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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 61 - Nr. 70 (14. März - 27. März)
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^eivt tL-lich mü ArrSnahme der Soun-u. Feiettage.
?^veme«tSvreiS mit dem wöchentlichen Unterbciltunas-


Inserate die 1-spaltige Petitzelle oder deren Raum 10 -A
Reklame 25 ^5- Für hiesige Geschäfts- und Privat-
anzeigen, sowie sür Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt-
bewilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890.

Badischer Bolksbalc.
HyM für AMrlmi, Fmktil L AM.
^igerlohn, durch die Pop bezogen viertüj. 1.80 franco. _
!. K )
— - - ' -- - .- --— --- - — ——-

B er antwort!. Redakteur: F. Z. Knappe
tu Heidelberg.
Wkldng, Zmsli«, Ski 6. Mz.
Drucku.VerlagvonGebr. Huber inHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Bote«.

ich Äkdkilns — SOH str P»>ls-
»ksmiW!
II
t-Gänzliche Beseitigung der Kinderarbeit, d. i. der
s^ikmäßigen Beschäftigung von Kindern unter 14
Aden, war das Endresultat, zu welchem wir in
^ren letzten Betrachtungen kamen.
..Die Fabrikbesitzer hätten, obwohl gerade die Kinder-
bit ungemein billig ist, ein nur verhältnißmäßig
,üges Opfer zu bringen, denn, wie aus dem Berichte
? deutschen Fabrikinspektoren hervorgcht, waren im
?en Berichtsjahre in 28,554 Fabriken insgesammt
22,913 Kinder industriell beschäftigt. Es brauchte
^durchschnittlich jede Fabrik nur auf einen
glichen Arbeiter zu verzichten. Bedeutend größer
sich aber die Zahl der sogenannten „jugend-
Aen Arbeiter", deren es in Deutschland wäh-
des letzten Berichtsjahres rund 170,000 gab.
t Die jugendlichen Arbeiter, das sind solche im Alter
14—16 Jahren, standen und stehen noch unter
A gesetzlichen Arbeiterschutz. Für sie sind bereits
Staate Schutzmaßregeln getroffen; so dürfen sie
A länger als 10 Stunden täglich arbeiten, sie
Ren Bor- und Nachmittags je eine halbe Stunde,
Mags eine ganze Stunde Arbeitspause haben und
Aen Sonntags- und Nachtarbeit überhaupt nicht
sichten. Ferner sind 6 Gewerbearten als besonders
^dheitsgefährlich sür jugendliche Arbeiter bezeichnet
Aden: die Walz- und Hammerwerke, die Glashüt-
A die Spinnereien, die Steinkohlenbergwerke, die
^Ahtziehereien mit Wasserbetrieb, und die Bleifarben-
A Blcizuckerfabrikeu, sowie durch ein RcichSgesetz
Jahre 1884 die Züudhölzerfabriken. Zu diesen
iAustnebetrieben dürfen jugendliche Arbeiter nur
zugelafsen werden, wenn ihnen ein ärztliches
