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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 31 - Nr. 40 (7. Februar - 18. Februar)
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1890

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bewilligung. Expedition: Zwingerstrabe 7.

-

Büdischcr Bolksbotc.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn-u. Feiertage. c> es» «
GrM„ für Klanrntt!, Frelkm L NeM.
Lrägerlohn, durch die Post bezogen viettelj. 1.80 franco.

Verantwort!. Redakteur: F. I. Knappe
in Heidelberg.
Wkltm, MW
kn ft. Mur.
Druck». Verlag vonGebr. Huber inHeidelbcrg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

3ni ÄPsihilhik kl kniskliiAn lfiichk
^ingt die „Tägl. Rundschau" von bestunterrichteter
^eite Mittheilungen, die wir unter Fortlassuug von
Unwesentlichem hier folgen lassen:
„Als Fürst Bismarü kurz vor Schluß des Reichs-
tags von Friedrichsruh in Berlin eintraf, war ihm die
fchsicht des Kaisers, in einer Ansprache an das Volk
tfin Verhalten gegenüber der sozialistischen Bewegung
llarzulegen, genau bekannt, und ebenso war der Mo-
narch auf den Entschluß des Kanzlers, sein Amt als
vandelsminister niederzulegen, durchaus vorbereitet,
^es Kanzlers Vorhaben entsprang nicht dem Gefühl
"er Ermüdung und dem Verlangen nach Entlastung
?on einem gewichtigen Theil preußischer Geschäfte,
ändern es drängte sich ihm nach den Grundzügen der
beiden Erlasse die politische N oth Wendigkeit
5uf, das Handelsministerium an einen besonderen
Minister abzugeben. Die Hauptsätzeder kaiser-
lichen Kundgebung hatten zum Verfasser
"en Kaiser selb st, der hierbei „von den Gesichts-
blinkten sich hatte leiten lassen, die sich ihm aus dem
vergleich der Berichte der Grubenbesitzer mit den
Darlegungen der Bergarbeiter hatten aufdränqen
Müssen." .... Der Kanzler bestand nun sofort da-
??uf, daß in der Thronrede voni Sozialistengesetz nicht
"ie Rede sein sollte, schon damit die Ansprachen des
Kaisers durch voraufgegangene Erklärungen nicht eine
Abschwächung erführen, und bevor hierüber
eine Verständigung erfolgte, war die
Schließung des Reichstages unmittelbar bevorstehend.
As ist richtig, daß nicht mehr die Zeit blieb, dem
Kaiser ein gedrucktes Exemplar der Thronrede zu über-
reichen: er war genöthigt, die Schlußrede nach einer
Abschrift des vereinbarten Textes zu verlesen. Zwei
Aage nach dem Reichstagsschluß wurde nun an die
Fassung der Erlasse herangegangen, und rührten ein-
zelne Aend ernngen des kaiserlichen Entwurfs
bvmKanzlerher,der unter Vorwissen des Bundes-
iths wie des preußischen Staatsministeriums Zusätze
Und Abstriche vornahm, so war doch alles Wesentliche
Unverändert geblieben, so daß in jedem Betracht von
kaiserlichen Erlassen gesprochen werden muß. Ver-
ein b a hr t wurde das W eg bl ei b en jedweder
Gegenzeichnung nnd die Veröffentlichung durch
"en „Staats- und Reichsanzeiger." Wie es nicht
Inders sein konnte, ging das Manuskript der Erlasse
"ein amtlichen Blatte vom Fürsten Bismarck zu, der
M Kanzler und preußischer Ministerpräsident Herr
?"s „Reichs- und Staatsanzeigers" ist. Die kanz-


