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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 51 - Nr. 60 (2. März - 13. März)
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Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum 10 -§>
Reklame 25 -H. Für hiesige Geschäfts-und Privat,
anzeigcn, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt-
bewilligung Expedition: Zwingerstratze 7.
1890.

^rstk eint täglich mit Ausnahme der Soun- u. Feiertage.
^b,v«c«e»tLprei»mit dem wöchentlichenUuterhaltungs-
ft»tt „Der SonntagSbote" für Heidelberg monatlich 50
'dit Trägerlohn, durch di e Post bezogen Viertels. 4L 1.80 franco.

Verantwort!. Redakteur: F. Z. Knappe
in Heidelberg.

Druck u. Verlag vonGrbr. Huber inHeidelberg!
früher Verleger des Pfälzer Boten.


° kkillm mi iitmitimln MitttM.
Die Frage des Arbeiterschutzes, welche durch die
'vzialpolitischen Kundgebungen des Kaisers am 4.
Februar l. Is. aus's Nene in Fluß gebracht wurde,
ihrer praktischen Lösung durch die Einladung des
Kaisers zu der am 15. März in Berlin zusammen-
tretenden internationalen Sozialkonferenz wesentlich
näher geführt worden. Die deutschen Botschafter in
stvndon, Paris, Rom und Wien, sowie die Gesandten
in Bern, Brüssel, Haag, Kopenhagen und Stockholm
ßnd auf allerhöchsten Befehl angewiesen worden, die
Regierungen, bei welchen sie beglaubigt sind, zu einer
Konferenz behufs Regelung der Arbeit in industriellen
Anlagen und Bergwerken einznladen. Wir haben den
Wortlaut der im .Reichsauzeiger" veröffentlichten
Aktenstücke, bei dem es, wie bei den kaiserlichen Er-
lassen vom 4. Februar ausfällt, daß der Name des
Fürsten Bismarck umgangen ist, und ebenso das Pro-
gramm bereits mitgetheilt, welches von dem Staats-
rath entworfen ist, um die Eröffnung und den
weiteren Verlauf der Sozialkonferenz zn erleichtern.
Die dem betreffenden Minister des Auswärtigen
übergebenen Schriftstücke besagen, nach des deutschen
Kaisers Vorschlag solle eine Versammlung stattfinden
von Vertretern der Regierungen, welche sich dafür
interesfiren, das Loos der Fabrik- und Minenarbeiter
zu verbessern, damit diese über die Fragen von inter-
nationaler Bedeutung berathen können, welche im
Programm enthalten sind. Die Hauptpunkte dieses
Programms beziehen sich auf die Regelung der Arbeit
in Bergwerken, auf die Regelung der Sonntagsarbeit,
der Kinderarbeit, der Arbeit junger Leute und der
Arbeit weiblicher Personen. Der Kaiser ist mit dieser
Anregung zu einer Sozialkonferenz, wie aus dem
skizzirteu Programm derselben hervorgeht, bestrebt,
'ein in dem erwähnten Erlasse an den Reichskanzler
gegebenes Versprechen einzulöscn, daß er znr Ver-
besserung der Lage der deutschen Arbeiter die Hand
bieten wolle, soweit es die Grenzen gestatten, welche
feiner Fürsorge dnrck die Nothwendigkeit gezogen
werden, die deutsche Industrie auf dem Weltmarkt
konkurrenzfähig zu erhalten.
In seinem zweiten an den Handelsminister ge-
richteten Erlasse vom 4. Februar betonte der Kaiser,
daß er die Fürsorge für den wirthschaftlich schwächeren
Theil des Volkes im Geiste der christlichen Sittenlehre
fördern wolle. Auf diesem Grundsätze beruht denn
auch das für die Sozialkonserenz entworfene Pro-
gramm. Jeder Arbeiterfreund wird die Anregung zu

