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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 141 - Nr. 146 (24. Juni - 29. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42837#0585

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V scheint täglich mit Ausnahme der Somr-u. Feiertag«.
«d s»nement»pr«itz mit dem wöchentlichen UuterhattungS-
dlarl „Der Sonntagsbote" für Heidelberg monatlich SVH
»Ü Trägerlohn, durch di c Post bezogen Viertels, 1.80 franco.

Organ für Makirkieit, Fmlmi L KM.

Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Rauni 10 -Ä
Reklame 25 Für hiesige Geschäfts- und Privat-
anzeigen, sowie für Jahres-Anzeiger bedeutende Rabatt-
bewilligung Expedition: Zwrngerstraße 7.


Ber antwort!. Redakteur: L- 2. Knappe
in Heidelberg.

WtldkU ÄNti«, Sei A. ZNi.


Drucku. Verlag von Gebr. Huber inHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.



Der heutigen Nummer liegt „Der Nonntagsdote" Nr. 25 bei.


Deutsches Reich.
-t-» Berlin, 27. Juni. Das Schicksal der viel-
umkämpsten Mfllitärvorlage ist nunmehr ent-
schieden, denn die auf morgen angesetzte dritte Lesung
wird an dem gestrigen Resultate nichts mehr ändern.
Gestern war der Reichstag ungemein stark; nicht
weniger als 341 Mitglieder nahmen an der wichtigen
Abstimmung theil. Bei derselben wurde der frei-
sinnige Antrag zu ß 1 (Einjährige Festsetzung der
Friedenspräsenzstärke) abgelehnt und hierauf A 1 der
Regierungsvorlage mit der Erhöhung der Friedens-
Präsenzstärke um 18 500 Mann mit 211 gegen 128
Stimmen angenommen. Abg. v. Hake (Deutschhan-
noveraner) enthielt sich der Abstimmung. Für die
Regierungsvorlage stimmten die Kartelparteien ge-
schlossen, die Mehrheit der Centrumspartei, die Polen
und die Antisemiten: dagegen stimmten geschlossen
die freisinnige Partei, die Volkspartei, die Sozialisten
und die Deutschhannoveraner. Von der Centrums-
partei stimmten 20 Abgeordnete mit der freisinnigen
Partei gegen Windthorst, nämlich Aichbichter, Biehl,
Burlein, Fischer, Haberland, Hug (Konstanz), Kirch-
ammer, Lehner, Leonhardt, Mayer, Orterer, Pezold,
Reichert, Schendler, Schaettgen, Stöhr, Wagner,
Weber, Wenzel, Witzelsberger. Die Genannten ver-
treten sämmtlich süddeutsche, zum Theil badische Wahl-
kreise. Von dem Wilden stimmten Langerfeldt, Rösicke,
Wisser und Thomsen für die Vorlage. Die Elsässer
waren nicht anwesend. Nach Annahme des ß 1 kam
der Antrag der freisinnigen Partei zur Abstimmung,
durch Z In die zweijährigen Dienstzeit für Fußtruppen
gesetzlich einzuführen. Dieser Antrag wurde mit 205
gegen 134 Stimmen abgelehnt. Das Verhältniß bei
der Abstimmung war annährend dasselbe. Die Abgg.
Langerfeldt, Wisser, Thomsen, welche für den Z 1
der Vorlage gestimmt hatten, stimmten für diesen H
1s. Die übrigen Paragraphen der Vorlage wurden
ohne Diskussion angenommen. Ebenso gelangten zur
Annahme die Resolutionen Windthorst. Gegen dieselben
stimmten die Konservativen und die Sozialisten. Gegen
die zweite Resolution für alljährliche Festsetzung der
Friedenspräsenzstärke stimmten auch die Nationallibe-
ralen. Als die Annahme dieser Resolution zweifelhaft
schien, theilten sich die Sozialisten. Es kam zur
^Zählung. Hierbei blieb der größere Theil der Sozial-
demokraten außerhalb des Saales, ein kleinerer Theil

