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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (1) — 1890

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Nr. 31 - Nr. 40 (7. Februar - 18. Februar)
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mit Lrägerlohn, durch di« Post bezogen viertelj. 1.M ftanco.

H




Verantwort!. Redakteur: F. L. Knappe
irr Heidelberg.
HnMU HmM-
ki IZ. Mmi.
Druck u. Verlag von Grbr. Huber in Heidelberg
früher Verleger des Pfalzer Boten.

Deutsches Reich.
Berlin, 11. Febr. Hier kursiven vielfache
unkontrollirbare Gerüchte über die Arb eiterschutz-
trage; es soll ein besonderer Akt des Einvernehmens
unseres Kaisers mit Bismarck bevorstehen. Der Kaiser-
hat von Bismarck ein längeres Memorandum über
dir Arbeiterfrage erhalten. Auch soll Bismarck in
den nächsten Tagen über die Arbeiterfrage in der
-Oefsentlichkeit sich äußern. Ueber die Einberufung
des Staat srathes sind endgiltige Bestimmungen
noch nicht getroffen, doch wird angenommen, daß der
Zusammentritt baldigst, erfolgen werde. Vorher würden
noch einige Neuernennungen für ausgeschiedene Mit-
glieder resp. in Rücksicht auf die besonderen Aufgaben,
die dem Staatsrath für die nächste Zukunft gestellt
sind, erfolgen. Die Bergleute wollenden Kaiser bitten,
zu der bevorstehenden Berathung der Arbeiterfrage
rm Staatsrath einen Vertreter aus ihrer Mitte zu-
znziehen. Am Sonntag fanden Bergarbeiter-
versammlungen statt in Rotthausen, Relinghausen
und Altenessen. An letzterem Orte entwickelte Berg-
mann Schröder das sozialistische Programm. Er er-
mahnte die Bergleute, ihn zu wählen ; gleichzeitig
mahnte er vom Streik ab. Darauf hielt Bergmann
Albers aus Horst eine scharfe Rede gegen die Sozial-
demokraten ; es sei eine Schmach für einen Bergmann,
sich zu den Sozialdemokraten zu wenden. Es lvürde
sich sicher keine Zunahme der sozialistischen Bestrebungen
zeigen. Die Versammlung wurde immer unruhiger
und wurde schließlich von der Polizei aufgelöst. —
Die nat.-lib. „Köln. Ztg." betritt mit ihrer Oppo-
sition gegen die kaiserlichen Erlasse Schleichwege. Sie
schreibt: „Es ist der Grundgedanke der kaiserlichen
Erlasse, daß man den Arbeitern einen schlimmen Dienst
erweisen würde, wenn man die Lebensfähigkeit der
deutschen Industrie, ihre Stellung im internationalen
Kampf um's Dasein durch eine einseitige sozialpolitische
Ueberlastung schwächen wollte. Eben deshalb soll
der Versuch gemacht werden, der nationalen Arbeit
durch internationale Abmachungen eine Deckung zu
geben und so die Bahn für den Arbeiterschutz freizu-
machen. Während die Regierung diesen langen und
mühsamen Weg beschreitet, werden die berufenen Ver-
treter der Industrie hinlänglich Gelegenheit haben,
ihre Stimme zu erheben, in Presse und Parlament
ihre Anschauungen und Erfahrungen geltend zu machen,
ihre Besorgnisse auszusprechen."
* Berlin, 11. Febr. Die auf Antrag des Cen-
trums vom Reichstag beschlossene Abänderung des
Wehrgesetzes wird vom Reichsgesetzblatt bereits

Treuer Siebe Sohn.


Roman von U. Rosen.
lkichdr. Verb.)

Beatrice hörte zu. lächelte, antwortete zuweilen, aber
es war, als ob ein Marmorgebilde lächelte oder spräche.
Nach beendigter Tafel entfernte sie sich unter einem
schicklichen Vorwande, während der Gast dem Grafen noch
bei einem Glase Wein Gesellschaft leistete.
„Lady Beatrice ist schöner, als jemals!" seufzte« Or-
mond. „Aber sie ist leider auch nicht weniger kalt gegen
mich, als damals, wo ihre kühle Höflichkeit mich in die
weite Welt trieb."
„Verzweifeln Sie nicht, mein Sohn," erwiderte der
Gras gütig. „Ich behaupte nicht, Beatrice zu verstehen,
«brr cs giebt kein Eis, das nicht endlich im Sonnenschein
ru schmelzen beginnt. Ich hoffe zuversichtlich, Sie wird
Ihre lange unerschütterliche Hingebung schließlich dennoch
belohnen."

