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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 91 - Nr. 100 (23. April - 3. Mai)
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Inserate die 1-spaltige Pelitzeile oder deren Raum 10 L
Reklame 25 Für hiesige Geschäfts- und Privat-
anzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende Rabatt,
bewilligung. Expedition: Zwingerstraße 7.
1890."

täglich mit Ausnahme der Sonn-u. Feiertage.
j^it»e»eutSH»rei» mit der» wöchentliche» Uuterhaltungs-
SonntagSbote" fürHeidelbergwooatlichSV^
^^gerlohn, durch di« Post bezogen viertelj. 1.80 ftanco.



Beran twvttl. Redatreur: F. 2. Knappe
tu Heidelberg.
SMbng, zrcitaz, in N. Hn
l.
Druck».Verlag von Gebr. Huber inHeidelberg
früher Verleger des Pfälzer Boten.

Lreuer Liebe Lohn.
Roman von U. Rosen.
<N>chdr. rerb.>
>dig sonderbar, doch nein, das ist es nicht, Onkel. Ich
ihsg^'ch in mein Zimmer begeben, um den Reffcstaub ab-
Zn Deiner Gegenwart werde ich aber wohl
»Anikin irden Lülfen?"
eine Antwort abzuwarten, eilte er davon. Die
r« überschreitend, bemerkte er, daß Giralda's Zimmer
kg^ »and. Vorsichtig schlich er hinein und schaute spähend
-tpn^»>hkr. Hier hatte vor Jahren Gottfried Trewor
Mt-. Seltsame Erinnerungen zogen vurch Ormond's
^kltk» Seele, als sein Blick aus das Bild des verbannten
das im Kamin lodernde Feuer und die noch
hegenden kostbaren Kleidungsstücke fiel.
st verschwendet sein Geld an diese Fremde," murmelte
Äs »wdüfterter Stirn, während ich nicht weih, wo ich
^rem ^wendigste hernrhmen soll- Ach, sieh da, die
, 4er „ des gnädigen Fräuleins. Der Engel hat
Ätz, die Frau Mama geschrieben. Ueberzeugen wir
»d 2-ji.der Brief schon abgegangen ist." Er stahl sich an
M '» der Fenstervertiefung und schlug die Mappe
Lie s ui vollendeter Bries lachte rhm entgegen.
M,tzs«l»nst der Koster, die Nachrichten von Hause, ihr
i?ävL.»' alle die jüngsten Eindrücke hatten das
^irk-» aufgeregt, daß die Arme das Blatt einzu-
N vergeffen hatte.
Äit^niond's Geficht verdüsterte sich immer mehr, je
Ä'kui.n'? den Bericht Giralda's über die väterliche Zu-
?kri°j" des Marquis las. Der Brief enthielt auch man-
"nq, m?UEdrücke des Bedauerns, daß cs der Schreiberin
Lvßkn ,, jungen war, etw-s zur Durchführung ihrer
schwierigen Aufgabe zu thun. „Ihre grohe
ii^tvnr'ü ^wiederholte der grimmige Feind Gottfried
di-?, finneud. „Eine Ausgabe, um derentwillen sie
^du>>»?-Landsitz kam! Worin kann ihre geheimnihvolle
. Er n Ästchen ?"
semen Blick gedankenvoll zu dem Bilde des
's verfolgten Vetters empor- Sem Kopf brannte.

m Wzmsflsts.
Die mit allseitiger Zustimmung begrüßte Ka-
n''"kordr-! des Kaisers gegen den Luxus der Offiziere
/M auch die christliche Gesittung. Mit dieser ver-
löt sich aber ganz und gar nicht das Duell, denn
die zehn Gebote Gottes verlangen „Du sollst
lobten." Wir haben es erlebt, daß katholische
Liiere, welche sich gegen das Duell auf den Stand-
»!t ihrer Religion beriefen, deshalb aus der Armee
scheiden mußten. Auch protestantische Offiziere,
qAe aus bürgerlichen Häusern kommen, in denen
Owfiche Gesittung im Sinne der kaiserlichen Kabinets-
bsÄ ganz besonders gepflegt und anerzogen werden,
f?>stn naturgemäß lebhafte Gewissensbedenken empsin-
sich auf Duelle einzulasfen. Das Duell wider-
('Et indessen nicht blos dem Christenthum, sondern
I?' gesunden Menschenverstände überhaupt, denn nie
für eine Ehrenkränkung eine Sühne darin ge-
Ikiiv werden, daß sich der Gekränkte mit seinem Be-
°'ger in einen Zweikampf einläßt, bei welchem nicht
sittliche Recht, sondern entweder der Zufall oder
^ größere Waffenübung den Ausschlag giebt, und
seicht der schwer Gekränkte schließlich noch verstüm-
" oder gar gelobtet wird.