stimmte gegen die Resolution. Scherzweise bezeichnete
man die Koalition gegen diese Resolution als das
neue Kartell Puttkammer - Bennigsen - Grillenberger.
Die Resolution wurde mit 176 gegen 104 Stimmen
angenommen. An der Abstimmung nahmen folgende
Centrumsabgeordneten nicht Theil: von den Bayern
Hanß, Hilpert, Berger, Reindl, ferner v. Klose (Ober-
schlesien), Kersting (Westfalen), Virnich und Limburg
(Rheinprovinz).— Die Vertagung des Reichs-
tages wird formell am 9. Juli beginnen und bis
zum 25. November daneyn, doch ist es nicht ausge-
schlossen, daß sich der Reichstag schon einige Tage
früher vertagt und die kaiserliche Kabinetsordre erst
9. Juli verkündigt wird. — Die Möglichkeit einer
Kandidatur Bismarcks in Kaiserslautern
wird in Reichstagskreisen allen Ernstes besprochen.
Wir glauben aber doch nicht daran, daß der ehemalige
Reichskanzler sich in die parlamentarische Arena be-
geben wird, die für seine Kundgebungen ein weit un-
bequemerer Boden sein würde, als seine jetzige direkte
und indirekte Thätigkeit in der Presse.
* Straßburg, 27. Juni. Bischof Stumpf war
bereits Mittwoch Nacht mehrfach dem Tode nahe.
Die große Entkräftung dauert fort und läßt , den
Tod in naher Zeit leider fast mit Gewißheit be-
fürchten. Er empfing deshalb noch in der Nacht
durch seinen Geheimsekretär die hl. Sterbesakramente,
die nach der ursprünglichen Absicht Donnerstag Morgen
in Begleitung des gesammten Domkapitels feierlich
überbracht wurden. Darauf empfing er dann noch-
mals die hl. Kommunion aus der Hand des General-
Vikars in Gegenwart des Kapitels.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 28. Ium.
Dritte Lesung der Gewerbegerichtsnovelle.
Abg- Auer macht die Zustimmung der Sozialisten
zu dem Gesetz von der Abstimmung über ihre Anträge ab-
hängig.
Abg. Ackermann beantragt die Streichung der Be-
stimmung des 8 1, wonach die Genehmigung des Orts-
statuts nur zu versagen ist, wenn dessen Bestimmungen
den Gesetzen widersprechen.
Staalsminister v. Bötticher empfiehlt den Antrag
aus Zweckmäßigkeitsgründen. 8 t wird mit dem Antrag
Ackermann, sowie mit dem Antrag Hahn, wonach die Ab-
lehnung und die Genehmigung mit Gründen zu versehen
seien, und mit dem Antrag Porsch. wonach die Genehmi-
gung des Status für mehrere, zur Bildung eines Ge-
wcrbegerichts zusammentretende Gemeinden von den Ver-
waltungsbehörden zu ertheilen sei, in deren Bezirk bas
Gewerbeaericht seinen Sitz erhält, angenommen. 88 2, 3n
und 4 bis 11 werden in der Fassung der zweiten Lesung
genehmigt.

Zu 8 12 (WahlfähigkeiO wiederholen Abg Auer und
Genossen den Antrag, das Wahlrecht mit dem 21. Lebens-
jahre eintreten zu lasten und auch den Fronen das aktive
Wahlrecht zu gewähren. Die Anträge werden abgelehnt.
Die 88 12 bis 15 werden nach den Beschlüssen der zweiten
Lesung genehmigt- Die folgenden 88 16 bis 23 werden
unverändert, 8 24 (Gesuche wegen Ablehnung von Gerichts-
personen) unter Streichung der Schlußworte „unter Theil-
nahme von Beisitzern", die folgenden Paragraphen bis 71
durchweg nach den Beschlüssen der zweiten Lesung ange-
nommen. Zu 8 72 (Zuständigkeit der Innungen) bringen
Eberth und Auer aus Einschränkung der Wirksamkeit
der Innungen gerichtete Anträge ein. dieselben werden
aber nach längerer Berathung sämmtlich abgelehnt und
der Paragraph nach dem Beschluß der zweiten Lesung ge-
nehmigt, ebenso der Rest des Gesetzes. Schlußabftimmnng
morgen.
Nächste Sikung Samstag 11 Uhr. Tagesordnung:
Militärvorlage, Militär-Nachtraasetat, Gewerbe-
gerichte, Besoldungsetat, Vertagung des Reichstages.
Ausland.
* Spanien. Cholerasälle sind jetzt seltener aber
häufiger tödtlich. Das Gerücht erhält sich trotz offi-
ziellem Dementi, daß die Krankheit in den Provinzen
Carthagena und Murcia um sich greift und einzelne
Fälle bereits in den Provinzen Castillo und Cueqca
vorgekommen sind. Verdächtige Fälle wiederholten
sich unter der Garnison von Sevilla, wo der Ge-
sundheitszustand ebensowenig befriedigend ist, wie in
Cadix und Malaga. Die Temperatur ist erdrückend
und befördert die Krankheitssymptome. In Madrid
herrschte große Panik in Folge der plötzlichen Er-
krankung eines Soldaten der kgl. Garde im Palaste
selbst mit allen Zeichen der Cholera. Die Aerzte
konstatirten, daß derselbe nur an scharfem Bruchdurch-
fall litt: trotzdem beschloß bereits der Ministerrath,
daß für den Fall, daß die Cholera in Madrid auf-
trete, die königliche Familie die Hauptstadt nicht ver-
lassen dürfe. Die Abreise nach San Sebastian ist
vorläufig aufgeschoben.
* England. Im Unterhause hat Lord Fergusson
am Donnerstag erklärt, die Insel Mafia in der Nähe
der Zanzibarküste werde wahrscheinlich nicht in das
britische Protektorat geschlossen, falls Deutschland mit
dem Sultan deren Einschließung in das ihm abzu-
tretende Gebiet vereinbare. Smith erklärte, hinsicht-
der Befestigung Helgolands könnten keine
Bedingungen gemacht werden, da offenbar dem
deutschen Reiche die Beschlüsse hinsichtlich der Ver-
theidigung seiner Küste überlassen werden müßten;
betreffs der Schutzmaßregeln für die britischen Fischerei-
Interessen werde mit Deutschland verhandelt. —
Die „Morning Post" erklärt, nichts könne weiter von

