Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 31 - Nr. 40 (7. Februar - 18. Februar)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42837#0157

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B




^rr feurigen Nummer liegt „Der Kouutagsbotr" Ne. 7 bei.

7)

j Berantwortl. Redakteur: F. Z. Knappe
in Heidelberg.

Erscheint täglich mit NuSnahme der Souu-u. Feiettage.
"lbonuementSpreiKniit dem wöchentlichen Unterhaltungs-
str „Der Sonutagsboie" für Heidelberg monatlich üv Z
^»t Trägerlohn, durch di e Post bezogen Viertels. 1.80 franco.

»r. R
-

tagswahlen der Erzbischof von Köln in seinem Erlaß
vom 1.0. Oktober 1888 gethan hat. In demselben
heißt es:
„Ich sehe mich . . . veranlaßt, allen zur Wahl
berufenen Gläubigen hiesiger Erzdiözese die Betheili
gung an derselben dringend an s Herz zu legen. Der
Einfluß, welchen die Abgeordneten aus die Gestaltung
der öffentlichen staatlichen Ordnung ausüben, ist über-
aus groß und bedeutungsvoll nicht allein für den
Staat, sondern auch für die Kirche. Machet darum
von eurem Wahlrechte, geliebte Erzdiözesanen, gewis-
senhaft Gebrauch. Wählet Männer, die Sinn und
Eifer haben für Recht und Gerechtigkeit und das ewige
Gesetz Gottes, Verständnis; für die wahren Bedürf-
nisse des Volkes, ein Herz für die Armen und Ver-
lassenen, Bereitwilligkeit und Thatkraft für die Besei-
tigung der sozialen Nvthstände, Liebe zum Vaterland
und zur Kirche; wählet christliche Männer, die Re-
ligion und Gottesfurcht als das tiefste Fundament
und das festeste Bollwerk des Staates erkennen, die
den christlichen Charakter der Schule sicher stellen und
die vom Herrn der Kirche verliehenen, unveräußerli-
chen Rechte zu vertheidigen entschlossen sind; wählet
entschiedene und charakterfeste Männer, welche falschen
Rücksichten und Einflüssen unzugänglich, in der Ver-
theidigung der Wahrheit und des Rechtes unwandel-
bar feststehen und der Verantwortung für ihre Thä-
tigkeit als Abgeordnete sich bewußt sind. Lasset euch
nicht durch geringfügige Ursachen von der Wahl ab-
halten, wählet ohne Furcht und ohne Ansehen der
Person. Zu meinem Klerus hege ich das Vertrauen,
daß er nicht allein selbst bei der Wahl sich betheilige,
sondern auch, wo es erforderlich ist, mit Ruhe und
Unisicht, durch Wort und Beispiel auf die Wahl von
Abgeordneten hiuwirke, welche Gott fürchten und den
König ehren, dem Kaiser geben, was des Kaisers und
Gott, was Gottes ist."
Wenn der Erzbischof auffordert zur Wahl von
Männern, welche „Vcrständniß haben für die wahren
Bedürfnisse des Volkes, ein Herz für die Armen und
Verlassenen, Bereitwilligkeit und Thatkraft für die
Beseitigung der sozialen Nvthstände," so meint er ge-
wiß nicht solche, welche das Volk täuschen, welche für
die „Beseitigung der sozialen Nvthstände" eintreten,
indem sie ihre unklaren, phantastischen Staats-Ideen
mit Gewalt nnd Umsturz durchzusetzen suchen. Er
meint gewiß nicht solche, welche „auf politischem Ge-
biet die Republik, auf wirthfchaftlichem Gebiet den
Kollectivismus, auf religiösem Gebiet dem Atheismus"
wollen, wie Bebel sich ansdrückt.

