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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 121 - Nr. 130 (30. Mai - 11. Juni)
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Sympathie zu der Tochter herabneigend. „Und während
all' dieser Jahre sah ich nickt tiefer in Deine Seele, wie
alle Welt, ahnte nicht, daß Du eine hoffnungslose Liebe
in Deinem Herzen trugst. Vcrgieb mir, mein armes
Kind."
Beatrice erhob sich, um sich in ihre eigenen Gemächer
zurückzuziehen. Die Begleitung ihres Vaters lehnte
sie ab.
Der Graf und der Marquis erörterten die seltsamen
Neuigkeiten, die der Letztere gebracht hatte. „So haben
Sie also beschlossen, Gottfried unter der Bedingung bei
sich aufzunehmen, daß er Ihnen Giralda zurückgiebt, Tre-
wor?" forschte der Graf.
„Sie mißverstehen mich, Berril, ich will ihm weder
vergeben, noch ihn über meine Schwelle lassen, ich will nur
von seiner Berfolaung abstehen."
„Und wenn Sie sterben, wird er Ihr Erbe, als ob
nichts geschehen wäre."
„Das ist ein wunder Punkt, Berril. Mein Gemiith
ist heute ein Chaos von Haß und Liebe. Die Bitterkeit
und die Rachsucht von Jahren kämpft gegen die Neigung
eines Tages. Zu Zeiten würde ich Alles, Alles der Rache
an diesem Nattergezücht opfern, diesen Gottfried zertreten
wie giftiges Gewürm, und dann sehne ich mich wieder nach
dem Anblick dbs lieblichen blauäugigen Mädchens, und
vor diesem Sehnen erstirbt der Wunsch nach Rache."
Sie beabsichtigen die sogenannte Gräfin Arevalo auf-
zusuchen ?"
„Ja, Freund."
„Eine schwierige Aufgabe. Warum übertragen Sie
dieselbe nicht einem geschickten Detektive?"
„Das ist ein guter Gedanke, Graf. Ich muß diese Frau
unverweilt sprechen. Ormond, Her all' die merkwürdigen
Entdeckungen machte und der, sonderbar genug, auf seine
Bewerbung um Beatrice verzichtet und Giralda zu freien
wünscht, sucht das Kind in der Umgebung des Schloßes
Trcwor —"
„Die Entdeckung, daß Gottfried noch lebt, muß ihm
schrecklich gewesen sein," bemerkte der Graf, als sein Gast
schwieg.

„Ja. Er sah fick urplötzlich in allen seinen Hoffnungen
betrogen. Könnten Sie mir einen geschickten Detektive em-
pfehlen, Berril?"
„Einen Detektive? Ja, gewiß. Ich erfuhr durch Zu-
fall die Adresse eines als besonders tüchtig gerühmten
Menschen dieses Berufes. Ich werde ibn sogleich hierher
entbieten lassen, Freund."
Lord Trcwor willigte ein und ein Diener des Grafen
wurde an den Detektive Walter Born entsendet. Nach
Verlauf einer Stunde meldete sich der Mann bei dem
Grafen. Der Marquis machte Born mit der Angelegen-
heit bekannt, ohne zu wissen, daß dieser schon rm Dienste
seines Neffen gearbeitet hatte, und daß er es war, dem
Ormond all' jene Entdeckungen verdankte.
Born hörte die Auseinandersetzungen des Marquis
ernst und schweigend an, ohne seinen Antheit an den ge-
machten Entdeckungen zu erwähnen. Er hatte seine Mei-
nung über den ihm unterbreiteten Fall noch nicht beendigt,
als die Thür sich öffnete und Beatrice wieder eintrat. Es
war ihr unmöglich gewesen, in ihrem gegenwärtigen Ge-
müthszustand die Einsamkeit zu ertragen, und sie war
wieder zu ihrem Vater mch ihrem Gast zurückgekchrt, um
kein Wort des Marquis zu verlieren, das er in Bezug
auf Gottfrieds Schicksal äußerte.
Bei dem Anblick des Detektive, den sie trotz seiner ver-
änderten Kleidung sofort als denjenigen erkannte, der sie
seit Wochen unablässig beobachtete, erschrak sie deftig, aber
ihre Züge blieben unbewegt und kein äußeres Aeichen^ver-
rieth ihre Erregung, als sie fick sorglos in ihren Sessel
warf.
„Das ist Herr Born, der Detektive, den Ormond vor
Jahren zur Verfolgung Gottfried Trcwor's verwendete,
Beatrice," stellte ihr Vater den Fremden vor. „Wir Haden
ihn zu einer Unterredung in Geschäflsangelegenhesten hier
her geladen. Ist es Dir nicht unangenehm, diese mit an-
zuhören ?"
„Nicht im Gerumsten, ich bin überzeugt, sie wird mich
lebhaft interessire n, Papa."
Fortsetzung folgt-