Treuer Liebe Kohn.
21) Roman von U. Rosen.
(N«tdr. rerb.>
»Kind, Kind, das Leben einer solchen Gesellschafterin
ist mitunter sehr schwer. Sie wird schleckt bezahlt und
bat sowohl die Launen der Herrschaft wie Dienstleute zu
ertragen, ist einsam nnd verlassen in dem fremden Hause,
und leidet um so tiefer, je weicher ihr Gefühl, je höher ihr
Bildungsgrad 'st."
.Ich kann Kränkungen, Arbeit und Vereinsammung
ertragen," entgegnete Giralda mit ruhiger Entschlossenheit.
»Erträgst Du nicht vbne Murren die Trennung von Deinem
Gatten und Deinen Kindern? Die Schwierigkeiten, die
wich erwarten, können nicht härter sein, als die, mit
welchen Du zu kämpfen hast, und der Gedanke, daß ich
Dir wenigstens die Sorge für meine Erhaltung abgenom-
wen habe, wird mir jede Entbehrung versüßen. Es ist
wir nicht möglich, noch länger von dem Erträgniß Deiner
Anstrengungen abhängig zu sein, auch fühle ich mick ver-
pflichtet, etwas zu den Kosten der Erziehung Rupcrt's bei-
sutragen."
Giralda sprach mit der überlegenen Sicherheit einer
«kreisten Frau. Ihr Sinn für Billigkeit und Recht ver-
steh ihrem Auftreten Kraft, und Beatrice sah ein, daß die
Tochter nicht leicht von dem gefaßten Entschluß abzulenken
sein würde .Ich hätte darauf vorbereitet sein müssen,"
Murmelte sie, sich erhebend und das Zimmer unruhm aus
wnd nieder schreitend. .Mit ihrer warmherzigen Natur,
'hier kindlichen Liebe und ihren strengen Begriffen von
Recht, konnte Giralda nicht anderes handeln. Armes Kind!
D, wenn sie nur wüßte!"
. Ein ungestümer Drang durchwogte die Mutter, ihrer
Tvchier die Wahrheit anzuvertrauen, ihr zu offenbaren,
^ß sie eine hochgeborene Dame, das einzige Kind eines
Grasen, nnd das Theater, in welchem sie spielte und Bei-
wll errang, die vornehmste Gesellschaft Englands sei.
Aber der Gedanke, dem Mädchen alles zu enthüllen,
wurde aus das Schnellste erstickt. Sei konnte ihr junges
Gemülh nicht mit der Kenntniß belasten, daß ihre Mutter
w zweierlei Gestalt durch die Welt wandelte.

