt „Der S onutagSboce" für Heidelberg monatlich SV
*nt TrSgerlchn, durch di e Post bezogen viertelt. 1.M fra nco.
Dr. lR.


Kst ks Rs. ifitßkm 8ml, Lik E-
lilhr Akliüls kc Mlhalikcs bclnW,
gehalten in der 75. Sitzung der Zweiten badischen Kammer
vom l2- Juni.
Meine Herren! Lassen Sie mich meinen Ausfüh-
rungen die Versicherung vvrausschicken, daß es uns
bei unserm gegenwärtigen Vorgehen in keiner Weise
darum zu thun ist, Intoleranz zu üben, sondern Recht
nur Recht, sowohl für die Altkatholiken, als aber
auch für uns. Selbst wenn wir die Macht dazu
hätten, läge nns nichts ferner, als aus den Alt-
katholiken Märtyrer zu machen, nein, es soll ihnen
Alles werden, was sie zur Befriedigung ihrer religi-
ösen Bedürfnisse nothwendig haben, nur sollen sie es
als besondere Religionsgemeinschaft haben, und
nicht als Katholiken an dem Eigenthum und Genuß
des katholischen Kirchenvermögens theilnehmen;
das verlangen wir als unser Recht voll und ganz
für uns.
Bon dieser Ansicht ausgehend, haben wir au die
Großh. Regierung die Anfrage gerichtet, ob sie nicht
geneigt sei, das sog. Altkatholikengesetz von 1874,
welches von dem entgegengesetzten Standpunkt aus-
geht, aufznheben und die Sache in einer der Natur
der Dinge entsprechenderen Art zu regeln. Dabei
gebe ich den zweiten Theil des Antrages insoferne
Preis, als es zunächst Sache der Altkatholiken wäre,
sich als besondere Gemeinschaft zu konstituiren, um
staatliche Anerkennung nachzusuchen, worauf dann ihre
Verhältnisse und die Art ihrer Bedürfnisse zu decken,
durch das in Aussicht stehende Kirchcnsteuergesetz oder
sonstwie zu regeln wäre, so weit sie nicht durch das
vor zwei Jahren erlassene sog. örtliche Kirchensteuer-
gesetz bereits geregelt sind.
Das Altkatholikengesetz entbindet diese von der
Anerkennung der vatikanischen Dekrete von 1870, exi-
rnirt dieselben von jeder päpstlichen Jurisdiktion, stem-
pelt sie aber trotz dieser innern und äußern Loslösung
von der katholischen Kirche zu gleichberechtigten Mit-
gliedern derselben und erkennt ihnen demzufolge Mit-
eigenthum und Mitgenuß am katholischen Kirchen-
vermögen zu. Dies Gesetz stellt sich damit als einen
Eingriff in die Rechte der Kirche dar, wie er stärker
nicht sein kann. Nach den mir erst gestern zuge-
kvmmenen stenographischen Verhandlungen bei Erlas-
sung dieses Gesetzes wurde damals hier im Hause
viel theologisirt, dogmatisirt und politisirt. Dem ent-
gegen beabsichtigte ich unfern Antrag lediglich vom
Boden des Rechtes aus zu begründen und sich befinde