jw.Uudheitsattest ausgestellt worden und ihnen der
Enthalt in bestimmten Räumen untersagt ist.
^Heitere Schutzmaßregeln bestehen für jugendliche
kalter in Deutschland nicht, wohl aber in anderen
d»dern. England schützt 14—18jährige Arbeiter,
der nordamerikanische Staat Pensylvanien be-
i^rikt sogar die Arbeitszeit aller jugendlichen Ar-
bis zu 21 Jahren ganz wesentlich; Ohio, Wis-
ch, sk lhier dürfen jugendliche Arbeiter nur 8 Stunden
E'H beschäftigt werden) und Minnesota setzten die
sgrenze ebenfalls auf 18 Jahre fest. Es entspricht
aber auch nur den Anforderungen der heuti-
Gesundheitspflege, deren Reformbestrebungen ohne
^whme aus Ausdehnung desSckiuyes bis
Treuer Liebe Lohn.
Roman von U. Rosen.
, (N«chdr. kerb.)
ein- r Haushälterin müdes Gesicht leuchtete auf. „Ich
ch ° huch, daß ,-z Ihnen gefällt," sagte sie, „Ich fürchte,
«lL^dige Herr wird unzufrieden sein, wenn er erfährt,
Zimmer ich Ihnen angewiesen habe, aber Lord
hat das blaue und sein Diener das anstoßende
At^er, und die anderen vorhandenen Räume sind nur
Lftr Wangelhast eingerichtet. Dieses zimmer hat der
^e^arquis schon seit beinahe achtzehn Jahren nicht
> ^»ebt er es nicht?" fragte Giralda erstaunt.
-ft Mu Pump zögerte. Ein Etwas in der Erscheinung
^Pmdchen lud sie zum Vertrauen ein: „Das — das
Aid»°ks jungen Herrn, das war Gottfried Trewor's
j>r," flüsterte sie.
"'ralda schauderte. „Gottfried Trewor!" wiederholte
Wirth zum „Goldnen Hirsch" erzählte mir die
Geschichte. Der Neffe versuchte seinen Onkel zu
. ^n und zu ermorden."
?liik, Et Geficht der Häushälterin erglühte und ihre Augen
fflammen. liebes Fräulein, weih, dah er
Onkel nichts zu Leide lhun wollte. Ucber den Er-
jener Nacht schwebt ein Gcheimnih, dessen Lösung
Ktz 'Dvtlsried Trewor's Namen von jedem Flecken reinigen
Nkh., Er war der edelste u. beste der Menschen, Fräulein
Ah.,". er hatte ein gütiges Wort und ein freundliches
iftw? für Jedermann- Die Knaben des Dorfes ver-
I H>if.n und liefen seinem Pferd mit Jubelrufen nach,
lMl^Ehen errötheten, wenn seine blauen Augen sie
und die alten Leute holten sich in allen ihren
R^rnisien Rath bei ihm. Seinen Onkel pflegte er
N a5? einer ansteckenden Krankheit, Wo alle klebrigen
tAe» sichen im Stich gelosten hatten, mit aufopfernder
A tzU"d meinen Sohn errettete er mit Gefahr des eige-
ns vom Ertrinken. Das, liebes Fräulein, war
« »N?"' den sie des versuchten Raubmordes beschuldigen.
Egend ein Zweifel an seiner Schuld vorhanden?"
Giralda bewegt-