8

dH)

heutigen Nummer liegt „Der Sonutagsvotr" Nr. 22 bei.

Markstein in der Geschichte des deutschen Vaterlandes,
in der Geschichte Europas. Es fehlt mir die Zeit,
den Inhalt und die Tragweite derselben näher aus-
einanderzusetzen, darf aber wohl annehmen, daß meine
Zuhörer, wie es ja hier unten zu Land in diesen
Gegenden ganz selbstverständlich ist, so fleißige Zei-
tungsleser sind wie Unsereiner, und daß ich also anch
nichts Nenes sagen würde. Ich begnüge mich deshalb
mit wenigen Bemerkungen und Sätzen. Das Centrum
steht vor einer außerordentlich schweren und verant-
wortungsvollen Entscheidung. (Sehr wahr), nnd ich
gebe der zuversichtlichen Hoffnung Ausdruck, daß diese
Entscheidung nicht anders ansfällt, als wie sie im
Interesse des Vaterlandes und des Volkes ausfallen
muß. (Beifall). Und wenn diese Hoffnung in Er-
füllung gehen soll, dann kann diese Entscheidung nach
meiner Ueberzeugung nur entweder verneinend oder
höchstens bedingt bejahend sein. Wir können es un-
bedingt nicht haben, wir können es in unserem deutschen
Vaterlande nicht haben, und wir können es in den
Kultnrstaatcn Europas nicht haben, daß die Anspan-
nung der Kräfte des Volkes zu militärischen Zwecken
ins Angemessene weiter fortschreitet. Wir müssen
daraus dringen, daß nicht die Frage der möglichst
vollkommenen kriegerischen Ausrüstung die Kardinal-
frage der nationalen Politik der verschiedenen Groß-
staaten bleibt, sondern, daß sie sich in internationaler
Weise dahin zuspitzt, nicht zu rüste« und weiter zu
rüsten, sondern abzurüsteu. (Lebhafter Beifall.) Ich
kann es niemals glauben, daß es unmöglich sein soll,
mit praktischem Erfolg diese Frage aufzuwerfen. Immer
mehr spitzt sich die soziale Frage zu einer internatio-
nalen zu. Davon ist ja auch unser Kaiser überzeugt,
darum hat er die Konferenz berufen. Ungleich wich-
tiger, meine Herren, wenn anch nicht im Augenblick,
so doch für die Zukunft, vielleicht schon für die nächste,
scheint es mir zu sein, daß die militärische Frage zu
einer internationalen erhoben wird. (Lebhafter Beifallj.
Und wenn es möglich ist, daß der mächtigste Monarch
die Vertreter anderer Staäteu zur internationalen
Berathnng der sozialen Frage zusammenbringt, so
muß es demselben mächtigsten Herrscher Europas auch
möglich werden, selbst oder durch seine Räthe die
Vertreter derselben europäischen Staaten zur inter-
nationalen Berathnng und Erledigung der Militär-
frage zusammenzubringen und zu erreichen, daß prak-
tisch durchführbare Beschlüsse gefaßt werden. Wenn
es auch für den Augenblick schwer durchführbar ist,
so muß es doch in Angriff genommen werden. Und
wenn die Minister und Fürsten Schwierigkeiten machen,