mich hierin im Einklang mit dem ehemaligen Staats-
minister Jolly, Welcher am Schlüsse seiner Rede, bei
dem damaligen Verhandlungen fS. 8.1) sagte: „Ich
komme zum Schluß ans alles zurück, womit ich be-
gonnen habe. Bleiben Sie immer eingedenk, daß es
sich hier nur um Fragen des äußeren Rechts bandelt,
um Mein und Dein. Wir erfüllen unsere Pflicht
am sichersten, wenn wir die Sache auf dem Boden
lassen, auf den sie gehört, auf dem Rechtsbvden."
Von diesem Gesichtspunkt aus will ich zunächst
meiner Ansicht äs Ivgs t'srsnän Ausdruck geben, wo-
zu ich mich um so mehr berechtigt glaube, als nach
meiner Ueberzeuguug die unparteiische Geschichte in
nicht langer Zeit ihr Urtheil über dies Gesetz sprechen
wird, und da sage ich, das Gesetz beruht thatsächlich
und rechtlich auf grundirrthümlicher Basis Es be-
ruht auf einer durch nichts begründeten Fiktion, bei
welcher aus mancher Seite (nicht bei allen Faktoren
der Gesetzgebung^ politische Zwecke und Hoffnungen
mitunterlaufeu sind: ich meine die Germanisirung der
katholischen Kirche in Deutschland, Weicker Zweck gott-
lob gründlich verfehlt ist. Der Abg. Blnutschli z. B.
hat dem deutlichen Ausdruck bei den Verhandlungen
von 1874 gegeben, indem er seine damalige Rede mir
den Worten schloß: „Wenn wir deshalb diesem Gesetz
zustimmeu, geschieht es ganz und gar nicht mit dem
Gedanken, diesen Zwiespalt zu stärken, sondern einfach
um eine Pflicht der Gerechtigkeit und Billigkeit zu üben,
gegenüber denen, die mit uns wesentlich aus demselben
nationalen und deutschen Standpunkt stehen.
Die rechtliche Unbegründetheit des Gesetzes erblicke
ich darin, daß der Kirche sonst weder vor noch nach
1874 jemals vvm Staat? das Recht bestritten wurde,
Dissidenten auszuschließen, und es ist mit dem badi-
schen Gesetz von 1860 allein zn vereinbaren, daß
Niemand über die Mitgliedzahl der Kirche zn ent-
scheiden hat, als diese selbst.
Auch hierin bin ich im Einklang mit Minister
Jolly, der in seiner erwähnten Rede von 1875 auf
Seite 28 wörtlich sagt: „Ich kann Ihnen nun zu-
geben und gebe dies gerne zu, daß rein kirchlich re-
ligiös aufgefaßt, die Frage, wer zu einer bestimmt
gegebenen Kirche, zn einem fest abgeschlossenen Bund
von Glaubensgenossen, gehört, nur von diesen, von
der Kirche und deren Organen entschieden werden
kann. Wenn diese Frage aber nicht in kirchlich reli-
giöser Beziehung aufgeworfen, sondern wenn sie zur
Grundlage für die Entscheidung von Rechtsverhält-
nissen gemacht wird, dann müssen diejenigen Organe

eintreten, die über das äußere Recht zu entscheiden
haben."
Nun will ich, um Ihrer Auffassung möglichst ent-
gegenzukommen, auch auf die Unterscheidung zwischen
iunerm und äußerm Recht eingehen, ich will sogar
hinsichtlich der vatikanischen Dekrete, ein Ange zudrli-
cken : nm zn dem Schluß des Miteigenthumsrechts zn
gelangen, muß aber immer noch die Zugehörigkeit der
Älckathvliken zur kath. Kirche bejaht sein; nun ent-
bindet das Gesetz diese aber auch noch von aller Ju-
risdiktion und erklärt sie dennoch für Katholiken, aber
da kann ich unmöglich weiter mitgehen: wie man fick
auch noch jeglicher Einfügung in die Organisation
und der Unterwerfung unter das gemeinsame Ober-;
Haupt mit seiner auch vor 1870 unbestritten bestan-
denen Jurisdiktion entziehen und doch gleichberechtig-
tes Mitglied der katholischen Kirche bleiben kann, das
ist mir unerfindlich. — Darum sage ich: Das Gesetz
beruht lediglich ans einer Fiktipn.
Die Motive zum Gesetz sagen selbst, es sei nicht
Sache des Staats, in diesem Glaubensstreite zu ent-
scheiden, wer Recht habe, darum behandle es beide
Theile gleich; mit demselben Atbemznge entscheidet
aber das Gesetz materiell und sehr einschneidend, in-
dem es — einer im Staate anerkannten und geschätz-
ten Kirche gegenüber — denjenigen Miteiaentlmm am
Vermögen derselben zuerkennt, die sich sowohl dem
Glauben als der Verfassung nach von ihr losgesagt
haben.
In thatsächlicher Beziehung tritt es noch klarer
zu Tag, daß diese Entscheidung eine unrichtige ist:
sie steht im Widerspruch mit dem Wesen und der Patur
der kath. Kirche. Bei Protestanten mag es vermöge
ihres allgemeinen Priesterthnms, ihrer freien For-
schung und anderem mehr wohl angehen, daß ver-
schiedene Richtungen in einem Hanse Platz haben, die
kath. Kirche kann nach ihrem Wesen nur eine und
eine einige sein. Zur Zugehörigkeit gehört nicht blos
Einigkeit im Glauben, sondern überdies Unterwerfung
unter das gemeinsame Oberhaupt. Diese Bestimmung
über das Wesen der kath. Kirche finden Sie — ich
habe ja versprochen, nur vom Rechtsstandpnnki zn
sprechen — bei allen Kirchenrechts- und Staatslehrern
vor und nach 1870; z. B. Bluntschli, V. Auflage,
Seite 44k, sagt: „Die Kirche kann nicht genöthigt
werden, Individuen als ihre Glieder anznsehen, die
die Gemeinschaft mit ihr zerrissen haben." Schulte,
Kirchcnrecht 1860, Seite 6, sagt: Die kack. Kircke
ist die unter der Leitung des Papstes und der Bischöfe
bestehende Gemeinschaft der im Glauben an Christus

