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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 91 - Nr. 100 (23. April - 3. Mai)
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Druck ».Verlag von Grbr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

Verantwort!. Redakteur: F. I. Knappe !
m Heidelberg. >

täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiettage.
mit dein «bchentlichraUnterhaltungS-
f.zerSvnntagSbvte" für Heidelberg monatlich SS H
^ftlohn, durch di e Post bezogen viertelj. 1.80 ftanco.
' »?.

c>" s- Fiz ' e- ' r i i-« Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum 10
/ri'ppinpn kV llpml Reklame 25^,. Für hiesige Geschäfts- und Privat,
^k^Uckk > tlv Illliltl »ILUll. anzeigen, sowie für Jabres-Nnzciqen bedeutende Rabatt-
bcwilligung. Expedition: Zwingerstratze 7.
1890.

o Jer chHUitlk Arbeitstag.
Ausspruch des Amerikaners Sylvis: „Acht
^>en Arbeit, acht Stunden Schlaf und acht Stunden
^Hdung und Erholung" ist zu einem Schlagwort
^beiterbewegung geworden, kann aber eine ernst-
, Prüfung in seiner heutigen Anwendung nicht
Die große Einseitigkeit der gegenwärtigen
^Uridentagbewegnng liegt bekanntlich darin, daß
^ange Arbeitszeit für alle niederen Beschästiguugs-
^vhne Berücksichtigung ihrer zahlreichen Besonder-
Z , erstrebt wird. Hier liegt auch die schwache
jenes Schlagwortes. Der achtstündige Arbeits-
ih'die Ueberproduktion verringern. Das ist nur
> Zheil richtig, und seine Fürsprecher sagen ja auch
»Deren Zeiten, daß die Kürzung des Arbeitstages
»Waarenproduktion ausgeglichen werde durch
Echöhte Leistungsfähigkeit der Arbeiter. Auch dieses
Dr eine halbe Wahrheit, wenn wanden Satz als
allgemein gültigen ausstellt. Man vergißt, daß
«ist len Zweigen der Großindustrie der Arbeite
E 8ar nicht in der Lage ist, durch erhöhte Leistungs-
!kk.. dik verkürzte Arbeitszeit auszugleichen, da die
gliche Arbeit nicht durch ihn, sondern von der
!j^ Maschine ausgeführt wird, deren Diener er ist.
jDch arbeiten aber diese Maschinen heute bereits
Schnelligkeit, die auck durch eine fortschreitende
D'l st, einzelnen Industriezweigen kaum noch er-
,, werden kann. In diesen würde also eine Ver-
itx 3 der Arbeitszeit auf acht Stunden eine erheb
hü unausgleichbare Beschränkung der Waarener-
^8 herbeiführen.
glaubt man wirklich, daß die volkswirthschaftliche
nur eine wohlthätige Beseitigung der Ueber-
k»^ltivu und, wie man weiter behauptet, eine Stei-
ü; 8 des Ai.eitslohues sein würde? Aber nach ge-
ir? volksn irthschaftlichen Theorien, ans denen auch
heutige Achtstundenbkwegung ihre wissenschaftliche
jchvpft, ist ja überhaupt keine Ueberproduktion
tauben, sobald die Kaufkraft des Arbeiters ge-
h l ist: mit Erhöhung der Konsumtionsfähigkeit
i» Dmeren Bevölkerung würde also um so früher
,Mangel an Maaren eintreten müssen, je mehr der