Treuer Liebe Kohn.
Roman von U. Rosen.
<N-chdr. rerb.>
z, „Eine sehr phantastische Vorstellung, Mylord," bemerkte
Patrice mit ungewöhnlich fester Stimme. „Ihr fehlt
meiner Ansicht nur ein Element, die Möglichkeit,
Men wunderbaren, kühnen Plan in die Gegenwart zu
^ertragen. Sie würden auch kaum sonderlich erbaut sein,
AE»n Ihre Voraussetzung sich bestätigte, und Gottfried
Meinst wieder zurückkebren sollte'
» .Lord Ormond's Gesicht umdüsterte sich bei der bloßen
^Udeutung an die Möglichkeit eines solchen Ereignisses.
„ .Gotlsried's Heimkehr würde mich zum armen Manne
>uchkn," sagte er. „Mem Vetter ist der Bruderfohn Lord
L^wor's und demnach sein nächster Erbe. Ich bin der
seiner einzigen Schwester. Wenn Gottfried nach
r^Tode meines Onkes wieder auftauchen sollte, würde
«i». Erbe seines Titels und Vermögens sein. Aber
i>wtzehn Jahre des Schweigens und jene Beweise dazu —
Oirlich, er ist todt!"
n- Er sprach die letzten Worte in einem Tone der Er-
k'chterung aus Seine Befürchtungen waren durch die
hgüblütigkeit Beatricen's beseitigt worden Seit Jahren
i^len ihn ihn gelegentliche Zweifel geplagt: er war aber
^wer wieder zu dem Schluß gekommen, daß Gottfried,
dm!" er lebte, seiner ehemaligen Braut diese Thatsache
tzvbt verheimlichen würde. In dieser Stunde hatte
^»ard Ormond die Neberzeugung gewonnen, daß Beatrice
" Gottfrieds Tod glaube.
Lj.--.Der Spanier schrieb, daß Gottfried an einem hitzigen
l>Zder gestorben sei," fuhr sie ruhig fort. „Er war von
wugen Seereise, von Sorge und Angst erschöpft und
,„"8 unvorsichtiger Weise g'eich am Tage seiner Ankunft
Land, sich der Gluih einer tropiicken Mittagsonne
hetzend Wir wissen, daß Gottfried sich nach Südame-
I,» wendete, denn eine Stunde nachdem er das Schiff ver-
hatte, schrieb er mir einen langen Brief, und mit
>.Mben Post einen an Lord Tretvor. Da fein Onkel
" erklärte, diese» Schreiben seines Neffen nicht empfangen

levischen Aendcrnugeu des kaiserlichen Textes bezweckten,
den weiteren Entschließungen der Krone
die Freiheit der Entschließung zu sichern.
Von grundsätzlichen Einreden des ersten Ministers im
Reiche nnd in Preußen war zu keiner Zeit auch nur
das Geringste bekannt geworden, eben weil an den
Vorbesprechungen Fürst Bismarck nicht
mehr Thei! nahm. Hätte er dies Nebenamt be-
halten, so würde er dem Inhalt der Erlasse nicht
haben zustimmen können, nnd um die Kabinets-
frage zu stellen, waren die streitigen Punkte dem
Kanzler nicht durchschlagend genug.' Die Idee, mit
den Erlassen zunächst den Staatsrath zu befassen ent-
sprang dem Wunsche, die eigentlich amtlichen Erwä-
gungen zeitweilig vertagt zu wissen. Die et-
waigen Beschlüsse des Staatsraths sind für keinen
der offiziellen Faktoren verbindlich, und es wird also
Zeit gewonnen, um endliche Entschließungen erst fassen
zu brauchen, nachdem über Zweck und Ziel der Erlasse
das Urtheil weithin sich geklärt hat. Der Kanzler
erachtet die moralische Wirkung der Erlasse für so er-
heblich, daß der Ausspruch, dieser ideale Punkt, nicht
der Umfang der thatsächlichen Ergebnisse,
sei die Hauptsache, auf ihn zurückgeführt wird."
Das stimmt im Wesentlichen mit dem überein,
was wir nusern Lesern bereits mitgetheilt haben. Der
Kanzler hat die Kabinetsfrage nur deshalb nicht ge-
stellt, weil ihm der Gegenstand nicht wichtig genug
dazu erschienen ist. Es stimmt eben gar manches in
den obersten Regionen nicht niehr.