zum 18. Lebensjahre gehen. Erst bei Erreichung
dieses Alters ist die körperliche Entwickelung, wenn
auch noch nicht abgeschlossen, so doch so weit
gediehen, daß man von einem erwachsenen, alle Stra-
pazen ertragnngsfähigen Arbeiter sprechen kann, und
ist Schonung des Körpers, der bis dahin noch in
der Entwickelung begriffen ist, jedenfalls im Interesse
der Volksgesundheit und der Wehrfähigkeit des Staates
ganz entschieden geboten.
Dafür sprechen sich fast alle auf deni Gebiete der
Volkshygiene bewährten Autoritäten aus. So sagte
z. B. Dr. Schuler, der erste unter den schweizerischen
Fabrikinspektoren auf dem IV. internationalen Kongreß
sür Hygiene und Demographie (Volkskunde) in Wien
i. I. 1887: „Ein junger Mensch von unter 18 Jahren
verträgt die Strapazen der Nachtarbeit nicht ohne
Nachtheil .... Man sollte die Nachtarbeit in der
„gefährlichen Entwickelnngsperiode", wo irgend möglich
ausschließen, und wäre an den 18 Jahren festzuhalten,
da die durchschnittliche Entwickelung in den meisten
kontinentalen Ländern erst dann als vollendet betrachtet
werden kann, wenn das 18. Jahr erreicht ist." Dr.
Merkel ein hervorragender Kenner der gewerbehygieni-
schen Verhältnisse in Deutschland geht allerdings etwas
weit, wenn er in dem „Handbuche für Hygiene" von
Pettenkvfer und Ziemssen, befürwortet, die Beschäf-
tigung jugendlicher Arbeiter bis zu 18 Jahren für die
gesnndheitsgefährlichen Betriebe generell zu verbieten,
und für eine weitere Reihe bedenklicher Fabrikhätig-
keiten auf eine kürzere Frist als zehn Stunden täglich
zu beschränken. Professor Hirt rühmt es an demselben
Orte, an dem Merkel's sachgemäße Ausführungen ste-
hen, „daß kein Land diesen: Gegenstand eine so ein-
gehende, liebevolle Aufmerksamkeit geschenkt hat, als
Frankreich." Er theilt zwei lange Verzeichnisse aus
den betr. französischen Dekreten mit; das erste enthält
Anlagen, in welchen Kinder überhaupt nicht, und das
zweite Fabriken, in denen sie nur bedingungsweise be-
schäftigt werden dürfen. Im ersten stößt man auf die
Etablissements znr Herstellung von Säuren, Zünd-
stoffen, Chemikalien und Aehnlichem, im zweiten auf
Fabrikationszweige, die mit besonderer Stauberzeugung
arbeiten.
Jedenfalls muß auch die deutsche Arbeiterschutz-
gesetzgebung für eine Vervollständigung der weiter oben
angeführten Liste der ausznscheideuden industriellen
Betriebe Sorge tragen. Die Hauptforderung aber
wird die sein und bleiben, daß der Z 135, Absatz 4
der Gewerbeordnung dahin abgeändert wird, daß
als jngendlicheArbeiterallejen ei m Alter
„Nicmand als ich zweifelte daran. Ich war einst
seine Amme und später seine Kinderfrau, und kannte ihn
besser, als alle Welt; ick wußte, daß er zu einem Ver-
brechen unfähig war, Jetzt zweifeln auch die anderen
Diener und die Dorfbewohner an feiner Schuld. Es ist
gut, daß man ihn todt glaubt, denn der Herr Marquis
würde ihn mit eigenen Händen tödten, wenn er ihm be-
gegnete."
Frau Pump hatte mittlerweile ein lustig prasselndes
Feuer angezündet, das dem Zimmer eine behagliche Tem-
peratur verlieh.
„Sie sprechen, als ob der Tod des Unglücklichen nicht
erwiesen wäre," bemerkte Giralda.
Die Haushälterin warf einen forschenden Blick auf
das Mädchen. Ihr ehrliches Gesicht war voll Aufregung
ihr Wesen voll Geheimniß. Nachdem sie Giralda's reine
edle Seele in ihren Zügen erkannt hatte, flüsterte sie leise:
„Seit dem Tage, an dem der junge Herr entfloh, schloß
sich der Herr Marquis gegen jeden fremden Besuch ab und
empfing Niemand, als seinen Neffen, Lord Ormond. Zu-
weilen geht er auf wenige Tage nach London. Verbittert,
wie er ist, will er mir nicht gestatten, günstig über seinen
ehemaligen Liebling zu sprechen, und außer mir liegt
Keinem etwas daran, des Verstoßenen Unschuld an den
Tag zu bringen. Ihre Ausnahme in die Familie ist ein
höchst bemerkenswerthes Ereigniß. Vielleicht wird Ihr
herzgewinnendes Wesen des gnädigen Herrn Gemüth
milder stimmen, seine verhärtete Seele erweichen! Ich
weiß nicht, was mich treibt, so offen mit Ihnen zu
sprechen, Fräulein Arevalo, aber ich bitte Sie, Ihren Ein-
fluß sür meinen jungen Herrn zu verwenden. Der Herr
Marquis hat bereits, wie ich mit Freuden erkannte, eine
Vorliebe sür Sie gefaßt. Um des Rechtes und der Ge-
rechtigkeit willen beschwöre ich Sie, ein gutes Wort für
den Unglücklichen einzulegen. Auf Sie wird er eher hören,
wie auf mich, denn Sie find eine Dame und ich bin nur
eine Dienerin, überdies haben Sie Gottfried Trewor's
Augen und der gnädige Herr liebte diese strahlenden un-
schuldigen Augen so sehr!"
„Ich fürchte, daß ich Ihnen gar wenig werde helfen