Das Christenthum Predigt, daß Jedermann der
^Ä'gkeit unterthan sein soll, die Gewalt über ihn hat.
dj/ Offiziere aber haben nicht bloß der Obrigkeit zu
weil sie Gewalt über sie hat, sondern sie sind
/ »ls Diener noch besonders verpflichtet. Ihr Le-
^lauf geht dahin, den Rechtsschutz des Staates
innen und außen verwirklichen zu helfen. Wel-
Widersinn ist cs unter diesen Umständen, daß
h/'Mre als solche bei Verlust ihrer Stellung unter
'ständen für verpflichtet angesehen werden können,
Zweikampf herauszufordern oder sich in einen
Eikamps einzulassen und damit eine Handlung zu
^chen, welche das auch für sic verbindliche allgemeine
s/^gesctzbuch unter allen Umständen mit Festungs-
von 3 Monat bis zu 5 Jahren bedroht.
lh, flickt jedes Staatsbürgers ist es, nach Möglich-
ly„ dsi Ausübung von Vergehen und Zuwiderhand-
gegen das Strafgesetzbuch zu verhindern. Ten
„^/gefetzten der Offiziere aber ist es durchaus nicht
f gemein zur Pflicht gemacht, Zweikämpfe zu verhin-
fflm ihrer Kenntniß gelangen. Ihre Ver-
^üng geht nicht weiter, als dahin zu wirken, daß
fr.l/^dingungen des Zweikampfes zur Schwere des
«'m i" keinem Mißverhältniß stehen. Kommt cs
^^Zweikampf, so hat der Präses des militärischen
«st

Ehrengerichts oder ein Mitglied desselben sich als
Zeuge auf den Kampfplatz zu begeben und „darauf zu
achten, daß bei Vollziehung des Zweikampfes die
Standessitte gewahrt wird." Der Zweikampf wird
also hier gewissermaßen als Bestandtheil der Staudes-
sitte anerkannt. Als Standessitte wird hier etwas
hinge stellt, was mit der christlichen Gesittung und den
Geboten des Christenthums in absoluten: Widerspruch
steht.
Als unlängst von einem Erlaß neuer Bestimmun-
gen gegen das Duell unter den Offizieren in den
Zeitungen die Rede war, wurde dieke Meldung all-
gemein noch beifälliger ausgenommen, als die Kabinets-
ordre gegen den Luxus im Offizierskorps. Leider hat
sich diese Meldung nicht bestätigt. Und Hoch sind die
Wirkungen jener Standessitte des Zweikampfes unter
Umständen noch weit verderblicher als Standessitte::,
die einen ungerechtfertigten Luxus in: Offizierskorps
mit sich bringen. Die Standessitte des Luxus bei
den Offizieren wirkt zu dem nicht in den: Maße an-
steckend auf andere Gesellschaftskreise wie die Stan-
dessitte des Duells, welcher sich auch solche unterwer-
fen, die gar nicht zudem aktiven Offizierskorps ge-
hören u. z. unter Verhältnissen, bei denen Personen
des aktiven Offizierskorps gar nicht betheiligt zu sein
brauchen. So überträgt sich diese Standessitte, die
in Wirklichkeit eine Standcsunsitte ist, auf die Kreise
von Beamten, Studenten und überhaupt alle Ge-
sellschaftskreise, bei denen die Pflege der wahren christ-
lichen Gesittung nicht weniger angebracht erscheint
als unter den Offizieren selbst.
Deutsches Reich.
* Berlin, 22. April. Wie die „Freis. Ztg." mit-
theilt, empfing Fürst Bismarck au: vorigen Mittwoch
eine Deputation des Ze n tr a l v e r b a nd es
der deutschen Industriellen. Als dieser bedauerte, daß
der Fürst seinen Abschied genommen habe, be-
merkte derselbe mit unverkennbarer Erregung, er
habe seinen Abschied erhalten und wäre
sehr gern :m Amt geb liebe n , wenn Se. Maje-
stät der Kaiser es gewollt hätte. Fürst Bismarck
nahm weiterhin Veranlassung, sich über die Undank-
barkeit der Menschen zu beklagen. Er halte sich zu
dem Glauben berechtigt, daß ein Minister (Bötticher),
der ihm sein ganzes Emporkommen zu verdanken babe,
in Verbindung mit Hofbcamten gegen ihn gewirkt und
den Kaiser gegen ihn aufzubringen gesucht. Um dies
zu verhindern, habe er die alte Kabinetsordre von
1852 hervorgesucht, welche den Verkehr der einzelnen
Wie ein elektrischer Schlag durchzuckte ihn die Wahrheck.
