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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 71 - Nr. 80 (28. März - 10. April)
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71.


1

Drucku. Verlag von Gedr. Huker inHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Bote».

Verantwort!. Redakteur: F. Z. Knappe
m Heidelberg.

Bismarck den Herzogstitel annimmt, wohl zu einigen
Schwierigkeiten führen. Fürst Bismarck war als
jüngster der landsüssigen Fürsten in der Rangordnung
für den preußischen Hof an das Ende der Reihe der
landsäfsigen Fürsten angereiht. Wollte man annehmen,
daß er als Herzog den übrigen landsäfsigen Fürsten
vorgehen würde — wofür allerdings kein Präcedenz-
fall vorliegt —, so würde er immer noch den Häup-
tern der vormals reichsunmirtelbaren, herzoglichen,
fürstlichen und gräflichen Familien nachstehen, also
z. B. nicht nur den erwähnten herzoglichen Häusern
Arenberg und Croy, sondern auch den fürstlichen
Häusern Salm, Solms, Sayn, Isenburg, Hohenlohe
u. s. w und sogar gräflichen Häusern wie Stolberg,
Platen, Goerz, Schaesberg u. s. w.; denn deren Rang
beruht auf ihrer früheren Reichsunmittelbarkeit, welche
ihnen hohen Adel und Ebenbürtigkeit mit den regie-
renden Häusern verleiht, was beides nicht durch
königliche Gnade verliehen werden kann. Auch mögen
die Vermögens-Verhältnisse des Fürsten Bismarck es
ihm immerhin erwünschter erscheinen lassen, den nun
schon alten Fürftentitel fortzuführen. Wenn er auch
durch die zweimalige Staats-Dotation und das Natio-
nalgeschenk bei Gelegenheit seines siebenzigsten Geburts-
tages ein Vermögen hat ansammeln können, welches
durch äußerst sorgfältige Verwaltung im Lauf der
Jahre sich gewiß noch gemehrt hat, so ist dasselbe
doch wohl kaum so groß, daß er auch nur im ent-
ferntesten mit dem Reichthum der meisten bestehenden
herzoglichen Häuser wetteifern könnte.