^8 gegen heute beschränkt ist. So geräth die
. "denbewegung, sobald sie alle Industriezweige
^Dl>rer Formel umgestalten will, mit sich selbst
erspruch. Die unerbittliche Durchführung dieser
^tj, würde ihre verhängnißvolle Wirkung aßf den
^.Dlwohlstand durch schwere Schädigung weit
^E^leter Industrien äußern.
Treuer Kieste Kohn.
Roman von U. Rosen
r. <N«chdr. verS.)
jZ Diener wiederholte die Versicherung seiner Treue
i Zufriedenheit mit diesem Uebereinkommen.
Deich' glücklicher Zufall," nes Ormond lriumphirend,
^cD .wich in des Mädchens Ammer umsah. Ick durch-
. letzt olle ihre Geheimnisse und ihre Absichten.
Girolda Trewor Arevako, ich bin gewarnt unv
?'>kt ^weJntriguen grwoffnet! Arme kleine Närrin, Du
»old finden, daß es tussir sür Dich gewesen wäre,
Zien nach in die Schranken zu treten. Der Kampf
>> kDch ist nichts Geringes."
batte sich in dem Augenblick der Laube ge-
l^cikö als Ormond ihren Namen ausjprach. Siebegriff
d°ß der gewissenlose Feind ihrer Familie das Ge-
stEsgh, ihrer Identität kannte. Die Furchtbarkeit der
>Aelx -. in welcher ihrer Baler schwebte, erfüllte ihre
Din» . Todesqual. Krank und schwendlig vor Entsetzen,
-Lte fix fich an das Weingcrank, um nicht zu fallen.
D"se Möglichkeit will ich ihr noch lassen, sich vor
NNt^k'derbcn, dos die klebrigen trifft, zu retten," be-
u^ene, Mond "3ck> werde heute noch mit ihr über den
Äej T'arid sprechen. Wir bleiben nicht länger, als höchstens
o-eir»ssagx Heer, da ich meine Entdeckung schleunigst dem
Den D mittheilen muß, der eine viel leichtere Arbeit
D g^wrd, wenn er erfährt, daß Gottfried Trewor lebt
Acfi'ft n, England aushält, und daß die Tochter des
i> lein. Zerrst immer nur so geheimnißvoll aus dem
.DyDale verschwindet, um mit ihrem Gatten zusammen
MickD"- ^Ni Gott! Beatrice wußte ihren Roman sehr
Kit iu verbergen, aber ich kehrte gerade zu rechter
k,nD.England zurück, um ihre hübsche Komödie in
stendes Trauerspiel umzuwandeln."
4er «kalda entschlüpfte unwillkürlich ein tiefer schmerz-
.. Ejl^uszer.
?'t ei^- Verwünschung ausstoßend, sprang Ormond auf,
war er an der Thür. Mit zornfunkelnden
Dhknir?» emem Ausdruck verzehrenden Hasses in den
'mllten Zügen, stand er auf der Schwelle. Seinem