103)

Treuer Kiede Lohn.
Roman von U Rosen
(Kahdr. Verb.)
Die Thür hinter sich verschließend und den Schlüssel
obziehend, kehrte er in das Erdaeschoß zurück-
Giralda flog an Epon's Seite und schnitt weinend,
und ihr Brüdercyen mit Küssen bedeckend, die Stricke, welche
blutrünstige Spuren an den Armen und den Knöcheln des
Kleinen zurückgelassen hatten, entzwei-
„Weine nicht, Giralda," bat Egon. „Papa und Rupert,
oder Lord Grosvenor, von dem Du mir so viel erzähltest,
werden uns zweifellos zu Hilfe kommen. Und wo nicht,
wer hindert uns, heute Nacht zum Fenster hinaus zu klet-
tern und davon zu lausen?"
Ebe das Mädchen zu antworten vermochte, knarrte der
Schlüssel im Schlosse und Ormond, mit Hammer, Nägeln
und Brettern belastet, trat wieder ein. „Ich will den Käfig
erst ganz sicher machen," erklärte er, die breiten Latten
quer über die Fenster nagelnd, und nur einen schmalen
Streifen der Scheiben freilassend. „Zum Lesen der Bücher,
die Sie in diesem Schränkchen finden, werden Sie Licht
genug haben."
„Nachdem er den Gefangenen eine Flasche Milch und
etwas Weißbrod gebracht batte, entfernte er sich wieder,
die Thür, wie zuvor, sorgfältig verschließend-
„Ormond hat Thüren und Fenster verschlossen und
verbarrikadirt," sagte Giralda, „jetzt werde ich Vorkehrun-
gen treffen, daß er nicht zu uns herein kann."
Sie rollte die Bettstelle aus dem Alkoven vor die Thür,
Warf sich neben Egon in die Kissen, und Beide waren bald
entschlafen.
Als Giralda spät am Nachmittag erwachte, erschrak
sie, Egon nicht mehr an ihrer Seite zu finden- Der kleine
Bursche aber kauerte ruhig von dem Kamin, bemüht mit
den Spänen und den Holzstücken, die Ormond zurückgc-
lofsen hatte, einer Feuer anzuzünden.
„Sie haben schon mehrere Male an die Thür gekloft,
sie geöffnet und versucht, das Bett wegzuschieben," erzählte
Egon lachend.