Bleich und zitternd sank er in Giralda's Sessel nieder.
„Das also," rief er mit dumpfer, flüsternder Stimme,
„erklärt das periodische Verschwinden Beakrieens aus dem
Vaterhause. Und die große Aufgabe dieses Kindes ist, den
Namen Gottfried Trewor's in fleckenlosem Glanze
wiederherzustellen. Endlich sehe ich das listige Gewebe
deutlich vor mir. Ja, Gottfried lebt! Hier spricht sie es
aus, „des armen Papa Namen von jenem häßlichen Ver-
dacht zu reinigen." Hahaha! Ich hatte den Satz über-
sehen. Gottfried, mein alter, tödllicb gehaßter Nebenbuhler
lebt, in England, ist der Gatte Beatricens, der Vater
ihrer Kinder! Er, der von uns Todtgeglaubte war alle
diese Jahre in England, verbarg sich unter falschem Namen
an sicherem Ort, war glücklich m der Liebe des schönsten
Weibes, und wartete behaglich auf seines Onkels Tod-
O, tausendfältigen Fluch dem Elenden! Wie sie sich bei
meinem Heiralhsantrag ins Fäustchen gelacht haben, wie
sie mich über meine Schwäche und Blindheit verspottet
haben muß! Ich Thor, Ich einsältrger Thor! knirrschte er.
„Kein Zweifel, daß sie Gottfried von meinem Liebeswerben
erzählte. Mem Herz sagte mir von Anfang an, daß dieses
junge Mädchen ein Recht auf Gottfried's Augen besitzt, ist
es doch seine Tochter! Die Szene im Theater hätte mir
Alles offenbaren sollen, was ich jetzt erst aus dem Briefe
hier erfahre. O, wo batte ich nur meinen Verstand ? Gott-
fried stahl mir die Frau, die ich liebte, wie sonst nichts
auf der Erde! Er wendete des Onkels Herz von nur ab,
und er werd es sein, der zlmschen mich und die Reich-
thümer tritt, für die ich meme Seele gefährdete!"
Große Schweißtropfen standen auf seiner Stirn und
aus seinen schlangengleichen Augen schossen wilde Blicke.
Als hätte Wahnsinn ihn ergriffen, schleuderte er den Brief,
den er verräterischer Weift gelesen, von sich und rannte
aus dem Zimmer, um das seimge aufzusuchen.
24. Kapitel.
Eine verhängnißvolle Begegnung.
Ohne Ahnung, welcher unheimliche Gast inzwischen
im Schloß angekommen war, und welche Studien Lord
Ormond m ihrem Zimmer gemacht, galoppirte Giralda in

Minister mit der Krone unter die Kontrole des Mi-
nisterpräsidenten stellt. Der Kaiser habe ihm feine
Konferenz mit dem Abgeordneten Windthorst
zum Vorwurf gemacht, er aber müsse es als das
Recht des Kgnzlers betrachten, mit jeden: „Reichs-
boten" — diesen Ausdruck gebrauchte Fürst Bismarck
— selbstständig zu verkehren. Jetzt glaube er aller-
dings, daß ihm mit dieser Konferenz eme Falle ge-
stellt worden sei. Windthorst habe die Konferenz ge-
wünscht, aber so unverschämte Forderungen gemacht,
daß diese Forderungen gar nicht ernst gemeint sein
konnten. In sachlicher Beziehung sei er in Meinungs-
verschiedenheit mit dem Kaiser nur in Betreff der
Behandlung der Arbe iterfrage n gerathen. Nach
seiner Ansicht müsse das jetzige Vorgehen der Regier-
ung zur Züchtung von Sozialdemokraten führen. Alle
diese Aeußerungen wurden in einem größeren Kreise
von Personen gethan, welche nicht den Eindruck em-
pfingen, als ob Fürst Bismarck eine diskrete Behand-
lung derselben voranssetze. Bei der Verabschiedung
äußerte Graf Herbert Bismarck noch, ihm sei der
Austritt aus der Tretmühle des Amtes willkommen
gewesen, aber für seinen Vater dauere ihn dessen Ver-
abschiedung, denn derselbe wäre sehr gern noch Kanzler
gewesen. — Die Reden, welche der Kaiser in Bre-