„Za, ich weiß, daß ich darauf rechnen darf," bemerkte
8vrd Ormond mit seltsamem Lächeln und einem Aufleuchten
iriver glitzernden Bugen- Lch glaube den Weg zu ihrem
Herzen entdeckt zu haben. In weniger als sechs Monaten
kdsrvr ich Ihr Schwiegersohn sein, Herr Graf. Wenn Sie
es mir gestatten, werde ich Lady Beatrice in den Salon
folgen und mich bemühen, mir weiter ihre Gunst zu er-
werben '

HW'

Beatrice saß vor dem lodernden Saminfeuer. Bei dem
Dotreten Ormond'» blickte sie auf, um ihn mit einem
freundlichen Lächeln zu begrüßen. Einen niedrigen Sessel
w dicht an sie hcranschiebend, als er wagen durste, sah er
Wjt ehrerbietiger Bewunderung und anbetender Liebe zu
auf.
Beatrice cmpsand diesen Blick, dem auch etwas Prii-
M»r« beigcmiicht war, mit Unbehaae». Sie bildete sich
Mh er versuch« in ihrer Seele zu lesen urw ihre geheimsten
Wkamten zu eutrSthstln-
" Lauste von meine« Mayer -etzsrt ^ habest,
sagte sie. da« Gesicht Hutter -kein StG« »er-

veröffentlicht. Sie lautet: „Militärpflichtige römisch-
katholischer Konfession, welche sich dem Studium der
Theologie widmen, werden in Friedenszeiten während
der Dauer dieses Studiums bis zum 1. April des
siebenten Militärjahres zurückgestellt. Haben dieselben
bis zu dem vorbezeichneten Zeitpunkte die Subdiako-
natsweihe empfangen, so werden diese Militärpflich-
tigen der Ersatzreserve überwiesen und bleiben von
Uebungen befreit." — Eine hiesige Korrespondenz be-
richtet, daß der bekanntePolizei direkto rKrüg er,
der Leiter der sogenannten politischen Polizei, der dem
Auswärtigen Amt attachirt war und dessen Name im
Reichstag sehr oft in Sozialistendebatten bei Besprech
ung der Thaten der Geheimagenten genannt
worden ist, bereits seit zwei Monaten beurlaubt sei
und nicht mehr auf seinen Posten zurückkehren wird.
— Die nationalliberale „Köln. Ztg." hat ihren Lesern
bisher noch nicht die geringste Mittheilung davon ge-
macht, daß sie wegen Majestätsbeleidigung der Kaiserin
Friedrich verurtheilt worden ist. — Hauptmann Plüs-
kow überbringt im Auftrag des Kaisers dem Sultan
24 Trommeln mit Noten und allem Zubehör, da die
türkische Infanterie bisher keine Trommeln führte;
mit Plüskow gehen ein Tambormajvr und mehrere
Unteroffiziere nach Konstantinopel.
Aus Hessen. Der Führer der hessischen Cen-
trumspartei PH. Wasserburg veröffentlicht in dem
Alzeyer „Beobachter" eine Erklärung, welche in dem
Ruf gipfelt: „Nieder mit dem Kartell!" Er
wolle durchaus nicht die tiefe Kluft verdecken, die
zwischen Centrum und Deutschfreisinn bestehe. Aber
„nieder mit dem Kartell" müsse die Losung ein. Und
wenn man dieses Geschäft schon im ersten Wahlgang
besorgen könne, nun warum solle die Centrumspartei
bis zum zweiten Wahlgang noch warten. Die Cen-
trumsfahne bleibe bei diesen ausschließlich taktischen
Erwägungen vollkommen unberührt. In politischen
Kämpfen aber müsse der Kopf oben bleiben. Man
müsse wohl unterscheiden zwischen den ewigen Grund-
sätzen und dem, was man für den Augenblick wolle,
müsse und erreichen könne.
Aus Bayern. Ueber die Debatte im Reichs-
raths-Ausschuß beobachtet die liberale Partei verlegenes
Schweigen. Die Worte des Prinzen Ludwig über-
wiegen in der Altkatholikenfrage die Bedeutung der
Tagesordnung weit. Letztere Ivar nur ein Mittel,
um die Gegensätze unter einen Hut zu bringen. Die
Erklärung des Prinzen Ludwig befindet sich in schar-
fem Gegensatz zur Lutz'schen Praxis und zu der be-
haupteten Staatsgefährlichkeit des Vatikanums. Der