Nehmen wir ein Beispiel aus dem Textilgroßge-
werbe. Die Wirkerei ist in der „Saison" fast regel-
mäßig genöthigt, den Arbeitstag durch Ueberstunden
auszudehnen. Ist ihr dieses ferner in den Monaten
lebhafter Geschäftsthätrgkeit nickt mehr erlaubt, wird
selbst der regelrechte Arbeitstag noch um zwei Stunden
beschränkt, so wird sie einen Theil ihrer Aufträge
nicht ausführen können. Denn in diesem Industrie-
zweige trifft das vorhin Gesagte zu: die Maschinen
arbeiten heute mit voller Schnelligkeit in der lebhaften
Geschäftszeit ; aber selbst wenn die technischen Wissen-
schaften ihre Leistungsfähigkeit noch erhöhen würden,
so wäre damit doch nur die Zeitverkürzung für die
maschinelle Arbeit ausgeglichen. Die wirkliche Fertig-
stellung der Waare erfordert aber auch noch geschickte
und schwierige Handarbeit und wird diese stets for-
dern. Ist auch die Arbeiterin im Stande, den Fleiß
ihrer ohnehin schon rastlosen Finger zu steigern, wie
der Techniker die Leistungsfähigkeit der Maschine?
Geschieht es nicht, so wird trotz verbesserter Maschi-
nen die Waare nicht rechtzeitig fertig. llnd wollten
die betr. Arbeiterinneugruppen den ungleichen Wett-
lauf mit der Maschine anfuehmen, so würde die acht-
stündige tägliche Arbeitszeit selbst im günstigen Fall
durch eine so furchtbare Anstrengung aüsgesiillt, daß
unter ihnen die Folgen sich bald durch eine erhöhte
Sterblichkeitsziffer ansdrückeu würden.
Günstiger liegen für die verminderte Arbeitszeit
die Verhältnisse in der Maschinenindustrie und auf
allen jenen Prodrcktiousgebieten, welche wenig oder gar
nicht von der „Saison" beeinflußt sind und mehr einen
ruhigen Gang zu verzeichnen haben, wie z. B. auch
das Kleingewerbe. Hier mag ein verkürzter Arbeits-
tag durchführbar sein, in andern Erwerbszweigen
jedoch nicht. Will man aber Großindustrie und Klein-
gewerbe über einen Kamm scheeren und ohne Rücksicht
auf Verhältnisse, in denen die Lebensfähigkeit vieler
Erwerbszweige beruht, alle nach einer und derselben
Schablone behandeln, dann geräth man in eine Sack-
gasse, aus der herauszukommen wenig Aussicht vor-
handen ist. Eine ersprießliche Lösung der Frage des
achtstündigen Arbeitstages kann nicht nach einem Schema
und durch allgemeine Gesetze, sondern nur durch pri-
vates Uebereinkommen der Arbeiter mit den Arbeit-
gebern von Fabrik zu Fabrik, von Gewerbe zu Ge-
werbe nach den jeweilig vorhandenen Arbeitsbedürf-
nissen erfolgen. Im Interesse der Arbeiter liegt es
keinesfalls, den Ast, auf dem sie fitzen, eigenhändig
abzusägen und das Gewerbe, in welchen: sie ihren
Lebensunterhalt finden, zu schädigen oder gar zu Guu-
Diever einen Wink qebend, sich zu entfernen, saqte er lang-
sam und mit einem seltsamen, bösen Lackeln: „Sie kommen
gerade reckt. Ick haben Ihnen etwas mitzutheilen. Ge-
statten Sie mir, Sie zu einem Sitz zu geleiten, gnädiges
Fräulein!"
Er nahm ihren Arm und zog sie in demselben Augen-
blick in die Laube, in welchem der Diener durch einen
anderen Ausgar g verschwand. Giralda bebte vor seiner
Berührung mit Abscheu zurück und setzte sich bteich und
zitternd auf die knarrende Holzbau!.
„Ein niedliches, kleines Abenteuer, Fräulein Arevalo,"
höhnre Ormond mit verschlungenen Armen und finsterem
Blick aus sie niedcrschauend. „Ich Weitz nickt, wieviel Sie
erlauscht haben, aber offenbar kennen Sie die Lage der
Dinge. Erlauben Sie mir, Ihnen noch einige weitere
Aufklärungen zu geben. Als ich nach meinem Zimmer
ging, fand ich die Thür des Ihrigen offen fiehnend und
sah natürlich hiuein, da es viele Jahre verschlossen ge-
wesen war- Mein irregeleiteter, unwürdiger Vetter, Gott-
fried Trewor, hatte es vordem bewohnt. Eine Sckreib-
mappe, die einst Gottfried geholte, zog meine Aufmerksamkeit
auf sich, ick scklug den Deckel zurück, und meine Augen
ruhten aus Ihrem unvollendeten Brief. Kurz, mein
Fräulein, ich kam ohne jede Absicht, ohne jedes Dazukhun
hinter Ihre Geheimnisse.'
„Giralda richtete sich auf. Ihre Wangen glühten
purpurn, um ihre Lippen zuckte es in hochmülhiger Ver-
achtung und ihre Augen flammten wie brennende Kohlen.
Sie durchschaute die Gemeinheit ihres Gegners und ver-
mochte ihre Verachtung nicht zu verbergen-
Bis zu diesem Augenblick hatte Ormond sie einfach
als ein liebliches, anmuthigcs Mädchen betrachtet, das
plötzliche Auflodern ihres Geistes erweckte erst sein Ver-
ständnitz sür ihre wunderbare Schönheit, und flößte ihm
ein Jniercsse ein, das beinahe der Liebe verwandt war.
„Ich bin nicht so niedrig, als Sie zu glauben scheinen
Fräulein Arevalo," sagte er entschuldigend- „Ick habe Ihr
Geheimniß meinem Onkel nicht verrathen. Noch weiß
Lord Trewor nicht, dah sein verhaßter Neffe lebt In
Ihrer Gewalt liegt es, ihn auch ferner in Unkenntniß

sten des Auslandes zu ruiniren. Eiue andere Frag
ist die Erhöhung des Arbeitslohnes; diese läßt sich
eher zu Gunsten der bestehenden Arbeiterforderungen
diskutiren.