Deutsches Reich.
-z-> Berlin, 12. Febr. Der Staatsrath, der
sich bekanntlich mit dem vom Kaiser angeregten Ar
beiterschutz beschäftigen soll, wird, nachdem die Ernen-
nung neuer Mitglieder (Bergt. Neueste Nachrichten in
letzter Nummer) erfolgt ist, wahrscheinlich schon in den
nächsten Tagen erfolgen. Der zum ersten Beamten
des Staatsraths ernannte Staatssekretär Bosse be-
faßte sich in den letzten Jahren fast ausschließlich mit
den sozialpolitischen Aufgaben. Die übrigen Mitglie-
der sind theils Personen, die als Großindustrielle spe-
zielle Erfahrung in den Verhältnissen des Bergbaues
haben, theils Männer, die der Kaiser persönlich schätzt
und für geeignete Rathgeber hält, wie seinen ehema-
ligen Erzieher Geheimrath Hinzpeter und den Cen-
trumsabgeordneten Freiherrn von Huene. Die „Nordd.
Allg. Ztg." erklärt in ihrer gestrigen Nummer offiziös:
Die Thatsache, daß wegen der internationalen
Konferenz über die Arbeiterfrage zunächst
zu haben, muß es von Jemand unterschlagen worden
sein !"
Lord Ormond erröhtete schuldbewußt.
„Ich habe immer geglaubt, daß Gottfried einen Feind
besitze, der seinen Onkel gegen ihn einnehme," sprach Bea-
trice weiter. „Als Gottfried noch ein Knabe war, liebte
sein Onkel ihn mit großer Zärtlichkeit. Mit der Zeit
lernte er ihn hassen, weil irgend eine neidische Person
Gottfried systematisch bei ihm verleumdete, seine gehler
zu Verbrechen stempelte und Lord Trewor die Meinung
beibrachte, daß der Jüngling seines Vormundes Tod
wünsche."
Lord Ormond bewegte sich unbehaglich in seinem
Sessel. „Wir haben ein unerfreuliches Unterhaltungsthema
gewählt, gnädiges Fräulein," sagte er. „Verbannen wir
cs aus unserem Gespräche wie aus unseren Gedanken.
Der arme Gottfried ist todt. Ihre Liebe für ihn hat sich
zu ruhigem Bedauern abgeschwächt. Ich bin nach Eng-
land zurückgekehrt, um meine Stelle unter Ihren Bewun-
derern, Ihren Freiern einzunehmen. Ich kann ohne Sie
nicht leben, Beatrice," ries er und seine Stimme wurde
laut und leidenschaftlich. „Ich habe Sie seit Jahren ge-
liebt; haben Sie Mitleid mit mir und werden Sie mein
Weib. Nein, — antworten Sie mir noch nicht, Beatrice
Sie würden mich jetzt zurückweisen, wie Sie es früher
thaten- Geben Sie mir nur Gelegenheit, Ihnen meine
Liebe zu beweisen, und ich will Wochen, Monate
warten — "
„Meine Antwort würde immer dieselbe sein, Mylord,
und sie lautet jetzt, wie sie vor Jahren lautete: Ich kann
Sie nicht heirathen."
„Ich weigere mich, diese Antwort anzunehmen!" er -
klärte Lord Ormond mit zornigem Nachdruck. „Ihr Vater
unterstützt meine Werbung. Auch Sie werden noch lernen,
mich mit gütigem Auge zu betrachten, mir noch das Ver-
sprechen geben, mein Weib werden zu wollen."
Beatrice sah hochmüthig auf ihn nieder, und ihre
Augen blitzten vor Zorn über die Beharrlichkeit, mit
welcher er ihr seine unwillkommene Liebe astbot. Sie be-
gegnete einem feurigen, leidenschaftlichen, fast drohenden