Treuer Liebe Lohn.
U4) Roman von U. Rosen
<k«chdr. verb.j
„Lord Ormond begab sich in Ihr Zimmer, nahm den
Dolch, den Sie als ein seltenes Stück sorgfältig in Ihrem
schrank bewahrten, dann führte er Sie, leise wie ein
Mäuschen auftretend, in Ihres Onkels Zimmer, ich schlich
ohnen auf den Zehen nach. Lord Ormond lauschte, und
ws er das regelmäßige Athmen des Herrn Marquis hörte,
sog er Sie in dessen Schlafkabinet nach. Sie waren willen-
ws wie ein Kind. Der Marquis lag in tiefem Schlummer-
Mrd Ormond neigte sich über ihn, bohrte mit eigener Hand
M Dolch in die Schulter, drückte dann aber das blutige
Msser in Ihre Rechte und rannte davon. Das ist die
Mahrheit, meine Herrschaften, die ich mit allen heiligen
^'den beschwören will."
Ormond stieß eine wilde Verwünschung aus.
Nach einigen Minuten athemlosen Schweigens setzte
Regun seinen Bericht fort: „Sie Alle wissen, was sich nach
Mm Zwischenfall ereignete, die Beschuldigung des Herrn
Gottfried Trewor und seine schimpfliche Vertreibung aus
?sM Schloß. Noch in derselben Nacht sagte ich Lord Or-
Kvnd, daß ich Alles gesehen hatte, er bot mir für mein
Schweigen eine beträchtlicheSumme an und bezahlte meine
Mhrkarte nach Australien. Bis vor wenigen Wochen blieb
A dort. Als ferneren Lohn für mein Schweigen hatte er
einige Tausende zugesichert, die ich erhalten sollte,
-Ann er der Besitzer der Treworschen Güter sein würde.
As ist die merkwürdige Geschichte, die ich Ihnen zu er-
ifMen habe Herr Marquis, und ich bin zu jeder Stunde
°reit, die Wahrheit derselben eidlich zu erhärten."
r,. Der Marquis heftete seine strengen Augen auf das
zstlche Gesicht Negun's. Er las nur Aufrichtigkeit und
Aue darin, dann sah er aus Gottfried, dessen Blick dem
ZPgen furchtlos begegnete, und endlich schaute er Ormonk
k'das verwüstete Antlitz. Der entlarvte Bösewicht wendete
A scheu zur Seite.
Das düstere Gehcimniß war endlich gelöst, und Gott-
^d's Unschuld erwiesen, an die bisher nur ein edles