ÜÄ Sks hchs.Sni. Nmns Mu st WstM.
(Fortsetzung.)
Ein weiteres hochwichtiges Ereigniß des Jahres
MO, das mehr als jede andere Partei unsere Partei
^teressiren muß, ist die Wendung der kaiserlichen Po-
Aik auf sozialem Gebiete.
Ich spreche von einer kaiserlichen Politik, denn
^it der alten Kauzlerpolitik wurde gebrochen und an
Are Stelle Ust die kaiserliche Politik getreten War
^e Konzlerpolitik auf sozialem Gebiete in ziemlichem
Widerspruch und Gegensatz zur Centrumspolitik, so
die kaiserliche Politik umsomehr ihr nahe gekommen.
Aravo). Und das meine Herren, ist eine glänzende
^enugthuung für unsere Centrnmspartei. Zu einer
ücit, da andere Parteien es kaum der Mühe werth
pachteten, mit sozialpolitischen Fragen sich zu befassen,
m andere Parteien sich kaum geneigt zeigten, von
iUchen Erörterungen nur etwas hören zu wollen, zu
-Per Zeit, da das Centrum mit Recht sagen konnte:
Ur finden nicht Zeit nnd Muse, mitten iin kirchen-
^vlitischen Kampfe uns auch noch um andere Inter-
nsten des Volkes anznuehmen, zu einer solchen Zeit
A das Centrum aufgetreten mit einem bestimmten nnd
Men sozialpolitischen Programm. Es hat Jahre ge-
baucht, in denen es immer und immer wieder die
Vertreter der Nation daran erinnert hat, daß diese
ürage nicht blos erörtert, sondern auch erledigt werden
Aüsse, bis es dafür allgemeines Verständnis; gefunden
M. Meine Herren! Wenn das Centrum gar nichts
Öderes geleistet hätte, als das, so wäre schon damit
sin kräftiger und unwiderleglicher Beweis dafür ge-
ifert, daß es nicht eine blos religiöse Partei, daß
EZ im vollen Sinne des Wortes eine Partei des
Kolkes, eine patriotische Partei ist. (Lebhafter Beifall),
^vn dem, was das Centrnm auf diesem Gebiete ge-
mistet hat, konnten andere Parteien lernen, und sie
(aben lernen müssen. Es ist nur unbegreiflich, daß
chigesichts dessen das hervorragendste Organ der De-
^vkratie, die „Frankfurter Zeitung", die Behauptung
Mstellen konnte: überall da, wo kein Kulturkampf
stbt, sei eine Centrumspartei auch gegenstandslos.
Ein weiteres Ereigniß bildet die neue Militärvor-
Me. Diese Militärvorlage, mit dem, was sie nach
fen Erklärungen des Kriegsministers in Aussicht stellt,
bildet so recht, wie ich schon einmal sagte, einen
—. . ---m--

es selbst in die Hände zu nehmen, so wird eben an die.
Parlamente die Aufgabe herantreten, diese Frage zu
einer internationalen zu machen. Bloße, Vereine auf
diesen! Gebiete können nichts ausrichten und werden
niemals etwas ansrichten. Und wenn wir der Erle-
digung dieser Frage auf diesem Wege auch ferne stehen,
so muß für die nächste Zukunft wenigstens das erreicht
werden — und ich erwarte zuversichtlich, daß das
Centrum und zwar einmüthig ans diesen Standpunkt
sich stellt — daß entweder die Militärvorlage einfach
abgelehnt oder ihr der Inhalt mit der bedeutenden
Mehrbelastung des Volkes nur unter der Bedingung
gewährt wird, daß die militärische Dienstzeit vermindert
wird. (Bravo).
Das, meine Herren, ist in kurzen Worten mein
Standpunkt. Ich habe keinen Auftrag von Partei-
genossen, keinen Auftrag von der Parteileitung, ihn
als Standpunkt der Partei zu proklamiren, ich hoffe
aber zuversichtlich, daß es nicht bloß mein persönlicher
Standpunkt, sondern der Standpunkt des Centrums
ist. (Lebhafter Beifall.) Ich habe in den Jahren 1889
und 1890 wieder den dringendsten Bitten, ein Mandat
für den Landtag oder Reichstag anzunebmen, nicht
entsprochen. Hätte ich's gethan und jetzt als Abgeord-
neter des Reichstages in Berlin mitznsprechen oder
mitzustimmeu, so würde ich anch nickt um eine Linie
von diesem Standpunkt weichen und um keinen Preis
ein unbedingtes „Ja" zur Militärvorlage sagen, und
wenn ich auch nicht einzigen aus der Centrumsfraktion
auf meiner Seite hätte. Und so sehr bin ick von der
Wichtigkeit dieses Standpunktes überzeugt, daß ich
für meine Person auch für den ausgesprochensten Cen-
trumsmann, auch mr den ausgesprochensten persönlicken
Freund in einem kommenden Wahlkampf nickt stimmen
würde, wenn er einen von mir abweichenden Stand-
punkt in der Militärfrage einnähme. (Bravo). Und
niemals würde ich mich dazu verstehen, auch nur einen
Finger zu rühren für die Wiederwahl eines Mannes,
der aus irgend welchen Gründen in dieser Frage für
den Kriegsminister nnd Reichskanzler unbedingt zu
haben wäre. (Lebhafter Beifall.)
Ein anderes Ereigniß, das uns von der Centrums-
partei in Baden nicht direkt berührt, ist die Angelegen-
heit der allgemeinen Katholikenversammlung. Es kann
nach dem, was in der letzten Zeit sich abgewielr hat,
eine Versammlung der Centrumspartei in dieser Landes-
gegend nicht vorübergehen, ohne daß anch dieser ge-
dacht wird. Prinzregent Luitpold und seine Räthe
würden sich ganz gründlich täuschen, wenn sie etwa mein-
ten, sie hätten gcurtheiit und gebandell in einer spe-

