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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 51 - Nr. 60 (2. März - 13. März)
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1890.

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heutigen Nummer liegt „Her Konntagsbote" Nr. 10 bei.

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auf 116 bis 117 belaufen wird, natürlichen Anspruch
auf die erste Präsidentenstelle. Wir vermögen eigent-
lich keinen Grund einzusehen, weßhalb das Centrum
auf diese ihm gebührende Würde freiwillig verzichten
sollte, sind aber selbstredend schon im Voraus mit
Allem einverstanden, was die Fraktion beschließen wird.
Den nat.-lib. Blättern aber, welche in ihrer bekannten
Anmaßung schon jetzt dem Reichstage ihre Rathschläge
über die Zusammensetzung des Präsidiums aufdrängen
wollen, sei doch in Kürze begreiflich gemacht, daß die
Majorität des Reichstages sich schon über die Frage
verständigen wird. Den Nationalliberalismus kann
man hierbei sowohl in der einen wie in der anderen
Richtung entbehren.
Daß die liberale Presse die durch die Neuwahlen
geschaffene innere Lage in den schwärzesten Farben
schildern würde, war zu erwarten. Und so brauckt
man sich denn auch gar nicht zu wundern, daß jetzt
in allen Blättern und Blättlein dieser Sorte das
Schreckgespenst der klerikal-konservativen Reaktion an
die Wand gemalt wird. Die Jesuiten und Redemp-
toristen werden zurückkehren, was gewiß vom ganzen
kath. Deutschland mit freudiger Genugthuung begrüßt
werden würde und auch den liberalen, d. h. freiheit-
lich gesinnten Gegnern nicht zuwider sein könnte. In
einem liberalen Blatte lesen wir auch bereits, daß von
Rom aus das Stichwort für die künftige Thätigkeit
des Ceutrums eiugetroffeu sei. Der hl. Vater soll
nämlich in seiner letzten Allokation dieses Wort ge-
sprochen haben: „Die Schule muß der Kirche, die
Presse der Censur ausgeliefert wer'en." Die Forderung
der christlichen Schule und der Wiederherstellung des
Einflusses der Kirche auf die Schule ist wahrlich älteren
Datums als die letzte Ansprache des Papstes und als
die verflossene Reichstagswahl. Ucbrigens gehört die
Schulsrage nicht in's Ressort des Reiches, wenn auch
der im Reichstage herrschende Geist auf die Entwick-
lung dieser Frage in Preußen und auch in andern
Ländern nicht ohne Einfluß bleiben kann. Aber von
einer Preßeeusur, einer Beschränkung der
Preßfreiheit haben wir in der päpstlichen Allo-
kutiou keine Silbe gelesen. F ü r solche M aßregeln
würde das Centrum nimmer mehr zu haben
sein. Das wissen auch die Nationalliberalen so gut,
wie wir. Während sie selbst auf der Höhe ihrer Macht
bereit waren, wichtige Bolksrechte preiszugeben oder stets
zu schmälern, war das Centrum stets der unbeugsame
Hort der politischen wie der religiösen Freiheit.