Frauenherz flst und unerschütterlich geglaubt hatte.
„Mein Gottl" rief der Marquis, in dessen Seele die
Wahrheit sich wie ein Lichtstrom ergoß. „Wie bitteres,
unverzeihliches Unrecht habe ich ihm gethan! Gottfried!"
Er blickte wieder auf seinen schwer gekränkten Neffen,
und die alte Liebe für den treuherzigen Knaben mit den
sonnigen blauen Augen und dem kindlich reinen Gemüth,
leuchtete aus jedem Zuge des vornehmen Gesichtes. Er
streckte seine Hand nach ihm aus, ließ sie aber schnell wieder
sinken.
„Nein," seufzte er, „es ist zu spät. Ich habe zu schwer
gegen ihn gesündigt, um Verzeihung erhoffen zu dürfen.
Er haßt mich jetzt, wie ich es verdiene- Laßt mich in
mein einsames Elend zurückkehren und mich einsam und
verlassen sterben, wie ich gelebt habe."
Die Äugen mit der Hand beschattend, um die hervor-
quellenden Thränen zu verbergen, schwankte er dem Aus-
gang zu, aber er hatte die Schwelle noch nicht erreicht, als
ein leichter Schritt ihm nacheilte und Weiche Arme ihn um-
schlingend zurückhielten.
Es war Giralda's Gesicht, das seine Wangen streifte.
„Theurer Onkel," rief sie, „Du darfst nicht von uns gehen-
Ich liebe Dich, wie ich Dich seit der ersten Stunde unseres
Begegnens liebte. Du wirst Deine Giralda nicht ausgeben."
Der Marquis schaute sie ungläubig an. Es bedurfte
ihrer wiederholten Versicherung, ihrer zärtlichen Liebko-
sungen, um ihn zu überzeugen, daß sie ihm nicht mehr
grolle. Gern ließ er sich von ihr zu Gottfried geleiten,
der die Veränderung seiner Lage noch nicht fassen zu
können schien.
„Papa, willst Lu Dich nicht mit dem Onkel aussöh-
nen?" fragte das Mädchen. „Er liebt Dich und Du liebst
ihn, und ick würde niemals glücklich sein, wenn ich nicht
ihn auch zufrieden wüßte."
Onkel und Neffe hielten sich in fester Umarmung um-
schlungen : Glückwünsche, Umarmungen und Küsse wurden
von allen Seiten ausgetapscht Graf Berril sah mit stolzer
Freude auf seine Enkel, auf seine schöne glückstrahlende
Tochter.
Mitten in viesem allgemeinen Freudentaumel entriß

sich Lord Ormond den Händen des Polizeibeamten und
stürzte, wie von Dämonen gejagt, davon
„Lassen Sie ihn laufen," erklärte der Marquis. „Er
trägt seine Strafe in der eigenen Brust."
Entehrt und verarmt, beeilte Ormond sich, England zu
fliehen. Wenige Monate später kam die Nachricht aus
einer kleinen französischen Stadt, er sei dort gestorben.
Die Vermählung des jungen Lord Grosvenor uod
Giralda's wurde nicht lange aufgeschoben. Es giebt keine
glücklichere Häuslichkeit, als in Schloß Adlerhorst, keinen
zärtlicheren Gatten, als Paul Grosvenor, und kein lieb-
licheres junges Weib, als Giralda.
In der Schäferhütte im Gebirge waltet ein rechtschaf-
fenes, zufriedenes Ehepaar; Margarethens Liebe und Hin-
gebung hat wunderbar veredelnd auf Georg Negun gewirkt.
Die Bekannten und Freunde Beatricen's waren wie
aus den Wolken gefallen, als sie erfuhren, die vielumwor-
bene Dame sei schon seit vielen Jahren Gattin und Mutter.
Gottfried Trewor wurde von der vornehmen Gesellschaft
mit offenen Armen ausgenommen und seine Leidensgeschichte
blieb lange das Tagesgespräch.
Die Familie Trewor lebt einen Theil des Jahres
im Schloß Trewor, den anderen in dem Londoner Palast
des Marquis, der sich stets im Kreise seiner jungen Ver-
wandten bewegt. Magda und Marie Fleck haben sich von
ihrer Herrschaft nicht getrennt und werden von derselben
in hoben Ehren gehalten. Gottfried Trewor's Augen haben
ihren alten sonnigen Glanz wiedergefunden. Seine Söhne
musiziren in dem ehrwürdigen Hause, in dem er seine
Kindheit verlebte, und der greise Marquis von Trewor,
der sich in Gottfried's Kindern verjüngt sieht, hält sich für
den glücklichsten aller Sterblichen. Sein Lebensabend bietet
ihm die reichen Freuden, die höchste irdische Seligkeit.
Graf Leonor Berril ängstigt sich nicht mehr um das
geheimnißvolle Doppelleben seiner Tochter.,
Ende.
 
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