ganze Verlauf der Debatte kommt einer Niederlage
des Ministers Lutz gleich.
Ausland.
Auf der Balkanhalbinsel gährt es an allen
Ecken und Enden. Die russischen Agenten haben in
allen Theilen der Halbinsel ihre Brände angelegt. —
In Serbien soll nach dem Urtheil politischer Kreise
in Belgrad der Ausbruch einer Militärrevolte bevor-
stehen, welche dahin zielt, das Hans Obrenowitsch zu
stürzen nnd Serbien und Montenegro unter dein Fürsten
Nikita zu vereinigen. Auch in Gri echenl and lehnt
sich die Armee gegen die Regierung, insbesondere gegen
„die Kliquenpolitik des Anleihenministers Trikupis" ans.
In Larissa wurden in Folge des Vorgehens des dorti-
gen Qffizierkorps, in einem Memorandum an das Mini-
sterium Trikupis die sofortige Inangriffnahme einer
Heeresreorganisation zu fordern, zwölf Offiziere von
Trikupis für abgesetzt erklärt. Die Verordnung kam
jedoch nicht zur Ausführung, weil der Kommandant von
Larissa erklärte, daß die gesammte Garnison sich mit
den Verabschiedeten solidarisch erkläre. So thun diese
ruhig ihren Dienst weiter. Auch in Makedonien
und Albanien wird von den Panslavisten eifrig
geschürt. Es werden dort Karten verbreitet, welche die
„Staaten" nach den Nationalitäten abgrenzen. Die
Vorgänge in Bulgarien werden bekanntlich eben-
falls auf russische Einflüsse zurückgeführt.
Frankreich. Die Einsperrung des Herzogs von
Orleans soll den russischen Kaiser sehr aufgebracht
haben. In der Deputirtenkammer beantragte am
Dienstag der Royalist Cazenove de Pradines die Auf-
hebung des Prinzengefetzes, welches den Sprößling
der berühmtesten und kriegerischsten Familie Frankreichs
hindern wolle, Soldat zu sein. Dieses Gesetz sei die
Verneinung des Rechtes. Der Justizminister Theveuet
anwortete/ nach den mehr als zweifelhaften, vom
Antragsteller selbst verurtheilten Bündnissen (mit Bou-
langer) könne man die zur Wahrung der öffentlichen
Ruhe ergriffene Maßregel nicht widerrufen. Ein
Gesetz könne man in dem Augenblick, wo es verletzt
werde, nicht abschaffen. Der Antrag wurde niit 328
gegen 171 Stimmen abgelehnt.
Aus Baden.
Heidelberg, 12. Februar.
— Zur Ordensfragc wird dem „Bad. Beob."
geschrieben: An dieser Stelle haben wir in letzter Zeit
bereits darauf hingewiesen, daß die Namen derjenigen
Badener, tvelche in religiöse Orden eingetreten sind