schlossener Ausdruck stammte aus ihren sinnenden Augen.
Egon stützte sich auf ihr Knie, Rupert lehnte sich traum-
verloren an ihre Schulter. Eme Weile sprachen die
schwister kein Wort, bis Egon durch sein Schluchzen
Schweigen unterbrach.
„Was ist Dir, mein Kleiner?" fragte Giralda.
„O ich sehne mich so sehr nach Mama, wenn sie
ist," rief das Kind, seine thränenseuchten Augen zu
Schwester erhebend.
„Aber Mama würde sehr betrübt sein," beruhigte ibnGi-
raldh, wenn sie wüßte, wie Du Dich abhärmst, mein Egon."
„Giralda." rief Rupert, „ich habe das Besprechen er-
halten, eine Universität besuchen zu dürfen. Du weiß nicht,
wie glücklich mich diese Aussicht macht. Um Mama's Willen
hoffe ich, dereinst ein großer, ein berühmter Mann zu werden."
Giralda sympathisirte mit dem Ehrgeiz Rupert's wie
sie Eaon' Kummer nachempfunden hatte, aber jedes Wort,
das die Knaben sprachen, bestärkte sie in ihrem heimlichen
Entschluß, die Last der Mutter zu erleichtern, indem sie die
Sorge für ihr eigenes Fortkommen übernahm,
Als die Geschwister sich trennten, um sich zur Nacht-
ruhe zu begeben, raffte Giralda einen Stob von Zeitungen
zusammen, die sie nut sich auf ihr Zimmer nahm. Sich in
einen Sessel werfend, rollte sie denselben an das Kamin
feuer und begann das erste der mitgebrachten Blätter zu
überstiegen. Ihr Blick wurde von einem Namen angezogen,
der ihr der theuerste war. Sie las den Artikel, der ihn
erwähnte, mit lebhaftem Interesse.
„O, ich bildete mir ein, etwas über die Gräfin Bea-
trice Arevalo zu erfahren," murmelte sie, „und es bandelt
sich nur um eine mir ganz gleichgiltige vornehme Dame.
Ich vergab, dab Mama unter einem fremden Namen auf
der Bühne bekannt ist. Ach, was ist mir diese Ladh Bea-
trice Berril, deren Familiendiamanten als die schönsten im
Königreich gepriesen werden. Seltsam, wie ungleich die
Güter dieser Erde vertheilt sind! Die Gräfin Berril be-
neidet, bewundert und verhätschelt, die Gräfin Arevalo eine
Sängerin, die ängstlich die Gunst des Publikums zu ge-
winnen und zu erhalten trachten muß, um ihren Kindern
Brod zu verschaffen." (Forts s.1

In »MtMiiMk llml».
Berechtigter Stolz erfüllt die Brust eines jeden
^Ntrnmswählers, eines jeden entschiedenen Katholiken,
^knn er sieht, wie die Partei, welche die Vertheidi-
^rig der Rechte und Interessen der katholischen Kirche
ihre Fahne geschrieben hat, auch in dem verflos-
sen Wahlkampfe wieder siegreich bestanden hat, ja
sie mitten im Wechsel und Wandel der Partei-
^vniungen und Volksstimmnngen der einzige feste
.swnkt geblieben ist, der den Stürmen von rechts und
'üiks erfolgreich Trotz bot. Nicht nur, daß die Cen-
lliinisfraktion in alter Kraft und Stärke in den Reichs-
ell einzieht, nein sie hat ihren Besitzstand noch ganz
e^sentlich erweitert und vermehrt, und sich nicht we-
iger als 107 Sitze errungen.
Daß das Centrum seinen alten Besitzstand wahren
e>d die falschen Propheten, die ihm zum so und so
Zelten Male wieder einmal Spaltung und Untergang
Weissagten, Lügen strafen würde, hat kein echter Cen-
^Umsmann bezweifelt. Aber die nunmehr erreichte
Mer übertrifft selbst die kühnsten Erwartungen,
dieser Vormarsch des Centrums ist um so bedeutungs-
voller in einem Augenblicke, da sein bisheriger Haupt-
Hegner total geschlagen und gedemüthigt am Boden
'egt. Bedeutungsvoll sind auch die Siege im Ein-
zelnen. In drei westfälischen Bezirken, die sämmtlich
Bitten in den bewegtesten Jndustriebezirkcn liegen,
M von denen zwei zum Hauptherd der Streikbe-
wegung des letzten Jahres gehörten, hat das Centrum
.en Sieg davongetragen, gewiß ein sprechender Beweis -
das hohe Vertrauen, welches von der dortigen
^rbeiterbevölkerung dem Centruin und seinen sozial-
politischen Bestrebungen entgegengebracht wird. Wichtig
'st auch wegen der naheliegenden begleitenden Umstände
oer Sieg des schlesischen Centrums über den Herzog
Ratibvr, den sattsam bekannten ehemaligen Führer
Staatskatholiken. Am meisten aber haben uns
^te vielen Centrumssitze in Baden gefreut. Die Katho-
den in Baden haben alle Ursache, mit höchster Ge-
j'Ugtlm ung auf die gehabten Erfolge zurückzublicken.
21. Februar 1887 brachte das Ccutrum in Baden
M zwei Kandidaten durch und erst in der Offen-
bürger Ersatzwahl einen dritten ; heute aber steht es
W'l 8 Vertretern da, fürwahr ein glänzender Triumph
oer Centrumssache. Der Nationalliberalismus, der

grillt täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage,
ementspret» mit dem wöchentlichen Uuterhaltungs-
„D erEounlagSbote" für Heidelberg monatlich KV H
TrSgerlohrr, durch di e Post bezogen Viertels. »tt. 1.80 franco.