einer Sozialkonferenz behufs Regelung des inter-
nationalen Arbeiterschutzes, sowie das Programm der-
selben mit dankbarer Genugthüung anfnehmen. Ins-
besondere hat das Centrnm wie bei den kaiserlichen
Erlassen so auch jetzt beim ersten Schritt zu deren
Verwirklichung alle Ursache zu hoher Befriedigung;
denn der Kaiser selbst tritt jetzt für jene sozial-
politischen Forderungen ein, welche vom Centrum
wiederholt nnd zwar schon vor Jahren an den Bundes-
rath vergeblich gestellt worden sind, wie denn über-
haupt das Centrnm unter den Parteien des deutschen
Reichstages sich zuerst mit den sozialpolitischen Fragen
beschäftigt hat.
Wenn der Kaiser in der Kabinetsordre an den
neuen Handelsmiuister Frhrn. v. Berlepsch betonte,
„es sei im Geiste der christlichen Sittenlehre Aufgabe
der Staatsgewalt, die Zeitdauer und die Art der
Arbeit so zu regeln, daß die Erhaltung der Gesund-
heit, die Gebote der Sittlichkeit, die wirthschaftlichen
Bedürfnisse der Arbeiter und ihr Anspruch auf ge-
setzliche Gleichberechtigung gewahrt bleiben", so hat
er damit die soziale Centrumsstandarte ergriffen nnd
sie zum deutschen Reichsbanner erhoben. Denn die
kaiserlichen Worte haben zuerst ihren Ausdruck
gefunden im katholischen Deutschland, sind zuerst er-
klungen von der Domkanzel zu Mainz, vom Bischofs-
stuhle des hl. Bvnifazins aus. Am Adventssonntage,
.4. Dezember 1848, hielt der junge Probst, Parla-
mentsabgeordneter Frhr. von Ketteler, auf der Dom-
kanzel zu Mainz seine zweite Predigt über die großen
sozialen Fragen der Gegenwart. Er wies hierbei
aus die soziale Frage als aus die Frage der Zukunft
hin und prophezeite das Kommen einer neuen ge
wattigen Bewegung. In leuchtender Weise zeigte er,
Ivie das Eigeuthnmsrecht des Menschen auf die Güter
der Erde nnd auf ihre Verarbeitung und Verwerthnng
kein unbegrenztes fei, sondern seine Schranke finde
in den Geboten der christlichen Sittenlehre. Aber
die Worte des unvergeßlichen Kirchenfürsten verhallten,
die Regierungen verstanden sie nicht; dem großen
Bischof war es nicht vergönnt, die Sozialreform be
ginnen zu können. Am 25. Juli 1869 legte er in
seiner denkwürdigen Rede auf der Liebsrauen Haide
bei Offenbach a. M., umringt von den Schaaren der
Fabrikarbeiter, die Arbeiterbewegung und ihr Streben
im Verhältniß zur Religion und Sittlichkeit dar. Er-
höhung des Arbeitslohnes, Verkürzung der Arbeits-
zeit innerhalb natürlicher Grenzen, Sonntagsruhe,
Verbot der Kinder- und Frauenarbeit stellte der große
Mainzer Pischof als berechtigte Forderungen der
Als sie ihre Rübe und Selbstbeherrschung wiederae- i
Wonnen hatte, näherte sie sich dem Sopha, lehnte sich über j
dessen Rücken, und legte ihre Hand leise aus des Mädchens
sorgenvolle Stirn.
„Meine Tochter," sagte sie zärtlich, „ich weiß Deine
Liebe und Hingebung für Deine Eltern in ihrem vollen
Werthe zu schätzen. Du bist ein gutes, edles Mädchen,
aber ich kann Dich nicht in die Fremde ziehen lassen, ich
kann niemals gestatten, daß Du dem wachsamen Auge
Deines Vaters entrückt bist. Hier allein bist Du vor der
argl stigen Welt geschützt. Unserem Geschick steht eine
günstige Wandlung bervor, Du mußt hoffnungsvoll darauf
warten, wie ich, mein Kind. Bis dahin sei zufrieden."
„Ich kann nicht, Mama," flüsterte Giralda, die Augen
bittend zur Mutter erhoben-
„Du mußt, theure Tochter- Was würde aus Dir mit
Deinem warmen Herzen, Deiner ansckmiegenden Natur,
in der kalten rauhen Welt draußen? Aber wir wollen
den Gegenstand jetzt nicht weiter verfolgen. Heute Abend
muß ick Euck wieder verlassen. Während meiner Abwe-
senheit vom Haufe werde ich über Das, was Du mir
sagtest, Nachdenken. Vielleicht habe ich Dir näckste Woche
schon etwas von höchster Wichtigkeit mitzulheilen. Die
Angelegenheit mag immerhin noch acht Tage ruhen. Deine
Brüder werden uns böse sein, daß wir sie auf unser Fest
im Treibhaus zu warten nölhigen. Eilen wir, sie zu be-
friedigen- Die trüben Schatten, die Dich ängstigten, mögen
alle hinter Dir Zurückbleiben."
Giralda erhob sich und verließ, unter Thränen lächelnd,
das Zimmer.
Beatrice folgte ihr und trat in dem Augenblick bei
ihrem Gatten ein, in dem die Kinder sich entfernten.
-Z „Nun Beatrice," rief der Graf scherzend, ..hat Giralda
Dir ihre hochwichtigen Geheimnisse entdeckt? Was wünscht
sich die liebe Kleine? Einen Vogel für ihr Vogelhaus,
oder ein neues Halsband für ihr Schmuckkästchen?"
„O, nichts von alldem," erwiderte Beatrice- „Das
großherzige Mädchen hat den Vorsatz gefaßt, uns zu
unterstützen nnd ihren Antbeil zu unseren Ausgaben bei-
zutragen. Giralda denkt daran, eine Stelle als Gesell-
schafterin anzunehmen."