men und Bremerhaven gehalten bat, betonen nut auf-
fallendem Nachdruck die Absicht des Monarchen, den
Frieden zu erhalten. Man glaubt in politischen Krei-
sen, daß er dies gethan hat, nm etwaige Befürchtun-
gen, die nach dem Abgänge des Fürsten Bismarck
noch hier und da verbreitet sein könnten, wirksam zu
zerstören. Die Tischrede, welche der Kaiser gestern
Abend an Bord der „Fulda" gehalten, findet ver-
schiedene Deutung. Das darin gebrauchte Bild von
von dem Geschwader, welches, nachdem der Nebel sich
zerstreut, tadellos den neuen Kurs steuert, wird viel-
fach auch mit der durch Bismarck's Entlassung ge-
schaffenen Situation in Verbindung gebracht. — Erne
hiesige Korrespondenz berichtet, der Kaiser habe dem
Major Wißmann eine Batterie von acht
leichten Feldgeschützen zum Geschenk gemacht. — Wie
mörderisch das Klima in Kamerun ist, geht nach
der „Hamb. Reform" daraus hervor, daß drei junge
Leute, welche vor Jahresfrist aus dortigen Faktoreien
Anstellung sanden, bereits dem Fieber erlegen sind.
Der soeben dem preußischen Landtag zugegangene
Nachtragsetat wirft au Gehaltsaufbesserungen
bezw. Stellenzulagen für untere Beamten 1O'/s Mill.
(13 Prozent der bisherigen gestimmten Besoldungen)
aus. Beamte aller Zweige sind berücksichtigt. Außer-
_———, .. SSL,
glücklicher Sorglostqkeck die bergige Straße entlang. Die
Sonne hatte die Wolken zertheilt und beleuchtete die wilde
Feljenlandschaft mck rothaoldenem Schimmer. „Wie oft
mag Papa hier vorübergerckten fein," dachte Giralda.
„In seinem Herzen bewahrt er das Andenken an jeden
Hügel und jedes Thal, an jedes Felsenriff und jeden Quell,
dem mein Auge heut begegnet."
Die zerklüftete Berglandschaft hatte einen seltsamen
Reiz für Giralda. Alles, was sie in endlos weiten Strecken
übersehen konnte, war Trewor'scher Grund und Boden.
Plötzlich überkam sie ein Gefühl unendlicher Verlassenheit.
Die ungeheuere Oede und Einsamkeit bedrückte sie. Die
Zügel anziehend, sah sie sich nach ihrem Diener um, der
ihr in einiger Entfernung folgte, und auf ihren Wink so-
fort nüber sprengte. Er war ein alter Mann nut feier-
lichem Wesen, dessen Gedanken beständig in der Vergangen-
heit zu weilen schienen.
„Ich erinnere mich nicht. Sie vor dem heutigen Tage
bemerkt zu haben, mein Lieber," redete Giralda ihn
freundlich an. „S:nd Sie einer von den neuen Dienern'?"
„Ja, gnädiges Fräulein, und doch auch einer der
ältesten. Mein Name ist Thomas. Ich diente schon als
Knabe im Schloß, und blieb, b:s Herr Gottfried Trewor,
der Neffe des Herrn Marquis, verschwand. Die letzten
fünf Jahre lebte ich bei meiner verheiratheten Tochter,
aber als Mylord neulich nach mir schickte, zögerte ich nicht,
zurückzukehren."
„So kannten Sie den verschollenen Neffen des Herrw
Marquis? " fragte Giralda errötbend.
„Ob ich ihn kannte, gnädiges Fräulein ? Er war mein
Augapfel. Ich lehrte ihn reiten, und manch' liebes Mal
ritten wir zusammen hinunter nach der See, manch'liebes
Mal jagten wir zusammen in diesen Wäldern. Er war
der beste Reiter, wie er der beste Schütze war. Ihre
Augen, gnädiges Fräulein, gleichen den seinigen auf ein
Haar. Ach, er war em. so guter, fröhlicher, junger Mensch.
Der Arme starb in der Fremde, aber ich werde ihn: stets
ein gutes Andenken bewahren."
Fortsetzung folgt.
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