„Sie? Wer noch außer Lord Ormond. Egon?"
„Eine grobe, starke, häßliche Fran. Doch da kommen
sie schon wieder." >
Giralda rollte das Bett an seinen früheren Platz
zurück.
Wenige Minuten darauf erschien Lord Ormond wieder.
„Ihre Dienerin ist angelangt, Giralda," sagte er.
„Meine Dienerin?"
„Ja, die Frau, die Sie wäbreud meiner Abwesenheit
beaufsichtigen wird. Ich selbst darf nicht länger hier bleiben,
um mich nicht einer Entdeckung auszusetzen. Uni jeden
Verdacht von mir abzulenken, eile ich nach Dalton zurück,
dort scheinbar noch weiter nach Ihnen zu suchen?"
„Und Wig?"
„Bleibt hier, um Sie bewachen zu lassen.
Sollte Lord Grosvenor, was beinahe unmöglich ist, Sie
dennoch hier ausspüren, so wird er mich zu genügendem
Widerstand vorbereitet finden "
Ein schlurrender Schritt wurde von der Treppe ans
gehört, er kam näher und näher, und eine Frau, mit einem
reich mit Speisen beladenen Theebrett, trat ein, in der
Giralda augenblicklich das Weib aus der Felsenhütte er-
kannte.
„Ich überlasse cs Ihrem Ermessen, Frau Bitt, diese
Beiden von einander zu trennen." bemerkte Ormond bos-
haft. „Wenn die junge Dame Ihnen ihre Bereitschaft er-
klärt, mick zu heirathen, schicken Sie nnverweilt Äia mit
der Botschaft zu mir- Ich empfehle Ihnen unnachsichtige
Strenge und beständige Wachsamkeit. Am besten wird es
sein. Ihren Aufenthalt in diesem Zimmer zu nehmen,
während Wig und Bitt unten Wache halten, um Eindring-
linge abzumehren und jede Flucht zu verhindern. Giralda,"
wendete sich der verhaßte Freier an das Mädchen, „Sie
haben mich durch Ihre Kälte und Ihre Zurückweisung zu
diesem Verfahren gezwungen. Bedenken Sie, daß Sie nur
ein Wort zu sprechen nöthig haben, um den Ihrigen zu-
rückgegebcn zu werden, bedenken Sie, daß das Glück und
die Sicherheit Ihrer Eltern, das Schicksal Ihrer ganzen
Familie in Ihren Händen ruht."

47. Kapitel.
Der Baler und der Geliebte.
Lord Grosvmor war durck den Marguis selbst von
der Flucht Giralda's unterrichtet worden- „Ein Trost ist
es mir," sagte ver alte Mann, „daß meine Haushälterin
bei ihr ist- Daß ich sie finden muß, und sollte ich die
ganze Welt in Bewegung setzen, steht fest. Wenn es Ihnen
gelingt, etwas von ihr zu hören, lassen es Sie mich schleunigst
w ssen- Natürlich ist zwischen Ihnen und ihr jetzt Alles
aus, Grosvenor. Sie werden Ihren Namen nicht mildem
der Tochter Gottfried Trewor's verbinden."
„Und weshalb nicht?" unterbrach ihn Grosvenor mit
blitzenden Augen- „Ich liebe Giralda und sie liebt mich,
und ihr Vater, Herr Marquis, ist der edelste, der beste
und der vom Schicksal am härtesten gepickte Mensck, den
es giebt. Seine Unschuld wird früher oder später an den
Tag kommen und Sie selbst werden sich reuevoll gestehen
müssen, daß Sie ihm bitteres Unrecht zufügten."
„So war Ihnen die Herkunft Guatda's kein Ge-
heimnis ?"
„Giralda erzählte mir Ihre Geschichte, nachdem ich
sie aus der Felsenhütte befreit hatte. Sie selbst wußte
nichts von ihrer Verwandschaft mit Ihnen, als bis sie nach
London kam. Die Vorsehung scheint sie in Ihr Haus ge-
führt zu haben, denn ihre Eltern würden ihr eher gestattet
haben, die Höhle eines Löwen zu betreten, als sich nach
Schloß Trewor zu wagen. Giralda's Liebe zn Ihnen
war tief und echt, und niemals ermüdete sie, den hochfin-
nigen Greis zu rühmen, der sic so väterlich an sein Herz
genommen haste."
Der Marquis wendete sein Gesicht ab- „So haben
Sie ihn — Gottfried gesehen?" fragte er mit bebender
Stimme.
„Ja, ich habe ihn gesehen, Herr Marquis."
„Und wie fanden Sie ihn? Was sagte er von mir?"
„Er ist ein ernster, schwermüthiger Mann, aber aus
seine» Augen leuchtet eine reine Seele, edle Gesinnung,
ein treues warmes Gemüth. Von Ihnen sprach er nichr
zu mir."
lFortsetzung folgt-)
 
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