von 14 bis 18 Jahren und nicht wie bisher von
14 bis 16 Jahren bezeichnet werden und somit alle
noch nicht 18 Jahre alten industriellen Arbeiter den
Schutz obiger noch zu erweiternden Schußmaßregeln
genießen.


Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht das vorläufige
amtliche Ergebniß der Wahlen vom 20. Februar 1890,
daraus ergiebt sich:
Bevölkerung am 1. Dezember 1885: 46855704.
Wahlberechtigte Wähler bei der 1890er Wabl r
10146736, bei der 1887er Wahl 9 769802.

Parteistellung.
Bei den ersten ordentliwen Wahlen
abgegebene giltige Stimmen:
zur 8.
Legis¬
latur¬
periode
(1890)
zur 7.
Legis¬
latur¬
periode
(1887)
im Wahljahr 1890
mehr
weniger
Konservativ ....
899144
1147200
248056
Reichspartei ....
485959
736389

250430
Nationalliberal . - .
1187669
166797!»

490310
Freisinnig .....
1167764
973104
196660

Centrum . . . .
1340719
1516222

175503
Polen.
246733
219973
26800

Sozialdemokraten . .
1427323
763128
664195

Volkspartei ....
147570
88818
58752

Welfen.
112675
112827

152
Elfäffer.
10»156
233685

132529
Dänen.
13672
12360
1312

Antisemiten ....
47536
11593
35943
_
Unbestimmt ....
35737
38834

3097
Zersplittert ...
15005
8826
6179

Summe
7228702
7540938
987841
300077
312236
Außerdem abgegebene
ungiltige Stimmen .
32942
29772
3170

Deutsches Reich.
Berlin, 13. März. Die neuesten Meinungs-
verschiedenheiten zwisckenKa iser u. Kanzler
werden in einer offiziösen Berliner Korrespondenz der
„Hamb. Nachr." vor die Oeffentlichkeit gezogen und
breit getreten. Aus dem Artikel geht hervor, daß
der Kaiser die Einberufung des Reichstags
zur Erledigung des Arbeiterschutzgesetzes vor der Be-
endigung der internationalen Konferenz verlangt,
während auf der andern Seite der Kanzler die Ein-
berufung des Reichstags erst zu einem Termin nach
können, Frau Pump," seufzte Giarlda. „Ist es denn aber
auch rathsam, die alten Geschichten wieder aufzurühren?
Ich nehme den lebhaftesten Antheil an dem Verschollenen
und glaubte trotz aller wider ihn zeugenden Beweise, sehr
gern an seine Unschuld, doch er ist todt, längst todt, wes-
halb seine traurige Geschichte nicht gleichfalls sterben
lassen?"
Die Haushälterin blickte ängstlich nach der Tbür
„Wohl sagen sie, daß Gottfried Trewor gestorben fei,
wohl haben sie Beweise seines Todes nach Hause geschickt,"
flüsterte sie, „und ich glaubte ihnen auch, und weinte manche
Nacht hindurch in dem Gedanken an sein einsames Grab
im fernen Südamerika.
Mein Sohn ist Matrose und kam im vergangen Jahre
nach Rio in Brasilien. Ich beauftragte ihn, das Grab
meines jungen Herrn aufzusuchen und ihm einen Leichen-
stein von ÄkSdgwr setzen zu lasten- Das Geld dazu hatte
ich ihm nütLMtmi Das Grab war nicht aufzufinden.
Er wentE^Rp an den Spanier, in dessen Hause Gott-
fried Trewor gestorben sein sollte, und erforschte, nachdem
er dem Manne gelobt hatte, ihm keine Ungelegenbeiten
zu bereiten, daß die Geschichte von Gottfried's Tode nicht
wahr, und daß er nicht in Brasilien gestorben sei."
„Ah!"
„Mein Sohn entdeckte ferner," fuhr die Haushälterin
in steigender Erregung fort, „daß der junge Herr sich von
Rio nach den westindischen Inseln gewendet hatte, er kann
also noch recht gut am Leben sein- Möchten Sie mir im
Hinblick auf die Möglichkeit nicht helfen, den Herrn Mar-
quis zu milderer Gesinnung gegen seinen Neffen über-
zuleiten?"
„Ich werde mir die größte Mühe geben, Ihren
Wunsch zu erfüllen, Frau Pump," versicherte Giralda ge-
rührt. „Wenn ich nur gewiß wäre, daß der junge Mann
an dem Verbrechen, dessen man ihn anklagt, unschuldig ist l"
Die Haushälterin wendete hastig ein mit der Innen-
seite an die Wand gelehntes Bild um. „Hier ist des
rungen Herrn Portrait," rief sie. „Es ist kurze Zeit vor
jener schreckensvollen Nacht gemalt. Betrachten Sie es.
 
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