Vertreter. Die definitive Besetzung soll erst später er-
folgen; die vorläufige Ordnung wird nothwendig,
weil Graf Herbert Bismarck auf sofortiger Entlassung
bestanden hat. — Der Reichskanzler Caprivi hat
in dem Seitenflügel des Reichskanzlerpalais, wo er
seine Arbeitsräume bezogen, nun auch Wohnung ge-
nommen. — Gestern früh besuchte der Großberzog
von Baden den Fürsten Bismarck, welcher später die
gesammte Generalität Berlins und der Umgebung
empfing. Morgen soll — wie verlautet — die Ab-
reise der fürstlichen Familie erfolgen. — Daß weder
im Ab g e ordnetenhause noch im preußischen
Herrenhause irgend eine Kundgebung für den Fürsten
Bismarck erfolgte', als dessen Entlassung offiziell mit-
getheilt wurde, giebt der „Köln. Ztg " Anlaß zu leb-
haften Klagen. Die Thatsache erklärt sich eben ein-
fach daraus, daß die politischen Richtungen ohne
Unterschied die Verabschiedung des Kanzlers als
etwas d u r ch a u s Nothweudiges betrachtet haben, und
in parlamentarischen Kreisen nicht die Spur einer
solchen Sentimentalität zu bemerken ist, welche einige
gute Leute hier und da, in Heidelberg z. B., be-
schlichen zu haben scheint. — Nach der „Nationalztg."
soll der badisch e Gesandte, Frhr. v. M arschall,
in den letzten Tagen wiederholt vom Kaiser empfangen
worden sein. Man habe dies darauf bezogen, daß
Herr v. Marschall für ein Reichsamt in Aussickt ge-
nommen sei. Frhr. v. Marschall war früher Staats-
anwalt und konservativer Reichstagsabgeordneter. Er
ist ein höfischer, geschmeidiger Konservativer, weiter
nichts und dürfte schwerlich zur Ausfüllung einer be-
deutenderen Stellung im Reichsamte ausersehen sein.
Man batte nämlich davon gefaselt, er solle den Staats-
sekretär von Bötticher ersetzen.
* Berlin, 26. März. Der Kaiser hat ein neues
Ehrenzeichen, das „Allgemeine Ehrenzeichen in
Gold" gestiftet, welches solchen Personen des Zivil-
und Militärstandes verliehen werden soll, die bereits
das „Allgemeine Ehrenzeichen" besitzen und sich einer
weiteren Auszeichnung würdig machen. Dasselbe be-
steht in einer runden goldenen Medaille, ähnlich dem
früheren Allgemeinen Ehrenzeichen 1. Klasse, welches
von Friedrich Wilhelm HI. in den Rothen Adler-
orden 4. Klasse umgewandelt worden ist. — Der
Berichterstatter des „Newyork Herald" hatte eine
Unterredung mit Windthorst, welcher jedoch
jede Auskunft über seine Unterredung mit Bismarck
verweigerte. Das Centrum begehre keine dauernde
Koalition mit anderen Parteien, höchstens gehe es
zeitweilig mit anderen Parteien in bestimmten Fragen
zuerst zu mir kam. Wie oft bettete er sein goldlockiges
Köpfchen an meine Brust oder auf meine Knie, um in den
Men Schlummer der Unschuld zu sinken. Wer hätte da-
mals gedacht, daß seine innerste Natur so verdorben war?
Er wurde älter, aber sein sonniges Wesen veränderte sich
nicht, obwohl er vor mir eine Scheu zu empfinden lernte,
die ich vergebens zu zerstreuen bemüht war. Er wurde
der beste Reiter, der beste Schütze der Grafschaft, er sang
und spielte wie ein Musiklehrer, er eignete sich fremde
Sprachen mit bewurdernswerther Leichtigkeit an. Jeder-
mann liebte ihn, selbst die Hunde schenkten ihm ihre be-
sondere Gunst.
Frau Pump, meine Haushälterin, hält noch bis zur
Stunde sein Andenken heilig. Und ich — ich vergötterte
ihn."
Des alten Mannes Stimme bebte und das zornige
Roth seiner Wagen wich einer tödtlichen Blässe. „Ich mag
wohl zu strenge gegen den Knaben gewesen fein, das will
ich zugestehn," fuhr er fort.
„Eduard Ormond, der Sohn meiner Schwester und
Gottfried's Vetter, war sein beständiger Gefährte. Eduard
war ein schleichender, vorsichtiger, berechnender Schlingel.
Er täuschte mich niemals über seinen Charakter, wie er
es sich einbildet. Dieser tückische Bube war eS, der Gott-
fried zuerst zu verschwenderischen Gewohnheiten verleitete.
Die Thatsache habe ich seither entdeckt, aber sie kommt
wenig in Betracht. Gottfried muß dennoch aus sehr arm-
seligem Soff gewesen sein, wenn er so leicht vom rechten
Pfade abzulenken war."
„Armer Gottfried!" seufzte Giralda.
Der Marquis blickte sie in zornigem Erstaunen an-
„Hören Sie mich an," rief er- „Sie sollen erfahren, ob
er Ihres Mitleids werth war! Eines Tages verweigerte
ich Gottfried eine Geloforderung. Es schien mir noth-
wendig, ihn zu gröberer Sparsamkeit anzuhalten, damit
er dereinst als mein Erbe der reichen Besitz meiner Väter
nicht leichtfertig verschwende. In der Nacht nach meiner
Weigerung kam er in mein Schlafzimmer, beraubte meinen
Geldschrank und stürzte sich mit dem Dolche in der Hand
auf mich, um mich zu ermorden." fg f s

