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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 61 - Nr. 70 (14. März - 27. März)
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1890.

heutigen Nummer liegt „Der Konntagsbotr' Nr. 11 bei.


Verantwort!. Redakteur: F. 2. Knappe
in Heidelberg.

Inserate die 1-spaltigc Petitzelle oder deren Raum 10 H
Reklame 25 H. Für hiesige Geschäfts- und Privat-
anzeigen, sowie sür Jahres-Anzeigen bedeutende Rabali-
bewrlligung Expedition: Zwingerstratze 7.

„nommen werde, es haben in Ankunft alle Sonn-
Aage im gleichen Sinne, wie seither der Oster-
„Sonntag und die anderen hohen Feste, als voll-
ständige Ruhetage zu gelten."
Begründet wird die Petition folgendermaßen: Wenn
der angehende Kaufmann zu einer lediglich der Er-
werbsucht dienenden Sonntagsarbeit angehalten wird,
nachdem ihm eben noch im Religionsunterrichte gesagt
wurde, daß er „sechs Tage arbeiten, am siebenten aber
ruhen" und daß er „den Feiertag heiligen" solle, so
ist dies ganz dazu angethan, sein sittliches Bewußt-
sein zu verwirren. Abgesehen davon ist die Sonn-
tagsruhe für jeden Geschäftsmann ein Gebot der Men-
schenwürde : ist es doch auch ihm ein moralisches
Bedürfniß, wenigstens an einem Tage der Woche sich
voll und ganz bewußt zu werden, daß es für den
Menschen, den Bürger, das Familienhaupt u. s. w.
höhere Ideale gebe, als bei dem Austausch der Güter
einen möglichst großen Vortheil zu erringen.
Sodann ist die Verkümmerung des freien Sonn-
tags vom gesundheitlichen Standpunkt aus ganz un-
verantwortlich angesichts der durch die massenhafte
Ausschließung vom Militärdienst bewiesenen Thatsache,
daß gerade unter den Kaufleuten Kurzsichtigkeit, Lun-
genkrankheit, Nervenleiden und allgemeine Schwächlich-
keit in erschreckendem Maße zunehmen, was bei einer
9—14stundenlangen Arbeitszeit bei der besonders iir
größeren Städten häufigen Ausnützung dunkler und
schlecht gelüfteter Räume, bei dem Einathmen des
Staubes und der üblen Gerüche von Waaren, bei
dem übermäßig langen Sitzen n. s. f. durchaus nicht
zu verwundern ist.
Was aber den Einzelnen moralisch und körperlich
schädige das muß auch ein volkswirthschastlicher Fel -
ler sein, und daß die Sonntagsruhe der Entwicklung
des Handels und der Industrie nichts weniger als
hinderlich sei, zeigt das Beispiel von England, das
seinen Kaufleuten nicht nur 52 volle Sonntage nebst
4 Feiertagen, sondern dazu noch 14 jedem Angestell-
ten gesetzlich zukvmmende Ferientage und obendrein —
das Ladenpersonal ausgenommen — 52 halbe Sam-