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nirgendwo so unduldsam, so herrschsüchtig, so fanatisch
kulturkämpferisch auftrat, Ivie gerade in Baden hat
hier eine fürchterliche Niederlage erlitten, welche jeder
freiheitlich gesinnte Mann und jeder brave Katholik
dieser unduldsamen Clique auch gönnen wird, die seit
Jahrzehnten den Musterstaat terrvrisirt und ihm selbst
die einfachsten kirchlichen Freiheiten, wie z. B. die
Seelsorgeaushilfe und die Abhaltung von Missionen
durch deutsche Ordenspriester, gewaltsam vorenthält.
Die Augen der ganzen Welt sind jetzt wieder auf
die Centrumspartei und ihren greisen Führer Windt-
hvst gerichtet. Wohin man blickt, in den ausländischen
Zeitungsorganen, in befreundeten wie gegnerischen,
liest man Worte der Anerkennung, ja des höchsten
Lobes für den „unüberwindlichen Thurm", u. mau
kann es dem „Moniteur de Rome" gewiß nicht ver-
argen, wenn er im Enthusiasmus über die Centrums-
triumphe und über die maßgebende Stellung der
Partei im kommenden Reichstage etwas überschwäng-
lich Windihorst als den „König des Reichstages"
preist. Jedermann weiß, wie dieses Wort zu ver-
stehen ist, denn thatsächlich wird das Centrum im
neuen Reichstage das Zünglein an der Waage bilden.
Die berühmte Doppelmehrheit wird auch diesmal
vorhanden sein: eine Abwehrmehrheit im Interesse
der politischen Freiheit, der Bolksrechte und der Spar-
samkeit und eine Mehrheit sür positive Sozial- und
Wirthschastspolitik. Es ist selbstredend müßig, schon
heute über tie Thätigkeit dieser beiden Majoritäten
und somit auch über die Haltung des Ceutrums in
dieser oder jener Frage Betrachtungen anzustellen.
Diese Beschäftigung müssen wir den Organen des
„abgehausten" Nationalliberalismus überlassen, welche
durch solche geistreiche Reflexionen ihre Leser über die
wahre Lage hinwegtäuschcn möchten.
In verschiedenen Blättern wird bereits die Frage
erörtert — und sie drängt sich gewissermaßen von
selbst auf — wie unter den gegenwärtigen Parteiver-
hältnissen das Präsidium des neuen Reichstages zu-
sammengesetzt werden solle. Die Nationalliberalen,
welche in der Rangfolge der Parteien auf gleicher
Stufe mit den Sozialisten stehen, sind natürlich schon
jetzt wuthentbrannt über das unerbittliche Zahlenge-
schick, welches sie aus dem Präsidium gänzlich aus-
schließt, und machen ihrer Verstimmung durch bos-
hafte und höhnische Vorschläge Luft. Ilatmaut sidi!
Das Centrum, welches man bekanntlich im letzten
Reichstage aus dem Präsidium gänzlich zu verdrän-
gen wußte, hat allerdings vermöge der Zahl seiner
Angehörigen, die sich mit Einschluß der Hospitanten
sie jemals wieder niedergerissen werden soll, muß es durch
Deine Hand geschehen."
„Ich bedauere, Papa, daß Du noch immer Befürch-
tungen hegst, die mich kränken müssen," erklärte Beatrice
mit ernster Feierlichkeit. „Du wirst sicher niemals Ursache
Haben, für mich zu erröthen, und ich werde Dir immereine
treue und ergebene Tochter sein. Ich werde Dich stets
lieben und verehren, wie es mir zukommt, aber gestatte, daß
das Geheimniß meines Lebens sür Dich versiegelt bleibe.
Vergiß, das es vorhanden ist, und halte Dir nur gegen-
wärtig, daß ich eine brave, tugengendhaste Frau bin."
Beatricens Wesen und ihr Ton wirkten noch eindrucks-
voller als ihre Worte.
Der Graf sah ein, daß die Unterhaltung zu Ende
war und wagte nicht, sie wieder zu eröffnen. Mit einem
seltsam belasteten Herzen saß er schweigend vor dem Ka-
min, bis der Wagen vorsuhr, der ihn und seine Tochter zu
Lady Derwent trug.
10. Kapitel.
Draußen in der Welt.
Während die Tochter des Grafen Berril, von Be-
wunderung umringt, sich in der vornehmen Gesellschaft be-
wegte und von Fest zu Fest eilte, gestalteten sich die Dinge
in Birkenhain in einer Weise, die nur geeignet war, ihr
Herz mit banger Sorge und tiefem Leid zu erfüllen.
Der Abend, der ihrer Abreise aus dem im Waldes-
dunkel verborgenen Landhause folgte, fand ihre Familie
im Wohnzimmer versammelt, aber eine trübe Wolke schien
sich auf das Gcmnth der sonst so heiteren Kinder gesenkt
zu haben. Obgleich von jeher daran gewöhnt, ihre Mutter
nur zu kurzem Besuch erscheinen zu sehen, waren sie doch
viel zu zärtlich und liebevoll, sich mit dieser Thatsache aus-
söhnen zu können. Der Graf fühlte sich im Banne einer
Scbwermuth, die er nicht abzuschütteln vermochte und die
er der Kunde von Ormond's Rückkehr zuschricb. Um die
Heiterkeit der Seinigen nicht zu stören, zog er sich sehr bald
in sein Studirzimmer zurück-
Die drei Kinder saßen vor dem Kaminfeuer. Giralda's
lieblicher Ernst hatte sich noch vertieft. Ihre Gedanken
schienen in die Fernen zu schweifen, und ein seltsam ent-