Ak WW Sn Nchckikni bki Sn Llchlni.
Der Katholik hat von jeher die Stimmabgabe bei
den öffentlichen Wahlen als eine Handlung betrachtet,
für die er in derselben Weise und in demselben Maße
sittlich verantwortlich ist wie für jede andere That.
Es widerspricht eben durchaus der Lehre der Kirche,
das private Leben zu trennen von dem öffentlichen,
in der Werse, daß man im Privatleben au die Lehre»
Und Gebote der Kirche gebunden sei, im öffentlichen
Leben aber ganz frei für die eine oder andere Partei
sich entscheiden könne.
Auf Grund dieser Lehre haben im Kulturkampf
die Katholiken den Kampf ausgenommen gegen die-
lenigen, welche die Rechte und die Selbständigkeit der
Kirche angriffen und untergruben. Sie haben diesen
Kampf bisher siegreich durchgeführt und werden ihn
weiter führen, wo immer es nvthwendig ist. Sie
werden auch den Kampf führen müssen gegen die-
jenigen, welche die Kirche gänzlich vernichten und an
ihre Stelle die nackte Gottlosigkeit in Familie und
Staat setzen wollen. Es kann nicht oft genug darauf
hingewiesen werden, daß die heutige Sozialdemokratie
durch und durch unchristlich, kirchenfeindlich und gott-
los ist, wie ihre Führer mehr als genug in Rede
und Schrift öffentlich ausgesprochen haben. Eine
Durchfübrung der sozialdemokratischen Pläne ist nur
möglich, wenn die katbol. Kirche vernichtet und der
Glaube aus den Herzen der Arbeiter völlig herans-
gerisfen ist. Daher auch der offene Kampf der So-
zialdemokratie gegen die kath. Kirche und jeglichen po
sitiven Glauben und ihr fanatischer Haß gegen Alle,
welche noch Glauben haben. Ihren Satz: „Religion
ist Privatsache"! sollte sie besser ersetzen durch den
Satz: „Die Sorge für Glaubenshaß und Religions-
verachtung ist Sache des Staates." Nicht eindring-
lich genug kann in Wahlversammlungen betont werden,
daß es sür den kath. Arbeiter Gewissenssache ist, kei-
Uem sozial-demokratischen Kandidaten, unter welchem
Vorwand es auch sei, seine Stimme zu geben. Keine
Stimme einem liberalen Kirchenfeinde! Aber auch
keine einem sozial-demokratischen Glaubenshasser! Das
Wuß nach der negativen Seite hin die Parole im be-
vorstehendem Wahlkampfe sein.
Nach der positiven Seite hin lassen sich die Pflich-
ten der Katholiken bei den Wahlen nicht schöner nnd
eindringlicher ausdrücken, als es vor den letzten Land-
_'_ .. __-> _> »"

keit wurde es ihm sehr schwer, Ausflüchte zu ersinnen, aber
er sah keinen anderen Ausweg, den amen Ruf seiner
Tochter zu schützen und sie vor übler Nachrede sicher zu
stellen.
„Beatrice wird vor Morgen Nachmittags drei Uhr
nicht sichtbar sein," sagte er. „Dieses Stadtleben mit seinen
unaufhörlichen Zerstreungcn greift sie zu sehr an. Ich
werde sie, sobald das Wetter wärmer wird, spätestens im
Mai, aus das Land sichren. Wir sind draußen Nachbarn,
Eduard, denn Trewoipark ist nur wenige Meilen von
meinem Landsitz entfernt. Sie werden doch den Sommer
über in Trewoipark wohnen?"
Lord Ormond bejahte diese Frage. Der Graf ließ sich
wieder auf seinen Sessel nieder, und die Beiden setzten ihre
Unterhaltung mit scheinbarem Interesse fort, aber während
der ganzen Zeit weilte des Vaters Herz bei dem Geheim-
niß der Abgeschlossenheit seiner Tochter, u. auch Ormond's
neugieriger Sinn beschäftigte sich mit demselben für ihn so
wichtigen Rülhsel.
„Wenn ich nur eine Spur ihres Geheimnisses zu ent-
decken vermöchte!" dachte der Gast. „Ich muß wissen, ob
sie der Leidenschaft des Opiumgenusses oder Aehnlichem
stöhnt, ehe ick irgend etwas unternehme. O, was gebe ich
darum, die Wahrheit zu entdecken!"
Das Schicksal schien ihn auf die gwünschte Spur lenken
zu wollen.
Die beiden Herren plauderten über eine Person, die
dem einen wie dem anderen höchst gleichgiltig war, als ein
Diener, dessen Amt es war, in der Vorhalle zu stehen und
ankommende Gäste zurechtzuweisen, mit verstörtem Gesicht
in den Salon stürmte. „Ich bitte. Herr Graf," rief er,
kaum wissend, was er sagte, „aus dem Ankleidezimmer
des gnädigen Fräuleins dringt Sichter Rauch. Es muß
dort etwas brennen!"
Der Graf sprang auf. „Feuer im Zimmer meiner
Tochter!" stöhnte er.
„Ja, Herr Graf. Ich werde uniere Leute zusammen-
rufen und die Feuerwehr benachrichtigen "
„Nickt, wenn Dir Dein Leben lieb ist," gebot der
Graf- „Die übrige Dienerschaft braucht vorläufig noch