43. Kapitel.
In d er H öh l e des L ö w en.
. Unter den zärtlichen Bemühungen ihres geängstigten
Katers und des alten Marquis erwachte Beatrice wieder
Am Bewußtsein. Sie öffnete ihre Augen mit einem furcht-
'amen Blick und schaute unruhig im Zimmer umher.
.. „Fasse Dick, Beatrice!" bat der Graf, seiner Tochter
°'e Hand streichelnd- „Der Marquis u. ich, wir begreifen
stohi, wie sehr die verblüffenden Enthüllungen über Gott-
stieb Dick erregen mußten. Mein armes Kind! Und Du
'M ihn all' diese Jahre geliebt, all' diese Jahre um ihn
^trauert?"
... Lord Trcwor sah mit einem Busdruck väterlicher Zärt-
bchkeit auf Beatrice. „Ich glaubte Sie kalt und herzlos,
Mn liebes Kind," sagte er. „Wie sehr habe ich Sie miß-
"kutet und mißverstanden. Verzeihen Sie mir, Beatrice,
Md schenken Sie mir wieder Ihre Freundschaft." Er
"reckte ihr seine Hand hin, Beatrice machte Miene ste zu er-
weisen, wendete sich aber schaudernd ab.
. „Sie beben vor mir zurück, weil ich sein Onkel bin,"
stuszle der Marquis bekümmert. „Ich kann Sie deswegen
Mt tadeln, Beatrice Haben Sie nicht grausam genug
Grch ibn gelitten? Aber ich will Sie rächen, liebes Kind,
«vttsrjed Trcwor svll noch bitterere Thränen vergießen
KIs Sie, wosern er —"
. „Wosern er was?" fragte Beatrice mit schwacher
stimme.'
< „Wofern er wir Giralda nicht zurückgiebt. Ich liebe
-as Mädchen, Beatrice. Sie ist so unschuldig und rein
Psd gut wie ein Engel. Nnd auch sie liebte mich mit der
Lsisgebung eines zärtlichen Kindes, bis ich sie in roher
^eise von mir stieß- Aber ich muß sie wieder baden!"
-r Er setzte sich an das Feuer, um Beatrice und dem
"eunde seine heftig arbeitenden Züge zu verbergen.
.Arme Beatrice!" flüsterte der Graf, sich in inniger

Treuer Klebe Kohn.
Roman von U. Rosen
(Kkchdc. verb.)



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b) IN. -
Berantworü. Kedairrru: L. L. Knappe
in Heidelberg.
Wklbm
rmiU Sm L. jmi.
Drucku.Verlag vonÄebr. Huber inHeidelbcrg; 10(1/1
früher Verleger des Pfälzer Boten.
 
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