nur bei Frankreich, England, Belgien nnd der Schweiz
angefragt werde, entbehre der ihr von den Blättern
beigelegten besonderen Bedeutung. Die Arbeiterfrage
sei durch den Bergwerksstreik in Fluß gerathen ; daher
wende sich Deutschland zunächst an die Länder, in
welchen ähnliche Bewegungen stattgefnnden, außerdem
an die Schweiz, welche die internationale Regelung
zuerst angeregt habe. Tatsächlich fänden aber auch
bei den Regierungen anderer Länder, in denen die
Arbeiterfrage eine Rolle spielt, wie Italien, Däne-
mark, Schweden, vorbereitende Sondirungen statt.
Dies erklärt aber noch immer nicht, weshalb unter
diesen Staaten Oesterreich fehlt, wo doch auch (in
Böhmen) Streikbewegungen stattgefunden haben.
* München, 11. Febr. Die Kammer der Reich s-
räthe ist über den Rcdemptoristenantrag des
Eentrums mit Bezug auf die Erklärungen der Staats-
regierung mit 29 gegen 20 Stimmen zur motivirten
Tagesordnung übergegangen. Minister Crailsheim
erklärte, die Regierung habe von Anfang an die Ver-
wandtschaft der Redemptoristen mit den Jesuiten er-
heblich bezweifelt. Die inzwischen gepflogenen Ver-
handlungen hätten den Zweifel vermehrt. Die Re-
gierung werde Schritte für die Redemptoristen tbun,
um ihr Entgegenkommen gegen die Kirche, das kath.
Volk und die Bischöfe zu zeigen und um der Anre-
gung auf Abhilfe des Priestermangels Folge zu leisten.
Wäre von den Redemptoristen eine Störung des Frie-
dens zu befürchten, so würde die Regierung nickt für
sie eintreten, aber in den Akten des Kultusministeriums
sei nichts die Redemptoristen Belastendes enthalten.
Der Minister vertheidigte die Redemptoristen gegen
den Präsidenten des Oberkonsistoriums, der die Ver-
wandtschaft mit den Jesuiten behauptet hatte, und be-
fürwortete ferner die Zulassung deutscher, nicht nur
bayerischer Redemptoristen. — Der Finanzausschuß
der Ab gor dneten k ammer hat die Beratbung
des Kultusetats begonnen. Das Centrum er-
klärte sich mit dem Ergebniß der Placetberathung und
der Redemptoristenfrage in der Reichsräthekammer
nicht befriedigt. Minister Crailsheim gab sehr wohl-
wollende Erklärungen ab. Das Placet sei eine Rechts-
frage. Die Altkatholikenfrage wolle die Regierung
mit den Bischöfen regeln. Die Redner des Centrums
hingegen verlangten bestimmtere positive und bindende
Erklärungen; sie wollen geschützt sein gegen einen er-
neuten Einbruch in die kirchlichen Interessen und exem-
plifizirten auf die jüngst vorgekommene Erzwingung
des Kirchengeläutes bei der Beerdigung eines Alt-
katholiken.
Blick. Unverkennbar war es ihm Ernst damit, ihre ver-
neinende Antwort nicht gelten lassen zu wollen, und sie
mußte sich sagen, daß sie ihn jetzt nicht mit aller Ent-
schiedenheit zurückweisen dürfe. Sie hatte das unbestimmte
Gefühl, daß er die Macht besitze, ihr namenloses Web zu-
zufügen. Ein Schauder durchrieselte sie und sie rückte
unwillkürlich von ihm ab, als wenn er die Verkörperung
des Bösen wäre-
„Sie werden sich Zeit zur Ueberlegung lassen ?" fragte
er mit sanfter, einschmeichelnder Stimme und einem
Lächeln, das wie ein Sonnenstrahl durch dunkles Gewölk
zu brechen schien.
Der Trieb der Selbsterhaltung leitete Beatrice. In
dem Gefühl der Gefahr, das sie warnte und ihr verbot,
seine offene Feindschaft wachzurufen, beschloß sie ihn zu
beruhigen und ihm auszuweichen.
„Ja," sagte sie, „ich werde mir Ihr Anerbieten über-
legen. Da Sie es vorziehen zu warten, werde ich Ihnen
in einigen Wochen antworten, wenn Sie alsdann noch eine
Antwort begehren sollten."
Der Eintritt des Grasen Bcrril unterbrach das Ge-
spräch. Beatrice benutzte diese Gelegenheit zu entschlüpfen.
In einer Erregung, welche beide Herren mißverstanden
und welche beide für den Bewerber günstig deuteten, eilte
sie aus dem Salon.
2 Kapitel.
Eine seltsame Entdeckung.
Graf Berril und sein Gast zogen ihre Sessel näher
an das Feuer, um sich behaglich zu ihrer vertraulichen
Unterredung vorzubereiten. Das Toben des Sturmes
und das Prasseln des Regens drang nur mit schwachem
Getöse durch die schweren Vorhänge. Die beiden Edel-
leute schlürften gemüthlich ihren Kaffee und plauderten
dabei über den Stand der Angelegenheiten.
„Ich kam zu sehr ungelegener Zeit," lächelte der Graf.
„An Ihrem Gesicht und an Beatricens Wesen bemerkte
ich, daß Sie Ihren Heirathsantrag erneuert hatten Wenn
ich nicht sehr irre, ertheilte sie Ihnen keine entschieden
abschlägige Antwort, mein lunger Freund."
Fortsetzung folgt.
 
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