Deutsches Reich.
->-» Berlin, 26. März. J«n königlichen Schlosse
fand gestern Abend ein Galakonzert zu Ehreu des
Prinzen von Wales und dessen Sohnes statt. Nach-
mittags gab der englische Botschafter ans gleichem
Anlässe ein Souper, bei welchem die auffallend lange
und erregte Unterhaltung des Kaisers mit dem Grafen
Herbert Bismarck allgemeine Aufmerksamkeit erregte.
— Das Telegramm des Kaisers an den
Großherzog von Sachsen-Weimar (Vergl. Nr. 70 des
Bad. Volksb.) spricht deutlich dafür, daß der Kampf
mit dem Kanzler ein harter war, daß die Entscheidung
nicht leichten Herzens getroffen ist, und daß jetzt erst
der Kaiser die Bahn für die von ihm beabsichtigte
Politik für frei hält. Man erwartet, daß der „Reichs-
anzeiger" hente die Entlassung des Grafen Herbert
Bismarck verkünden und als seinen Nachfolger den
bisherigen Gesandten in Brüssel Herrn v. Atvensleben
nennen wird ; vermnthlich zunächst aber nur als Stell-
Mein Neffe Lord Ormond wird mir vielleicht Auskunft
darüber verschaffen können- Doch nein, seit seiner Rückkehr
nach England wird er noch nicht Zeit gefunden habe», die
Theater zu besuchen. Beiläufig, liebes Kind, wie denken
Sie über Ormond?"
„Ich habe mir noch keine Meinung über Lord Ormond
gebildet," antwortete Giralda ausweichend.
„Gefällt er Ihnen?"
Das Mädchen zögerte.
„Ich sehe, daß er Ihnen nicht gefällt," sagte der Marquis.
„Ich bildete mir ein, daß er bei Ihrem Anblick sehr be-
troffen und bemüht war, seine Verwirrung zu verbergen.
Er fand offenbar Ihre Augen den Jemandes ähnlich, den
er und ich einst kannten. Ich sah nie zuvor Augen, die
jenen so wunderbar glichen. Blicken Sie auf, mein
liebes Kind. Lassen Sie mich die Ihrigen genau sehen."
Giralda wendete ihre prächtigen Augensterne bemalten
Manne zu, der erschrocken zurückbebte und bis in die Stirn
erblaßte. „Mir fiel die Aehnlichkeit gestern schon auf,"
murmelte er.
„Sie haben eine offene redliche Natur," fuhr er nach
einer Weile fort. „Ihre Seele ist klar und rein und durch-
sichtig, wie Krystall! Auch die feine hielt ich einst dafür.
Gott, Gott, wie liebte ich diesen Knaben! Ich war streng
und kalt gegen alle Welt, vielleicht auch gegen ihn, aber
ich sage Ihnen, es gab eine Zeit, wo sein Lächeln, der
Ton seiner Stimme die Macht besaß, mein Herz in allen
seinen Tiefen zu bewegen.
Er war mein Abgott, obgleich er mich streng und kalt
wähnte. Ich würde für ihn gestorben sein, wenn mein
Tod den Knaben hätte glücklicher machen können. Und
wie vergalt er mir! Der Undankbare! Der Elende!
Der alte Mann knirschte diese Beschimpfungen hervor,
als wollte er sie wie tödtliche Geschosse auf den Knaben
schleudern, den er einst so zärtlich geliebt hatte.
„ Wer war er? fragte Giralda mit zitternder Stimme.
„Er war mein Nesse^meines Bruders Sohn, Gottfried
Trewor," erwiderte der Marquis mit finsterem Gesicht und
unheimlich wetterleuchtenden Blicken. „Ach, er war ein
schöner, schelmischer kleiner Bursche, als er, ein Waisenkind,

MdiM VolkSbitt.
scheint täglich mit NuSmchme der Sonu-u. Feiertage.
^vvementSpreis mit dem wöchentliche» Unterhaltungs-
„Der Sonntagsbote" für Heidelberg monatlich 5S H
Trägerlohn, durch die Post bezogen Viertels. 1.80 franco.