stagg frei- läßt, während dem deutschen Kaufmann seine
ca. 70 Sonn- und Feiertage oft kaum zur Hälfte ge-
gönnt werden, obschon es ehrenvolle Ausnahmen, wie
z. B. Nürnberg, giebt.
Daß auch der Deutsche sich daran gewöhnen könne,
bei mehr intensiver als extensiver Arbeit sein Geschäft
an den Werktagen fertig zu bringen, vielleicht im äu-
ßersten Fall bei längerem Osfcnbleiben besonders der
Läden am Samstag, daß auch die Landbevölkerung
schäftigung inne. Sein Gesicht drückte lebhafte Befriedi-
gung über die sonnige Erscheinung des jungen Mädchens
aus. „Sie sind sehr pünktlich, Fräulein Arevalo," rief.er.
„Rücken Sie Ihren Sessel zu dem meinigen heran- Auf
das Vergnügen Ihres Gesanges muß ich verzichten, bis
mein N,ffe abgereist ist."
Giralda setzte sich neben den Marquis, der ne mit
scharfem Auge beobachtete.
„Mein Neffe, Lord Ormond," fuhr er fort, „weiß,
daß Sie hier sind. Ich selber erzählte ihm von Ihrer
Ankunft. Er behauptet. Sie wären eine Abentheuerm, lrebes
Fräulein, weil Sie sich in Person aus mein Ausschreiben
vorstellten, aber ick bin el" besserer Menschenkenner, als
mein vielgereister Herr Neffe. Sie sind ein unerfahrenes,
unschuldiges, argloses Geschöpf, ein bloßes Kind, und ich
werde dafür Sorge tragen, daß man Ihnen mit der Ehr
erbietung begegnet, die meiner Enkelin gezollt worden
wäre, wenn ich eine besäße. Niemand kann etwas gegen
Ihren Aufenthalt unter meinem Dache sagen, da Frau
Pump Sie unter Ihren mütterlichen Schutz nehmen wird-
Die Anwesenheit dieser rechtschaffenen Person genügt, allen
Anforderungen der Schicklichkeit zu entsprechen, obwohl
ein kranker Greis, wie ich, dem albernen Gerede müßiger
Zungen nicht mehr ausgesetzt sein sollte. Sie werden meine -
Vorleserin sein, Fräulein Arevalo, dieser Titels sagt mir
besser zu, als Gesellschafterin, und so lanae sue unter
meinem Dache leben, werde ich über ihren Ruf und ^hr
Wohlergehen mit der eifersüchtigen Sorge eines Vaters
Wachen."
„Ich danke. Ihnen, Herr Marquis," erwiderte das
Mädchen einfach, aber mit einem Blick, der beredter sprach,
als Worte. „Ich weiß und verstehe noch nicht viel von
der Welt, aber ich bin überzeugt, daß ich recht handle mir
selbst zu helfen, um die Last meiner Mama zu erleichtern."
„Die Welt," rief der Marquis mit' einem spöttischen
Lächeln, „ist eine Höhle von Wölfen. Ein Lamm, wie
Sie, hat wenig Aussichten in derselben. Doch ich will
Sie nicht ängstigen, liebes Kind. Niemand soll Ihnen
etwas zu Leide thun. Ach!" fügte er hinzu, als er draußen
einen Schritt hörte, „da kommt ein solcher Wolf." (F- f.)