nichts zu erfahren. Bleib einstweilen hier unten in der
Vorhalle." Der Graf stieß den bestürzten Diener zur
Seite, flog die Treppe hinauf und eilte auf die Emgangs-
thür zu, die in die Gemächer seiner Tochter führte. Lord
Ormond folgte ihm auf den Versen-
Die Vorhalle war von einer dichten Rauchwolke er
füllt. Es war klar, daß es in einem der Zimmer Bea-
trice's brannte. Eine Gruppe von erschrockenen Dienern
stand gaffend umher. Der Graf befahl ihnen strenge, sich
ungesäumt zurückzuziehen. Sie wagten nicht ungehorsam
zu sein, und entfernten sich langsam nach verschiedenen
Richtungen.
„O gehen Sie nur hinunter, lieber Eduard," wendete
sich der Graf mit unsicherer Stimme an seiiMi Gast. „Ich
werde die Thür einbrechen."
„Ich werde Ihnen helfen, Herr Graf," war Ormond's
kurze Erwiderung.
Die Augen der beiden Männer begegneten sich. Der
Graf wagte nicht auszusprechen, was er zu erblicken be-
fürchtete, wenn er die Thür öffnete. Er hatte weder Zeit
nach Neigung zu einer Auseinandersetzung. „Kommen Sie
also," rief er, sich in das Unabänderliche fügend. „Stemmen
Sie Ihre Schultern gegen die Thür."
Lord Ormond gehorchte. Der Graf unterstützte ihn-
Die Tdür gab nach und sprang auf. Die beiden
Männer tasteten sich in das Zimmer, welches so voll Rauch
war, daß sich nichts in demselben unterscheiden ließ.
Hustend und halb erstickt schritt der Graf an das nächste
Fenster und öffnete es- Nach wenigen Minuten hatte der
Rauch sich soweit verzogen, daß man die Ursache des
Brandgeruchs zu entdecken vormochte, dem Kamin
loderte ein Helles Feuer, eine glühende Kohle war dem
Bronzegitter entschlüpft und hatte sich m dem dicken
Smhrnateppich vergraben, den sie entzündete und der dann
rauchend fortschwelte.
Der Graf rollte das schwere Gewebe zusammen und
trat das Feuer aus.
Lord Ormond hielt neugierige Umschau.
Fortsetzung folgt.

Treuer Klebe Kohn.
Roman von U. Rosen.
(Nachdr. rerb.)
. Was thut Beatrice? O, mein Gott, welches Räthsel
üt mir dieses Kind? Nur eine Mauer, nur eine Thür liegt
Mschen mir und ihr, und ich muß mein Gehirn zermatern,
Uhrend meine Seele in Todesqualen zittert ans Angst
j her das, was sich hinter diesen Mauern verbirgt. O, das
" grausam, unerträglich!"
Wieder lauschte er, ob sich kein Laut vttmehmen ließ.
Es blieb alles still wie das Grab.
„Mein Warten und Pochen und Lauschen nützt nichts,"
»^chte er. „Beatrice wird heute nicht mehr zum Vorschein
Minen. Ach, es ist immer so. Wenn Sie sich in dieser
Mise cinschließt, bleibt sie sür viele Stunden unsichtbar.
Mge sie ihr Geheimniß bewahren, ich gebe es auf, es
A.. ergründen. Vielleicht bin ich in meiner Unwissenheit
Ucklicher, als ich in der vollen Kenntniß der Thatsachen
^ore."
Schwer ausseufzend stieg er müde und langsam die
e-reppe hinunter. Lord Ormond glitt geräuschlos vor ihm
und erreichte ungesehen den Salon
„ Graf Berni zögerte noch eine Weile in der Vorhalle,
die Spuren seiner Aufregung zu unterdrücken, ehe er
i^Ucm Gaste wieder gegenübertrat. Lord Ormond's unbe-
Mgenes Wesen bestätigte des alten Mannes Voraussetzung,
es ihm gelungen sei, gleichgültig zu scheinen.
d,, „Beatrice bedauert lebhaft, uns heute Abend nicht
L°f>r Gesellschaft leisten zu können," sagte er nach kurzem
^km nen „Das arme Mädchen war durch die Unteredung
" Ihnen zu aufgeregt, und heftige Kopfschmerzen —"
ib„ keine Entschuldigungen, Herr Graf," unterbrach
e> Loid Ormond, als Berril wie beschämt inne hielt.
Würde mir sehr leid thun, das gnädige Fräulein
solchen Umslänven zu stören, oder zu belästigen. Ich
ö?Fve meinen Besuch morgen oder nach meiner Rückkehr
"'Lande wiederholen.
Ter Graf seufzte sämerz'ich- Bei seinen Begriffen
" Redlichkeit und Ehre, bei seiner strengen Wahrhaftig- I