Arbeiter bin. Zugleich aber — und das ist der
Unterschied gegenüber dem Liberalismus und der
Sozialdemokratie — zeigte er, wie all' diese Be-
strebungen eitel, vergeblich und ohne Nutzen sind,
wenn nicht wahre Sittlichkeit nnd Religiosität ihre
Grundlage bilden.
Nach Beendigung des deutsch-französischen Krieges
und vor Eröffnung des ersten deutschen Reichstages
verfaßte dann der edle Bischof ein Programm für
alle rechtlich und christlich denkenden Männer in
Deutschland. Es sollte die Grundlage sein, auf
welcher alle konservativen Elemente des deutschen
Reiches, Katholiken wie Protestanten zu gemeinschaft-
licher Reformarbeit sich einigen könnten. Artikel 12
dieses Programmes heißt:
„Korporative Reorganisation des Arbeiterstandes
und des Handwerkerstandes.
Gesetzlicher Schutz der Arbeiterkinder nnd der Ar-
beiterfrauen gegen die Ausbeutung der Geldmacht.
Schutz der Arbeiterkraft durch Gesetze über Ar-
beitszeit und Sonntagsruhe.
Gesetzlicher Schutz der Gesundheit und Sittlichkeit
der Arbeiter bezüglich der Arbeiter!vkale.
Anstellung von Inspektoren zur Kontrolle der
zum Schutze des Arbeiterstandes erlassenen Gesetze."
Aber anstatt dieses Programm anzunehmen und
anszufiihren, wodurch das junge deutsche Reich sich
den Dank der gesammten Arbeiterwelt erworben,
wurde die erste, schönste Zeit der Jugendblüthe des-
selben vergeudet in einem maßlosen Kampfe gegen
diejenige Korporation, deren leuchtendster Vorkämpfer
der Verfasser dieses Programmes gewesen ist, und
ihn selbst rettete nur ein frühzeitiger Tod vor Kerker
und Banden. In jener traurigen Zeit ist die Sozial-
demokratie entstanden, welche, weiter und weiter über
Deutschland sich verbreitend, gerade bei den jüngsten
Reichstagswahlen trotz der kaiserlichen Erlasse so
drohend ihr Haupt erhoben hat und die schlimmste
Gefahr der Gegenwart für das deutsche Reich bildet.
Am 25. März 1877 hat sodann das Ceutrum
im deutschen Reichstag ein detaillirtes Arbciter-Schutz-
Prvgramm vorgelegt und die Regierung ausgefordert,
eineu bezüglichen Gesetzentwurf zu entwerfen. Dieses
Arbeiter-Schutz-Programm des westfälischen Adeligen,
Grafen v. Galen, eines nahen Verwandten des Main-
zer Bischofs Frhrn. v. Ketteler und des bayerischen
Graieu von Preysing, stand ganz auf demselben Boden,
auf den sich jetzt nach 12 Jahren der junge deutsche
Kaiser Wilhelm ll. in seinem Erlasse an den preuß.
Handelsminister und in seinem Programm für die am
Em tiefer Ernst lagerte sich auf des Grafen Stirn.
„Was muß sie von mir denken ? feuzte er bewegt,
„Was kindliche Liebe und Verehrung ihr gebietet,
Gottfried. Ihre Beweggründe sind edel und gut- Aber
gab es jemals eine so lächerliche Jbee? Sie, die Erbin eines
fürstlichen Vermögens, die Gesellschafterin irgend einer
griesgrämigen alten Frau! Ick bin in der jüngsten Zeit
öfters mit mir zu Rathe gegangen, ob ich wagen dürfte,
Giralda unser Gcheimniß anzuvertrauen, und sie nnrer
irgend einem Borwand als meinen Schützling in meines
Vaters Hause einzufühi en und sie dort bei mir zu halten.
Sie ist so schön, daß ich ungeduldig bin, der Welt die
holde Blüthe zu zeigen- Wäre es gar nicht' möglich,
Giralda um mich zu haben, ohne daß meine Beziehungen
zu ihr entdeckt wurden?"
„Unmöglich, ganz unmöglich," entgegnete der Gräf.
„Giralda würde Dich täglich verrathen, sie liebt Dich so
zärtlick und hingebend, daß die Welt, vor allen Dingen
Dein Vater, die Wahrheit sehr bald ahnen würden."
„Ja, und Eduard Ormond noch eher als er," be-
merkte Beatrice, bei dem Gedanken an den unwillkommenen,
verabscheuten Bewerber um ihre Hand angstvoll erschauernd.
„Er bewachs und beobachtet mich auf Schritt und Tritt.
Ja, Du hast Recht, mein Plan ist undurchführbar, Giralda
muß hier bleiben. Dieselbe Vorsehung, die Rupert befreien
wird, bringt auch ihrem Gemüth die Ruhe und das gestörte
Gleichgewicht wieder. Bis dahin mußt Du das Kind scharf
im Auge behalten."
Eine Stunde oder zwei verbrachten der Graf und
seine Frau in traulichem Gespräch. Minute um Minute
zog unbeachtet an ihnen vorüber, bis sie aufgefordert
wurden, sich in das Treibhaus zu begeben. Aus den
farbenschimmernden Blumen der Tropen u. breitblätlrigen,
hochstämmigen Palmen hatten die Geschwister eine Laube
gebildet, in deren Mitte ein kleiner runder mit glänzen-
dem Damast gedeckter Tisch stand, der Früchte, und Speisen
in malerischer Anordnung trug.
Fortsetzung folgt.
 
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