Bildislhkr LmMk.
Arivt täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage,
fünementspreis mit dem wöchentlichen Unterhalwngs-
^»D e r S o n n t a g S b o t e " für Heidelberg monatlich SS A
Mgerlohn, durch die Post bezogen viertelj. X1.80 franco.

Abonnements-Einladung.
, Der eben beendete Wahlkampf, in welchem die
^vrialliberalen Gegner unserer Partei beim wüthenden
^urm gegen den festen Thurm des Centrnms sich
eigenen Köpfe einrannten, hat nicht allein über-
Äend günstige Resultate zu Tage gefördert, sondern
Ain Anscheine nach auch eine neue Aera eingeleitet,
Zeit, in welcher man an den leitenden Stellen
jungen sein wird, mehr als bisher mit dem Volke
dem Willen desselben zu rechnen. Diese neue
M stellt aber auch an den Einzelnen das dringende
Avrdcrniß, über alle Wandlunden und Ereignisse
/tz politischen Lebens in Staat und Gesellschaft genau
-^errichtet zu sein, damit er im Bewußtsein seiner
Achte und Pflichten, diese zu erfüllen und jene zu
^»dhabcn versteht.
.. Dieses ist nur zu erreichen durch das Lesen poli-
.cher Blätter, doch nicht solcher, welche wie die sogen.
^Parteiischen Zeitungen gleich einem Rohr im Winde
r bewegten Zeiten hin und her schwanken, sondern
Ajenigen, welche maßvoll aber entschieden, zielbewußt
sb thatkrästig die begonnene Bahn verfolgen. Als
^ches Blatt hat sich der
„Badische Bolksbote"
Diesen, welcher entschieden und fest in der Sache,
hr ruhig und würdig in der Form -as bewährte
tAvgramm der Ccntrumspartci in Baden und
A deutschen Reiche vertreten, sich rasch Eingang
^schasst und die Liebe seiner zahlreichen Leser er-
Alben hat. Erfüllt von dem Muthe fester Ueber-
Agung kämpft er unentwegt
ihit Gott für Fürst und Volk und Vaterland!
^it Gott sür Wahrheit, Freiheit und Recht!
h Ter „Bad. Vvllsbote" behandelt alle bedeutungs-
seren Tagcsfragen in selbständigen Leitartikeln,
Alet täglich eine gedrängte aber erschöpfende Z u sa m m en-
! .Uung aller wichtigeren Ereignisse des
Attischen und gesellschaftlichen Lebens, er vor ent-
ölt seinen Lesern Nichts, so daß diese über
Aks Wissenswerthe rasch und gründlich unterrichtet
Alden und kein anderes, selbst größeres Blatt mehr zu
Aken brauchen. Ganz besonderes Augenmerk aber wird
A die Berichterstattung über alle V or ko mmnisse
unserem e nge r en H e ima th l ande Baden
^ü)eudet; werden „Badischen Volksboten" liest, der
Treuer Liebe Kohn.
' Roman von U. Rosen.
<>!achdr. eerb.>
Es war ein Jüngling von einundzwanzig Jahren mit
Uw frischen, rosigen Gesicht, goldblonden Haaren, einem
Men Munve, sonnigen, blauen Augen voll strahlender
"krkeil und dem Ausdruck einer offenen, redlichen Seele,
tz- Diese Augen übten einen rigenlhümlichen Zauber auf
-Aalba. Sie wußte nicht, wie lehr sie den ihrigen glichen,
HA es war ihr, als ob ihr Vater durch eine blonde
"Eke aus sie niederschaute.
Hf »Glauben Sie nun noch, daß Gottfried Trewor einen
HAd begangen oder beabsichtigt haben könnte ?" fragte die
^shälterin.
»Nein, nein," rief Giralda fast unwillkürlich. „Ich
TA>e ebensogut meinen eigenen Vater eines Mordes ver-
fügen Mein Papa bat dieselben Augen, nur sind Sie
ldjAkr und sorgenvoll. Popa's Gesichtsfarbe ist dunkel
iA. sein Haar, er ist Spanier, doch erinnert mich Vieles
tzy Aeiem Bilde an ihn. Was in meiner Macht steht,
Tremor zu Gunsten seines Neffen zu beeinflußen,
°e sch >hun, Frau Pump."
Die Haushältern dankte in überströmendem Gefühl.
!-.,»Es niag Ihnen eigenthümlich erscheinen, Fräulein,"
Kjw sie, „daß ich von Ihnen, einer ganz Fremden, vcr-
. sich sür unsere Familienangelegenheiten zu interes-
aber ich Habe Niemanden, der für meinen jungen
tf !.sn sprechen möchte. Ich lebe in beständiger Furcht,
hf"lüe sich heimlich in England aushalten und entdeckt
M-Av. Erwähnen Sie nur noch nichts gegen den Mar-
daß Sie an die Möglichkeit glauben, sein Neffe sei
gestorben. Warten Sie damit, bis er milder über
, fjs denken gelernt hat."
1ft»D°s treue Herz, mit neuen Hoffnungen erfüllt, ent-
^eg Pump, um für Giralda's Mittagstisch zu
Aos junge Mädchen war roch immer in das Anschauen
wildes versunken, das mit so zärtlichen Augen ver-
ätz, °uf sie niederblickte. «Ich will sür Gottfried Trewor
V/u." murmelte sie. .Mrr wird sein als ob ich für
arbeitete."