Treuer Liebe Kohn.
Roman von U. Rosen.
(N-chdr. eerb.>
„ „Aber das Geheimniß, Beatrice?" fragte ihr Vater in
Angstvollem Ton"
»> „Da Du mich zwingst, Dir über jeden meiner Schritte
Rechenschaft.zu geben," rief Beatrice mit erglühenden
Mangen, „will ich es Dir sagen. Ich war angewidert von
F»rd Ormond, der Welt, mir selbst, ging in mein Zimmer,
Mdete mich um und eilte zu einem Spaziergarg in's
Peie Ich suchte eine bescheidene, still für sich lebende
Minilie auf, bei der ich schon oft war, und der meine An-
wesenheit Sonnenschein und Glück bringt. Soll ich Dir
E'Oe Liste meiner Wohlthätigkeitsspenden geben, Papa?"
- . Die Stirn des Grasen entwölkte sich, und alle Spuren
Mes Zornes verschwanden. „Nein, nein, Beatrice," sagte
f. herzlich. „Du hast mich noch niemals durch eine Lüge
«'Vergangen und ich würde meine Ehre für Deine Wahr-
Migkeit verpfänden. Ich glaube Dir gern, daß Du gestern
Abend eine arme Familie besuchtest, warum aber bliebst
die ganze Nacht und den Tag über fort, liebes Kind?"
„Ich hielt mich bei Freunden auf."
„Wie kommt es, daß ich Dich nicht heimkehren sah,
Mesch ich von früh bis spät nach Dir ausschaute."
r, »Mißtraust Du mir noch immer, Papa? Sei es so,"
?°te es von den Lippen- „Wenn ich mich für >ede meiner
Handlungen zu verantworten haben sollte, würde ich wieder
willenlosen Kinde. Wem man mit vierunddreißig Jah-
"n die Fähigkeit, frei über sich und seine Zeit zu verfügen,
cM zutraut, der thäte besser, sich in ein Asyl sür Blöd-
"tsige aufnehmen zu lassen "
Tiefe Schatten umt Werten des Grafen Züge aus's
„Ich verzichte darauf, mich in Deine Angelegen-
sten zu mischen." sagt er kalt, „wofern Du geneigt bist,
A'ch mit Lord Ormond zu vermählen. Fabre fort, mir
^>ne Geheimnisse und Dein rüthsclhaftes Thun zu ver-
xrgen, ich werde meine Augen Deinem unbegreiflichen
Mben gegenüber erschlossen halten. Du hast eine eisige
kranke zwischen Dir und Deinem Vater errichtet, wenn

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Brrautworü. Redakteur: F. L. Knappe
iu Heidelberg.
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Drucku. Verlag vonGebr. Huber inHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.
 
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