ßnjiM sü FWn.
L Die Frage, ob Fürst Bismarck den ihm vom
^rr verliehenen Titel eines Herzogs von Lauen-
Otz annehmen wird oder nicht, scheint noch nicht
^Ziltig entschieden zu sein. Wenn Fürst Bismarck
Jätis bestände, diese neue Würde oder besser gesagt,
vien neuen Titel abzulehen, so ließen sich zur Er-
^hng mancherlei Gründe denken. Ein Mal mag
'hm für sich und seine Kinder persönlich angenehm
seinen, den Namen Bismarck, den er als Freiherr
/ms und Fürst historisch gemacht, auch fernerhin zu
>/8en. Tann aber auch würde er als Herzog von
^enhurg unter dem preußischen Adel eine etwas
^artige Stelle einnehmen. In Preußen giebt es
tz^kr nämlich nur solche herzogliche Häuser deutschen
Swines, welche gleichzeitig zum hohen, d. h. vor-
reichsunmittelbaren Adel gehören und als solche
den regierenden Häusern ebenbürtig sind. Es
dies die herzoglichen Häuser Croy-Dülmen und
/"berg, welche schon in den Zeiten des alten dent-
Reiches herzoglich waren; sodann die beiden
^glichen Zweige des fürstlichen Hanfes Hohenlohe
i^hch der Herzog v. Ratibor, Prinz zu Hohenlohe-
t?'lfingssürst, Jahre 1840 in den Herzogsstand
,^ben, und der Herzog v. Ujest, Fürst zu Hohen-
/ Oehringen, welcher im Jahre 1861 zu dieser
/"glichen Würde erhoben wurde. Zu den Genannten
noch das herzogliche Haus von Schleswig-
ZKin-Sonderburg Augustenburg, das, als mit den
senden Häusern von Dänemark, Oldenburg und
/land verwandt, zu diesen zu zählen ist, und end-
,^866 der Herzog von Nassau und eventuell der
^"g von Cumberland. Der einzige nicht hochadelige
in Preußen, der Herzog von Sagan, ist nicht
t -chen Stammes, sondern aus französischem Blut,
nämlich der Stammhalter des französischen
^"glichen Hauses Talleyrand-Pörigord und zugleich
seine Mutter der Erbe des herzoglichen Hauses
.'"land, Semgccklen und Sagan, und in letzterer
OÄchaft mit dem Titel eines Herzogs von Sagan
Schlesien ansässig. Auch sonst giebt es im Deut-
Reich nur Herzöge- welche mit souverainen
verwandt sind oder von Angehörigen souve-
Häuser abstammen; so die Herzöge in Baiern
b'e nicht hrchadeligen herzoglichen Häuser Teck
Urach, welche von württembergischeu Prinzen aus
'himmlischen Ehen abstammen. Wenn somit die
i-/'hung des Herzogstitels an den Fürsten Bis-
eikas ganz Außerordentliches ist, so würde sie
^^ Rangordnung am preußischen Hofe, wenn Fürst
Treuer Liebe Lohn.
Roman von U. Rosen.
- tN-chdr. verb.i
thun Sie, was Ihr eignes kluges Köpfchen
^l/Mchfishlt. Die Umstände, welche ihre Trennung
find nothwendig machten, sind so eigenartig,
'fil^much njcht befugt glaube. Ihnen einen Rath zu
welchem Theater spielt ihre Mutter?"
Z»v>weiß es nicht, Mylord. Papa und wir leben auf
A und Mama kommt nur jede Woche ein Mal
k
>lüe uns niemals, auf welchem Theater sie auf»
K , netzt es überhaupt nicht, über diesen Gegenstand
werden."
Kr <: ne erstrebt für ihre Kinder zweifellos eine höhere
bemerkte der Marquis, die Läge feines gicht-
F»i»M»es vorsichtig ändernd, „und möchte ihre Auf-
l nicht erst auf die Bühne lenken. Ich finde das
kV Hverth.
Mm!.- u mag gut und rein und edel sein, obwohl
qlatwwixrin ist, aber nach meiner Empfindung ist
A^/wes unschuldigen jungen Mädchens nicht vor
Die Schmeicheleien und Huldigungen, die
ik»„ " dargebracht werden, wenn sie schön ist,
T" Charakter schädlich beeinflutzen und sie ihres
T- der holden schüchternen Weiblichkeit be-
A. .ö" Frau das ist, was der zarte Pflaum dem
be" leisester Berührung verflüchtigt,
oeiner neugierigen Menge ist wie Mehlthau
VQ'li^dliches Gemüth. Ihre Mutter ist weise, für
Er-- M anderes Loos zu erwählen, als das,
y^ösckirehung oder eine traurige Nothwendigkeit ihr
I ""Men. Tritt sie unter ihrem eigenen Namen
Herr Marquis. Mein Papa ist einspanischer
sZg, er vornehmsten seines Landes. Mama führt
ysAruf einen anderen Namen. Wie dieser heißt,
hätte Lust, sie einmal spielen zu sehen.

, Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum 10 H
linnrnpll /ik'ssinpsl tV .llstllll Reklame 25 -Ä. Für hiesige Geschäfts-und Privat.
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