Auch die Encyklika des hl. Vaters vvm 10. Ja».
1890, über die vvruehmsteu Pflichte» der Katholiken
als Bürger, enthält eine wichtige hierhin gehörige
Stelle: „Und da ferner das Gedeihen und Wohler-
gehen des Staates in ganz besonderer Weise von der
Tüchtigkeit und Tugend derjenigen bedingt ist, welche
dem Staatswesen vorstehen fzu denen in diesem Sinne
auch die Abgeordneten gehören), so ist es selbstver-
ständlich, daß die Kirche ihren Schutz und ihre Gunst
denjenigen niemals gewähren kann, von denen sie weiß,
daß sie von ihnen befeindet, ihre Rechte von ihnen
verkannt, oder daß die religiöse und staatliche Ord-
nung, die doch naturgemäß znsammengehören, aus-
einander gerissen werden. Hingegen wird sie ihrer Plicht
gemäß handeln, wenn sie diejenigen begünstigt, die in
rechter Werthschätzung der religiösen und bürgerlichen
Interessen dal»n arbeiten, daß die Vertreter beider, Kirche
und Staat, zum Segen beider in Frieden und Eintracht
wirken. Hierin ist auch zugleich die Richtschnur gege-
ben, welche jeder Katholik im öffentlichen Leben zu be-
folgen hat. Wo nämlich die Kirche ihren Kindern
Antheil am öffentlichen Leben gestattet, da müssen diese
vor allem Männern von erprobter Rechtschaffenheit und
christlicher Gesinnung ihre Gunst nnd Unterstützung zu-
wenden; unter keinen Umständen aber kann es ihnen
gestattet fein, solche, welche gegen die Religion feind
lieh gesinnt sind, jenen vorzuziehen."
Diesen schönen Worten des h. Vaters möchten wir
einige Stellen ans einem Artikel des amtlichen Osservatore
Romano vom 2. Febr. anfchließen, der sich direkt gegen
die Social-Demokratie wendet. „Der Soeialismüs in
Deutschland ist rein negativ, sowohl auf dem Gebiet
der Politik wie auf dem Gebiet der Religion. Er
erklärt sich sogar selbst als unversöhnlicher Feind der
katholischen Kirche. Es ist darum nöthig, baß alle
Katholiken einig und geschlossen sich dem nm sich greifen-
den Uebel entgcgcnstellcn."
Die Social-Demokratie ist nicht nur eine irregeleitete
politische und wirthschaftliche Partei, sondern auch eine
religiöse Irrlehre eine religiöse Seete, und zwar die
glaubensfeindlichste, die es je gegeben hat. Mit der
Erörterung wirthschaftlicher und politischer Fragen ist
bei der Verblendung der Massen u. dem Fanatismus der
Führer jetzt wenig zu machen. Wer den Arbeitern den
Glauben erhalten Hilst, der bewahrt ilmen den Leit-
stern, an dem sie sich über kurz oder lang selbst über
die Früchte der Social-Demokratie orientieren können.
Man hat gesagt: nicht die wissenschaftliche Belehrung
wird die Social-Demokratie bekehren, weil sie nicht
belehrt sein will, sondern der Kapuziner d. b.: Erst

Mlbm, vml«, in li. Mm. j

NM I"/ Jnferate die 1-spaltize Pentzeile oder deren Raum 10
MM sm MMckm, Fmlmi L «Mit. » SÄLNLSLr
bewilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890?
 
Annotationen