weiß auch, was Wichtigeres im lieben Badnerlande
vom Main bis an den Bodensee, von der Tauber
bis an den Rhein sich ereignet.
Doch verbindet unser Blatt mit dem Nützlichen
auch das Angenehme. Nicht allein der Mann, der
sich ja am meisten für Politik und Staatenleben in-
teresfirt, soll Genüge am „Badischen Volksboten" finden,
sondern auch seine Gattin, seine Familie. Diesen
soll er ein ersehnter Gast, ein lieber Freund sein,
und deshalb bietet er nicht allein auch spannende
Erzähtungen und viele Neuigkeiten, sondern
bringt auch allwöchentlich einmal, und zwar am Sonn-
tag, den
mit, der außer einem fortlaufenden, sittenreinen Roman
gewöhnlich auch eine kleine Geschichte und ernste und
heitere Begebenheiten enthält.
Von dem Gedanken ausgehend, daß eine Zeitung
nur dann ihren Zweck — belehrend, anregend und
unterhaltend zu wirken — erfüllen kann, wenn sie
möglichst große Verbreitung findet, und sie diese Ver-
breitung nur finden, d. h. ins Volk dringen kann,
wenn sie billig ist, haben wir trotz der hohen Her-
stellungskosten den Abonnementspreis so niedrig gesetzt,
daß Jedermann auch der Minderbemittelte, den „Ba-
dischen Volksboten" halten kann. Er kostet im Viertel-
jahr durch die Post bezogen 1 Mk. 80 Pf. frei ins
Haus gebracht, wenn er in Palleten von mindestens
10 Exemplaren in eine Ortschaft versandt wird, nur
1 Mk. 50 Pfg. frei ins Haus. Es besteht im
ganzen weiten Umkreis kein Blatt, welches
bei gleichem Preise ebenso viel bietet wie
der „Badische Volksböte". Deshalb hoffen
wir zuversichtlich, daß der Kreis unserer Freunde und
Leser immer größer und größer werden wird und
unser Blatt sich immer mehr einbürgert als Freund
und Belehrcr. Das walte Gott!
Bestellungen nimmt jedes Postamt, sowie unsere
Expedition in Heidelberg, Zwingerstraße Nr. 7 entgegen.
Ter Verlag des „Badischen Volksboten"
LmtzAch siir ft« HMWck
Der Ausschuß der kaufmännischen Körperschaften
in München hat an die Abgeordnetenkammer das Er-
suchen gestellt, einen Beschluß dahin zu fassen:
„Es sei die Königliche Staatsregierung zu er-
„suchen, sie möge im Bnndesrathe dahin mitten,
„daß demnächst in die Gewerbe-Ordnung die gesetz-
liche Bestimmung für den Handelsständ aufge-
Sick mit Widerstreben von dem Portrait losreißend,
begann Giralda ihren Anzug zu ordnen. Sie bürstete ihr
weiches dunkles Haar, das sich in zierlichen Locken um
ihren kleinen Kopf ringelte. Ihr schwarzes Seidenkleid,
das ein weißer leinener Kragen und weihe Manschetten
schmückten, schien ihr sür die Gesellschafterin des Marquis
von Trewor sehr passend. Als sie von ihrem Spiegel zu-
rücktrat, wünschte sie beinahe, ihr kindliches Gesicht hätte
den Stempel gereisleren Alters getragen und ihre glatte
Stirn Furchen gezeigt, denn sie kam sich für ihre neue
Stellung im Leben gar zu jugendlich aussehend vor. Nach-
dem sie ihr Mahl, das ein kleines Mädchen ikr auftrug,
beendet hatte, wurde ihr mitgetheilt, daß Lord Trewor
sie erwarte.
Ueberzengt, das Rechte gewählt zu haben, unterdrückte
sie nut heldenmülhigem Entschluß ihr Heimweh, um unbe-
irrt die übernommenen Pflichten erfüllen zu können. Trotz
seiner Fehler interessirte sie sich bereits sür den Marquis.
Der zuversichtliche Glaube der Haushälterin an die Un-
schuld Gottfried Trcwor's war allmählig auf sie überge-
gangen, und sie nahm sick vor, iede Gelegenheit zu benutzen,
dem rachsüchtigen alten Herrn mildere Gefühle sür den
bitter Verkannten einzuflößen, und dieses Ziel verlieh ihrem
Amt einen eigeuthümlichen Reiz.
Auf dem Wege zu den Gemächern des Marquis be-
gegnete sie Negun, dem Kammerdiener Lord Ormond's.
Zu ihrer Ueberaschung blieb der Mensch stehen und starrte
ihr mit einer Verwunderung in's Gesicht, die sie in Ver-
legenheit setzte.
Der Anblick dieses so ungewöhnlich lieblichen Antlitzes
und der anmuthigcn biegsamen Gestalt in Schloß Trewor
erweckte das Staunen und die Neugier des heimgckehrten
Australiers. Giralda, die nicht ahnte, daß auch er die
seltsame Aehnlichkeit zwischen ihren Augen und denen
Gottfried Trewor's bemerkt hatte, ging ruhig weiter.
Lord Trewor war allein in seinem Zimmer. Sein
Sessel war dicht an den Kamin gerollt worden, und er
unterhielt sich damit, den Stoß von Briefen, die er als
Antwort auf seine Zeitungsanzeige erhalten hatte, zu ver-
brennen. Bei Giralda's Eintritt hielt er in seiner Be-


AM, ff» lli. Miiiz.
Drucku. Verlag von Grbr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.
 
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