bergend, „daß Sie in einem Hotel abgestiegen sind. Ist
Ihr Onkel, Lord Trewor, nicht in der Stadt?"
„Nein, gnädiges Fräulein, er weilt noch immer in
Schloß Trewor. Ich werde morgen hinausfahren, ihn zu
besuchen. Man behauptet, er sei geiziger als je zuvor.
Das Haus hier in der Stadt ist vermiethet und er schließt
sich auf seinem Landsitz, wo er ein einsames Leben führt,
menschenfeindlich von aller Welt ab."
„Ja, das wurde auch mir erzählt," bemerkte Beatrice.
„Lord Trewor hat sich in den letzten zehn oder fünfzehn
Jahren ganz auffallend verändert. Also morgen werden
Sie ihn besuchen?"
„Ja, mein Onkel ist in dieser Beziehung außerordent-
lich anspruchsvoll und würde mir es nie verzeihen, wenn
er wüßte, mein erster Besuch habe nicht ihm gegolten,
selbst daß ich mir gestattete. Sic vor ihm zu begrüßen,
würde er tadeln. Auch die Leute könnten darüber reden,
wenn ich gegen den alten Mann nickt aufmerksam wäre,"
lächelte Lord Ormond bedeutsam, „denn bei seinem Tode
wird er mich als einen der reichsten Männer dieses König-
reichs zurücklassen. Sie wissen daß ich nach Gottfried
Trewor, meinem Vetter, der nächftbercchtigte Erbe bin.
Wäre Gottfried am Leben geblieben, so würde ich von der
Zukunft wenig zu erwarten gehabt haben, da mein Vater
mir nur Sckulden zu Aufrechterhaltung meines Ranges
hinterließ.
.Lord Trewor scheint Ihnen eine wärmere Zärtlichkeit
zu widme», als er sie ihrem Vetter zuwendete."
„Ich hoffe eS wenigstens, denn meinen armen Vetter
Gottfried haßte er, wie seinen tödtlichsteu Feind. Gottfried
verstand den alten Mann nicht zu behandeln, w r über-
haupt für den Kamvf mit der Welt nicht geeignet."
„Nicht doch!" unterbrach ihn Beatrice unwillig.
Eine heiße Rvthe brannte aus ihren Wangen und ein
»gryigrS Feuer flammte au» ihren Augen.
war ein wilder, leidenschaftlicher, hochher-
der große Fehler, aber »och sehr große Tu«
Sie seinen meuchelmsrderischen Angriff ellid

»iger Knade,
gen den besaß.

die Beraubung seines Onkels zu den ersteren oder zu den
letzteren?" fragte Lord Ormond mit ironischem Nachdruck.
„Wenn Gottfried lebte, würde mein Onkel nichts unver-
sucht lassen, ihn zur Strafe zu ziehen. Lord Trewor hat
ein sehr rachsüchtiges Gemüth "
„Er sollte vergessen und vergeben, da er Gottfried
todt glaubt," murmelie Beatrice mit abgewandtem Gesicht.
„Sind es nicht schon fiebenzehn Jahre, seitdem sein
Tod gemeldet wurde? fragte Lord Ormond leise und wie
in Gedanken verloren, aber Beatrice mit durchdringendem
Blick verstohlen beobachtend. „Wir erhielten eine brasili-
anische Zeitung, — ich glaube es war eine brasilianische,
auf alle Fälle war cs eine südamerikanische, mit einer
Nachricht über seinen Tod, und den Brief eines Spaniers
oder eines Portugiesen, welcher uns anzeigte, daß Gottfried
in seinem Hause gestorben sei und ihn mit seinem letzten
Hauche gebeten habe, uns Kunde von seinem Schicksal zu
geben. Wenn ich mich recht erinnere, war jenem Briefe
auch ein Todtenschein und ein amtlicher Bericht über das
Begräbniß beigelegk."
„Die Beweise für den Tod des Acrmsten waren übe»-
zeugcnd genug, sollte ich meinen," sagte Beatrice mit kalter,
harter, metallischer Stimme.
„Ja wohl, sie waren überzeugend genug, und dennoch
steigen zuweilen Zweifel an der Wahrheit jener Angabe»
in mir auf. Wie, wen« die ganze Geschickte des Tode»
ein Betrog wäre? Gottfried wußte, daß unser Onkel ih«
grimmig genug haßte, um ihn von Ort zu Ort, von Welt-
theil zu Weltltzeil zu verfolgen. Ec würde au» Furcht
vor Gefangenschaft und Schmach unter kernen Umstände»
gewagt haben, nach England zurückzukehren- Ist es nicht
wahrscheinlich, daß Gottfried die Bewege fernes Tode«
fälschte, seinen Namen änderte, und sich irgendwo in einem
fernen Lande nieverlreß, um dort die Anzeige von meines.
Onkels Hinscheide» zu erwarten? Wenn Lord Trewor
todt ist. darf Gottfried sich wieder allerwärts ohne Furcht
zeigen, den» er ist dano ein rnchrr, vornehmer Mann, dir
Träger eures malte» Titels."
Fortfetzan, fglgt.
 
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