Deutsches Reich.
* Berlin, 28. April. Verschiedene nationalliberale
Blätter versuchen es, den Artikel der „Freis. Ztg.",
welcher die sensationellen Aeußernngen Bismarcks
beim Empfang der Jndustriellen-Deputation der stau-
nenden Oeffentlichkeit übergab, zu widerlegen und
als unwahr zu bezeichnen. Daraufhin erklärt die
„Freis. Ztg." des Abg. Richter kurz und bündig:
„Unser Bericht ist bis auf das Wort durchaus zutref-
fend. Sehr erwünscht wäre es uns, wenn wir in die
Lage gebracht würden, eine zeugeneidliche Vernehmung
der Herren von der Deputation zu veranlassen. Es
würde fich alsdann nicht nur alles das, was wir ge-
bracht, bis auf die letzte Silbe bestätigen, sondern
auch noch manches herausgebracht werden, was wir
aus begreifliche» Rücksichten nicht wiedergeben konnten.
— In Bezug auf die Ein s chränkuug des Duell-
wesens stellen die Hamb. Nachr." es als Thatsacke
hin, „daß der Kaiser eine Revision der ehrengericki-
lichen Bestimmungen für nothwendig erachtet, Saß er
auck, was leicht erklärlich, ein Feind des Zweikampfes
ist. Zu irgend welchen bestimmten Formulirungen ist
die Sache nicht gediehen, vielmehr wird man Schritte
in dieser Hinsicht nicht früher erwarten können, als
bis die Zeit der Revision des Militärstrasprozeßwesens
herangekommeu ist." — Die Beurlaubung des Abgg.
Harmcning aus der Strafhaft während der neuen
Reichstagsfession hat das sächsische Staatsministerium
nach der „Volksztg." abgelehnt.
* Basier» König Otto trat gestern in sein 43
Lebensjahr. Die tiefe Umnachtung, die des unglück-
licher: Monarchen Geist seit vielen Jahren umfangen
hält, verwehrte es, daß im Laude dieser Tag in fest-
licher Freude begangen wurde. — Die Kammer be-
schloß, die Petition, die pfälzischen Eisenbahnen Lauter-
ecken, Eisenplan und Obermoschel-Alsenz betreffend,
der Regierung zur Würdigung zu übergeben. Ebenso
diejenige der Stadt Staudernheim, Lauterecken, wo-
rüber der Minister von Krailsheim erklärte, daß Ver-
handlungen mit Preußen schweben, welches ein größeres
Interesse dabei habe.
Zur Arbeiterbewegung.
— Als den Vorläufer weiterer Feiertage
betrachtet das Eentralorgan „Der Sozialdemokrat" in
Vieser Thatsache zu erkalten, bis der Tob des alten
Mannes ihn vor dessen Rache sicher stellt."
„Da Sie bereits so viel von unseren Angelegenheiten
kennen, Lord Ormond," enlaegnete Giralda mit angst-
vollem Herzem, „so will ich ihnen Ihnen gestehen, daß ich
d:e Tochter Gottfried Trewor's bin, des Mannes, den
Sie verläumdet, angefeindet und grausam gekränkt und
verfolgt haben. Sie wissen, daß er gut, wahr und edel
ist. Wenn Sie wollten, können Sie seinen Namen von
der auf ihm haftenden Schmach befreien. Ich kam in
dieses Schloß ohne eine Ahnung von meiner Verwandt-
schaft mit dem Marquis, ich blieb in der Hoffnung, die
Unschuld meines Vaters an den Tag zu bringen und ihn
mit meinem Onkel zu versöhnen. Wenn in Ihrer
Seele noch em Gefühl der Menschlichkeit Raum Hat-
stören Sie mich in ureinem frommen Werke nicht-"
Lord Ormond lachte höhnisch. „Jqr frommes Werk
ist Ihnen so ziemlich gelungen," bemerkte er. „Da Ihr
Vater Titel und Güter des Marquis erbt, Haven S:e dem
alten Manne sein baares Geld abgeschmeichelt. Wenn
Lord Trewor wüßte, wer Sw sind, würde er die Sache
jedenfalls in diesem Ächte betrachten, mein vereintes
Fräulein."
Giralda zitterte wie von Fieberfrost geschüttelt. Sie
hatte an die Möglichkeit einer solchen Deutung ihre« Auf-
enthaltes im Schlosse nicht gedacht.
„Lady wußte wohl, was sie thal, als sie ihre Tochter
herschickte. Beiläufig, gnädiges Fräulein, wo befindet sich
Ihr idyllisches Heim? Wo wohnt Ihr Herr Vater, dieser
edle Graf von Arevalo, dieser erlauchte Grand von
Spanien, welcher zu feinen Studien so sehr der Einsam-
keit bedarf?"
„Sie werden mir gestatten, in das Schloß zurückzu-
kehren," erklärte Giralda, sich mit stolzer Würde erhebend.
„Sie können mir offenbar nichts mehr zu sagen haben,
Myloro."
„O, dock, mein Fräulein, ich habe Ihnen noch Ver-
schiedenes zu sagen. Wünschen S:c es hier, oder in
Gegenwart meines Onkels zu hören?"
Giralda setzte sich wieder. (Forts, f.)
 
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